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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 105. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Oktober 1955 5775 105. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Oktober 1955. Begrüßung der Rußlandheimkehrer: Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 5777 A Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . . 5801 B Geschäftliche Mitteilungen 5777 B Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 5777 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 191, 192, 193 (Drucksachen 1667, 1740; 1682, 744; 1692, 1743) 5777 C Vorlage des Berichts des Stellvertreters des Bundeskanzlers über die Schritte der Bundesregierung zur gleichmäßigen und gerechten Besteuerung der Ehegatten und zum Ausgleich der stärkeren steuerlichen Belastung der Arbeitseinkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit (Drucksache 1741) 5777 D Zurückziehung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verkündung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialversicherungs - Anpassungsgesetzes (Drucksache 1702) 5777 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Verhalten des Bundeskanzlers im Falle Schmeißer (Drucksache 1733): Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 5777 B Von der Tagesordnung abgesetzt . . . . 5777 B Fragestunde (Drucksache 1698), zurückgestellte Fragen aus der 103. Sitzung: 3. betr. Übersetzung von Reden, Anträgen usw. im Europarat ins Deutsche: Arnholz (SPD) 5777 D, 5778 B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . 5777 D, 5778 B 7. betr. Beschränkungen des Post- und Fernmeldegeheimnisses im Interesse der Sicherheit der in Großbritannien und Frankreich stationierten fremden Truppen: Dr. Menzel (SPD) 5778 C, D Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 5778 C, D 8. betr. Frage der Gefährdung der Sicherheit der alliierten Truppen bei unbeschränktem Post- und Fernmeldegeheimnis: Dr. Menzel (SPD) 5778 D, 5779 A Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . . . 5778 D, 5779 A 26. betr. Bundesbahnverbindungen auf der Strecke Frankfurt—Basel: Ritzel (SPD) . . ...... 5779 A, B, C Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr 5779 B, C 27. betr. Ausstattung der Sonderschnellzüge für den Badeverkehr mit den Ostfriesischen Inseln: Kortmann (CDU/CSU) . . . 5779 C, 5780 A Dr. Bergemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr . 5779 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) (Drucksache 1700) . . . . 5780 A Blank, Bundesminister für Verteidigung . . . 5780 B, 5788 C, 5789 B Dr. Kliesing (CDU/CSU) 5782 A Merten (SPD) 5784 B, 5789 A Feller (GB/BHE) . . . ...... 5789 C von Manteuffel (Neuß) (FDP) . . 5792 B Überweisung an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit und an den Rechtsausschuß 5795 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Tilgung von Ausgleichsforderungen (Drucksache 1697) 5795 D Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit 5795 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Finanzgerichtsbarkeit (Drucksache 1716) 5795 D Dr. Gülich (SPD) 5795 D, 5796 B Schoettle (SPD) 5796 A Überweisung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5796 C Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/ BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 1596); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksachen 1724, zu 1724, Umdruck 486) 5796 D Peters (SPD): ais Berichterstatter 5796 D Schriftlicher Bericht 5802 C Abstimmungen 5797 C, D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache 1617); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 1720) 5797 D Thieme (SPD): als Berichterstatter 5798 A Schriftlicher Bericht 5806 C Beschlußfassung 5798 A Zweite Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung (Drucksache 669); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 1691) . . . . 5798 A Zurückverweisung an den Rechtsausschuß 5798 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes (Drucksache 1668) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes (Drucksache 1742) 5798 B Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 5798 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Elbrächter (Drucksache 1735) 5798 C Freiherr Riederer von Paar (CDU/CSU), Berichterstatter . . 5798 C Beschlußfassung 5798 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Ehrengerichtsverfahren gegen den Abg. Lotze (Drucksache 1736) 5798 B, 5799 B Wittrock (SPD), Berichterstatter . . 5799 B Beschlußfassung 5800 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Donhauser (Drucksache 1737) 5798 D Dr. Klötzer (GB/BHE), Berichterstatter 5798 D Beschlußfassung 5799 B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Kalbitzer (Drucksache 1738) 5800 A Giencke (CDU/CSU), Berichterstatter 5800 B Beschlußfassung . . . . 5800 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung und Immunität betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen die Abgeordneten Dr. Wuermeling und Dr. Dehler (Drucksache 1739) . . . 5800 D Dr. Mommer (SPD), Berichterstatter 5800 D Beschlußfassung 5801 C Nächste Sitzung 5801 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5801 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Umdruck 486) 5802 A Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den von den Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache zu 1724) 5802 C Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache 1720) 5806 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Welke 15. November Hoogen 12. November Albers 5. November Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Dr. Dr. h. c. Prinz zu Löwenstein 22. Oktober Dr. Luchtenberg 18. Oktober Bauer (Wasserburg) 17. Oktober Altmaier 15. Oktober Pelster 15. Oktober Dr. Pferdmenges 15. Oktober Raestrup 15. Oktober Dr.-Ing. E. h. Schuberth 15. Oktober Dr. Starke 15. Oktober Voß 15. Oktober Frau Welter (Aachen) 15. Oktober Eckstein 13. Oktober Dr. Baade 12. Oktober Berendsen 12. Oktober Fürst von Bismarck 12. Oktober Blöcker 12. Oktober Böhm (Düsseldorf) 12. Oktober Frau Brauksiepe 12. Oktober Brockmann (Rinkerode) 12. Oktober Eberhard 12. Oktober Even 12. Oktober Feldmann 12. Oktober Keuning 12. Oktober Klausner 12. Oktober Dr. Kreyssig 12. Oktober Dr. Leiske 12. Oktober Lemmer 12. Oktober Dr. Leverkuehn 12. Oktober Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 12. Oktober Mauk 12. Oktober Dr. Mocker 12. Oktober Nellen 12. Oktober Ollenhauer 12. Oktober Rademacher 12. Oktober Frau Dr. Rehling 12. Oktober Schneider (Bremerhaven) 12. Oktober Frau Dr. Schwarzhaupt 12. Oktober Graf von Spreti 12. Oktober Stauch 12. Oktober Sträter 12. Oktober Dr. Welskop 12. Oktober Wullenhaupt 12. Oktober b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Gleisner (Unna) 19. November Frehsee 15. November Kühn (Bonn) 15. November Frau Dr. h. c. 28. Oktober Weber (Aachen) Bock 24. Oktober Dr. Horlacher 22. Oktober Dr. Wellhausen 20. Oktober Anlage 2 Umdruck 486 (Vgl. S. 5797 C) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksachen 1724, zu 1724, 1596). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Art. 1 Nr. 1 wird in § 3 Abs. 1 Abteilung C Buchstabe a) Nr. 7 die Zahl „13,20" ersetzt durch die Zahl „12,40". 2. In Art. 1 Nr. 6 b wird in § 78 Nr. 8 das Wort „Feuchtpuder" durch das Wort „Zigarrenmattierungsmitteln" ersetzt. 3. In Art. 1 Nr. 6 c werden in § 81 Abs. 2 die Worte „. . . am 1. Januar 1951 weniger als . . ." ersetzt durch die Worte „. . . am 1. Januar 1955 bis zu . . .". 4. In Art. 1 Nr. 10 c wird in § 89 die Nr. 3 gestrichen und we folgt ersetzt: 3. zu bestimmen, daß den Herstellern von Tabakerzeugnissen, die in dem Zeitraum vom 1. April 1954 bis zum 30. September 1955 Steuererleichterungen erhalten haben, auf Antrag eine zusätzliche Steuererleichterung gewährt wird. Der Bundesminister der Finanzen kann weitere Voraussetzungen und Steuererleichterungssätze festlegen, das Verfahren regeln und für die Antragstellung eine Ausschlußfrist bestimmen. Die Steuererleichterung ist nach der steuerlichen Leistung der Betriebe während eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Rechnungsjahren nach Wahl der Antragsteller aus der Zeit vom 1. April 1949 bis 31. März 1955 zu bemessen. Herstellungsbetriebe, für die ein solcher Antrag gestellt wird, erhalten für den Zeitraum von der Zahlung dieser Steuererleichterung bis zum 31. Dezember 1964 keine Steuererleichterung nach den Bestimmungen der §§ 81 bis 88 und verlieren die Berechtigung aus § 4 Abs. 1. 5. In Art. 2 a Abs. 2 ist die Jahreszahl „1953" in „1955" zu ändern. Bonn, den 12. Oktober 1955 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. Brühler und Fraktion Anlage 3 zu Drucksache 1724 (Vgl. S. 5796 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 1596) Berichterstatter: Abgeordneter Peters I. Allgemeines Als im Mai 1953 mit der Verabschiedung des Tabaksteuergesetzes die Steuer und der Kleinverbrauchspreis für Tabakwaren gesenkt wurden, geschah dies in der Erwartung, alle Sparten der Tabakwarenwirtschaft würden eine Steigerung des Umsatzes erfahren und in Zukunft rentabel arbeiten können. Diese Erwartungen wurden beim Rauchtabak nicht erfüllt; statt anzuwachsen, sank der Umsatz weiter ab. Steigende Produktionskosten trugen schließlich dazu bei, die Wirtschaftlichkeit der Rauchtabakproduktion in Frage zu stellen. Auf Wunsch der betroffenen Industrie führte der Bundesminister der Finanzen 1954 eine repräsentative Betriebsprüfung durch, die dies bestätigte. Für den Zeitraum vom 1. April 1954 bis 31. März 1955 bestand beim Feinschnitt eine durchschnittliche Unterdeckung von fast 5 v. H., bei Pfeifentabak von rd. 9 v. H.; für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 1955 war mit einer entsprechenden Unterdeckung von 9 v. H. beim Feinschnitt und ca. 13 v. H. beim Pfeifentabak zu rechnen. Verhandlungen zwischen der betroffenen Sparte, dem Bundesministerium der Finanzen und Parlamentariern führten dazu, daß im allgemeinen Einvernehmen der unter Drucksache 1596 vorgelegte Initiativgesetzentwurf aller Parteien hm 14. Juli 1955 vom Plenum in 1. Lesung beraten werden konnte. Der Finanzausschuß befaßte sich in 3 Sitzungen mit der Vorlage, die mit einer Kombination von Maßnahmen - Steuerrückvergütung, Steuerermäßigung, Steuererleichterung - die Rauchtabaksparte wieder existenzfähig machen will. Auf Grund der besonderen Struktur der Branche (einem Großbetrieb mit fast 50 v. H. des gesamten Feinschnittumsatzes stehen 12 größere Mittel- und über 150 Kleinbetriebe gegenüber) handelt es sich hierbei um eine ausgesprochene Maßnahme im Rahmen der Mittelstandspolitik. Der Finanzausschuß erklärte sich grundsätzlich mit dem Ziel der Vorlage einverstanden. Schwerwiegende Bedenken, die von einigen Mitgliedern des Ausschusses dagegen geltend gemacht wurden, daß Mittelstandspolitik mit dem Mittel der Verbrauchsteuer betrieben werden solle, würdigte der Ausschuß zwar; er sah im Augenblick jedoch keine andere Möglichkeit, den Rauchtabakherstellern die erwiesenermaßen notwendige Hilfe zukommen zu widerspreche dem Wesen der Verbrauchsteuern, lassen. Das Argument, die vorgesehene Hilfe veranlaßte aber den Finanzausschuß, eine baldige Änderung des Systems der Tabaksteuer für dringend geboten zu erklären und dem Hohen Haus eine entsprechende Entschließung vorzulegen. Zu der Vorlage im einzelnen wurde im Finanzausschuß eine Reihe von Fragen aufgeworfen, deren Beratung einem Unterausschuß übertragen wurde. Er hatte die Aufgabe, die Ergebnisse der vom Bundesfinanzministerium angestellten Be- (Peters) triebsprüfungen zu erörtern, zu prüfen, ob sie im Gesetzentwurf angemessen ,berücksichtigt seien, und gegebenenfalls weitere Vorschläge für die Neuregelung zu machen. Das Bundesfinanzministerium hat 27 Feinschnitthersteller mit 83 v. H. des Gesamtumsatzes und 13 Pfeifentabakhersteller mit 69 v. H. des Gesamtumsatzes überprüft. Die Prüfung wurde nach den Leitsätzen zur Prüfung von öffentlichen Aufträgen vorgenommen. Prüfungszeitraum war das Jahr 1954, für dessen letzte Monate jedoch geschätzt werden mußte, da die Prüfung selbst bei den meisten Betrieben im Sommer abgeschlossen wurde. Die Kalkulation berücksichtigte 6 v. H. Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals, 1,5 v. H. Kapitaleinsatzwagnis, 1,5 v. H. Umsatzwagnis, 1,2 v. H. durchschnittliche Werbekosten und einen tatsächlichen Rohtabakvorrat (8 bis 10 Monate). Ein größenmäßig schwer zu beurteilender Faktor lag in der Tatsache der Überkapazität. Das Bundesfinanzministerium versicherte, die Überkapazität nur in extremen Fällen berücksichtigt zu haben; da sie sich jedoch auf Zinsen, Gewinn, Abschreibung, Instandhaltung, Gehälter, Unternehmerlohn usw. auswirke, liege in der Überkapazität eine, zwar größenmäßig nicht bezifferbare, Reserve zugunsten der Industrie. Hinzu komme, daß diese Situation die Betriebe veranlasse, zu rationalisieren, so daß mit einer Kostensenkung für die Zukunft gerechnet werden könne. Das arithmetische Mittel der Unterdeckung aller geprüften Feinschnittbetriebe betrug 3,6 v. H. Nach angemessener Berücksichtigung der Preissteigerung der 1954 bereits teilweise verarbeiteten Herbsternte 1953 kam der Unterausschuß zu einer Unterdeckung von 4,8 bis 4,9 v. H. für den ersten Erlöszeitraum vom 1. April 1954 bis 31. März 1955. Die entsprechenden Zahlen für den Pfeifentabak betrugen 7,6 bzw. 9,1 v. H. Der Gesetzentwurf schlug in beiden Fällen eine 3%ige Erlösberichtigung vor. Die Vorkalkulation für den zweiten Erlöszeitraum vom 1. April bis 30. September 1955 mußte das Prüfungsergebnis für 1954 modifizieren. Zu der Unterdeckung in Höhe von 4,85 v. H. kommen hinzu: 1. 5,3 v. H. Preissteigerung für inländischen Rohtabak 4,5 v. H. Preissteigerung für ausländischen Rohtabak 1,00 v. H. 2. Lohnerhöhung von 6 v. H. 0,10 v. H. 3. Erhöhte Werbekosten 1,00 v. H. 4. Rest der Preiserhöhung Ernte 1953 1,25 v. H. 5. Vorratshaltung auf 18 Monate erhöht 0,66 v. H. 6. Umrechnung des Anlagevermögens vom Anschaffungs- auf den Wiederbeschaffungspreis 0,20 v. H. 9,06 v. H. Die Unterdeckung für den zweiten Zeitraum betrug bei den Feinschnittbetrieben somit 9 v. H. Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums bestehen Reserven zugunsten der Industrie dadurch, daß der Werbekostensatz von 2 v. H. zumindest im ersten Halbjahr 1955 nicht voll ausgenutzt worden sei, und darin, daß die Mehrzahl der Betriebe einen Rohtabakbestand für weniger als 18 Monate habe. Unter Berücksichtigung der geringeren Ausnutzung des Werbekostensatzes und der geringeren Lagerhaltung ergab sich eine Unterdekkung von 7,8 v. H. Im Gesetzentwurf wurde eine Erlösberichtigung von 4,5 v. H. vorgeschlagen. Beim Pfeifentabak belief sich die Unterdeckung im zweiten Erlöszeitraum auf über 13 v. H. Der Gesetzentwurf schlug eine Erlösberichtigung in Höhe von 8 V. H. vor. Daß der Gesetzentwurf in seinen Hilfsmaßnahmen hinter den bei der Betriebsprüfung ermittelten Werten zurückblieb, hatte folgende Gründe: Es erscheint gerechtfertigt, nicht vom arithmetischen Mittel aller geprüften Betriebe auszugehen, sondern unter Aussonderung des schlechtesten Drittels das arithmetische Mittel der restlichen zwei Drittel als Bemessungsmaßstab zu nehmen. Es würden sonst Betriebe berücksichtigt werden, bei denen die Selbstkosten erheblich überhöht sind, weil ihre Kapazität auf eine vielfach höhere Erzeugung abgestellt ist oder weil sie in der Erzeugung bzw. Betriebsführung nicht rationell sind. Eine Förderung dieser Betriebe liegt nicht im Sinne der vorgesehenen steuerlichen Hilfsmaßnahmen. Bei Pfeifentabak ist der Berechnung das arithmetische Mittel von 11 der 13 geprüften Betriebe zugrunde gelegt worden. Bei der Frage der Höhe der Steuersenkung ist außerdem berücksichtigt worden, daß die beabsichtigte Erhöhung und Ausweitung der Steuererleichterung in ihren Auswirkungen für einen Großteil der Betriebe einer weiteren Steuersenkung gleichkommt. Für die Bemessung der Steuervergütung für die zurückliegende Zeit war wesentlich, daß eine rückwirkende Korrektur von Steuersätzen eine ungewöhnliche Maßnahme darstellt, die primär unter politischen Gesichtspunkten getroffen werden muß. Dieser Argumentation des Bundesfinanzministeriums schloß sich der Unterausschuß im wesentlichen an. Entscheidend für die Beurteilung der zu gewährenden Erlösberichtigung schien dem Unterausschuß die ungewöhnliche Struktur der Branche. Würde die Erlösberichtigung in einem einheitlichen Prozentsatz gewährt, so dürfte dies die wirtschaftliche Kraft der Großunternehmen in einem Ausmaß stärken, daß das eigentliche Ziel des Gesetzentwurfs, nämlich die Hilfe für Klein- und Mittelbetriebe, in Frage gestellt wäre. Aus diesem Grunde schlug der Unterausschuß eine Staffel für die Erlösberichtigung beider Zeiträume vor. Sie soll den kleineren Betrieben eine bis etwa 60 v. H. höhere Erlösberichtigung als im Gesetzentwurf vorgesehen gewähren. Die Staffelung soll sowohl für den Feinschnitt als auch für den Pfeifentabak gelten. Nach eingehender Diskussion, in der auch die Frage erörtert wurde, ob eine solche Staffelung dem Prinzip des Art. 3 GG widerspreche (diese Frage wird verneint), folgt der Finanzausschuß diesem Vorschlag seines Unterausschusses. (Peters) Der Unterausschuß hielt für Feinschnitt eine über den Initiativantrag hinausgehende Steuersenkung und entsprechende Anpassung der Steuererleichterung für angemessen. Der Finanzausschuß folgte dem Vorschlag, die rückwirkende Steuervergütung ab 1. April 1955 von 4,5 v. H. auf im Durchschnitt 5 v. H. zu erhöhen und den Steuersatz im Durchschnitt um 7 v. H. statt um 6,5 v. H. zu senken. Um eine Steigerung des Absatzes an Rauchtabak zu fördern, schien es dem Unterausschuß notwendig, das Werbeverbot des § 6 Abs. 3 künftig wegfallen zu lassen. In der Annahme, daß der Zigarettenabsatz hiervon nicht merklich getroffen werde, daß jedoch eine Umsatzsteigerung beim Rauchtabak unterstützt werden sollte, schloß sich der Finanzausschuß diesem Vorschlag an. Nach eingehender Prüfung der Frage, ob dem Anliegen des Tabakwarenfachhandels gefolgt und ihm eine bessere Verdienstmöglichkeit beim Absatz von Rauchtabak garantiert werden könne, kam der Ausschuß zu der Auffassung, eine Berücksichtigung im Gesetz sei nicht möglich, wohl aber solle dem Bundeswirtschaftsminfsterium nahegelegt werden, im Rahmen der Preisverordnung die besondere Lage des Fachhandels zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen. Im Verlauf der Beratungen ergab sich, daß folgende Erweiterungen des Gesetzentwurfs zweckmäßig erschienen: 1. Im Interesse der gewünschten Umsatzsteigerung beim Rauchtabak wurde neben den schon vorgesehenen neuen Preisklassen von 28 und 32 DM auch die Einführung einer Zwischenpreisklasse für Feinschnitt mit Beimischung zu 40 DM für zweckmäßig gehalten. 2. Zwischenzeitlich angestellte bzw. noch laufende Betriebsprüfungen bei Herstellern von Zigarren und Zigaretten ergaben, daß eine Erweiterung der Steuererleichterungen notwendig ist; der Gesetzentwurf wurde entsprechend ergänzt. 3. Es erschien wirtschaftlich erforderlich, für die Kontingente der schwarzen Zigarette eine Mindestmenge von 15 Mio Stück festzusetzen; auch in diesem Punkt wurde der Gesetzentwurf entsprechend erweitert. Die Höchstmenge liegt nach wie vor bei 30 Mio Stück. Die Erörterungen im Ausschuß haben die Problematik der derzeitigen Tabakbesteuerung und ihrer Auswirkungen auf die Struktur der Branche klar herausgestellt. Die Notwendigkeit einer „Bereinigung" der Branche war unbestritten, und es wurde allgemein anerkannt, daß sie durchgeführt sein sollte, bevor ein anderes Steuersystem ausgearbeitet wird. Daher folgte der Ausschuß schließlich einem Vorschlag des Abg. Neuburger, den Bundesminister der Finanzen zu ermächtigen, eine nachträgliche Steuererleichterung für die Zeit vom 1. April 1949 bis 31. März 1951 vorzusehen. Wer eine solche Steuererleichterung beantragt, erhält während der nächsten 10 Jahre keine Steuererleichterung mehr. Praktisch soll damit bezweckt werden, kleinen und kleinsten Betrieben, die z. Z. nur mit Hilfe der Steuererleichterungen überhaupt lebensfähig sind, den Übergang zu einer anderen Existenzgrundlage zu erleichtern. Die Vertreter des Bundesfinanzministeriums machten gegen diesen Vorschlag sowohl materielle wie formelle Einwände geltend. Da die Abgeltung von in den Jahren 1949 bis 1951 nicht gewährten Steuererleichterungen nach dem Willen des Antragstellers nicht dazu dienen solle, die Existenzbasis arbeitender Betriebe zu stützen, sondern primär das Ausscheiden dieser Betriebe aus der Branche erleichtern solle, handele es sich dem Charakter dieser Bestimmung nach nicht um einen Sonderfall der in §§ 81 bis 88 vorgesehenen Steuererleichterungen, sondem n um eine Abfindung. Dieses mit dem normalen Zweck des Tabaksteuergesetzes nicht in Einklang zu bringende Ziel der Vorschrift sollte daher grundsätzlich nicht in das Tabaksteuergesetz aufgenommen werden; sollte sich der Gesetzgeber dennoch dazu entschließen, so müsse zumindest der Sinn der Vorschrift eindeutig klargestellt sein. Formelle Bedenken, basierend auf den Erfordernissen des Art. 80 GG, wurden ebenfalls gegen die vorgeschlagene Ermächtigung erhoben. Nach eingehender Würdigung der verschiedenen Argumente nahm der Ausschuß den Antrag des Abg. Neuburger an, da er in ihm einen ersten Schritt zur Neuordnung der gesamten Tabakwirtschaft erblickte und da dieser Regelung keine Präzedenzbedeutung beigemessen werden könne. II. Im einzelnen Zu Art. 1 Nr. 1. Die Neufassung der Abteilungen C und D des § 3 Abs. 1 enthält die neuen Steuersätze, die sich bei einer Steuersenkung von durchschnittlich etwa 7 v. H. für Feinschnitt, 5,37 v. H. für Kau-Feinschnitt und etwa 10 v. H. für Pfeifentabak ergeben. Der Ausschuß hält es für zweckmäßig, wenn außer den im Initiativantrag vorgesehenen neuen Steuerklassen von 28 DM und 32 DM eine weitere Steuerklasse von 40 DM für Feinschnitt mit einer Beimischung von 50 v. H. Inlandstabak geschaffen wird, um die Industrie auf dem Markt beweglicher zu machen. Nr. 1 a. Die Änderung von § 4 Abs. 1 Satz 1 soll es den Herstellern von Zigaretten mit Beimischung von 50 v. H. Inlandstabak ermöglichen, mindestens 15 Millionen Zigaretten monatlich in der Steuerklasse 1 des § 3 Abs. 1 Abteilung B zu versteuern, da die Herstellung und der Absatz geringerer Mengen den wirtschaftlichen Erfordernissen des Betriebes im allgemeinen nicht entspricht. Nr. 1 b. Der Abs. 5 des § 4 ist neu gefaßt worden. Inhaltlich ist er lediglich dahin ergänzt worden, daß die Rechtsfolgen des Satzes 1 bei einem Erbfall erst nach einer übergangsfrist eintreten. Dadurch soll den Erben die Möglichkeit gegeben werden, zur Vermeidung der nach Satz 1 eintretenden Beschränkungen ihrer Rechte zur Versteuerung von Zigaretten und Feinschnitt in den sogenannten Vorschaltsteuerklassen das Beteiligungsverhältnis zu lösen. Nr. 2. Die Neufassung des § 5 Abs. 4 Satz 1 soll es ermöglichen, den Verkehr mit Tabakerzeugnissen zwischen Herstellungsbetrieben und zwischen örtlich getrennten Betriebsteilen zu erleichtern. Dies entspricht einem Bedürfnis der Praxis. Nr. 3. Die Änderung des Abs. 1 des § 6 soll — ebenso wie § 28 Nr. 3 — das Zugabeunwesen verhindern. Sie entspricht einem Wunsch der Zigaretten-, Zigarren- und Rauchtabakhersteller. Die Ergänzung des Abs. 2 Nr. 3 ergibt sich aus der Ände- (Peters) rung des Abs. 1. Die Ermächtigung des Abs. 2 Nr. 5 ist erforderlich, damit für brancheübliches Zubehör (z. B. für kleine Zangen bei Kautabak) Ausnahmen zugelassen werden können. Die Streichung des Abs. 3 des § 6 schlägt der Ausschuß vor, weil nach seiner Ansicht die Werbebeschränkung für Feinschnitt der unteren (steuerbegünstigten) Steuerklassen (Verbot, für die Eignung des Tabaks zum Selbstdrehen von Zigaretten zu werben) nicht mehr gerechtfertigt ist. Nr. 3 a. Die Neufassung der Nrn. 1 und 2 des § 17 dient der Klarstellung der im § 17 Nr. 1 (alt) enthaltenen Ermächtigung. Die Ermächtigung in Nr. 3 dient der weiteren Verwaltungsvereinfachung bei der Festsetzung von Abgaben für Tabakerzeugnisse, die vorschriftswidrig eingeführt worden sind. Nr. 4. Durch die Streichung des § 25 Abs. 5 soll erreicht werden, daß für den Verkauf von Tabakwaren aus Automaten allein die gewerberechtlichen Bestimmungen gelten. Nr. 5. Mit der Ausdehnung des Zugabeverbots in § 28 auf Gegenstände auch ohne eigenen Verkehrswert folgt der Ausschuß einem Wunsch der Tabakindustrie. Er hält es für notwendig, das Zugabeverbot auch auf Zugaben bei der Abgabe von Zigarettenpapier auszudehnen, da sonst das Verbot leicht umgangen werden könnte. Er hat deshalb in Nr. 3 des § 28 das Wort „Tabakerzeugnissen" durch das Wort „Tabakwaren" ersetzt. Im übrigen dient die Neufassung des § 28 nur der Klarstellung. Nr. 6. § 29 ist neu gefaßt worden, und zwar Nr. 1 ohne inhaltliche Änderung. Die Neufassung der Nr. 2 entspricht einem Bedürfnis der Praxis. Sie ermöglicht es, Preisermäßigungen auch dann zuzulassen, wenn die Voraussetzungen dafür beim Hersteller oder Großhändler vorliegen. Der neue Abs. 2 gibt dem Bundesminister der Finanzen die Ermächtigung, brancheübliches Zubehör (wie z. B. Zigarrenspitzen) von dem Zugabeverbot des § 28 Nr. 3 auszunehmen. Nr. 6 a. Die Neufassung des § 77 Abs. 1 soll dem Bundesminister der Finanzen die Ermächtigung geben, die Steuerbefreiung für Deputate den Erfordernissen und der Übung der Praxis entsprechend zu regeln. Im übrigen sind die Bestimmungen des § 77 nur redaktionell geändert worden. Nr. 6 b. Die in § 78 Nr. 8 eingefügte Vorschrift trägt einem neuaufgetretenen Bedürfnis der Praxis Rechnung. Nr. 6 c. In § 81 Abs. 1 wird die Bemessungsgrundlage für die Steuererleichterung — ohne materiell-rechtliche Änderung — klarer umrissen In Abs. 2 Satz 2 wird zur Vermeidung von Härten bestimmt, daß bei einem Beteiligungsverhältnis von weniger als 50 v. H. — Stichtag 1. Januar 1951 — die Rechtsfolgen aus Abs. 2 Satz 1 nicht eintreten. Aus dem gleichen Grunde gibt Abs. 2 Satz 3 im Erbfalle hinsichtlich der Rechtsfolgen aus Satz 1 eine Übergangsfrist. Nr. 6 d. § 82 regelt bisher nur den Wegfall der Steuererleichterung, wenn der Hersteller oder sein gesetzlicher Vertreter wegen einer Steuerstraftat bestraft wurde. Es fehlte eine Bestimmung, nach der der Hersteller Steuererleichterung nicht erhält, wenn er wegen einer solchen Straftat rechtskräftig bestraft worden war, bevor er steuererleichterungsberechtigt wurde. In diesem Sinn ist § 82 ergänzt worden. Abs. 2 gibt dem Bundesminister der Finanzen die Ermächtigung, dem Hersteller nach Bestrafung in Härtefällen das Recht auf Steuererleichterung zu gewähren oder wiederzugewähren. Nrn. 7 bis 10 C. Die §§ 83 bis 89 Nr. 2 sind zum besseren Verständnis neu gefaßt worden. Die Staffeln und Vomhundertsätze der Steuererleichterung, die Kürzungs- und die Auslaufgrenzen sind dem wirtschaftlichen Bedürfnis der kleineren und mittleren Betriebe der Tabakindustrie entsprechend festgelegt worden, bei Feinschnitt und Pfeifentabak insbesondere unter Berücksichtigung der Steuersenkung. Die Regelung der Steuererleichterung für Hersteller von Zigaretten, Feinschnitt und Pfeifentabak trägt dem Ergebnis von Betriebsprüfungen Rechnung. Die Erhöhung und Ausweitung der Steuererleichterung für Hersteller von Zigarren berücksichtigen die Lage der kleineren und mittleren Betriebe dieser Industrie, soweit sie bisher bekannt ist. Da bei der Zigarrenindustrie zur Zeit Betriebsprüfungen laufen, ist der Bundesminister der Finanzen in § 89 Nr. 3 erneut ermächtigt worden, die Steuererleichterung für Zigarrenhersteller zu erhöhen oder zu senken. Die bisherige Regelung des § 86 für den Wegfall der Steuererleichterung bei sogenannten gemischten Betrieben ist durch eine einfachere Regelung ersetzt worden, die — vor allem für Hersteller von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen — den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Industrie in weiterem Umfang als bisher Rechnung trägt. Wegen der Ermächtigung in § 89 Nr. 3 wird auf die Ausführungen im allgemeinen Teil verwiesen. Nr. 10 d. § 94 Abs. 1 ist der Neufassung des § 28 angepaßt worden. Der Ausschuß hält die Androhung einer Geldstrafe bis zu 10 000 DM für ausreichend. Nr. 11. Die Vorschrift soll einen Anreiz schaffen, die nach § 99 Abs. 5 zu zahlenden Beträge aus dem fortlaufenden allgemeinen Vollstreckungsaufschub vor ihrer Fälligkeit zu entrichten. Nr. 12. Die Steuersenkung auf 4,20 DM für die nur in Berlin zulässige Steuerklasse für Feinschnitt von 20 DM hält der Ausschuß in Anpassung an die Steuersenkung in den übrigen Steuerklassen für erforderlich. Zu Art. 2. Die teilweise Vergütung der Tabaksteuer für die zurückliegende Zeit soll dem Umstand Rechnung tragen, daß die Kostensteigerungen in das Jahr 1954 zurückreichen. Sie berücksichtigt durch eine Erhöhung der Sätze ab 1. April 1955 die im Jahre 1955 neueingetretene Kostensteigerung. Der Ausschuß schlägt nach eingehender Prüfung vor, die Vergütung entsprechend dem Grundgedanken der Steuererleichterung gestaffelt nach der Größenordnung der Betriebe zu gewähren, so daß wirtschaftlich schwächere Betriebe gegenüber wirtschaftlich stärkeren Betrieben eine höhere Vergütung erhalten. Er ist auf Grund der Betriebsprüfungsergebnisse für den Zeitraum ab 1. April 1955 von einem durchschnittlichen Vergütungssatz von 5 v. H. für Feinschnitt ausgegangen. (Peters) Durch die Bestimmung des Abs. 2 soll vermieden werden, daß den Herstellern von Rauchtabak aids einer Verzögerung des Inkrafttretens des Gesetzes Nachteile erwachsen. Die Ermächtigung des Abs. 3 dient der Durchführung der Steuervergütung. Zu Art. 2 a Dem Abs. 1 dieses Artikels liegt der Gedanke zugrunde, daß für die Versteuerung von Tabakwaren bis zum 30. September 1955 die Steuererleichterung nach den bis dahin geltenden Staffeln und Sätzen gewährt werden soll. Dabei sollen die Beträge des seit dem 1. Juli 1955 gewährten Vollstreckungsaufschubs bei der Berechnung mit berücksichtigt werden. Die Vorschrift soll außerdem verhindern, daß säumige Steuerzahler dadurch, daß sie vor dem 1. Oktober 1955 fällige Tabaksteuerbeträge erst nach diesem Zeitpunkt zahlen, Mr diese Beträge in den Genuß der, ab 1. Oktober geltenden erhöhten Staffeln und Sätze der Steuererleichterung kommen. Die Vorschrift des Abs. 2 soll eine doppelte Berücksichtigung der Beträge des nach dem 1. Oktober 1955 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes gewährten allgemeinen Vollstreckungsaufschubs verhindern. Diese Beträge, die durch die Rückwirkung nach Art. 2 Abs. 1 ausgeglichen werden, sollen nicht noch einmal bei der Berechnung der Steuererleichterung berücksichtigt werden. Zu Art. 3 Die Ermächtigung soll es ermöglichen, den Firmen, die im Rahmen des bisherigen § 28 ihren Erzeugnissen Gegenstände ohne eigenen Verkehrswert beigepackt 'oder solche Gegenstände zur Weitergabe an den Verbraucher an den Handel abgegeben haben, eine ausreichende Auslauffrist zu gewähren. Zu Art. 5 Da das Gesetz nicht vor dem 1. Oktober 1955 verkündet werden konnte, mußte die Vorschrift über die Steuererleichterung rückwirkend mit Wirkung vom 1. Oktober 1955 ab in Kraft gesetzt werden. Bonn, den 7. Oktober 1955 Peters Berichterstatter Anlage 4 Drucksache 1720 (berichtigt) (Vgl. S. 5797 D) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache 1617). Berichterstatter: Abgeordneter Thieme Der Bundestag hat in seiner 101. Sitzung am 22. September 1955 den Entwurf eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft an die Ausschüsse für Außenhandelsfragen und für Geld und Kredit zur Beratung überwiesen. Die Federführung liegt beim Ausschuß für Außenhandelsfragen. In seiner Sitzung vom 22. September 1955 machte sich der Ausschuß für Außenhandelsfragen die Begründung des Regierungsentwurfs zu eigen, ohne zu verkennen, daß damit gewisse unvorherzusehende Risiken in Kauf genommen werden müssen. Der Ausschuß gab der Ansicht Ausdruck, daß der mit der Erhöhung entstehende Kreditrahmen auf weitere Sicht auszureichen habe. Der Ausschuß wird eine Anpassung der Richtlinien zur Durchführung des Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft vom 26. August 1949 anstreben. In ähnlichem Sinne äußerte sich der Ausschuß für Geld und Kredit in seiner Sitzung vom 28. September 1955. Er hat einstimmig beschlossen, der Gesetzesvorlage in der vorliegenden Fassung zuzustimmen, und die Empfehlung abgegeben, in Zukunft bei der Bürgschaftsübernahme einen größeren Selbstbehalt der Bürgschaftsnehmer als bisher gewährleisten zu lassen. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen befürwortet in einstimmigem Beschluß die Erhöhung der Mittel für die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft um 2,5 Mrd. DM auf 7,5 Mrd. DM. Dem Hohen Hause wird empfohlen, den Gesetzentwurf ebenfalls unverändert anzunehmen. Bonn, den 28. September 1955 Thieme Berichterstatter
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung braucht sich von ihrer Regierungserklärung durchaus nicht zu distanzieren. Ich will noch einmal versuchen, es in eine ganz knappe Fassung zu bringen, um die Unterschiede in der Auffassung zwischen Ihnen, Herr Kollege, und mir klarzumachen. Aus rechtlichen Gründen bedarf es einer Verfassungsänderung oder -ergänzung nicht, aber gemäß der Koalitionsvereinbarung sollen gewisse Tatbestände verfassungsrechtlich geregelt werden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Um es nun ganz klarzumachen, will ich es in einem Satz zusammenfassen: Rechtlich nicht notwendig, gewisse Dinge erwünscht!

    (Unruhe bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, Sie haben die Klarstellungen gehört.
Das Wort hat der Abgeordnete Feller.

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    Rede von Erwin Feller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir im Juli dieses Jahres unter einem gewissen Zeitdruck und in einer der Sache sicher nicht dienlichen Hast das Freiwilligengesetz berieten, wurde zunächst von allen Seiten dieses Hauses erklärt, daß man es eigentlich kaum verantworten könne, ein Gesetz über die Einstellung von Freiwilligen zu verabschieden, solange man die gesetzlichen Grundlagen noch nicht kenne, aus denen sich die Rechtsstellung dieser Freiwilligen ergebe. Man hat uns damals zuerst geantwortet, es sei zeitlich gar nicht möglich, eine solche Rechtsgrundlage vor der Einstellung der ersten Freiwilligen zu legen. Aber den nachdrücklichen Forderungen entsprechend, die von allen Seiten des Hauses erhoben worden sind, kam dann noch vor der dritten Lesung des Freiwilligengesetzes die Bundesratsvorlage des Soldatengesetzes und schließlich am 23. September die Vorlage an den Bundestag, zu einem Zeitpunkt also, an dem von den 6000 vorgesehenen Freiwilligen noch kaum einer einberufen war.
    Man wird sagen, daß sich die Einberufung dieser Freiwilligen unerwartet verzögert habe, daß diese Verzögerungen zum Teil in dem von diesem Hause nahezu einmütig beschlossenen Gesetz über den Personalgutachterausschuß begründet lägen. Darüber haben in den letzten Tagen einige Diskussionen in diesem Hause sowohl als in der Öffentlichkeit stattgefunden. Sie veranlassen mich zu der vielleicht paradox klingenden Bemerkung: hätten wir uns mit den beiden im Juli verabschiedeten Gesetzen mehr Zeit gelassen, wären wir wahrscheinlich schneller vorangekommen. Es wird wohl auch niemand den Einwand erheben wollen, daß die Weltgeschichte ohne die beiden Gesetze einen anderen Verlauf genommen hätte. Weder die Genfer noch die Moskauer Verhandlungen bieten einen Anhaltspunkt, der die Annahme rechtfertigte, sie hätten ohne die Verabschiedung des Freiwilligen-gesetzes im Juli ein schlechteres Ergebnis für uns gezeitigt. Das soll keine Kritik an der Schaffung dieser Wehrgesetze überhaupt bedeuten, auch nicht an der des Freiwilligengesetzes, das wir im Prinzip bejaht haben, sondern nur Kritik an der manchmal völlig unverständlichen — vielleicht ist sie überhaupt nicht vorhanden — Zeitplanung der Bundesregierung, die auch unsere Souveränität als Parlament und als Gesetzgeber vor der Öffentlichkeit oft in ein merkwürdiges Licht zu bringen geeignet ist.
    Aber nach diesen kritischen Bemerkungen auch ein anerkennendes Wort. Die schnelle Vorlage des Soldatengesetzes, das wir heute in erster Lesung zu behandeln haben, muß durchaus anerkannt werden, ebenso die zweifellos gute Leistung, welche das Verteidigungsministerium und seine Referenten mit seiner Formulierung im großen und ganzen vollbracht haben. Es sind Einzelheiten daran auszusetzen, wie es hier schon geschehen ist, aber zu deren Bereinigung sind ja die parlamentarischen


    (Feller)

    Beratungen im Plenum und in den Ausschüssen da. Ich möchte den Entwurf, seine Begründung vor allem, als eine durchaus brauchbare Grundlage für diese Beratungen bezeichnen. Im Gegensatz zu vielen anderen Gesetzentwürfen, die wir in diesem Hause zu beraten hatten, bemüht er sich wenigstens, wenn auch nicht immer mit dem letzten wünschenswerten Erfolg, den künftigen Soldaten klar und einigermaßen verständlich zu sagen, welche Rechte und Pflichten sie haben werden. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die weitgehende Weglassung aller Deklamationen ohne irgendwelche rechtliche Bedeutung. Ich glaube kaum, daß wir gut beraten wären, wenn wir die gutgemeinten Vorschläge befolgten, die von außen in dieser Hinsicht an uns herangebracht werden.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle etwas einfügen. Wir nehmen die Gelegenheit gern wahr, das zu wiederholen, was wir an anderer Stelle schon oft gesagt haben. Von den ehemaligen Soldaten muß jeder Makel der kollektiven Verunglimpfung und Diffamierung genommen werden. Dazu gehört auch ihre entsprechende Behandlung und Gleichstellung in den Gesetzen, etwa in dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes und anderen Versorgungsgesetzen. Wir brauchen den Rat dieser alten Soldaten und ihre freudige Mitarbeit beim Aufbau der neuen Wehrmacht. Das bedeutet auch eine Anerkennung vieler traditioneller Werte, deren Träger die alten Soldaten sind.
    Andererseits ist doch ein neues Geschlecht herangewachsen, das in seinen jungen Jahren so viele Eindrücke hat empfangen müssen, die es nüchterner und illusionsloser gemacht haben, als alle Generationen vor ihm waren. Auf diese Jugend müssen unsere Gesetze in erster Linie zugeschnitten sein. Deshalb ist es gut, alle Wendungen darin zu vermeiden, die bei ihr den geringsten Verdacht der Deklamation oder des Pathos hervorrufen könnten. Ich verkenne dabei nicht, daß eine Wehrmacht ohne die idealistische Hingabe ihrer Angehörigen an Beruf und Aufgabe nicht denkbar ist. Aber die Voraussetzungen dafür, die bei uns etwa nicht mehr vorhanden sein sollten, werden nicht durch Gesetzestexte wieder geschaffen werden können, sondern ausschließlich durch den Geist, in dem die Gesetze angewendet werden, und durch die inneren Verhältnisse, die in der neuen Wehrmacht herrschen werden.
    Lassen Sie mich an dieser Stelle auch eine kurze Bemerkung zu dem soeben von mir gebrauchten Begriff „Wehrmacht" machen. Ich gebrauche ihn heute zum erstenmal wieder, nachdem ich lange Zeit die Diskussion darüber als müßig angesehen habe. Aber sie hat mich doch davon überzeugt, daß keine zwingende Notwendigkeit mehr besteht, den Begriff „Wehrmacht" aufzugeben. Die westliche Welt wird ihn ebenso akzeptieren wie die Institution, die er umfaßt, und der Osten wird die Institution ebenso beargwöhnen und verdächtigen, ob sie nun „Streitkräfte" oder „Wehrmacht" heißt. Sollte man sich nicht auf „Wehrmacht" verständigen können, dann lieber noch den hier auch schon vorgeschlagenen Ausdruck „Bundeswehr"; denn wer sich wehrt, hat allemal noch mehr Recht auf seiner Seite als der, der 'streitet.
    Ich möchte zurückkommen auf die feierlichen Formulierungen, die sich im Gesetzestext noch finden und auf die die Kollegen Dr. Kliesing und
    Merten schon Bezug genommen haben. Ich darf an das anknüpfen, was ich selber vorhin gesagt habe: man sollte bei allen Begriffen, vor allem aber bei abstrakten, wenn man sie rechtsverbindlich verwendet, genauestens überlegen, was sie beinhalten oder welche Vorstellungen sie zu erwecken vermögen. Das scheint uns — bitte, erschrecken Sie nicht — gerade bei dem mehrfach im Gesetz gebrauchten Begriff „Vaterland" nicht ausreichend überlegt worden zu sein. Wir müssen doch noch einmal die Frage aufwerfen: Was ist des Deutschen Vaterland? Die Bundesrepublik, die unsere Soldaten zunächst zu verteidigen haben werden, oder die westliche Welt, zu deren Verteidigung sie nach unseren vertraglichen Verpflichtungen mit eingesetzt werden können? Wir leugnen keineswegs, daß es noch ein Vaterland für uns Deutsche gibt, trotz der Entwertung, die der Begriff in der Vergangenheit, oft durch mißbräuchliche Verwendung, erfahren hat. Aber er umfaßt doch für viele von uns alles das, was wir als Gesamtdeutschland bezeichnen, also auch die sowjetisch besetzte Zone, die Ostgebiete und das Land an der Saar. Der Begriff „Vaterland" bleibt gespalten und vieldeutig, solange wir kein einheitliches Deutschland haben. Deshalb sollten wir uns seine Verwendung für das wiederhergestellte einheitliche Deutschland vorbehalten. Mag sein, daß er dann überholt sein wird oder daß er einem umfassenderen Begriff wird weichen müssen. Heute ist er jedenfalls kaum geeignet, dem jungen Soldaten eine eindeutige Vorstellung dessen zu vermitteln, was zu verteidigen seine Pflicht sein soll.
    Das hat wohl auch der „Verband deutscher Soldaten" bedacht, der den Begriff „Vaterland" in seinem Vorschlag für eine Präambel nicht ein einziges Mal angewendet hat. Aber in der „Bundeswehrkorrespondenz" finde ich einen Aufsatz, der sich gerade mit dieser Frage auseinandersetzt und der in Erwiderung auf einen offenen Brief, der in der „Lippischen Landeszeitung" von 42 Studenten an den Bundesverteidigungsminister gerichtet worden ist, erklärt, man müsse den Begriff Vaterland vom Ethischen oder Gefühlsmäßigen her erfassen. — Begriffe, die nur vom Ethischen und Gefühlsmäßigen her erfaßt werden können, gehören nicht in ein Gesetz, sie gehören in Feiertagsreden. In einem Gesetz können bloß Normen statuiert werden, die das sittliche Wollen, verbunden mit dem verstandesmäßigen Erkennen, zum Inhalt haben, aber dürfen nicht Begriffe verwendet werden, die man nur noch, wie es hier heißt, aus dem Gefühlsmäßigen heraus erfassen kann.
    Damit komme ich zu den Bestimmungen über den Diensteid, von dem hier schon gesprochen worden ist. Die Formulierung des Diensteides in § 16 enthält ebenso wie der § 6, der von der Grundpflicht des Soldaten spricht, den eben behandelten Begriff „Vaterland". Ich glaube auch, mich erinnern zu können, daß die überwiegende Meinung im Verteidigungsausschuß — Herr Kollege Merten hat es eben bestätigt — immer dahin gegangen ist, zunächst von der Forderung nach einer Eidesleistung abzusehen, wie es auch beim Freiwilligengesetz geschehen ist. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs ist mir in keiner Weise ersichtlich geworden, warum die Bundesregierung es jetzt plötzlich doch für notwendig erachtet, entgegen den zum Ausdruck gekommenen Auffassungen erneut eine Eidesleistung zu fordern. Der Bundesrat hat sie abgelehnt. Seine Begründung ist beachtlich, aber nicht erschöpfend.


    (Feller)

    Bei aller Anerkennung der Gewissensschwierigkeiten, die sich bei der Beurteilung dieser Frage ergeben, möchte ich mir doch erlauben, hierzu eindeutig Stellung zu nehmen. Nach unserer Auffassung sind es die Zeitumstände, ist es die Zeitsituation, die uns verbieten sollten, schon heute wieder eine Eidesleistung von allen Soldaten zu verlangen; denn, meine Damen und Herren, wir wissen doch, daß noch der Vorwurf des Eidbruches herumgeistert, ein Vorwurf gegenüber Männern, die in einer bestimmten Situation glaubten, ihre vom Gewissen diktierte Pflicht höher stellen zu müssen als den geleisteten Eid. Noch ist auch die ernsthafte und verantwortungsvolle Diskussion in der Frage nicht beendet, wo die Verpflichtung auf Grund des Eides ihre Grenzen hat. Deshalb sollten wir es uns versagen, mit gespaltenen Auffassungen in einem gespaltenen Vaterland Eide auf dieses „Vaterland" schwören zu lassen, sollten es vorläufig bei einer Verpflichtung — über deren Formel in den Ausschußberatungen noch zu sprechen sein wird — gegenüber dem Grundgesetz, zum treuen Dienst und zum Einsatz für die Freiheit unseres Volkes und Landes bewenden lassen.
    Was würde, möchte ich an dieser Stelle noch fragen, in den Seelen deutscher Männer vorgehen, wenn sie, was Gott verhüten möge, einmal vor der Frage stünden, ob sie als Deutsche auf Deutsche schießen sollen? Wir wollen uns hüten, diese Möglichkeit hier auszudenken; nur der Hinweis darauf mag genügen, um die Einmaligkeit und Schwierigkeit der Lage zu beleuchten, in der sich das deutsche Volk heute beim Wiederaufbau einer Wehrmacht befindet. Diese Lage verpflichtet uns, jedes Wort und jeden Satz des vorliegenden Gesetzentwurfs- mit der allergrößten Gewissenhaftigkeit zu prüf en.
    Das gilt auch für die Formulierung in § 9 betreffend die Notwendigkeit der Befolgung eines Befehls und die Vorschrift, daß ein Befehl nicht befolgt werden darf, falls dadurch Verbrechen oder Vergehen begangen würden. Ich möchte zunächst einmal anregen, daß man die strafrechtliche Kategorie der Vergehen vielleicht nicht einbeziehen sollte, da sie die Bestimmung betreffend den nicht zu befolgenden Befehl verundeutlicht und ihre grundsätzliche Wirksamkeit in Frage zu stellen droht. Wenn eine gesetzliche Bestimmung durchlöchert wird, wird sie in ihrer Wirksamkeit fragwürdig. Es muß aber dafür — und da stimme ich dem Herrn Kollegen Merten voll und ganz zu — um so eindeutiger statuiert werden, daß der Befehlende die alleinige Verantwortung trägt und der Untergebene nicht zur Rechenschaft gezogen werden darf, wenn er die strafrechtlichen Konsequenzen der Befehlsausführung nicht erkennt. Ich glaube, hier wird die ausgezeichnete Begründung des Gesetzentwurfs zur Erleichterung der Diskussion und der Auslegung wesentlich beitragen können.
    Ich gehe noch mit einem Wort auf die Frage des Wahlrechts, insbesondere des passiven Wahlrechts, nach § 22 des Entwurfs ein. Einige meiner Freunde sehen in der Wählbarkeit zu kommunalen Vertretungskörperschaften und in den nach dem Gesetz dabei eintretenden Konsequenzen Schwierigkeiten. Aber darüber wird wohl noch in den Ausschußberatungen zu sprechen sein, und es Wird eine Regelung gefunden werden können, die dem gerecht wird, was der Kollege Merten schon gefordert hat, daß nämlich der Soldat in seinen politischen Rechten nicht schlechter gestellt sein darf als alle anderen Staatsbürger oder Staatsdiener.
    Schließlich kann ich nicht verschweigen, daß auch unter meinen Freunden einige Bedenken hinsichtlich des in § 30 vorgesehenen Systems der Vertrauensmänner bestehen, einmal in der Hinsicht, daß dadurch die Autorität der Vorgesetzten geschwächt oder eingeschränkt werden könnte, zum anderen aber auch in der Hinsicht, daß durch das Vorhandensein, durch eine gewisse Zuständigkeit der Vertrauensmänner der Vorgesetzte sich von der moralischen Verpflichtung entlastet fühlen könnte, sich nachdrücklich um die in § 30 genannten persönlichen und menschlichen Anliegen seiner Untergebenen zu kümmern, also um die Fragen der Fürsorge, der Berufsförderung und des außerdienstlichen Gemeinschaftslebens. Ich habe es allerdings mit Bedauern zur Kenntnis genommen, daß von den vor Jahren sehr viel diskutierten, in letzter Zeit aber doch immer leiser erörterten Gedanken einer Reform des „Inneren Gefüges" nicht viel mehr Niederschläge im Gesetz zu finden sind als etwa in § 30 und vielleicht noch in § 28, auf den ich noch zurückkommen werde. Hoffen wir, daß wir in den zu erlassenden Rechtsverordnungen noch einige Spuren davon finden werden.
    Schließlich gestatten Sie mir — da ich schon einmal als Verteidiger des Preußentums hier aufgetreten bin — eine historische Bemerkung. Zu den Vorgängen in der preußischen Geschichte, die mir als Nichtpreußen stets hohe Achtung abgenötigt haben, gehören neben den reformerischen Leistungen des Freiherrn vom Stein vor allem die von Scharnhorst und Gneisenau. Man muß sich vor allen Dingen einmal mit ihren Gegnern befaßt haben, um dem mit größter Gelassenheit begegnen zu können, was heute wieder gegen alle Reformbestrebungen vorgebracht wird. Reformen und Traditionen brauchen nicht unbedingt in einen Gegensatz zueinander zu geraten.
    Einen Ansatz zu solch wünschenswerter Reform sehe ich auch in dem § 28, der von staatsbürgerlichem und völkerrechtlichem Unterricht spricht, — aber leider nur einen sehr schwachen Ansatz, wie die magere Begründung dazu zeigt. Denn sie zielt vorwiegend auf militärische Notwendigkeiten hin, wenn sie dem Soldaten — wörtlich — „unerläßliches Rüstzeug" für Krieg und Frieden geben, also gewissermaßen appellfähige Gegenstände unterrichtsmäßig übermitteln will. Bei dieser Anlage lassen sich vom staatsbürgerlichen und völkerrechtlichen Unterricht in der Wehrmacht einige Erfolge erwarten, die wohl mehr auf dem Gebiet des Humoristischen als dem des Staatspolitischen und Pädagogischen liegen dürften. Jedenfalls dürften damit die Kasernenhofblüten alter Art bald eine erhebliche Vermehrung neuer Art erfahren, wenn nicht ganz andere Voraussetzungen geschaffen werden, die einem derartigen Unterricht eine pädagogisch wirksame Gestaltung ermöglichen. Von der Wehrmacht als „Schule der Nation" wollen wir nichts mehr hören. Aber wenn sie ihre Angehörigen unterrichten und nicht nur militärisch ausbilden soll, dann muß dies sinnvoll geschehen, sonst lieber gar nicht. Der staatsbürgerliche Unterricht kann weder Information noch Schulung sein, wie es in der Broschüre „Vom künftigen deutschen Soldaten" heißt, sondern er muß, wie es in einem merkwürdigen Nebeneinander dort auch heißt, ein Vorgang staatsbürgerlicher Bildung sein. Bildungsvorgänge vollziehen sich aber immer am Individuum und sind daher neben der Betreuung eines der besten Mittel gegen die Vermassungstenden-


    (Feller)

    zen, die natürlicherweise in einer Truppe herrschen. Herr Kollege Kliesing hat darauf am Schluß seines ausgezeichneten Berichts über die amerikanischen Verhältnisse hingewiesen. Wenn es also Gelegenheiten gibt, über den Kommiß hinwegzukommen, dann liegen sie in diesem Bereich; und wenn es Gelegenheiten gibt, in den Kommiß zurückzufallen, dann liegen sie auch hier. Ich halte es deshalb für erforderlich, daß wir dieser Frage ebenso Beachtung schenken wie den vielen materiellen, dienstrechtlichen, dienststrafrechtlichen Fragen, die in diesem Gesetz ihre Regelung finden sollen und auf die ich im einzelnen nicht mehr eingehen möchte, nachdem es schon andere Kollegen getan haben. Außerdem bleiben uns noch die Ausschußberatungen und die zweite und dritte Lesung dafür übrig.

    (Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

    Ich möchte erwähnen, daß eine gewisse Verlockung zur Beschäftigung mit diesen Einzelfragen materieller Art besteht, insbesondere wenn man die vielen ausführlichen Erörterungen darüber in verschiedenen Mitteilungsblättern und Verbandsorganen liest.
    Lassen Sie mich zum Abschluß dieser ernsten Betrachtungen, weil schon vorher von Kasernenhofblüten die Rede war, noch wenigstens zwei Gesetzesblüten aus dem Entwurf herauspflücken und mit einer scherzhaften Frage verbinden. In § 3 heißt es, daß der Soldat „nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, Herkunft oder Beziehungen zu ernennen und zu verwenden" ist. Ich weiß nicht, das Verteidigungsministerium, als es diese neuartige Formulierung fand, an Erfahrungen aus der Vergangenheit angeknüpft hat oder ob es etwa der Auffassung ist, daß auch in unserem Staatswesen bei Ernennungen schon wieder Beziehungen eine entscheidende Rolle spielen, was durch das Soldatengesetz für die Wehrmacht ausgeschlossen werden soll. Die zweite ist der § 12, wo es heißt: „Der Soldat muß im dienstlichen Verkehr die Wahrheit sagen." Braucht er das etwa im außerdienstlichen Verkehr nicht zu tun?

    (Heiterkeit. — Abg. Heiland: Dafür ist der Kanzler zuständig!)

    Ich will auf diese Dinge nicht weiter eingehen, sondern zum Abschluß nur erklären, daß auch wir bereit .sind, in den Ausschußberatungen konstruktiv mitzuarbeiten, damit aus dem vorliegenden Entwurf eine gute Rechtsgrundlage für die Stellung unserer neuen Soldaten geschaffen wird.

    (Beifall beim GB/BHE.)