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ID0210100400

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    2. Deutscher Bundestag — 101. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. September 1955 5617 101. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 22. September 1955. Nachruf des Präsidenten auf den Abg Schuler 5619 A Gedenkworte des Präsidenten für die Opfer des Unglücks auf Zeche Dahlbusch am 3. August, des Absturzes eines amerikanischen Flugzeugs über dem Schwarzwald am 11. August, der Überschwemmungskatastrophe in den Vereinigten Staaten und des Flutwellenunglücks in Indien und Pakistan 5619 B Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . . . 5651 B Mitteilung über Niederlegung der Mandate der Abgeordneten Traub und Dr. Pfleiderer 5619 C Eintritt der Abgeordneten Dr. Ratzel und Leibing in den Bundestag 5619 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn), Neumayer, Jahn (Frankfurt), Bock, Dr. Königswarter, Heye, Walter und Dr. Atzenroth 5619 C Mitteilung über Vereinbarung im Ältestenrat betr. Überweisung der Übersichten über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben an den Haushaltsausschuß 5619 D Überweisung der Übersichten über die Haushaltsausgaben im 4. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1954 (Drucksache 1653) und im 1. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1955 (Drucksache 1658) an den Haushaltsausschuß 5619 D Nächste Fragestunde 5620 A Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestages . . . . 5620 A Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 117, 139, 182, 185, 186, 187, 188, 189, 190 (Drucksachen 878, 1660; 1081, 1611; 1471, 1666; 1535, 1663; 1556, 1560; 1610, 1654; 1614, 1643; 1632, 1646; 1638, 1649) 5620 C Zurückziehung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Lieferung von Futtergetreide an Hühnerherdbuch- und Vermehrungszuchten (Drucksache 1380) 5620 C Mitteilung über Vorlage der Verordnung Z Nr. 3/55 über Preise für Zuckerrüben der Ernte 1955, des Berichts des Bundesministers für Wirtschaft betr. Entwurf eines Energiewirtschaftsgesetzes (Drucksache 1647) und des Berichts des Bundesministers der Finanzen betr. Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Freimachung der Stadt Bad Oeynhausen (Drucksache 1652) 5620 D Geschäftliche Mitteilungen . 5620 D, 5626 C, 5651 C Große Anfrage der Fraktion der DP u. Gen. betr. Wiederaufbau der deutschen Passagierschiffahrt (Drucksache 1476) . . . . 5620 D Schneider (Bremerhaven) (DP), Anfragender 5620 D, 5621 A Dr. -Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 5622 A Müller-Hermann (CDU/CSU) . . . 5623 D Wehr (SPD) 5624 B Rademacher (FDP) 5625 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Mineralölpreise (Drucksache 1557) . . 5626 C Schmidt (Hamburg) (SPD), Anfragender 5626 C, 5638 B Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 5630 D, 5640 A Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 5633 A Schloß (FDP) 5635 D Beratung der Übersicht 13 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages betr. Petitionen nach dem Stand vom 15. August 1955 (Drucksache 1645) . . 5640 C Beschlußfassung 5640 C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (Drucksache 1585) 5640 C Überweisung an die Ausschüsse für Geld und Kredit, für Finanz- und Steuerfragen und für Wirtschaftspolitik . . . . 5640 C Erste Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache 1617) . . 5640 D Überweisung an die Ausschüsse für Außenhandelsfragen und für Geld und Kredit 5640 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Statistiken der Steuern vom Einkommen (Drucksache 1639) 5640 D Überweisung an die Ausschüsse für Finanz- und Steuerfragen ,und für Angelegenheiten der inneren Verwaltung 5640 D Beratung des Entwurfs einer Zweiundvierzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Stärke und Stärkemehl) (Drucksache 1637) 5641 A Überweisung an die Ausschüsse für Außenhandelsfragen und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . . 5641 A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken des ehem. Pionier-Übungsplatzes auf der Teerhofinsel in Lübeck (Drucksache 1644) 5641 A Überweisung an den Haushaltsausschuß 5641 A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung zur Überlassung junger Anteile an andere Bezieher als den Bund; hier: Kapitalbeteiligung des Landes Berlin an der Gemeinnützigen Wohnungsbau AG Groß-Berlin (Gewobag) (Drucksache 1655) 5641 B Überweisung an den Haushaltsausschuß 5641 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung von Bestimmungen über den Seidenbau (Drucksache 1616) . . 5641 B Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 5641 B Erste Beratung des von den Abg. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ergänzung des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes (Drucksache 1629) 5641 B Überweisung an die Ausschüsse für Wiederaufbau und Wohnungswesen und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 5641 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Einfluß von Eignungsübungen der Streitkräfte auf Vertragsverhältnisse der Arbeitnehmer und Handelsvertreter sowie auf Beamtenverhältnisse (Eignungsübungsgesetz) (Drucksache 1591) 5641 C Dr. Menzel (SPD) 5641 D Sabel (CDU/CSU) 5642 A Petersen (GB/ BHE) 5642 A Überweisung an die Ausschüsse für europäische Sicherheit, für Arbeit, für Sozialpolitik, für Beamtenrecht und für Rechtswesen und Verfassungsrecht 5642 B Erste Beratung des von den Abg. MeyerRonnenberg u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ladenschluß (Drucksache 1461) 5642 C Überweisung an die Ausschüsse für Arbeit, für Wirtschaftspolitik, für Sonderfragen des Mittelstandes und für Verkehrswesen 5642 C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1631) 5642 D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen . . . . 5642 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 29. Oktober 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Arbeitslosenversicherung (Drucksache 1411); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 1633) 5642 D Beschlußfassung 5642 D Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Moskauer Besprechungen) (Drucksache 1685) 5643 A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5643 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 5647 C Unterbrechung der Sitzung . . 5647 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Sozialversicherung vom 5. Mai 1953 nebst .Schlußprotokoll und Zusatzvereinbarung (Drucksache 1642) 5647 D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 5647 D Erste Beratung dies Entwurfs eines Gesetzes über den Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 11. ,Mai 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba (Drucksache 1650) 5648 A Überweisung an die Ausschüsse für Außenhandelsfragen und für Verkehrswesen 5648 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Libanon vom 8. März 1955 auf idem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Drucksache 1640) 5648 A Überweisung an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheber recht 5648 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrag vom 4. November 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über den Schutz der Urheberrechte ihrer Staatsangehörigen an Werken der Tonkunst (Drucksache 1597) 5648 A Überweisung an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheber recht 5648 B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Ausführung des Abkommens vom 27. Februar 1953 über deutsche Auslandsschulden (Drucksache 1651) 5648 B Überweisung an die Ausschüsse für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5648 B Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 472) . . . 5648 B, 5651 D Beschlußfassung 5648 B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Steuererleichterung für die Anschaffung von Haushaltsgeräten (Drucksache 1630) 5648 C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5648 C Absetzung des Antrags der Abgeordneten Mensing und Genossen betr. Durchführung von Betriebsprüfungen und Steuerfahndungen durch die Finanzämter (Drucksache 919) von der Tagesordnung . 5648 C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bundesbeihilfen zum Ausgleich von Härten im Rahmen der betrieblichen Altersfürsorge (Drucksache 1312) . . . 5648 D Heinrich (SPD), Antragsteller . . . 5648 D Storch, Bundesminister für Arbeit 5649 D Stingl (CDU/CSU) 5650 B Frau Finselberger (GB/ BHE) . . . 5650 D Oberweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 5651 C Nächste Sitzung 5651 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5651 B Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 472) 5651 D Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Dr. Pferdmenges 15. Oktober Bauer (Wasserburg) 17. Oktober Altmaier 15. Oktober Kühn (Bonn) 10. Oktober Dr. Horlacher 8. Oktober Anlage 2 Umdruck 472 (Vgl. S. 5648 B) Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse Der Bundestag wolle beschließen: Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Abs. 1 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen: 1. Antrag der Abgeordneten Josten, Walz, Trittelvitz, Jacobs, Lahr, Feller, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betreffend Zahlung der Beförderungsteuer von Besuchern aus dem Saargebiet (Drucksache 1612) an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen (federführend), an den Ausschuß für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen, an den Haushaltsausschuß; 2. Antrag der Abgeordneten Maucher, Bauknecht, Kiesinger, Finckh und Genossen betreffend Ausbau der Bundesstraßen 30, 312 und 10 (Drucksache 1625) an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Verkehrswesen. Bonn, den 16. September 1955 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Dr. Mocker und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Herbert Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Daß wir es an der Küste besonders schmerzlich empfinden, wenn heute Fahrgastschiffe aus aller Herren Ländern und alle möglichen fremden Linien bei uns anlanden und wir deutsche Fahrgastschiffe missen müssen, möchte ich nur am Rande erwähnen. Andererseits ist der Bau von Überseefahrgastschiffen natürlich keine Angelegenheit von Reminiszenzen oder gar des Prestiges, sondern eine Angelegenheit nüchterner Überlegung. Wenn wir auch, wie ich zu Anfang sagte, volles Verständnis dafür haben, daß wir unter volkswirtschaftlichem Zwang erst einmal die Frachtschiffahrt wieder aufbauen mußten und dabei auch die bekannten sogenannten Kombischiffe gebaut haben, so ist doch unseres Erachtens jetzt der Zeitpunkt gekommen, ernsthaft an das Problem des Wiederaufbaus einer deutschen Überseefahrgastschiffahrt heranzugehen, die für Deutschland in der Vergangenheit so große Bedeutung hatte und auch heute noch hat.
    Die vielfach aufgestellte Behauptung,, die Überseefahrgastschiffahrt sei durch den zunehmenden Luftverkehr überholt, ist inzwischen eindeutig widerlegt worden. Es steht fest, daß der Fahrgaststrom in den letzten Jahren, insbesondere seit Kriegsende, sich immer breiter entwickelt hat. Dabei möchte ich betonen, daß es sich bei der Erörterung der Frage einer Fahrgastschiffahrt vor allem um den Nordatlantik handelt. Im Jahre 1954 wurden rund 950 000 Fahrgäste über den
    Atlantik befördert. Der größte Teil von ihnen benutzte den Seeweg und nicht das Flugzeug. Dabei hat sich außerdem erwiesen, daß die zahlreichen Neubauten ausländischer Reedereien, die nach dem Kriege erstellt worden sind, ebenfalls eingeschlagen haben und ausreichend in Anspruch genommen sind. Es steht fest, daß der Fahrgast nach Übersee, der es eilig hat, in zunehmendem Maße das Flugzeug benutzt. Der Fahrgast aber, der es nicht so eilig hat, der auf einen gewissen Kornfort Wert legt und der diese Reise gleichzeitig zur Entspannung benutzen will, bedient sich nach wie vor des Schiffes. Jedenfalls haben die letzten Jahre gezeigt, daß trotz vermehrter Neubauten und vermehrten Einsatzes solcher Bauten auf der Nordatlantikroute diese Schiffe jeweils entsprechend belegt waren. Hier wie an keiner anderen Stelle ist zum Ausdruck gekommen, daß neue Verkehrsmittel auch neue Verkehrswege schaffen.
    Ich darf vielleicht am Rande erwähnen, daß in Bremerhaven, meiner Heimatstadt, nicht weniger als etwa ein halbes Dutzend ausländischer Reede-. reien mit ihren Fahrgastschiffen anlegen. Mir ist nicht bekannt, daß eine von ihnen etwa über ein schlechtes Geschäft zu klagen hätte.
    Bei der Beurteilung der Frage, ob wir eine deutsche Überseefahrgastschiffahrt wieder in Gang setzen können oder nicht, wird es für Sie auch interessant sein zu wissen, daß in den Jahren 1936 bis 1938 die Ausnutzung solcher Schiffe nur etwa bei 40 bis 50 0/o lag, während diese Ausnutzung nach dem Kriege bei allen Linien bei rund 70 bis 75 0/0 liegt.
    Angesichts dieser Tatsachen sind meine Freunde von der Deutschen Partei und ich der Auffassung, daß nun die Zeit gekommen ist, daß nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Regierung sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen sollte, ob wir nicht auch auf diesem wirtschaftlichen Sektor wieder in die Arena treten sollen. Nach den statistischen Unterlagen, die sehr genau errechnet worden sind, scheint es festzustehen, daß eine deutsche Überseefahrgastschiffahrt rentabel gestaltet werden könnte. Ich darf vielleicht darauf hinweisen, daß ein gutes Stück unseres Anfangskapitels jener unbändige Aufbauwille ist, den wir in den Jahren nach dem Kriege auf allen anderen Sektoren der Wirtschaft bewiesen haben, jener Optimismus, den wir ebenfalls bewiesen haben, der Wille, den Anschluß an die übrige Welt auch auf diesem Gebiet zu finden, und nicht zuletzt der hervorragende Ruf, den sich die deutschen Fahrgastschiffe mit ihrer Einrichtung, ihrer hervorragenden Gastronomie und ihrer hervorragenden Bedienung in aller Welt erworben haben.
    Daß der Wiederaufbau einer solchen ÜberseeFahrgastschiffahrt vorübergehend auch einer gewissen staatlichen Hilfe bedarf, wird jedem Denkenden ohne weiteres klar sein. Wir meinen, daß es bei einigermaßen gutem Willen dieses Hauses und auch der Regierung möglich sein müßte, im Benehmen mit der Wirtschaft hier .gangbare Wege zu finden, zumal da die Auswirkungen solcher Fahrgastschiffe sich nicht nur rein rechnerisch darlegen lassen, sondern weit hineinwirken auf den Fremdenverkehr, auf die Werften, auf die Häfen und auf alle möglichen Zulieferindustrien.
    Ich frage Sie, meine Damen und Harren: Wollen wir uns diese Chance entgehen lassen?


    (Schneider [Bremerhaven])

    Wir möchten daher die Bundesregierung bitten, uns darzulegen, was sie tun kann und tun will, um am Wiederaufbau einer deutschen ÜberseeFahrgastschiffahrt mitzuwirken.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage hat der Herr Bundesverkehrsminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage Drucksache 1476 habe ich wie folgt zu beantworten:
    Schon die Große Anfrage selbst stellt heraus, daß die materiellen und ideellen Werte der Fahrgastschiffahrt nicht bestritten werden können. Die Intensität, mit der ausländische Reedereien das Passagegeschäft betreiben, aufbauen und sogar neu aufnehmen, ist dafür eine Bestätigung. Im Nordatlantik z. B., auf der Hauptstraße des überseeischen Fahrgastverkehrs, boten im vergangenen Jahr 187 Schiffe unter den Flaggen Großbritanniens, Panamas, Italiens, der Niederlande, der Vereinigten Staaten, Frankreichs, Norwegens, Liberias und Schwedens — ich habe die Länder nach der Größe ihrer Anteile aufgezählt — rund 56 500 Schiffsplätze mit einer Beförderungskapazität für etwa 1,3 Millionen Fahrgäste an. 135 Schiffe sind allerdings Frachtschiffe, die nur mit Einrichtungen für eine geringere Zahl von Passagieren ausgestattet sind. Aber 52 sind ausschließlich oder überwiegend Fahrgastschiffe, und davon sind 18 seit 1945 neu in Dienst gestellt worden.
    Die Betriebsergebnisse der ausländischen Fahrgastreedereien sind natürlich nicht genau zu ermitteln. Wohl weisen die uns zugänglichen Bilan) zen gute Erfolge aus; jedoch bleibt meistens unbekannt, in welchem Umfange das Fahrgastgeschäft vom Frachtgeschäft mitgetragen oder vom Staat gefördert wird. Immerhin werden eine Reihe von Fahrgastschiffen, davon auch Neubauten, von Reedereien betrieben, die sich zweifellos weder auf staatliche Hilfe noch auf ein größeres Frachtgeschäft stützen können.
    Nach Ansicht der Bundesregierung muß zwar der Nutzen einer deutschen Fahrgastschiffahrt im wesentlichen nach dem kommerziellen Erfolg des Passagegeschäfts selbst — auf den ich noch eingehen werde — beurteilt werden. Daneben sind jedoch die Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft zu überlegen. Die Werbekraft, die von großen Fahrgastschiffen erfahrungsgemäß ausgeht, schafft echte, vom Rechenstift allerdings schwer erfaßbare Aktivposten für die eigene Frachtschifffahrt, für die Werften, die Zulieferindustrie und für zahlreiche andere Wirtschaftszweige. Fahrgastschiffe, ihre Einrichtungen und die Betreuung der Passagiere repräsentieren in besonderem Maße die Leistungsfähigkeit des Landes, die Zuverlässigkeit und Qualität seiner Arbeit und legen nicht zuletzt Zeugnis ab von seiner Geisteshaltung und von seiner Kultur. Auch das innerdeutsche Verkehrsgewerbe würde aus einer Wiederaufnahme der deutschen Fahrgastschiffahrt unmittelbaren Nutzen ziehen. Vor allem wird von dem wachsenden Touristenverkehr aus Nordamerika ein größerer Anteil auf die Bundesrepublik entfallen, wenn Überfahrtmöglichkeiten auf deutschen Schiffen in stärkerem Maße nach deutschen Häfen geboten werden. Schließlich dürfen auch die Vorteile für die deutsche Devisenbilanz dabei nicht übersehen werden.
    Die Bundesregierung ist deshalb von dem yolkswirtschaftlichen Wert einer deutschen Fahrgastschiffahrt überzeugt. Sie will es aber ebenso wie beim Wiederaufbau der Frachtschiffahrt der privaten Initiative überlassen, Pläne für den Bau moderner Passagierschiffe zu entwickeln und zu verfolgen; denn auch dieser Zweig des Schiffahrtsgeschäfts muß nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen betrieben werden. Die deutschen Reedereien haben vorerst starke Zurückhaltung geübt. Bisher hat nur eine Reederei ein Fahrgastschiff in ihren Dienst eingestellt; zwei weitere Reedereien haben die Bewirtschaftung je eines Schiffes übernommen. Im übrigen aber haben sich die Reeder darauf beschränkt, einen Teil ihrer Frachtschiffe mit Einrichtungen für Passagiere, im Höchstfall für 86, auszustatten, und mit diesen Konstruktionen allerdings internationale Anerkennung gefunden. Dabei muß berücksichtigt werden, daß dieses Verhältnis nicht ungebührlich ausgedehnt werden kann, weil das als Kombi-Schiff benutzte Schiff im wesentlichen ein Frachtschiff ist, dessen Größe und dessen Möglichkeiten schneller Ent-und Beladung naturgemäß die Aufnahme von Passagieren der Zahl nach beschränken.
    Die Zurückhaltung der deutschen Reeder ist betriebswirtschaftlich durchaus begründet gewesen und war in der Aufbauperiode auch volkswirtschaftlich zu begrüßen. Nachdem die deutsche Handelsflotte fast völlig verlorengegangen war — wir besaßen ja 1939 4,2 Millionen BRT und hatten 1949 nur noch 248 000 BRT alten und ältesten kleinen Schiffsraums zur Verfügung —, mußte im Vordergrund aller Anstrengungen der Wiederaufbau der Frachtschiffahrt stehen. Dank der Unterstützung durch den Bundestag und die Bundesregierung hat die Gesamttonnage am 1. September 1955 die Zahl von 2 867 000 BRT wieder erreicht, und auf diesen Schiffen sind rund 36 000 Seeleute wieder beschäftigt. Wir können erwarten, daß dank der bereits genehmigten Finanzierungen Ende dieses Jahres die Grenze von 3 Millionen BRT überschritten wird und daß wir dank der inzwischen sichergestellten und im nächsten Haushaltsjahr hoffentlich noch sicherzustellenden Finanzierung beim Ende der Legislaturperiode mit Sicherheit die Grenze von 3,5 Millionen BRT überschritten haben werden.
    Neuerdings haben sich nun zwei Reedereien entschlossen, den Bau je eines Fahrgastschiffes für den Nordatlantikdienst ins Auge zu fassen. Besprechungen mit den Werften haben dazu geführt, daß sich fünf Werften nunmehr mit den Entwürfen befassen. Wann solche Pläne verwirklicht werden können, hängt von zwei Voraussetzungen ab. Einmal müssen die Vorstellungen der Reeder konkrete technische Gestalt annehmen, und zum andern muß die Finanzierung der Bauten gesichert sein. Mit dem Abschluß der Entwurfsarbeiten ist gegen Ende dieses Jahres zu rechnen. Erst danach wird Klarheit über Größe, Geschwindigkeit, Fassungsvermögen, Ausstattung und Baukosten des besten Schiffstyps bestehen. Besonders große und auf hohe Geschwindigkeit ausgelegte Schiffe kommen nicht in Frage. Ein Schiff mit beispielsweise etwa 1450 Fahrgastplätzen und einer Größe von etwa 28 000 BRT wird mutmaßlich unter 80 bis 90 Millionen DM nicht zu erstellen sein. Unsere Reedereien haben ihre Kräfte in den vergangenen Jahren beim Wiederaufbau der Frachtschiffahrt durch Einsatz aller verfügbaren Eigenmittel und


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    durch Übernahme hoher Fremdverbindlichkeiten aufs äußerste angespannt. Sie konnten auch bisher mit einem Schiffsraum, der im Vergleich zu der Vorkriegstonnage noch gering ist, nicht die für den Bau kostspieliger Fahrgastschiffe notwendigen Eigenmittel erwirtschaften. Wie sich die Finanzierung solcher Fahrgastschiffe also ermöglichen lassen wird, muß allerdings noch geklärt werden.
    Die Chancen einer deutschen Fahrgastschiffahrt hat das Bundesministerium für Verkehr zunächst für den Nordatlantik untersucht, weil hier die deutschen Reeder ohne Frage den Einsatz neuer Fahrgastschiffe am ehesten wagen könnten. Dabei waren Vergleiche mit der deutschen Passagierschiffahrt in der Vergangenheit nicht möglich. Gegenüber der Zeit vor 1914 haben sich die Verhältnisse so grundlegend geändert, daß aus den damaligen Erfahrungen heute keine Schlüsse mehr gezogen werden können. In den 20 Jahren zwischen den beiden Weltkriegen wiederum waren die Erfolge der deutschen Fahrgastreedereien, von einer kurzen Blütezeit abgesehen, durch die Weltwirtschaftskrise zunächst und nach 1933 durch negative politische Reaktionen beeinträchtigt. Anhaltspunkte für eine Beurteilung der Situation konnten daher nur aus den letzten Jahren gewonnen werden. Diese Entwicklung aber ist durchaus ermutigend.
    Umfassende Untersuchungen des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs und des Bremer Instituts für Schiffahrtsforschung ergeben folgendes Bild: 1948 überquerten den Nordatlantik — in beiden Richtungen — insgesamt 754 000 Passagiere. Davon wählten 500 000 oder 66,5 % den Seeweg. Während der folgenden Jahre ist der Gesamtverkehr in gleichmäßiger Kurve gestiegen und hat sich im Jahre 1954 mit rund 1,5 Millionen Überquerungen gegenüber 1948 bereits verdoppelt; dabei entfielen 1954 rund 940 000 oder 62 % auf die Schiffahrt. Innerhalb von sechs Jahren hat der Seeverkehr demnach um rund 87 %, der Luftverkehr um rund 129 % zugenommen. Das Flugzeug hat von der Verkehrssteigerung einen relativ höheren Anteil an sich ziehen können als das Passagierschiff. Die absolut größere Zunahme — und zwar gegenüber 1948 rund 440 000 Passagiere — hat aber der Seeverkehr aufzuweisen. Die Zahlen über die Ausnutzung der Beförderungskapazität im Seeverkehr sind ebenso günstig. Während 1938 die rund 1,4 Millionen Passagemöglichkeiten nur zu etwa 45 % belegt waren, überstieg seit 1947 die Auslastung stets 70 %. Das Flugzeug hat also — jedenfalls im Nordatlantik — das Schiff keineswegs verdrängt, sondern offensichtlich neuen Verkehrsbedarf geweckt. Schiff und Flugzeug konkurrieren offenbar nur bei einem Teil der Fahrgäste miteinander; im übrigen ergänzen sie sich, indem sie verschiedene Verkehrsbedürfnisse befriedigen.
    Nach Auffassung der Bundesregierung berechtigt die bisherige Entwicklung zu der Annahme, daß bei Fortbestand der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in der Welt die Verkehrsströme zwischen Europa und Nordamerika sich noch verstärken werden und daß die Fahrgastschiffahrt trotz weiteren technischen Fortschritts im Luftverkehr sich ihr Publikum erhalten wird. Nach vorsichtiger Schätzung ist für die nächsten Jahre mit einer durchschnittlichen Kapazitätsausnutzung der Passagierschiffe von weiterhin 70 bis 75 % zu rechnen. Die Bundesregierung bezweifelt nicht, daß eine deutsche Passagierschiffahrt mit geeigneter Tonnage und ihrer bekannt guten Fahrgastbetreuung den mittleren Belegungsgrad der jetzt fahrenden ausländischen Schiffe mindestens erreichen würde.
    Die unmittelbaren kommerziellen Ergebnisse deutscher Fahrgastschiffe können nur mit Vorsicht und unter Vorbehalten vorausgeschätzt werden. Für die Berechnung der Kapitalkosten fehlen vorläufig die beiden wichtigsten Größen, nämlich der genaue Baupreis sowie die Höhe und die Bedingungen der notwendigen Fremdmittel. Betriebskosten und Einnahmen andererseits werden von Faktoren bestimmt, deren Entwicklung sich nicht über einen längeren Zeitraum voraussehen läßt. Berechnungen der erwähnten Reedereien kommen jedoch zu dem Ergebnis, daß die geplanten Schiffe bei einer Kapazitätsausnutzung von etwa 70 % nicht nur die Betriebskosten einfahren, sondern auch die Mittel für den Schuldendienst erwirtschaften könnten.
    Was schließlich die letzte Frage nach den Auswirkungen auf unsere Werften anlangt, so steht es außer Zwiefel, daß gelungene große Fahrgastschiffe die höchste Schiffbaukunst verkörpern und deshalb in hervorragender Weise für die Bauwerft werben. Die deutschen Werften sind auf solche zusätzlichen Exportimpulse erfreulicherweise zur Zeit nicht unbedingt angewiesen. Am 1. September 1955 hatten sie Bauverträge über insgesamt rund 1,9 Millionen BRT, davon 60 bis 70 % für das Ausland, abgeschlossen. Dieser Auftragsbestand sichert den meisten, vor allem aber den großen Werften, die für den Bau großer Fahrgastschiffe in Betracht kommen, Vollbeschäftigung bis weit in das Jahr 1957 hinein. Werftmäßige Gesichtspunkte können daher bei den hier anstehenden Entscheidungen zurückgestellt werden.

    (Beifall rechts.)