Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der Herr Verteidigungsminister wird auf Ausführungen des Herrn Kollegen Mellies antworten. Aber da Herr Mellies mich mehrfach persönlich angesprochen hat, möchte ich auf diese persönlichen Fragen oder Ansprachen etwas antworten.
Er hat gefragt: Warum ist Nehru nicht nach Bonn gekommen? Nun, meine Damen und Herren, sowohl Ministerpräsident Nehru wie Krishna Menon haben sich Kenntnis davon verschafft, daß ihr Besuch hier willkommen sei. Sie haben ihre Reisedispositionen anscheinend später geändert.
Dann hat Herr Mellies, wenn ich ihn recht verstanden habe, gesagt, daß ich die sozialdemokratische Fraktion kommunistischer Neigungen verdächtigte. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß das nicht der Fall ist und daß ich das niemals getan habe.
Endlich hat Herr Kollege Mellies gesagt, es sei sehr merkwürdig und auffallend, wenn bei den Westmächten noch Mißtrauen bestände, ob wir die Pariser Verträge innehalten würden; das sei kein stichhaltiger Grund, Sie zu bitten, heute dieses Gesetz zur Verabschiedung zu bringen. Darauf möchte ich folgendes .antworten. Wenn das Gesetz heute nicht verabschiedet wird, würde es, da der Bundestag heute seinen letzten Sitzungstag vor Antritt der Ferien hat, erst im Laufe des Herbstes zur Verabschiedung kommen können, und das würde allerdings ein Zeitverlust sein, den wir, glaube ich, nicht verantworten können. Ich möchte auch feststellen, daß auf seiten der Westmächte kein Mißtrauen besteht, aber eine gewisse Sorge im Hinblick auf die Haltung der deutschen Sozialdemokratie und der sozialdemokratischen Fraktion hier im Bundestag, die ja am Freitag vor Pfingsten den ausdrücklichen Antrag gestellt hat, die Durchführung der Pariser Verträge bis auf weiteres nicht vorzunehmen,
und die an diesem Standpunkt festgehalten hat, auch heute festhält.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist eine absolute Notwendigkeit, daß bei diesen Genfer
Verhandlungen und den sich hoffentlich daran anschließenden Konferenzen, in denen gerade für das deutsche Volk mehr auf dem Spiele steht als für irgendein anderes Volk,
wir doch die eine Seite der Verhandelnden fest auf dem Standpunkt der Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit und Frieden haben.
Ich habe wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß ich in außenpolitischen Angelegenheiten ein Zusammengehen des ganzen Bundestags außerordentlich begrüße, weil es naturgemäß die Stellung Deutschlands draußen stärkt. Ich freue mich — ich nehme an, daß diese Mitteilung richtig ist -, daß Herr Kollege Ollenhauer in London auf der internationalen Sozialistenkonferenz — wenigstens nach den Depeschen — denselben Standpunkt vertreten hat, den die Bundesregierung und der überwiegende Teil dieses Hauses vertritt. Er hat dort ausgeführt, ein wiedervereinigtes Deutschland dürfe sich nicht in der Verpflichtung befinden, sich einem Militärblock anschließen zu müssen. Es müsse frei über seine internationale Mitarbeit im Rahmen der UNO entscheiden können. Meine Damen und Herren, das ist der Standpunkt, den wir immer eingenommen haben.