Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle können uns wohl nach diesen Reden des Eindrucks nicht erwehren, daß die ganze Welt in Angst vor der Angst lebt und zittert. Wir haben allen Anlaß, uns das täglich aufs neue klarzumachen, auch für die Beurteilung der Maßnahmen, von denen wir glauben, daß sie die Welt vielleicht von dieser Angst befreien könnten.
In dieser Angst ruft die ganze Welt verzweifelt nach Sicherheit. Und was tut sie? Sie versucht, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben,
und dieser apokalyptische Reiter jagt seit drei Stunden durch diesen Saal in allen nur denkbaren Formen und Vorstellungen. Er reitet heute schon nicht mehr, wie alle Militärexperten wissen, um Minuten, sondern er reitet schon um Sekunden um das Leben von Millionen und aber Millionen Menschen.
Ich will mich darüber nicht verbreiten. Es ist lange genug und schauerlich genug darüber gesprochen worden. Meine Phantasie reicht nicht aus, mir auch nur annähernd eine Vorstellung von dem zu vermitteln, was erfolgen könnte. Hoffen wir, daß es nicht erfolgen wird!
Aber, meine Damen und Herren, ich darf ganz :kurz zu etwas anderem sprechen. Es herrscht allgemein die Auffassung, daß militärische Fragen eine rein männliche Angelegenheit sind. Ich glaube, aus Erfahrung sagen zu können, daß das ein grundlegender Irrtum ist. Wir haben eine tragische Erfahrung auf dem Gebiete gemacht. Wir haben auch heute allen Anlaß zu bedenken, daß es die Männer, Söhne und Brüder von Frauen sind, die den Dienst für uns alle wieder aufnehmen sollen. Der menschliche Einfluß auf die Soldaten war und ist immer von höchster Bedeutung für jeden militärischen Erfolg gewesen. Er ist es auch schon im Frieden, und er ist es ganz besonders jetzt in unserer Lage. Ich bin überzeugt, daß auch die beste militärische Organisation, daß auch die vollkommensten technischen Mittel allein nicht in der Lage sind — oder jedenfalls nur sehr bedingt in der Lage sind —, die Entscheidung herbeizuführen.
Mir scheint, daß schon die Vorberatungen zu der heutigen Vorlage die große Bedeutung der psychologischen Seite des Problems, das vor uns steht, des Problems der Verteidigung und Sicherheit, gezeigt haben. Das Echo in der Öffentlichkeit war weitgehend psychologischer Natur, besonders bei den Frauen und bei der Jugend, und ich glaube, wir haben über dem Waffengerassel und Atomgeprassel diese psychologische Seite weitgehend vergessen. Vergessen wir nicht, meine Herren, daß Frauen von Natur aus Gegner der Zerstörung und Gewalt sind! Vergessen wir nicht, daß es weitgehend auf sie ankommt, wie Soldaten geistigseelisch beeinflußt werden. Die Frage der militärischen Verteidigung ist keine rein männliche Angelegenheit. Sie ist eine allgemein menschliche Angelegenheit. Sie ist nicht nur eine organisatorische oder technische Angelegenheit, sondern sie ist eine tiefgreifende psychologische Angelegenheit. Vergessen wir nicht, daß auf dem Feld der Psychologie die Frauen und Mütter jederzeit den ausschlaggebenden Einfluß ausüben werden. Wir sind es, die in unseren Heimen den jungen Soldaten und den zukünftigen Soldaten in der Hand haben. Diesem Einfluß von uns schon im Hause kann sich keine militärische Organisation durch ihre Einrichtungen erwehren. Ich brauche nicht das Wort Friedrichs des Großen zu zitieren, daß Kriege in der Kinderstube vorbereitet werden. Das ist eine Tatsache, die immer wieder vergessen wird.
Meine Damen und Herren, versuchen wir es doch, die Welt mehr dahin zu beeinflussen, daß Frieden wichtiger ist als Krieg, daß Verstand und Verständnis die wichtige Voraussetzung sind, um zu einer Verständigung zu kommen. Ich glaube, wir haben allen Anlaß, uns klarzumachen, was unserer Lage dienen könnte, ehe es zu spät ist.
Meine Herren, Sie werden lachen, tun Sie es ruhig: aber es wird die Zeit kommen, in der die Welt aus Angst und Vernunft den Weg des Friedens beschreiten wird
und nicht den Weg der Aufrüstung und ähnlicher Dinge. Es wird die Zeit kommen, meine Damen und Herren — und ich hoffe, ich erlebe sie noch mit Ihnen zusammen —,
in der wir alle, in der alle Parteien, einerlei ob rechts, ob links, ob Mitte, in der alle Völker erkennen und danach handeln werden, daß es nur einen einzigen Weg zur Sicherheit und zum Frieden gibt. Das ist: mit den Frauen für den Frieden zu arbeiten!