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ID0210200400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 102. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. September 1955 5653 102. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. September 1955. Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr von Buchka 5653 B Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . 5671 B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung vom 22. September 1955 (Moskauer Besprechungen) (Drucksachen 1685, 1693, 1694) 5653 B Ollenhauer (SPD) 5653 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5659 C Dr. Krone (CDU/CSU) 5659 C Dr. Dehler (FDP) 5663 B Dr. Brühler (DP) 5665 C Dr. Mocker (GB/BHE) 5668 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 5670 C Abstimmungen 5670 D, 5671 C Geschäftliche Mitteilungen 5671 C Nächste Sitzung 5671 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5671 B Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Albers 5. November Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Bauer (Wasserburg) 17. Oktober Altmaier 15. Oktober Pelster 15. Oktober Dr. Pferdmenges 15. Oktober Kühn (Bonn) 10. Oktober Dr. Horlacher 8. Oktober Wehking 29. September Höfler 28. September Gleisner (Unna) 24. September Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 24. September Dr. Starke 24. September Bauer (Würzburg) 23. September Brese 23. September Dr. Dollinger 23. September Erler 23. September Euler 23. September Frühwald 23. September Günther 23. September Dr. Hammer 23. September Jaksch 23. September Dr. Kopf 23. September Merten 23. September Dr. Pohle (Düsseldorf) 23. September Rademacher 23. September Raestrup 23. September Ruhnke 23. September Schill (Freiburg) 23. September Stierle 23. September Frau Dr. Steinbiß 23. September Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 23. September Dr. Weber (Koblenz) 23. September Dr. Wellhausen 23. September
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich möchte in diesem Augenblick nicht in die Debatte eingreifen. Aber es liegt mir daran, das Zitat des Herrn Kollegen Ollenhauer aus meiner gestrigen Erklärung über unser Verhalten gegenüber dritten Staaten dem Hohen Hause und der Öffentlichkeit noch einmal vollständig ins Gedächtnis zurückzurufen. Ich habe folgendes gesagt:
    Auch dritten Staaten gegenüber halten wir unseren bisherigen Standpunkt bezüglich der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik aufrecht. Ich muß unzweideutig feststellen, daß die Bundesregierung auch künftig die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der DDR durch dritte Staaten, mit denen sie offizielle Beziehungen unterhält, als einen unfreundlichen Akt ansehen würde, da er geeignet wäre, die Spaltung Deutschlands zu vertiefen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Krone.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Krone


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte gestern mit Herrn Kollegen Menzel eine Unterhaltung darüber, wer heute als erster sprechen solle. Ich glaube, es steht der größten Fraktion zu, von diesem Recht, wenn es sein muß, Gebrauch zu machen. Ich habe darauf verzichtet, und ich glaube, ich habe gut daran getan. Denn so habe ich die Gelegenheit, Kollege Ollenhauer, jetzt auf Ihre Ausführungen einzugehen.
    Nachdem ich die ersten Sätze gehört hatte, war ich der Überzeugung, daß vielleicht doch die Möglichkeit einer, wie Sie sagen, sachlichen Beratung dieser Fragen gegeben sei. Ihre weiteren Ausführungen haben mich aber enttäuscht. Ich muß sagen, daß Sie von einer sachlichen Erörterung doch sehr weit abgewichen sind.

    (Widerspruch bei der SPD. — Zurufe von der SPD: Na sowas! — Unerhört!)

    Sie haben von den Gefangenen gesprochen. Was Sie hierzu gesagt haben, unterstreiche ich. Sie haben auch von der Zahl derjenigen gesprochen, die über die Zahl von 10 000 hinausgehen, von den Verschleppten aus der Zone, und, ich möchte hinzufügen, auch von anderen, die noch in fremdem Gewahrsam gehalten werden. Ich gebe hier meinem Wunsche Ausdruck, daß auch diese bald in ihre Heimat zurückkehren.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Sie haben den Dank an den Kanzler ausgesprochen, und meine Fraktion hat sich diesem Dank auch schon bei Ihren Worten angeschlossen.
    Aber, Herr Kollege Ollenhauer, so leicht und so schnell, wie Sie darüber hinweggehen, daß nun endlich nach so langer Zeit, nach vielen Jahren diese Gefangenen freikommen, das entspricht doch nicht der Bedeutung, die dieser Angelegenheit zukommt.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. Baur [Augsburg] : Machen Sie sich doch nicht wichtig!)

    In einer Verlautbarung, die ich im dpa-Dienst gelesen habe,


    (Dr. Krone)

    wurde davon gesprochen, daß man das als eine menschliche Sache hinnehmen könne, daß sie sich allein betrachtet werden müsse. Gewiß, auch die deutsche Delegation kam mit diesem Vor haben nach Moskau, und sie hat bis zum letzten bestanden und an ihre Partner appelliert, daß man doch hier ein Gebot der Menschlichkeit erfüllen möge. Aber wissen Sie nicht auch genau so wie ich, daß nicht wir es gewesen sind, sondern die andere Seite, die dann diese so menschliche Angelegenheit mit Dingen verknüpft hat, die in das Reich der Politik gehören,

    (Sehr gut! in der Mitte)

    und daß die deutsche Delegation — und auch Ihr Vertreter — vor einer Gewissensfrage gestanden hat, in einer Atmosphäre, die bis zum Zerreißen gespannt war? Es ist doch nicht so einfach gewesen, diesen 10 000 Menschen wieder die Freiheit zu geben! Das muß angesichts der Tatsache, daß noch viele, viele andere auf die Freiheit warten, fest- gestellt werden.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Wem sagen Sie das! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Es kommt noch etwas hinzu. Meine verehrten Herren, als der Kanzler von Moskau zurückkam — und auch, ich betone das, Herr Kollege Schmid, der ja einen lebendigen Appell an die Machthaber in Moskau gerichtet hat —, hat eine Frau am Flugzeug dem Kanzler ihren Dank dafür ausgesprochen, — —

    (Zurufe von der SPD)

    — Passen Sie auf!

    (Abg. Neumann: Wir sind dabei!)

    — Passen Sie auf!
    Und was hat eine Ihrer Zeitungen dazu geschrieben?Es ist seit den Tagen Adolf Hitlers unter den Staatsmännern üblich geworden, mit blumenbekränzten lächelnden Kindern und alten weinenden Frauen die Gefühlswelt der Menschen anzusprechen und damit politische Propaganda zu machen.

    (Pfui-Rufe von der CDU/CSU.)

    Wer schreibt das? Herr Peter Konradin — ein Herr aus Ihrem Lager! Meine Herren, Sie sollten mit echten Bewegungen und Dankesbezeugungen nicht so ein politisches Geschäft treiben!

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU. — Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Aber Herr Krone, was ist denn das für eine Plattform!)

    — Eine Plattform? Sie haben sie hier betreten!

    (Abg. Neumann: Denken Sie an die Reden im Wahlkampf von Ihrer Seite! — — Weitere Zurufe von der SPD. — Unruhe.)

    Ich möchte noch ein weiteres Wort dazu sagen. Herr Kollege Ollenhauer hat von der Vorbereitung der Konferenz von Genf gesprochen und hat dabei wiederum das Wort von den einsamen Beschlüssen des Bundeskanzlers zitiert. Ich glaube, wer den Beratungen vor der Konferenz beigewohnt hat — und auch Herr Ollenhauer —, wird doch wohl feststellen müssen, daß hier von beiden Seiten ein echtes Gespräch zur Vorbereitung der Konferenz geführt worden ist.

    (Widerspruch und Zurufe von der SPD.)

    e Ich kann auch nur wünschen, daß solche Gespräche
    e fortgesetzt werden. Allerdings, Herr Kollege
    Schoettle, muß man dann nicht, wie es hier geschehen ist, dem Gegner schon von vornherein so n viele billige Schlagworte geben.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU. — Abg. Schoettle: Herr Krone, was verstehen Sie eigentlich unter sachlicher Auseinandersetzung? Die Unterwerfung unter Ihren Standpunkt? Das ist doch kindlich, entschuldigen Sie!)

    Sie sprechen davon, daß die Verträge schuld daran seien, und suchen keine anderen Gründe dafür, daß es bisher noch nicht zu einer Wiedervereinigung gekommen ist. Wer waren denn die Spalter in Deutschland? Waren das die Verträge? War nicht auch schon Ihr früherer Vorsitzender, Herr Kollege Schumacher, von dem Kreml drüben ,als Spalter bezeichnet worden? Hat man nicht schon das Wort von der Spaltung gebraucht, als noch keine Verträge in Sicht waren?

    (Abg. Wittrock: So was Primitives!)

    Hat man nicht schon das Wort von der Spaltung gebraucht, als die Währungsreform eingeführt wurde? Man sage doch einmal offen heraus, wo die letzten, tieferen Gründe dafür liegen, daß unser Land und Volk gespalten ist.
    Das Gespräch in Moskau fand statt, sagen Sie, trotz der Verträge. Wollen Sie das entscheiden? Es kann ebensogut betont werden, daß es die Folge dieser Politik gewesen ist, daß jetzt endlich der Augenblick zu einem solchen Gespräch gekommen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Allerdings, meine Damen und Herren, ich halte nichts davon, wenn man als Vorbereitung für eine sachliche Diskussion schon jetzt alle möglichen Konzeptionen erörtert, noch dazu in der Öffentlichkeit, und damit nur Material liefert für den, der gegen uns steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Dann schließen Sie doch das Parlament zu! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Dazu rechne ich auch Ihre These, daß man schon als Vorbereitung 'für die Genfer Konferenz dazu übergehen müsse, zu erörtern, daß — das schlagen Sie vor — das wiedervereinigte Deutschland nicht mehr Mitglied der NATO sein kann. Ich meine, das sind Äußerungen, die unsere Arbeit nicht fördern, sondern nur erschweren.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Arnholz: Heilige Einfalt!)

    Der Bericht des Herrn Bundeskanzlers hat gestern in aller Sachlichkeit die Schwierigkeiten dargelegt, die der Verhandlungsdelegation in Moskau bereitet worden sind. Es war ein sehr sachlicher, ein nüchterner Bericht. Es war in ihm nicht das Wort von den Erfolgen, sondern nur von den Ergebnissen. Der Kanzler hat von der Problematik gesprochen, die bei diesen Entscheidungen zugrunde lag. Er hat davon gesprochen, daß die Politik der Wiedervereinigung nicht ohne jedes Risiko durchgeführt werden könne. Er hat von der Härte gesprochen, von der Gewissensfrage, vor der er selber gestanden hat. Ich glaube, wir haben Anlaß, der ganzen Delegation und auch den beiden Herren aus unseren eigenen Reihen, den Herren Kollegen


    (Dr. Krone)

    Kiesinger und Schmid, und ,dem Herrn Bundeskanzler für diese Arbeit in Moskau zu danken. Er war hier der Anwalt der deutschen Sache,

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten rechts.)

    Dem Kanzler sind viele Wünsche auf seine Reise nach Moskau mitgegeben worden. Es ist bestimmt nur ein Teil von ihnen erfüllt worden. Aber ich freue mich, Herr Kollege Ollenhauer, daß Sie heute in ihrer Rede das Wort von der „hundertprozentigen Pleite" doch nicht gesprochen haben.
    Wir haben —auch hier im Bundestag — noch für diejenigen zu sorgen, die demnächst zurückkehren. Wir müssen uns bewußt sein, daß nicht ein jeder, der zurückkehrt, damit auch schon heimgekehrt ist. Es ist die Aufgabe unseres Volkes und auch dieses Bundestages, alles, was nur möglich ist, zu tun, damit diese unsere Brüder und Schwestern sich bald wieder voll und ganz in ihre Heimat zurückfinden.
    Was 'die anderen angeht, so freue ich mich feststellen zu können, daß erreicht worden ist, daß wir unsere Listen einreichen können. Ich habe die Hoffnung, daß damit doch noch vielen, vielen die Rückkehr zur Heimat ermöglicht werden kann. Ich spreche den Wunsch aus, daß sich möglichst viele von den Hoffnungen unserer Mütter, Väter und Söhne erfüllen, die bisher vergebens auf die Heimkehr ihrer Lieben gewartet haben.
    In einer Wochenzeitung hat der Satz gestanden, daß dieser Entscheid von Moskau auf eine Zweiteilung Deutschlands hinauslaufe. Wenn das so wäre, dann wäre keiner unserer Kollegen hier im Hause in der Lage, diesem Abkommen zuzustimmen. Ist dem aber so? Ich erinnere daran, daß bei den Verhandlungen drüben in Moskau mit aller Deutlichkeit und Schärfe unser Standpunkt gewahrt worden ist, daß hier die Vorbehalte noch einmal klar und deutlich herausgestellt worden sind, daß wir die Grenze nicht anerkennen können, die in dem Abkommen zwischen der Regierung von Pankow und Moskau als „Friedensgrenze" bezeichnet worden ist. Ich erinnere daran, daß es noch einmal gesagt worden ist, daß die Regierung von Pankow niemals anerkannt werden kann, Sprecherin Deutschlands zu sein, sondern daß der Deutsche Bundestag, die deutsche Regierung allein befugt sind, für das ganze deutsche Volk zu sprechen. Das auch unseren Freunden in der Zone mit aller Deutlichkeit zu sagen, ist auch heute unsere Aufgabe. Ich stimme darin völlig mit dem überein, was vorhin gesagt worden ist: daß wir diese Verbundenheit zwischen uns und der Zone gar nicht laut und deutlich genug herausstellen können. Sie allein gibt uns die Gewähr und die Möglichkeit, daß einstmals für sie wiederum der Tag kommt, wo sie mit uns vereinigt sind. Aber ich bin der Überzeugung, daß, wenn man schon jetzt in Erörterungen eintritt, uns die Fragen vorwegnimmt, über die erst später gesprochen werden kann, die Wiedervereinigung nur hinausgezögert und erschwert wird.

    (Zuruf von der SPD: Also planlos bleiben!)

    Lassen Sie mich noch ein Weiteres sagen. Bei den Verhandlungen in Moskau ist doch der große Gegensatz zwischen uns und der östlichen Welt erneut zutage getreten. Man muß hier an die Worte von Chruschtschow erinnern, daß hier eine alte Welt und drüben eine neue Welt steht und daß die Zeit kommt, wo diese alte Welt zusammenbricht und die neue Welt sich auch in Westeuropa etabliert. Moskau hat von seiner These der Weltrevolution auch jetzt nicht abgelassen. Perioden der Koexistenz und der Weltrevolution wechseln miteinander ab. Aber wir haben hier klar zu erkennen, daß auch bei diesem Abkommen von Moskau zwischen uns und der Welt da drüben die große Kluft 'besteht und daß zwischen uns und denen drüben in ihrem weltanschaulichen Denken keine Brücke zu schlagen ist. Darum müssen wir auch heute erneut auf die Gefahr hinweisen, daß neue Wege der Infiltration jetzt von seiten des Ostens sicherlich beschritten werden. Wir haben mit verstärkter Propaganda zu rechnen. Schon heute ist die Zahl der Tarnorganisationen außerordentlich groß; wer weiß, sie wird vielleicht noch steigen. Man benutzt Handel, Sport, Kultur und meint im Grunde Propaganda und Politik.

    (Zuruf von der SPD: Und die Wirtschaft?)

    — Was die Wirtschaft angeht, Herr Kollege, so habe ich bereits vor ein paar Tagen darauf hinweisen können, daß auch meiner Fraktion jeder Besuch, wie er heute schon geplant werden könnte, weder sachlich noch zeitlich angebracht zu sein scheint. In diesem Zusammenhang rechne ich auch mit immer wieder neuen Einladungen. Wir sollten hier jene Reserve üben, die angesichts der harten, rauhen Wirklichkeit auch in der Zone drüben angebracht ist.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch ein Wort zur Politik Rußlands gegenüber unserer Zone drüben sagen. Wir haben es immer wieder erlebt, daß sich die russische Politik gegenüber unserer Zone heillosen Illusionen hingibt. Sie hat die Wirklichkeit unseres Volkes nicht erkannt, sie hat nicht erkannt, daß unser Volk weder hier noch drüben gesonnen ist, den Lehren des Kommunismus nachzugehen, daß es vielmehr auf seine eigene Freiheit, auf sein eigenes Recht pocht und daß es dieses Recht und diese Freiheit gegenüber allen Anfeindungen von der Seite des Ostens her gewahrt wissen will. Man hat unsere warnenden Worte nicht verstanden. Man hat jenen getraut, die den Machthabern in der Zone nach dem Munde geredet haben. Man hat jenen getraut, die mit Konzeptionen glaubten eine Verbindung zwischen uns und denen drüben schlagen zu können. Man hat jenen getraut, die in ihre Dienste getreten sind. Dann kam das bittere Erwachen des 17. Juni 1953. Es hätte der Politik in Deutschland und um Deutschland von seiten Moskaus besser gedient, wenn die Sowjets sich über die wahren Verhältnisse in unserem Volke und in der Zone besser orientiert hätten.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wenn der Kanzler jetzt in Moskau persönlich mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, was das deutsche Volk denkt, wenn er schon auf dem Flugplatz in Wahn klar herausgestellt hat, daß er es ist, der für das gesamte Deutschland spricht, und nicht ein anderer, dann hat er durch diese Offenheit der echten Befriedung in der Welt einen größeren Dienst erwiesen, als es alle jene Konzeptionen je getan haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Lassen Sie .mich in diesem Zusammenhang noch auf eine Spekulation hinweisen, von der man heutzutage des öfteren hört. Es gibt Kreise, die auf eine spätere Zeit spekulieren, die auf Zeitgewinn spekulieren und die da meinen, es sei der Lösung


    (Dr. Krone)

    der deutschen Frage besser gedient, wenn man auf eine Nach-Adenauer-Zeit warte. Ich kann solche Spekulanten, insbesondere im Osten, nicht dringend genug vor derartigen Spekulationen warnen.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir wollen heute klar herausstellen, daß wir Deutsche weder heute noch später nach Rapallo gehen. Die falsche Spekulation gegenüber uns Deutschen hat der deutschen und der russischen Politik schon des öfteren geschadet. Ich erinnere an die Spekulation auf den Zerfall Deutschlands, eine Spekulation, die falsch ist; unser Land hat sich nach dem Kriege wieder erholt. Ich erinnere an die Spekulation auf den Zerfall Europas. Dieses Land, diese Völker in Europa sind auf dem Wege, sich zusammenzuschließen, und ich kann nur unterstützen, was gestern der Herr Bundeskanzler gesagt hat, daß wir auch heute nicht genug tun können in der Förderung alles dessen, was diesem Zusammenschluß dient.
    Man hat sich auch hier in Deutschland von seiten der russischen Politik auf Männer verlassen, die einstmals einen großen Namen hatten, man hat geglaubt, mit ihnen Politik machen zu können, und hat nicht erkannt, daß deren Zeit doch längst vorbei ist. Ich möchte also hier noch einmal darauf hinweisen, daß eine illusionslose, der Wirklichkeit Rechnung tragende Politik den beiden Völkern weit besser dient als jedes falsche Spekulieren auf andere Zeiten oder andere Menschen.
    Die Verhandlungen in Moskau haben gezeigt, daß die Sowjets noch nicht daran denken, ihre Position in der Sowjetzone preiszugeben. Das haben sie mit aller Deutlichkeit immer und immer wieder zum Ausdruck gebracht, das haben sie auch bisher stets durch ihre Tat bewiesen. Das wahre Hindernis, das sich der Einheit Deutschlands entgegenstellt, ist die Tatsache, daß der Kreml noch immer nicht daran denkt, den Weg des Friedens, eines echten Friedens, zu beschreiten, der voraussetzt, daß auch bei einer solchen Politik unser Recht auf Existenz gewahrt wird.

    (Zuruf von der SPD.)

    Klar haben die Sowjets auch in ihrer Politik des öfteren auf jene hingewiesen, die im Westen eine Neutralitätspolitik betreiben. Molotow hat noch geradezu die Erwartung ausgesprochen, daß diese Zahl in Deutschland sich noch mehren könnte und hoffentlich mehren würde. Diejenigen hier im Westen, die sich auf einen solchen Weg verlassen und glauben, sie würden damit der deutschen Sache einen Dienst erweisen, irren sich nicht nur, sondern leisten geradezu der Politik des Ostens Vorschub.
    Eine Wiedervereinigung ist so lange unmöglich, als nicht auf seiten des Ostens die klare Erkenntnis davon Oberwasser bekommt, daß wir Deutsche in der Zone ein Recht auf Existenz und Sicherheit haben und daß unsere Wiedervereinigung für uns ein Gebot ist und daß wir niemals uns dazu hergeben können, aus unserem Bereiche, aus dem Bereich unseres gesamten deutschen Landes und Volkes jene ausscheiden zu sehen, die mit allen Fasern ihres Herzens sich nach einer Rückkehr zu uns sehnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Bundeskanzler hat schon bei seiner Ankunft, in der ersten Sitzung auf der Konferenz in Moskau klar herausgestellt, daß die deutsche Politik ' eine Politik des Friedens sei, daß der Friede das oberste Gebot auch für die deutsche Politik sei. Meine Damen und Herren, Kommunismus und Friede sind Gegensätze, und solange der Kommunismus seine Expansion uns gegenüber nicht aufgibt, ist eine Realisierung der Wiedervereinigung nicht möglich. Man sollte doch dem echten, wahren Willen des deutschen Volkes in der Zone freien Lauf geben. Wenn Bulgarin gemeint hat, daß das Volk in der Zone hinter ihm, hinter der Pankower Regierung stehe, dann möge er doch den Beweis dafür antreten lassen, indem er freie Wahlen in der Zone durchführen läßt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Man möge wählen lassen, und es wird sich zeigen, wo das deutsche Volk steht. Schon jetzt könnte man einer echten Befriedungspolitik dadurch Raum geben, daß man den vielen, die heute noch in den Gefängnissen der Zone sitzen, die Freiheit wiedergibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das wäre ein echter Weg zum Frieden und zur Wiedervereinigung. Mag er auch mühsam sein, mag er auch schwer sein, wir werden nicht aufhören, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Wir sind sicher, daß wir auf diesem Wege auch zum Ziele kommen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Ollenhauer hat gesagt, daß durch die Verträge Rußland in stärkerer Position sei als je zuvor. Glauben Sie wirklich, Herr Kollege Ollenhauer, daß ein Gespräch mit Rußland vor Monaten oder gar vor noch längerer Zeit überhaupt Aussicht gehabt hätte, zu Resultaten zu kommen?

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Glauben Sie denn, daß ohne die Verträge, ohne daß wir wieder mit den Völkern des freien Westens in enger Partnerschaft stehen, eine solche Aussicht vorhanden gewesen wäre? Ich bin überzeugt: niemals! Das haben wir doch wohl bereits gelernt, daß die russische Politik nur auf harte, nüchterne Tatsachen, auf Realitäten reagiert und daß alles andere für sie doch nur Konzeptionen ohne Bedeutung sind.

    (Abg. Arnholz: Also doch Politik der Stärke!)

    — Nicht Politik der Stärke, aber eine Politik, die sich selber sichert und die weiß, daß ihre Existenz gesichert sein muß im Verein der freien Völker.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Darum halten wir an dieser Politik, die bisher von deutscher Seite geführt worden ist, auch heute fest. Wir lassen nicht mit dem Gedanken spielen, daß diese Politik in ihren Grundzügen und -linien geändert werden könnte. Wir möchten verhüten, daß in der Welt auch nur ein Schatten aufkommt, daß eine solche Meinung zu Recht bestehe.
    Wir sind überzeugt davon, daß auf der Konferenz in Genf, die vor uns steht, entscheidende Gespräche geführt werden können. Für uns Deutsche ist das Thema dieser Konferenz unsere Sicherheit und die Wiedervereinigung. Aber die Wiedervereinigung ist eben schon das Grundelement der Sicherheit selber, und jede Konzeption, die davon Abstand nähme, würde uns Deutschen nur zum



    (Dr. Krone)

    Nachteil gereichen können. Darum können wir auch heute nur den Appell an die westliche Welt richten, daß genau so, wie wir an unserer Linie festgehalten haben und festhalten werden, genau so, wie für uns nach wie vor unser Vertragsverhältnis mit den Völkern der freien Welt die Basis unserer Wiedervereinigungspolitik ist, auch die Gespräche in Genf selber geführt werden mögen. Mögen auch die Hoffnungen, die hie und da insbesondere in der Zone aufgetaucht sind, als das erste Gespräch deutscherseits mit Moskau feststand, übertrieben gewesen sein, und wußten wir auch von hier aus, daß sie nicht realisiert werden konnten, so ist es meine Überzeugung und auch die Überzeugung meiner Fraktion, daß dieses erste Gespräch in Moskau auch zur Wiedervereinigung unseres Volkes beigetragen hat, nicht auf Grund von zweiseitigen Gesprächen, die der Kanzler in Moskau sofort abgelehnt hat, wohl aber dadurch, daß wir auf der Basis der Verträge in Verbindung mit der freien Welt die Gespräche zur endgültigen Wiedervereinigung unseres deutschen Volkes führen.
    Meine Fraktion wird der Bitte des Bundeskanzlers nachkommen und ihr Einverständnis zu dem Abkommen erklären. Wir tun diesen Schritt im Bewußtsein seiner Bedeutung und in der Hoffnung, daß es ein weiterer Schritt zur Wiedervereinigung unseres Volkes sein wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)