Rede von
Hasso
von
Manteuffel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Freien Demokratischen Partei und ihrer Bundestagsfraktion habe ich die Ehre, Ihnen zu dem vorliegenden Freiwilligengesetz folgendes zu erklären:
Obenan steht, daß auch wir uns freuen, daß in gemeinsamer Arbeit ein in etwa brauchbares Gesetz zustande gekommen ist, das nicht alle Wünsche befriedigt, das uns aber — das möchte ich herausstellen — als Provisorium genügt. Wir haben dabei die Hoffnung, daß wir bald nach den Parlamentsferien mit den Vertretern der Bundesregierung, im besonderen mit dem Verteidigungsminister, die endgültige Wehrverfassung diskutieren können. Wenn ich diese Einschränkung mache, so deshalb, weil uns Freien Demokraten noch immer die Regelung der Probleme des Oberbefehls, der bundeseigenen Verwaltung und einer Notstandsgesetzgebung aussteht, wenngleich neulich die ersten Besprechungen in diesen Fragen stattgefunden haben, also diese Regelung in etwa eingeleitet ist.
Ich mußte die Einschränkung aber auch machen, weil uns die Besoldungsregelung nicht ausreichend erscheint. Ich darf Sie freundlichst an das erinnern, was ich in der ersten Lesung sagte. Ich befürchte nach wie vor, daß bei der Besoldungsregelung, die nunmehr getätigt wird, eine mehr oder weniger negative Auslese stattfindet.
Wir bedauern aber auch — und deswegen mußte ich die Einschränkung machen —, daß wir alle im Ausschuß keine Zeit fanden. zu gleicher Zeit die wirklichen Grundlagen der Wehrverfassung zu diskutieren. Meine Stellungnahme kann nicht wundernehmen. Denn wir haben in der ersten Lesung durch mich zum Ausdruck bringen lassen, daß wir das Freiwilligengesetz nur als Auffüllung eines unserer unveräußerlichen Souveränitätsrechte sehen, eines Rechtes, das wir auch auf diesem Sektor voll ausgeschöpft wissen wollen. Immerhin teilen wir Freien Demokraten nicht ganz die schwere Sorge, die gestern Herr Kahn-Ackermann hier zum Ausdruck gebracht hat, der glaubt, daß jetzt schon mit diesem Gesetz etwa der Keim zu irgendwelchen Fehlentwicklungen gegeben sei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns in dem Ausschuß für europäische Sicherheit erfreulicherweise unter Mitarbeit aller Mitglieder sehr nachdrücklich über diese Frage unterhalten und glaubten, Ihnen erklären zu dürfen — und die Zustimmung der Freien Demokraten dazu ist erfolgt —, daß wir volles Vertrauen zu dem Personalgutachterausschuß haben. Wir glaubten,
daß damit das Bestmögliche getan ist, was in dieser Beziehung geschehen kann.
Wir haben weiterhin die Hoffnung, daß die Regierung durch ihre Vertretung uns möglichst bald das Bündel der Gesetze, die der Herr Bundesverteidigungsminister uns in der ersten Lesung angekündigt hat, zusendet. Dies ist dann wahrhaftig der Grundstein für die künftige Wehrverfassung, insbesondere für die Einordnung der Streitkräfte in unser demokratisches Zusammenleben, in unseren Staat.
Dabei möchte ich dem Herrn Verteidigungsminister in die Erinnerung zurückrufen, was ich auch in der ersten Lesung als Sprecher meiner Fraktion sagen durfte: Wenn wir auf der Regelung des § 2c sosehr bestanden haben, so soll damit keine Bespitzelung der Regierung erfolgen, insbesondere soll es in keiner Weise, verehrter Herr Kollege Blank, eine Einengung des Verteidigungsministers sein, sondern soll ihn im Gegenteil entlasten, ihm Verantwortung abnehmen und soll vor allen Dingen auch, wie es mein Kollege Heye gestern ausgeführt hat, zum Schutz der führenden Soldaten dienen.
Der Herr Bundesverteidigungsminister hat soeben eine allerdings etwas kurze Analyse der atomaren Kriegführung gegeben. Erfreulicherweise hat er dabei angekündigt, daß er bereit und willens ist, dem Hohen Hause nähere Unterlagen zu geben, sobald er solche hat. Wir hoffen sehr, daß wir dann konkrete Angaben bekommen, was die Bundesregierung nun eigentlich in Auswertung der verschiedensten Verteidigungsmöglichkeiten und Verteidigungsnotwendigkeiten zum Schutz unseres Landes plant.
Ich darf noch einmal sagen und unterstreichen, was der Herr Bundesverteidigungsminister schon gesagt hat: Wir glauben auch, daß — und das hängt mit der Frage der Bewertung des Freiwilligengesetzes zusammen — die konventionellen Waffen zwar ihren politischen Wert etwas eingebüßt haben, daß sie aber ihren militärischen Wert voll behalten haben, wenngleich diese Divisionen — wenn man diesen Ausdruck überhaupt noch benutzen will — wahrscheinlich nicht mehr die Entscheidungswaffe sein werden. Sie werden anders gegliedert sein. Ihre Führung und Form muß eben dem modernen Zeitalter angepaßt werden. Wir persönlich haben das feste Vertrauen, daß der Bundesverteidigungsminister mit einem vorzüglichen Stab von Mitarbeitern schon die rechte Form finden wird, um sich dieser neuen Idee anzupassen.
Deshalb glauben wir, daß kein Grund vorliegt, daran zu zweifeln, daß im Verteidigungsministerium schon derartige Erwägungen, vielleicht schon Planungen in der Art, wie sie soeben Herr Blank angekündigt hat, vorliegen. Wir hoffen nur, daß wir darüber bald hören; denn in der Tat stehen wir am Anfang oder schon mitten in einer Revolution des Krieges drin, dessen Verheerungen niemand voraussehen kann, dessen Ende gar niemand absehen kann. Trotzdem benötigen wir vielleicht in der Atempause, die uns noch gegeben ist, die konventionellen Waffen, auch bei Abnutzung der Luftwaffe, die, wie wir hören, in den letzten Manövern der Carte blanche auf beiden Seiten ganz erhebliche Verluste bereits in den ersten Stunden zu verzeichnen hatte. Wir benötigen die konventionellen Waffen auch zur Abwehr von Teilkriegen, die wir doch alle noch in den vergangenen Jahren in den verschiedensten Erdteilen erlebt haben.
Schließlich ist ein weiteres Argument, das der Herr Verteidigungsminister angeführt hat, zu unterstreichen. Auch die anderen haben doch die konventionellen Waffen aus denselben Gründen, aus denen auch wir glauben, daß wir sie benötigen. Wir werden aber die Entwicklung sehr scharf beobachten und auswerten müssen. Wir als Freie Demokratische Partei bitten daher die Bundesregierung, uns recht bald konkrete Angaben darüber zu machen, wie sie gedenkt, die Aufgaben auf diesem sehr verzweigten und in sich verzahnten Gebiet der gesamten Verteidigung unseres Landes und damit des Schutzes der darin wohnenden Menschen zu koordinieren. Ebenso bitten wir die Bundesregierung, keinesfalls in ihren Anstrengungen für eine allgemeine Abrüstung nachzulassen, die allerdings von allen Vertragspartnern in gleichem Maße kontrolliert sein müßte, ihre Bemühungen darum ernstlich und nachhaltig fortzusetzen und sie nachdrücklich mit der gleichen Standfestigkeit zu betreiben, mit der sie ihre bisherigen außenpolitischen Ziele verfolgt hat.
Lassen Sie mich zum Schluß eine Bitte im Namen meiner politischen Freunde und meiner selbst aussprechen. Die Diffamierung des deutschen Soldatentums nach 1945 darf, wie es Herr Kollege Cillien uns so außerordentlich eindrucksvoll geschildert hat, nach unserer Auffassung nicht in einer Herabsetzung der künftigen Soldaten ihre Fortsetzung finden. Die durchaus berechtigte Kritik an der Führung der Wehrmacht und an der Spitzengliederung trifft diesen Soldaten nicht, wie Herr Kollege Cillien ausgeführt hat, der sich tapfer, treu und zuverlässig eingesetzt hat. Den Leuten, die wieder bereit sind, neue Opfer auf sich zu nehmen, sollten wir mit Verständnis und Vertrauen begegnen und sie entsprechend aufnehmen, wie es soeben der Kollege Cillien gesagt hat und wie es, glaube ich, auch der Wunsch großer Teile dieses Hauses ist. Darum darf ich Sie, meine verehrten Damen und Herren, auch im Namen meiner politischen Freunde bitten. Nur dann wird — unter voller Achtung der von Ihnen allen hier beschlossenen Gesetze —laus dem Soldatentum das werden, was Sie alle wollen: ein zuverlässiger und schlagkräftiger Schutz unserer Heimat. Aus diesem Grunde stimmen wir dem Gesetz zu, das diesen Schutz vorbereiten soll.