Ist die Bundesregierung tatsächlich der Auffassung, daß die notwendigen Eigenmittel zum Bau kostspieliger Fahrgastschiffe unter den Verhältnissen der Vorkriegszeit von den Reedereien erwirtschaftet werden könnten? Ich wähle ausdrücklich die Worte des Herrn Bundesministers, um nicht falsch verstanden zu werden. Eine eindeutige Antwort hierauf wäre immerhin von Bedeutung. Sie ist um so mehr von Bedeutung, als man sich, nachdem man die Antwort hier gehört hat, versucht fühlt, zu fragen: Hat vielleicht der Herr Bundesfinanzminister das Konzept der Rede des Herrn Bundesverkehrsministers irgendwie korrigierend behandelt? Den Eindruck muß man haben; denn die Vorstellungen, die bisher entwickelt worden sind, waren andere. Jetzt schweigt die Antwort gänzlich darüber. Der eigentliche Kernpunkt der Anfrage, nämlich die Frage: Wie ist diese Passagierschiffahrt aufzubauen?, hat keine Beantwortung gefunden. Diese Frage bleibt also offen.
Wir sind uns aber klar darüber, daß, wenn zum Jahresende tatsächlich die Pläne der Reedereien vorliegen, wenn sie tatsächlich greifbare Gestalt angenommen haben, diese Frage wieder auf das Hohe Haus zukommen wird. Dann muß doch auch eine Antwort auf die Fragen gegeben werden, die nun ständig gestellt worden sind. Wir haben der Regierung diesen Stock nicht hingehalten, damit sie darüberspringen soll. Aber die Frage wird da sein. Allerdings ist dann, wenn die Frage gestellt wird, die Wahl in Bremen vorüber.
Bei dieser Sachlage und bei dieser Darstellung, die der Herr Bundesminister hier gegeben hat, ist es uns verständlich, daß er nichts über die zweite Frage aussagen konnte, ob und wann nun mit einer Realisierung zu rechnen ist. Denn die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, daß man zu der ersten Frage tatsächlich etwas sagen kann. Hier hat ihn vielleicht sein Parteifreund Herr Kollege Schneider in Verlegenheit gebracht. Trotzdem bleibt die Frage interessant. Man stellt ja derartige Fragen nicht, um sich nachher ohne Antwort oder ohne eine ausreichende Antwort nach Hause zu begeben. Es wird also notwendig sein, hier eine Frage zu beantworten, die auf der Drucksache klipp und klar gestellt ist.
Der Herr Bundesverkehrsminister hat festgestellt, daß die neu entwickelten Schiffstypen, die sogenannten Kombitypen, die Anerkennung des Auslandes gefunden haben. Es wäre interessant, auch einmal zu untersuchen, ob tatsächlich der geplante Bau von Schiffen mit 28 000 Bruttoregistertonnen, von denen der_ Bundesverkehrsminister gesprochen hat, in diesem" Umfang jetzt und für die Zukunft das Gegebene ist. Es hat durchaus Stimmen in der Presse gegeben, die auf den Vorteil auch dieser Kombischiffe hingewiesen haben. Hier muß man sich doch wirklich fragen: Ist die reine Passagierschiffahrt, die ja Gott sei Dank die Jagd nach dem schnellsten und nach dem
größten Schiff nicht mitmacht, das Gegebene und wird sie wirklich wirtschaftlich das Richtige sein? Es ist um so mehr notwendig, diese Frage zu stellen, als man, wenn man das Bauprogramm der englischen Reeder ansieht, feststellen muß, daß dort neue Schiffstypen entwickelt worden sind, die in einer Größe von 20 000 bis 22 000 t als Kombischiffe gebaut werden. — Für eine Beantwortung auch dieser Frage wäre meine Fraktion sehr dankbar.
In Ergänzung dessen, was Herr Kollege Müller-Hermann gesagt hat, möchte ich also sagen: Der Termin ist sehr schlecht gewählt. Das lag nicht an uns, und es lag auch nicht an diesem Hohen Hause. Die Fragesteller, die diese Frage aufgeworfen haben, gehen mit einer schlechten Antwort nach Hause. Sie werden diese Antwort nicht sehr gut unterbringen können. Unser Bedauern gilt deswegen den Fragestellern, aber auch dem Herrn Bundesminister für Verkehr, der hier wahrscheinlich überfordert worden ist. Die Herren Fragesteller werden um eine schlechte Erfahrung reicher, aber um eine Wahlparole ärmer nach Hause gehen.
Der Bundesregierung aber möchte ich namens meiner Fraktion versichern, daß wir unsere volle Aufmerksamkeit einer gesunden und volkswirtschaftlich gerechtfertigten Entwicklung nicht nur der Passagierschiffahrt, sondern der gesamten Schiffart zuwenden wollen.
Hier wäre noch ein Wort zu den Fragen der Werften angebracht. Ich möchte die Beschäftigungslage der Werften nicht in dieser Art und Weise abtun — wie es geschehen ist —, indem ja eigentlich nur die großen Werften angesprochen wurden. Weiß der Herr Bundesverkehrsminister etwas über die Lage der kleinen Werften? Denn diese kleinen Werften werden keinen Vorteil daraus ziehen, wenn derart große Schiffe gebaut werden. Kann der Herr Bundesverkehrsminister etwas darüber sagen, wie hier die Lage ist und ob auch hier die Beschäftigung bis zum Jahre 1957 gesichert ist? Einer Beantwortung dieser Frage sehen wir gerne entgegen.
Ich möchte jedenfalls namens der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei nochmals feststellen, daß wir der gesamten Entwicklung unsere volle Aufmerksamkeit widmen und jede Initiative, die die Bundesregierung auf diesem Gebiet ergreift, begrüßen werden.