Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein sehr verehrter Herr Kollege Schmidt hat für die Einbringung der Großen Anfrage drei Motive herausgestellt. Ich habe keinen Anlaß, an der Wahrhaftigkeit und Echtheit dieser Motive zu zweifeln. Aber ich meine, eines hat er sicherlich noch vergessen. Ein viertes Motiv war ein rein politisches mit dem Beigeschmack, dem Herrn Bundeswirtschaftsminister in bezug auf die Kartellüberwachung gewisse Vorwürfe zu machen und in der Öffentlichkeit so etwas den Eindruck zu erwecken — Herr Kollege Schmidt, Sie werden mir verzeihen, wenn ich das einmal ausspreche —: „Wählt SPD und ihr bekommt billigere Benzinpreise!" Ihre Ausführungen waren jedenfalls sehr darauf ausgerichtet, die Gunst der Benzinnutzer zu erringen. Dieses Bemühen wurde im letzten Teil Ihrer Ausführungen nur noch von dem offensichtlichen Bemühen übertroffen, auch die Gunst der Direktoren der großen Gesellschaften zu behalten oder zu erneuern.
Herr Staatssekretär D r. West r i c k hat sehr richtig die Mineralölwirtschaft charakterisiert als ein Oligopol, das dargestellt wird durch große ausländische Gesellschaften, die den Markt beherrschen. Es handelt sich zweifellos dabei um eine sehr konzentrierte Macht, auf deren Praktiken wir weder mit den Mitteln der Planwirtschaft — wie sie Herr Schmidt seinen Ausführungen in der Argumentation offenbar zugrunde legte — und noch weniger mit denen der Sozialen und Freien Marktwirtschaft Einfluß haben.
Es schiene mir völlig abwegig, wenn wir uns bei der Diskussion über das Thema der Angemessenheit der Benzinpreise von irgendwelchen emotionalen Regungen beeinflussen ließen, etwa von einer Voreingenommenheit gegenüber Gesellschaften, die maßgeblich vom Ausland her bestimmt sind. Ich halte es vielmehr für einen Akt der Klugheit, daß wir die Dinge sehr nüchtern und sorgfältig analysieren und den Versuch machen, durch eine sorgfältige Analyse zu bestimmten Konsequenzen zu kommen.
Ich meine, das ganze Haus ist sich in dem einen Punkt einig, daß die größten Anstrengungen gemacht werden müssen — nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Bemühungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers um eine Stabilität und eine Senkung der Preise —, im Laufe der nächsten Monate auch eine Senkung der Benzinpreise zu erreichen.
Ich habe mir in den letzten Monaten die Mühe gemacht, mir in sehr vielen Gesprächen mit Vertretern der deutschen Mineralölwirtschaft und auch in einem Gespräch in Zürich im Hause Duttweiler ein Bild von der Situation zu machen, und bemühe mich, aus dem Für und Wider in der Argumentation ein richtiges Urteil zu gewinnen. Herr Kollege Schmidt hat mit Recht den Benzinpreis in der Bundesrepublik den Preisen in anderen vergleichbaren Ländern Europas gegenübergestellt. Es ist ganz unbestreitbar, daß der Verkaufspreis — abzüglich der Steuer- und Zollbelastungen — in Deutschland zum Teil um 10 Pf höher liegt als z. B. in Belgien, Holland und anderen Ländern. Der Objektivität halber aber müssen wir diese Gegenüberstellung noch durch den Abzug der Tankstellenprovision ergänzen. Es ergibt sich dann ein in gewisser Weise anderes Bild. Die Tankstellenprovision beträgt in Deutschland 7,24 Pf je Liter, in anderen Ländern, z. B. Belgien 2,75 Pf, Dänemark 3,04 Pf, England 4,10 Pf, Frankreich 3 Pf, Holland 3,25 Pf, Italien 4,5 Pf, Norwegen 3,6 Pf usw., alles pro Liter. Das heißt: Die Sätze der Tankstellenprovision liegen in Deutschland im Durchschnitt um 31/2 bis zu 4, fast 5 Pf über den Tankstellenprovisionen im Ausland.
Stellt man dann einen Vergleich der Benzinpreise an — Verkaufspreis abzüglich Steuer- und Zollbelastung und abzüglich Tankstellenprovision —, ergibt sich in der Bundesrepublik ein Nettopreis von 22 Pf je Liter, in Belgien von 18,6 Pf, Dänemark 17,5 Pf, England 16,5 Pf, Frankreich 17 Pf, Holland 16,5 Pf. Nehmen wir noch die Schweiz mit 16,3 Pf dazu. Das heißt: Die Differenz liegt etwa bei 3, 4, 5 Pf je Liter, immerhin etwas weniger als das, was der Herr Kollege Schmidt angeführt hat. Das muß man der Gerechtigkeit wegen, glaube ich, erwähnen.
Nun muß ich aber auch der Objektivität halber anfügen, was ich bei der Schweiz festgestellt habe. Der Verkaufspreis in der Schweiz von netto 16,3 Pf entspricht einem Nettopreis in Deutschland von 22 Pf. Das ergibt aber noch nicht ein ganz richtiges Bild, weil zu diesem Nettopreis noch der Aufschlag kommt, der im deutschen Benzinpreis durch die Zoneneinteilung entsteht. Sie wissen, daß der Verkaufspreis in Hamburg 62 Pf beträgt, dann sich staffelt von 63 bis 67 Pf. In dem deutschen Teil nördlich der Schweizer Grenze beträgt er 66 Pf, also 4 Pf über dem Nettopreis, der hier bei dem Vergleich zugrunde gelegt worden ist. Legt man diesen Preis zugrunde, dann ergibt sich auch bei dem Vergleich mit dem nördlichen Teil der Schweiz, also dem Teil längs der deutschen Grenze, wiederum ein ungünstigeres Bild und eine Differenz von ungefähr 9 Pf. Allerdings muß dabei zugegeben werden, daß die Benzinversorgung im nördlichen Teil der Schweiz bis Basel auf dem Wasserwege sicherlich weniger Unkosten verursacht als die Versorgung auf der deutschen Seite bis Mannheim auf dem Wasserwege und die Weiterleitung bis an die Schweizer Grenze. Aber wie gesagt: daß gewisse schwer zu begründende Preisdifferenzen in der Gesamtbetrachtung erkennbar werden, kann von niemandem und kann auch von den deutschen Mineralölgesellschaften nicht bestritten werden.
Ich möchte im übrigen, Herr Kollege Schmidt, bei der Anspielung auf mein Gespräch im Hause Duttweiler nicht allzu weit gehen; denn es sind da zum Teil auch Meinungen vertreten worden — ich möchte nicht sagen: Vorwürfe erhoben worden —, deren Prüfung ich bisher nicht habe abschließen können und über die zu sprechen ich daher zu diesem Zeitpunkt nicht für richtig halte.
Aber wenn wir diese Preisdifferenzen betrachten, müssen wir auch auf der Gegenseite gewisse Argumente gelten lassen, die von Herrn Staatssekretär Westrick zum Teil bereits angeführt worden sind. Ich bringe sie hier vor, nicht etwa zur Verteidigung des gegenwärtigen Benzinpreises, den auch ich für zu hoch halte, aber doch, um die Situation zu klären und um ein unvoreingenommenes Urteil zu ermöglichen. Es gibt acht Argumente, die wir berücksichtigen müssen und die ich Ihnen kurz vortragen will.
Einmal ist nach 1945 auf dem Mineralölsektor in Deutschland eine Strukturveränderung eingetreten. Wir sind vor dem Kriege ein Einfuhrland gewesen. Wir haben Fertigwaren importiert und sind nach dem Kriege aus den verschiedensten, zweifellos berechtigten Erwägungen heraus zu einer Eigenerzeugung übergegangen. Bei dieser Eigenerzeugung verarbeiten wir 30 % Rohöl, das aus Deutschland selbst kommt, und 70 % Rohöl, das importiert werden muß. Es wäre zweifellos nicht richtig und ein Fehler gewesen, wenn wir nach 1945 auf eine Eigenproduktion verzichtet hätten. Dazu kommt, daß die vorhanden gewesenen Anlagen im Besitz der deutschen Gesellschaften — Schiffe, Fuhrparks, Tankstellen, Versorgungsbasen usw. — durch den Krieg zerstört gewesen sind und daß im Laufe der letzten Jahre für den Aufbau der deutschen Mineralölwirtschaft bis zu einer Milliarde DM investiert worden ist, ein immerhin beachtlicher Faktor.
Zum zweiten! Mit einer gewissen Berechtigung wird vielleicht hier und dort der Ausbau des deutschen Tankstellenwesens kritisiert: zu aufwendig, zum Teil durchaus nicht in das Landschaftsbild hineinpassend. Aber man muß wohl das eine Argument gelten lassen: daß die Investitionen im Tankstellenbau zu Recht im Hinblick auf die in den nächsten Jahren zu erwartende Zunahme an Kraftfahrzeugen berechnet wurden. Bei Beurteilung der Kostensituation sollte man wohl auch den wirklich erstklassigen Service in Rechnung stellen, den sich die Gesellschaften zweifellos etwas kosten lassen und der in gleicher Weise nicht überall im Ausland üblich ist.
Vielleicht auch eine ganz kurze Nebenbemerkung an unser Bundesverkehrsministerium. Die im Besitze des Bundes befindliche Gesellschaft für Nebenbetriebe hat im Laufe der letzten Jahre auch 80 Tankstellen an den deutschen Autobahnen gebaut, und zwar sind das mit 'die aufwendigsten Tankstellen. Man kann also sagen, der Bund ist hier entweder mit gutem oder mit schlechtem Beispiel vorangegangen, je nachdem, wie man sich zu dem Aufbau des Tankstellennetzes stellt.
Von dem Herrn Kollegen Schmidt wird in seiner Großen Anfrage die Frage gestellt: Welches ist denn nun der richtige Benzinpreis? Herr Staatssekretär Westrick hat darauf hingewiesen, daß hier eine Verbundkalkulation vorliegt und es sehr, sehr schwierig ist, eine Analyse darüber zu geben, ob der Preis für Benzin, für Diesel-, für Heizöl und für die 200 sonst bei dem Raffinierungsvorgang anfallenden Nebenprodukte so oder so ist. Die Preise können eben nur in ihrer Gesamtheit gesehen werden.
Aber das Charakteristikum ist der gespaltene Preis, ist der Umstand, daß heute tatsächlich Preisnachlässe bis zu 18 Pf beim Benzin und bis zu 8 Pf pro Liter beim Diesel gegeben werden, und zwar gehen, soviel mir bekannt ist, bei Benzin 15 % der
Produktion, bei Dieselkraftstoff 75 % zu sehr wesentlich verbilligten Preisen an Großabnehmer. Es ist nur natürlich, daß sowohl unter den „Normalverbrauchern" als auch unter den Tankstellenbesitzern eine Verärgerung und Empörung darüber eingetreten ist, daß die Tankstellen gezwungen sind, den Kraftstoff zu dem vorgeschriebenen Preis zu verkaufen, während daneben ein Betrieb sitzt, der durch Großabnahme die Möglichkeit hat, das gleiche Produkt zu einem sehr wesentlich billigeren Preis zu bekommen.
Vielleicht ist es für Sie, meine Damen und Herren, von Interesse, die Argumentation der Mineralölwirtschaft zu kennen, da sie bei unseren Überlegungen berücksichtigt werden muß. Bei dem Raffinierungsprozeß fallen 31,5 % Benzin und 26,2 % Dieselkraftstoff an. Der Anteil des Benzins ist also höher als der des Dieselkraftstoffs. Im Verbrauch ist es aber genau umgekehrt. Im Jahre 1954 wurden 2,3 Millionen t Benzin und 2,6 Millionen t Dieselkraftstoff verbraucht. Das gleiche Verhältnis ergibt sich aus den Zahlen des ersten Halbjahrs 1955. Das heißt mit anderen Worten, daß in Deutschland zur Befriedigung des Dieselölbedarfs eine bestimmte Menge an Rohöl verarbeitet werden muß, beim Verarbeitungsprozeß aber ein Überschuß an Benzin anfällt, den dann die Gesellschaften im Propergeschäft zu günstigeren Preisen abstoßen. Das ist die Argumentation der Mineralölwirtschaft für die Preisbildung im Propergeschäft.
Herr Staatssekretär Westrick hat dann viertens darauf hingewiesen, daß im Laufe der letzten vier Jahre trotz der gestiegenen Material- und Lohnkosten eine effektive Preissenkung um 3 Pf eingetreten ist, wenn man das Verkehrsfinanzgesetz mit berücksichtigt, während im gleichen Zeitraum — meine Damen und Herren, das sollte auch einmal festgestellt werden — der Weltmarktpreis nur um 1,3 Pf zurückgegangen ist.
Herr Staatssekretär, erlauben Sie mir eine kurze Bemerkung als Antwort auf Ihre Feststellung, daß die Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes mit der Dieselpreiserhöhung eine Verlagerung der Transporte zugunsten der Bahn habe bezwecken wollen. Ich möchte das richtigstellen. Wir gingen im Verkehrsausschuß sowie im Finanz- und Steuerausschuß bei unseren Erwägungen darauf aus, eine Kostengerechtigkeit herbeizuführen, und erstrebten lediglich eine gleichmäßige, d. h. gerechtere steuerliche Belastung von Diesel und Benzin. Aus diesem Grunde sahen wir uns genötigt, den Dieselkraftstoffpreis um 10 Pfennig anzuheben.
Das fünfte Argument der Mineralölwirtschaft, das auch Herr Staatssekretär Westrick erwähnt hat, ist die Qualitätsverbesserung. Darauf möchte ich nicht weiter eingehen.
Das sechste ist die höhere Tankstellenprovision, die bereits einmal erwähnt warden ist.
Der siebente Punkt, meine Damen und Herren, scheint mir wert zu sein, gerade hier behandelt zu werden, und das ist die unterschiedliche Handhabung der Verzollung bei der 'deutschen Mineralölwirtschaft und bei der Mineralölwirtschaft des Auslandes. In Deutschland wird das Rohöl in seiner Gesamtheit verzollt, obwohl bei der Raffinierung und bei der sonstigen Verarbeitung des Rohstoffs etwa 3 1/2% Verluste eintreten: Wasser, Schlamm und sonstige Abfälle. Es scheint mir angemessen zu sein, daß man diese Tatsache bei der Beurteilung der Benzinpreise mit in Rechnung stellt. Ich komme darauf noch zurück.
Das Achte, was ich hier vortragen will, meine Damen und Herren, ist die Überlegung, daß die Mineralölwirtschaft in Anbetracht des ständig wachsenden Kraftverkehrs auch in Zukunft eine Kapazitätsausweitung nötig haben wird. In den letzten Tagen ist bereits eine Mitteilung durch die Presse gegangen, daß die Esso z. B. an den Neubau einer Raffinerie im Ruhrgebiet im Werte von etwa 200 Millionen DM und daran denkt, eine Pipeline von Wilhelmshaven ins Ruhrgebiet zu legen, ein Projekt im Werte von etwa 150 Millionen DM. Zweifellos handelt es sich bei dieser Pipeline um einen echten Rationalisierungsfaktor. Wenn wir auf der anderen Seite berücksichtigen, daß der Benzinverbrauch in der Bundesrepublik pro Person im Jahr 164 kg, dagegen in Frankreich 3r8 kg, in England 412 kg, also das Doppelte bis zum Dreifachen, beträgt — in den Vereinigten Staaten ist der ProKopf-Verbrauch 2243 kg; da kann man gar nicht so schnell ausrechnen, das Wievielfache das ist —, dann scheint es mir schon berechtigt, wenn die Gesellschaften auf diesen neuen Investitionsbedarf hinweisen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen diese acht Punkte einmal vorgetragen. Die Frage ist nun: Was ergibt sich als Konsequenz aus der Situation? Ich habe bereits eingangs gesagt: ich sehe mich nicht in der Lage, die heutigen Benzinpreise etwa zu verteidigen. Aber ich bin der Meinung, daß die besondere deutsche Situation zweifellos eine gewisse Rechtfertigung dafür gibt, daß sich die deutschen Benzinpreise zumindest bisher nicht auf der gleichen Ebene bewegten wie im Ausland, wo dieser ungeheure Nachhol- oder Erneuerungsbedarf nicht vorlag. Auf der andern Seite bedeutet gerade die Tatsache der ständig fortschreitenden Absatzsteigerung für die Mineralölwirtschaft in der Bundesrepublik nicht nur die Notwendigkeit, ihre Kapazität auszuweiten, sondern auch — das muß man meines Erachtens den GeselLschaften mit größtem Nachdruck vor Augen halten — eine ständig günstiger werdende Ausnutzung ihres Produktions-, Verarbeitungs- und Verteilungsapparates. Daraus sollten sich bereits gewisse Möglichkeiten einer Überprüfung ihrer Kalkulation ergeben.
Des weiteren, meine Damen und Herren, muß meines Erachtens unter die Periode der Investitionsfinanzierung ausschließlich über den Preis ein Schlußstrich gezogen werden. Dieser Appell ist sicher nicht allein an die Mineralölwirtschaft zu richten, sondern es ist ein Appell, der die gesamte deutsche Industrie angeht; denn wir wissen, daß in den anderen Industrien nicht sehr viel anderes geschehen ist, und niemand hat bisher sehr Anstoß daran genommen. Es gibt gar keinen Zweifel, daß wie für die Mineralölwirtschaft auch für sehr viele andere Industrien gar keine andere Möglichkeit bestanden hat, als den Aufbau über den Preis zu finanzieren. Aber ich bin der Meinung, daß wir insgesamt und insbesondere bei der Mineralölwirtschaft wieder zu einer normalen Investitionsfinanzierung kommen müssen und daß auch aus diesem Grunde gewisse Möglichkeiten für die Mineralölwirtschaft vorliegen, ihre Kalkulation veränderten Umständen anzupassen.
Ein Weiteres kommt dazu, und mir scheint, auch das ist an und für sich ein Appell, den man nicht nur an die Mineralölwirtschaft, sondern an die gesamte Industrie richten sollte. Es ist eine bedenkliche Tendenz, so große Anlagen, wie sie auch die Raffinerien darstellen, unbedingt in wenigen Jahren abschreiben zu wollen. Auch hier sollte man vielleicht zu normaleren Praktiken zurückkehren.
Eine andere wichtige Aufgabe geht vor allem die Bundesregierung und uns als Parlament an. Wir müssen zu einem anderen Verzollungsmodus beim Rohöl kommen, und zwar dadurch, daß wir entweder zur Verzollung des Fertigprodukts übergehen oder aber den Zollsatz für das Rohöl um den Anteil der Raffinierungsverluste ermäßigen. Ich möchte die Bitte an das Bundesfinanzministerium richten, in dieser Sache vorbereitende Arbeiten zu leisten. Wenn ich richtig unterrichtet bin, ist man in Ihrem Hause, Herr Staatssekretär Hartmann, auch bereits dabei, diese Dinge zumindest wohlwollend zu prüfen.
Vielleicht fehlt uns in der Bundesrepublik, was die Mineralölwirtschaft angeht, ein Außenseiter. Aber wenn wir diese Tatsache feststellen, ist damit noch nichts gewonnen. Denn ich möchte meinen, daß ein outsider vom Schlage Duttweilers in Deutschland wahrscheinlich keine sehr große Chance haben wird. Ich habe mich nämlich überzeugen können, daß die Chance von Herrn Duttweiler im wesentlichen darin gelegen hat, daß er Überschußmengen auf dem Weltmarkt sehr günstig einkaufen konnte, daß er sehr günstige Frachtangebote ausnutzen konnte und daß es dabei um Mengen ging, die, auf die Verhältnisse der Schweiz zugeschnitten, sowohl von ihm verkraftet werden als auch eine starke Wirkung auf den Markt auslösen konnten. Auf die Verhältnisse der Bundesrepublik zuggeschnitten wäre ein solcher Versuch wahrscheinlich schwieriger zu bewältigen und weniger erfolgversprechend. Wir können meines Erachtens nicht damit rechnen, daß das Auftreten eines outsiders in der Bundesrepublik zu einem ähnlichen Ergebnis führen würde, wie es Herrn Duttweiler gelungen ist. Wir müssen vielmehr darauf vertrauen, daß die Mineralölwirtschaft von sich aus auf Grund einer veränderten Situation und veränderter Möglichkeiten für sie selbst zu einer Überprüfung ihrer bisherigen Kalkulation kommt.
Ich habe die dringende Bitte, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister und der Herr Bundesfinanzminister gemeinsam ihre Gespräche mit der deutschen Mineralölwirtschaft in dieser Richtung fortsetzen. Meine Hoffnung geht dahin, daß sich die Mineralölwirtschaft die Chance nicht wird entgehen lassen, auch zu ihrem Teil dazu beizutragen, daß wir auf dem Wege der Preisstabilisierung und der Preissenkung wirklich einmal einen Schritt nach vorn tun. Die Möglichkeiten dazu sind vorhanden.