Rede:
ID0209800600

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2098

  • date_rangeDatum: 14. Juli 1955

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag 98. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Juli 1955 5481 98. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Juli 1955. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 5511 D, 5520 D Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . . 5520 B Änderungen der Tagesordnung . . 5483 A, 5418 A Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über den Verkehr mit Fischen und Fischwaren (Fischgesetz) (Drucksache 1578) . . 5483 B Dr. Weber, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg, Berichterstatter 5483 C Beschlußfassung 5484 B Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts (Erstes Bundesmietengesetz) (Drucksache 1579) 5484 B Seidl (Dorfen) (CDU/CSU), Berichterstatter 5484 B Beschlußfassung 5486 B Große Anfrage der Fraktionen der DP, GB/BHE betr. Ziviler Luftverkehr (Drucksache 1132) 5486 B Schneider (Bremerhaven) (DP), Anfragender 5486 B Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 5490 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 5499 B Schmidt (Hamburg) (SPD) 5500 B Müller-Hermann (CDU/CSU) . . . 5503 D Dr. Greve (SPD) 5504 C Rademacher (FDP) 5505 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt (Drucksache 1553) 5507 B Überweisung an dien Verkehrs- und an den Rechtsausschuß 5507 B Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Ruhnke, Schwann, Dr. Bartram, Geiger (München), Elsner, Dr. Elbrächter u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (Drucksache 1223); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 1571) 5507 C Faller (SED), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 5521 A Beschlußfassung 5507 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag des Abg. Morgenthaler u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Beschränkung des Lastwagenverkehrs an Sonn- und Feiertagen (Drucksachen 1215, 135) 5507 D Moll (SPD), Berichterstatter . . . 5507 D Beschlußfassung 5512 A Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Autobahn-Hinweisschilder (Drucksachen 1266, 827) 5512 A Körner (FDP): ,als Berichterstatter 5512 A Schriftlicher Bericht 5522 B Beschlußfassung 5512 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) in Gewahrsam genommen wurden (Drucksache 1450); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (Drucksache 1582) 5512 C Frau Korspeter (SPD), Berichterstatterin 5512 C Beschlußfassung 5513 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 21. Dezember 1954 über die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 1417); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 1565) . 5514 A Sabaß (CDU/CSU): als Berichterstatter 5514 A Schriftlicher Bericht 5523 A Beschlußfassung 5515 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Dritten Teiles der Reichsabgabenordnung (Drucksache 1593) 5515 C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Geld und Kredit 5515 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 1596) 5515 D Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5515 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Marinegerätelagers Roffhausen bei Wilhelmshaven an die Olympia-Werke AG (Drucksache 1580) 5515 D Von der Tagesordnung abgesetzt . . . 5515 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem Teilgrundstück der ehem. Lehrlingsausbildungswerkstätten der ehem. Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven in Westerstede (Drucksache 1459) 5515 D Von der Tagesordnung abgesetzt . . 5515 D Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung von Erbbaurechten an Teilgrundstücken des ehem. Fliegerhorstes Quakenbrück (Drucksachen 1604, 1581) . . . 5516 A Beschlußfassung 5516 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes (vorl. BPolBG) (Drucksache 1472); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (Drucksache 1590) . . . . 5516 A Dr. Kleindinst (CDU/CSU): als Berichterstatter 5516 B Schriftlicher Bericht 5524 B Beschlußfassung 5516 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Fürsorgeabkommen nebst Zusatzprotokoll (Drucksache 1558) 5516 C Präsident Dr. Schneider . . 5516 C, 5517 B Dr. Mommer (SPD) 5516 D Huth (CDU/CSU) 5517 A Erler (SPD) 5517 A Überweisung an die Ausschüsse für Fragen der öffentlichen Fürsorge, für Fragen des Gesundheitswesens, an den Auswärtigen Ausschuß und an den Rechtsausschuß 5517 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Kulturabkommen (Drucksache 1559) 5517 D Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik und an den Auswärtigen Ausschuß 5517 D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vorläufigen Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit unter Ausschluß der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen nebst Zusatzprotokoll sowie Begriffsbestimmung der Ausdrücke „Staatsangehörige" und „Gebiet" (Druck- sache 1561) 5517 D Überweisung an die Ausschüsse für Sozialpolitik und für Kommunalpolitik . 5518 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vorläufigen Europäischen Abkommen über die Systeme der Sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen nebst Zusatzprotokoll (Drucksache 1562) 5518 A Überweisung an die Ausschüsse für Sozialpolitik und für Kommunalpolitik . 5518 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs (Schweineschmalz) (Drucksache 1460); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 1602) 5483 A, 5518 A Frau Strobel (SPD), Berichterstatterin (Schriftlicher Bericht) 5525 A Beschlußfassung 5518 B Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über ,den Entwurf einer Fünfunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Schweineschmalz) (Drucksachen 1601, 1427) 5483 A, 5518 B Frau Strobel (SPD), Berichterstatterin (Schriftlicher Bericht) 5525 B Beschlußfassung 5518 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über die Entschließungen der 43. Konferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksachen 1613, 926) . . . . 5483 A, 5518 C Dr. Dr. h. c. Pünder (CDU/CSU), Berichterstatter 5518 C Beschlußfassung 5520 C Nächste Sitzung 5483 B, 5514 A, 5520 D Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5520 B Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den von den Abg. Ruhnke u. Gen. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (Drucksache 1571) 5521 A Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Fraktion 'der FDP betr. Autobahn-Hinweisschilder (Drucksache 1266) 5522 B Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Entwurf eines Gesetzes betr. das Abkommen über die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 1565) 5523 A Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes (Drucksache 1590) . 5524 B Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs (Drucksache 1602) 5525 A Anlage 7: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Fünfunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 1601) 5525 B Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Pelster 10. September D. Dr. Gerstenmaier 15. August Dr. Höck 31. Juli Bauer (Würzburg) 30. Juli Dr. Blank (Oberhausen) 30. Juli Dr. Kreyssig 30. Juli Dr. Pohle (Düsseldorf) 30. Juli Schoettle 30. Juli Dr. Vogel 30. Juli Albers 23. Juli Dr. Graf Henckel 23. Juli Dr. Arndt 16. Juli Dr. Bartram 16. Juli Birkelbach 16. Juli Böhm (Düsseldorf) 16. Juli Caspers 16. Juli Dr. Dresbach 16. Juli Ehren 16. Juli Günther 16. Juli Harnischfeger 16. Juli Koenen (Lippstadt) 16. Juli Lemmer 16. Juli Frau Dr. Maxsein 16. Juli Morgenthaler 16. Juli Onnen 16. Juli Pusch 16. Juli Raestrup 16. Juli Teriete 16. Juli Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 16. Juli Wiedeck 16. Juli Wullenhaupt 16. Juli Dr. Friedensburg 15. Juli Dr. Leiske 15. Juli 011enhauer 15. Juli Seuffert 15. Juli Frau Ackermann 14. Juli Frau Albrecht 14. Juli Bergmann 14. Juli Berlin 14. Juli Bettgenhäuser 14. Juli Geritzmann 14. Juli Heiland 14. Juli Heye 14. Juli Keuning 14. Juli Frau Kettig 14. Juli Kinat 14. Juli Klausner 14. Juli Knobloch 14. Juli Dr. Maier (Stuttgart) 14. Juli Frau Nadig 14. Juli Neumann 14. Juli Niederalt 14. Juli Oetzel 14. Juli Dr. Orth 14. Juli Dr. Schmid (Frankfurt) 14. Juli Frau Schroeder. (Berlin) 14. Juli Graf v. Spreti 14. Juli Voß 14. Juli Wagner (Ludwigshafen) 14. Juli Wehner 14. Juli Dr. Welskop 14. Juli Dr. Wenzel 14. Juli Ziegler 14. Juli Brandt (Berlin) 14. Juli Anlage 2 Drucksache 1571 (Vgl. S. 5507 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß) über den von den Abgeordneten Ruhnke, Schwann, Dr. Bartram, Geiger (München), Elsner, Dr. Elbrächter und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (Drucksache 1223) Berichterstatter: Abgeordneter Faller Der Antrag der Abgeordneten Ruhnke, Schwann, Dr. Bartram, Geiger (München), Elsner, Dr. Elbrächter und Genossen, betreffend Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst - Drucksache 1223 - vom 24. Februar 1955 wurde in der 79. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 4. Mai 1955 federführend an den Ausschuß für Verkehrswesen sowie zur Mitberatung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung und an den Haushaltsausschuß zur weiteren Bearbeitung überwiesen. Der Bundesminister für Verkehr nahm mit Schreiben vom 16. Mai 1955 (Z 8 - 70 BK) zu Drucksache 1223 wie folgt Stellung: Der von sämtlichen Fraktionen des Deutschen Bundestages eingebrachte Antrag, das Gesetz über den Deutschen Wetterdienst so zu erweitern, daß die Anstalt „Deutscher Wetterdienst" zusätzlich mit der Aufgabe betraut wird, die Atmosphäre auf radioaktive Beimengungen zu überwachen, wird von mir begrüßt. Ich teile die Ansicht der Antragsteller, daß eine solche Überwachung der Atmosphäre notwendig ist. Die radioaktive Verunreinigung der Luft, die durch Atombombenversuche hervorgerufen wird, beschwört für die Menschheit eine Gefahr herauf, deren Umfang noch nicht übersehen werden kann, auf die aber Wissenschaftler des In- und Auslandes eindringlich hingewiesen haben. In anderen Ländern wird die Atmosphäre bereits überwacht. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll in der Bundesrepublik Deutschland diese Überwachung der Atmosphäre dem Deutschen Wetterdienst übertragen werden. Ich halte diese Regelung für zweckmäßig. Die Gründe, die dafür sprechen, hat der Herr Abgeordnete Geiger (München) anläßlich der ersten Beratung in der 79. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 4. Mai 1955 zutreffend dargelegt. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Der Deutsche Wetterdienst unterhält im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein dichtes Netz von Beobachtungsstationen. 2. Der Deutsche Wetterdienst unterhält ein Netz von 7 Aerologischen Stationen - davon eine in Berlin -, die mit Hilfe freifliegender Ballone täglich Messungen in der freien Atmosphäre vornehmen. 3. Das Personal des Deutschen Wetterdienstes ist in der physikalisch-meteorologischen Meßtechnik geschult und kann verhältnismäßig leicht mit den radioaktiven Meßmethoden vertraut gemacht werden. 4. Der Deutsche Wetterdienst unterhält eigene Nachrichtennetze, die zur raschen Sammlung und Weitergabe der Meßergebnisse benutzt werden können. 5. Nur der Wetterdienst kann die Frage nach der Verfrachtung der radioaktiven Beimengungen der Atmosphäre durch Luftströmungen beantworten. Nicht zuletzt spricht für den Antrag die Tatsache, daß eine bereits bestehende und regional gegliederte Bundesbehörde wie der Deutsche Wetterdienst eine solche Überwachung unter geringstem Einsatz von Haushaltsmitteln durchführen kann. In welchem Umfang dem Deutschen Wetterdienst zur Erfüllung der Aufgabe Mittel für Personal und Beobachtungsgerät zur Verfügung gestellt werden müssen, hängt davon ab, welche Beobachtungsmethoden verwendet werden und wieweit sich die zur Zeit vorhandenen Geräte vereinfachen lassen. Die Höhe der bereit- (Faller) zustellenden Mittel richtet sich weiterhin nach der Dichte des Beobachtungsnetzes. Der Überwachungsdienst läßt sich nur schrittweise aufbauen. Als Anlaufzeit, in der etwa 10 Meßstationen in Betrieb zu nehmen und die Messungen der Radioaktivität in der freien Atmosphäre in Gang zu bringen wären, wird etwa ein Jahr anzunehmen sein. Dazu sind im Haushaltsjahr 1955 an Personalkosten 240 000 DM, an Betriebskosten 210 000 DM und an einmaligen Kosten 500 000 DM erforderlich, d. h. insgesamt 950 000 DM. Als Endzustand werden 50 Meßstationen für notwendig erachtet, die voraussichtlich ein ausreichend dichtes Beobachtungsnetz über dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ergeben werden. Für dieses Netz würden die laufenden und ebenso die einmaligen Kosten bei etwa 2 000 000 DM liegen. Entsprechend dem Gesetzentwurf wird die Aufgabe des Deutschen Wetterdienstes lediglich darin bestehen, die radioaktiven Beimengungen der Atmosphäre zu messen und ihre Verfrachtung durch die Windströmungen festzustellen. Die Auswertung der Ergebnisse kann anderen Stellen vorbehalten bleiben. Der beteiligte Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung gab mit Schreiben vom 6. Juli 1955 (Az. 2108 F — 458) bekannt, daß er sich in seiner 36. Sitzung am 5. Juli 1955 mit dem Gesetzentwurf befaßt und ihn einmütig gebilligt habe. Der ebenfalls beteiligte Haushaltsausschuß gab mit Schreiben vom 6. Juli 1955 davon Kenntnis, daß er in seiner 96. Sitzung vom gleichen Tag einstimmig beschlossen habe, den Antrag in der Fassung der Drucksache 1223 anzunehmen. Auf Grund der vorerwähnten Stellungnahmen der beteiligten Ausschüsse hat sich der federführende Ausschuß für Verkehrswesen in seiner 59. Sitzung am 6. Juli 1955 abschließend mit der Drucksache 1223 beschäftigt. Zur Begründung führte Abgeordneter Geiger (München) als Mitantragsteller u. a. folgendes aus: Dem Gesetzentwurf, der von den Mitgliedern der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft aus allen Fraktionen des Deutschen Bundestages eingebracht worden ist, liegt der Gedanke zu Grunde, daß es unumgänglich ist, die Atmosphäre auf radioaktive Beimengungen und deren Verfrachtung zu überwachen. Die Entwicklung auf dem Gebiet der Atomphysik geht so überstürzt vonstatten, daß ihr die derzeit geltende Gesetzgebung umgehend angepaßt werden muß. Die Schädigungen infolge der Ausstrahlung radioaktiver Substanzen sind — soweit die Forschung sie ermittelt hat — allgemein bekannt. Die Überwachung der Atmosphäre kann nicht nur an einzelnen Punkten durchgeführt werden, sondern sie muß sich über das ganze Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstrecken. In anderen Staaten wird das bereits getan oder entwickelt. Es ist demnach höchste Zeit, daß im Bundesgebiet eine bestehende Lücke geschlossen wird. Selbstverständlich kann eine derartige Überwachung nur von entsprechendem Fachpersonal durchgeführt werden. Diese im Rahmen des Deutschen Wetterdienstes in Zusammenarbeit mit den bestehenden Forschungsstellen durchzuführen, ergibt sich eigentlich zwangsläufig, da der Wetterdienst über Beobachtungsstationen, ein entsprechendes Fernschreibnetz und viele sonstige organisatorische Bedingungen verfügt, so daß die damit verbundenen Kosten relativ niedrig gehalten werden können. Nach eingehender Beratung beschloß der Ausschuß für Verkehrswesen einstimmig, dem Plenum des Deutschen Bundestages zur zweiten und dritten Beratung zu empfehlen, dem Gesetzentwurf in der Fassung der Drucksache 1223 ohne Änderung zuzustimmen. Bonn, den 6. Juli 1955 Faller Berichterstatter Anlage 3 Drucksache 1266 (Vgl. S. 5512 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Autobahn-Hinweisschilder (Drucksache 827) Berichterstatter: Abgeordneter Körner Der Antrag der Fraktion der FDP betr. Autobahn-Hinweisschilder — Drucksache 827 — wurde in der 52. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 22. Oktober 1954 zur weiteren Bearbeitung an den Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen. Mit Schreiben vom 25. Oktober 1954 wurde das Bundesministerium für Verkehr zur Drucksache 827 um baldmögliche schriftliche. Stellungnahme gebeten. Der Bundesminister für Verkehr bestätigte daraufhin mit Zwischenbescheid vom 30. November 1954 (StV 2 Nr. 2161 B/54) die Feststellung, daß blaue Wegweiser zwischen g e l b en Wegweisern besonders auffallen und eine schnellere Orientierung ermöglichen. Mit Schreiben vom 9. März 1955 (StV 2 Nr. 2019 N/55) teilte der Bundesminister für Verkehr mit, versuchsweise aufgestellte blaue Hinweisschilder hätten sich bewährt. Bedenken aus dem Genfer (Körner) Protokoll könnten nicht erhoben werden. Bei der durch die Zulassung der blauen Kennscheinwerfer für Krankenwagen erforderlich gewordenen Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) werde auch die Anlage I der Straßenverkehrs-Ordnung (A I c 6) im Sinn der Drucksache 827 ergänzt werden. Der Bundesminister für Verkehr gab noch die Empfehlung, das Wort „Schilder" durch das in der StVO übliche Wort „Wegweisertafeln" zu ersetzen und die neue Tafel als „Wegweiser zur Autobahn" zu bezeichnen. In seiner 50. Sitzung am 11. März 1955 hat der Ausschuß für Verkehrswesen die Drucksache 827 eingehend behandelt. Nachdem ein Vertreter der antragstellenden Fraktion den Antrag begründet hatte, wurde unter Bezugnahme auf die vorgenannte Stellungnahme vom 9. März 1955 berichtet, daß sich der Bundesminister für Verkehr dem Antrag anschließe und lediglich die vorerwähnte redaktionelle Änderung empfehle. Der Ausschuß für Verkehrswesen beschloß, dem Plenum des Deutschen Bundestages zu empfehlen, die Drucksache 827 mit der redaktionellen Änderung anzunehmen. Bonn, den 11. März 1955 Körner Berichterstatter Anlage 4 Drucksache 1565 (Vgl. S. 5514 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (21. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes betreffend das Abkommen vom 21. Dezember 1954 über die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 1417) Berichterstatter: Abgeordneter Sabaß In § 14 des Übergangsabkommens des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl haben sich die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft verpflichtet, Verhandlungen mit dritten Staaten über die Gesamtheit der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und dritten Ländern zu führen. Sie gingen dabei davon aus, daß ihre bisherigen bilateralen Handelsbeziehungen mit dritten Ländern durch die Errichtung des gemeinsamen Marktes beeinflußt würden und daß die dritten Länder daran interessiert sein könnten, die sich daraus ergebenden Probleme in Verhandlungen zu klären und, falls erforderlich, in Verträgen neu zu gestalten. Hierbei wurde besonders an Großbritannien gedacht, das in diesem Zusammenhang in § 14 des Übergangsabkommens ausdrücklich erwähnt wird. Ende Dezember 1953 hat der Präsident der Hohen Behörde, die als gemeinsame Beauftragte der Mitgliedstaaten für die Führung derartiger Verhandlungen im Vertrag vorgesehen ist, der britischen Regierung die Bereitschaft zur Aufnahme von Verhandlungen mitgeteilt. Die Verhandlungen wurden im Laufe des Jahres 1954 von der Hohen Behörde auf Grund von Weisungen, die der Ministerrat der Montangemeinschaft einstimmig beschlossen hatte, geführt. Es stellte sich als zweckmäßig heraus, als weiteren Schritt in der Entwicklung der Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Gemeinschaft einen institutionellen, vertraglich gesicherten Rahmen für die Zusammenarbeit zu schaffen. Nach Unterzeichnung des Abkommens am 21. Dezember 1954 in London wurde es vom britischen Unterhaus am 21. Februar 1955 behandelt und einstimmig gebilligt. Die britische Ratifizierungsurkunde wurde am 17. Juni 1955, wie im Vertrag vorgesehen, bei der britischen Regierung hinterlegt. Das Ratifikationsverfahren in den übrigen Ländern ist im Gange. Der Präsident der Hohen Behörde ebenso wie die britische Regierung und die Gemeinsame Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl haben wiederholt darauf hingewiesen, daß angesichts der Ratifikation des Abkommens durch die britische Regierung eine Beendigung der Ratifikationsverfahren in den Mitgliedstaaten möglichst bald abgeschlossen sein sollte, damit die Arbeiten im September 1955 aufgenommen werden könnten. Die vorgesehene Zusammenarbeit (Art. 6, 7 und 8) soll in einem Austausch von Informationen, in Konsultationen und, soweit erforderlich, auch in koordinierenden Maßnahmen auf den Gebieten gemeinsamen Interesses bestehen. Unter ihnen kommen den Fragen der Preisstruktur und der Subventionen besondere Bedeutung zu, weil ein Informationsaustausch und Konsultationen auf diesem Gebiete zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten bisher in anderen internationalen Organisationen nicht stattfinden konnten. Weiterhin sollen alle Probleme, die sich aus der beabsichtigten oder bereits vorgenommenen Einführung von Beschränkungen für den Warenverkehr ergeben, erörtert und Ausarbeitungen für Verhandlungen über Vereinbarungen vorbereitet wer- (Sabaß) den, durch die zwischen der Montangemeinschaft und dem Vereinigten Königreich Hindernisse und Beschränkungen in den gegenseitigen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen verhindert oder beseitigt werden sollen. Der institutionelle Rahmen für die Zusammenarbeit besteht in dem Ständigen Assoziationsrat und besonderen Sitzungen des Ministerrats der Montangemeinschaft zusammen mit der Regierung des Vereinigten Königreichs (Art. 1). Der Vertrag enthält alle notwendigen Garantien, um eine volle Unterrichtung und Beteiligung beider Organe der Montangemeinschaft, der Hohen Behörde und des Ministerrats, sicherzustellen. Ferner haben die Mitgliedstaaten der Montangemeinschaft in rein handelspolitischen Angelegenheiten sichergestellt, daß keinerlei Verpflichtungen oder materielle Vereinbarungen ohne einstimmig von ihnen beschlossene Weisungen und ohne ihre Beteiligung zustande kommen können (vgl. Art. 8 in Verbindung mit dem der Begründung des Gesetzes beigefügten Protokoll zwischen Hoher Behörde und Ministerrat). Der Vertrag enthält zwar für keinen der Vertragspartner konkrete Verpflichtungen bindender Art; dem Ständigen Assoziationsrat ist keine Entscheidungsbefugnis gegeben; auch für die besonderen Sitzungen zwischen Ministerrat und der Regierung des Vereinigten Königreichs ist keine Form der Beschlußfassung vorgesehen. Die Zustimmung zum Abkommen enthält jedoch die Bereitwilligkeit beider Vertragsparteien, in dem vorgesehenen institutionellen Rahmen solche materiellen Vereinbarungen vorbereiten zu lassen. Diese Bereitwilligkeit ist ein politisches Faktum, da hierdurch die Brücke von der Montangemeinschaft zu Großbritannien geschlagen wird. Dem Vertrag kommt hierdurch die Bedeutung eines Vorbildes für die Assoziation des Vereinigten Königreichs mit europäischen Gemeinschaften in der Art der Montangemeinschaft zu. Bonn, den 10. Juli 1955 Sabaß Berichterstatter Anlage 5 Drucksache 1590 (Vgl. S. 5516 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (9. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes (vorl. BPolBG) (Drucksache 1472) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kleindinst Das Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes (vorl. BPolBG) vom 6. August 1953 (BGBl. I S. 899) tritt mitt Ablauf des 30. September 1955 außer Kraft (§ 23 Abs. 1 zweiter Halbsatz). Es stehen Gesetzentwürfe in und vor der Beratung, die auf dieses Gesetz zurückwirken, so vor allem der Entwurf eines Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) —Drucksache 1172 — und der Entwurf eines Ersten Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechtes (Erstes Beamtenrechtsrahmengesetz —1. BRRG — Drucksache 1549). Auch die Erfahrungen mit dem Bundesgrenzschutz sollen abgewartet werden. Infolgedessen hat der Ausschuß für Beamtenrecht am 8. Juli 1955 einstimmig beschlossen, der Bundestag möge der Verlängerung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes nach dem Gesetzentwurf vom 16. Juni 1955 — Drucksache 1472 — zustimmen. Der Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung hat am 11. Juli 1955 die Annahme dieses Gesetzentwurfs einmütig gebilligt. Bonn, den 12. Juli 1955 Dr. Kleindinst Berichterstatter Anlage 6 Drucksache 1602 (Vgl. S. 5518 A) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Achten Gesetzes zur 'Änderung des Zolltarifs (Schweineschmalz) (Drucksache 1460) Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Strobel Der Ausschuß für Außenhandelsfragen stimmte in seiner heutigen Sitzung dem Gesetzentwurf einstimmig zu, da sein Inhalt keine sachliche Veränderung, sondern lediglich eine zolltechnische Vereinfachung bedeutet. Als Berichterstatterin darf ich das Hohe Haus bitten, dem Antrag des Ausschusses seine Zustimmung zu geben. Bonn, den 13. Juli 1955 Frau Strobel Berichterstatterin Anlage 7 Drucksache 1601 (Vgl. S. 5518 C) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Fünfunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Schweineschmalz) (Drucksache 1427) Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Strobel Der Ausschuß für Außenhandelsfragen faßte in seiner heutigen Sitzung den Beschluß, dem Verordnungsentwurf zuzustimmen, der in den Zollsatz von 10 % alles Schweineschmalz einbezieht, das unter Zollsicherung in Schmalzsiedereien umgeschmolzen wird. Das gereinigte Schweineschmalz unterliegt wie bisher dem Zollsatz von 20 %. Bonn, den 13. Juli 1955 Frau Strobel Berichterstatterin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage gibt die dankbar begrüßte Gelegenheit, dem Hohen Hause über die Maßnahmen zu berichten, die bereits in den vergangenen Jahren in der Vorbereitung für einen deutschen Luftverkehr getroffen wurden, und zugleich zu Fragen Stellung zu nehmen, die sich für die Zukunft ergeben.
    Die aus dem Januar stammende Anfrage hat zunächst nach den Vorbereitungen für die Aufnahme eines deutschen Luftverkehrs gefragt. Inzwischen ist glücklicherweise der Dienst der Deutschen Lufthansa in Europa und, wie ich als Teilnehmer an einem der ersten Flüge nach New York aus eigenem Erleben berichten kann, auch über den Nordatlantik aufgenommen worden.
    Der zweite Teil der Anfrage, der sich auf die Luftfahrtpolitik der Bundesregierung nach der Ratifizierung der Pariser Verträge bezieht, wird von mir behandelt werden.
    Für die Beantwortung des dritten Punktes, der die deutsche Luftfahrtindustrie betrifft, ist der Herr Bundesminister für Wirtschaft zuständig.
    Ich bedaure, daß die Antwort auf die Große Anfrage erst heute erfolgen kann. Ich hätte sie gern schon früher gegeben. Die neue Deutsche Lufthansa hat Mitte Mai mit vier Flugzeugen des Musters Convair 340 den planmäßigen kommerziellen Verkehr auf den internationalen Linien nach London, Paris und Madrid aufgenommen. Vorangegangen waren ab 1. März ein Übungsflugverkehr im Bundesgebiet, ab 1. April ein planmäßiger Dienst auf diesen innerdeutschen Strecken und ab Mitte April Übungsflüge nach England, Frankreich und Spanien. Am 8. Juni konnten die ersten der vier Flugzeuge des Musters Lockheed Super Constellation zum ersten planmäßigen kommerziellen Flug nach New York starten, nachdem auch über dem Nordatlantik einige Einführungsflüge stattgefunden hatten.
    Die Regierungen der Staaten, deren Gebiet von der Lufthansa angeflogen oder überflogen wird, erteilten uns rechtzeitig die erforderlichen Genehmigungen. Ich darf den Regierungen dieser Staaten für ihre Bereitschaft und für ihr teilweise sehr rasches Handeln, zugleich aber auch dem inzwischen aufgelösten Zivilen Luftamt der alliierten Hohen Kommission, dessen Mitglieder jetzt die zivilen Luftattachés ihrer Botschaften sind, für die verständnisvolle Vermittlung unserer Wünsche herzlich danken.
    Seit dem 5. Mai ist die Bundesrepublik endlich wieder im Besitz ihrer vollen Lufthoheit, lediglich eingeschränkt durch gewisse unvermeidliche Sonderbestimmungen für den Luftverkehr mit Berlin. Die volle Lufthoheit, das spricht sich so leicht aus, aber wir sollten auch heute das Bild nicht vergessen, das sich uns vor zehn Jahren darbot. Wir sollten an die Zeit nach 1945 denken, als es überhaupt verboten war, von einer deutschen Luftfahrt zu sprechen, ja auch nur an sie zu denken, von einer Arbeit für die deutsche Luftfahrt ganz zu schweigen. Selbst ein kühner Optimist hätte wohl in jener Zeit des Abkommens von Potsdam, des Morgenthau-Plans, des Sparta-Plans und ähnlicher Dokumente nicht zu glauben gewagt, daß heute die Möglichkeit bestehen würde, dem Hohen Hause über den Wiederaufbau der deutschen zivilen Luftfahrt zu berichten.
    Die Schwierigkeiten, die es nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg zu überwinden galt, waren wesentlich größer als nach 1918. Nach 1945 wurde bewußt alles zerstört und beseitigt, was noch entfernt an eine deutsche zivile Luftfahrt erinnern konnte und was einen Wiederaufbau hätte erleichtern können. Die Proklamation Nr. 2 der Besatzungsmächte vorn 20. September 1945 verbot Herstellung, Besitz und Betrieb von Luftfahrzeugen aller Art durch deutsche Staatsbürger.
    Erst sechs Jahre später wurde dieses allumfassende Gebot gemildert, als 1951 auf das ständige Drängen der Bundesregierung wenigstens der ' Segelflug und der Freiballonsport von ihren Fesseln befreit wurden. Zu diesem Zeitpunkt, im August 1951, entstand auch die Luftfahrtabteilung des Bundesministeriums für Verkehr. Seitdem begann man auf alliierter Seite, Verwaltungsaufgaben der Luftfahrt weitgehend deutschen Stellen zu übertragen.
    Die Bundesregierung hat in dieser ganzen Zeit unbeirrt den Standpunkt vertreten, daß es für das Gedeihen der deutschen Wirtschaft und des Verkehrs unerläßlich notwendig sei, über einen eigenen deutschen Luftverkehr zu verfügen. Wenn nicht selten die Wiederherstellung der deutschen Lufthoheit gleichgesetzt wird nur mit der Möglichkeit zur Wiederaufnahme eines Luftverkehrs unter deutscher Flagge und daneben mit der Erfüllung der Sehnsucht der deutschen Motorsportflieger, wieder zu fliegen, dann ist dies doch nur eine recht oberflächliche Betrachtungsweise. Denn Voraussetzung für den Luftverkehr und für den Luftsport ist, daß auf allen Gebieten der Verwaltung der Luftfahrt die notwendigen Maßnahmen und Sicherungen getroffen sind. Das gilt für die nationale Gesetzgebung in der Bundesrepublik ebenso wie für die internationalen Vereinbarungen, für die Verwaltung beim Bund und bei den Ländern, für die Flugsicherung, für Forschung, Technik und Prüfwesen. Nur wenn auf allen diesen Gebieten Klarheit und Ordnung herrschen, können die Flugzeuge ruhig und sicher ihre Bahn ziehen.
    Ich darf mit Befriedigung feststellen, daß sich die Übernahme der Lufthoheit praktisch reibungslos abgewickelt hat. Wenn dies möglich war, so ist es zwei Tatsachen zuzuschreiben: Überall wurde


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    mit Hingabe und Verantwortungsbewußtsein gearbeitet, und alles war rechtzeitig vorbereitet, um in Gang gesetzt zu werden; rechtzeitig, also nicht zu früh und nicht zu spät.
    Zu diesen Vorbereitungsarbeiten gehörte eine Fülle von gesetzgeberischen Maßnahmen. Das deutsche Luftrecht, das im wesentlichen in dem Luftverkehrsgesetz und in der Verordnung über Luftverkehr, beide aus 1936, seinen Niederschlag gefunden hatte, ist, soweit es nicht in einzelnen Vorschriften dem Grundgesetz widerspricht, nicht aufgehoben. Aber es bedarf aus staatsrechtlichen Gründen einer weitgehenden Neugestaltung und bedarf zudem zahlreicher Änderungen, weil in den vergangenen 19 Jahren auf flugtechnischem Gebiet gewaltige Fortschritte erreicht wurden.
    Das Schwergewicht der Arbeit lag nach den gegebenen Möglichkeiten zunächst in der Flugsicherung. In verhältnismäßig kurzer Zeit konnten hier die haushaltsmäßigen und gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Durch das Gesetz vom 23. März 1952 wurde die Bundesanstalt für Flugsicherung mit dem Sitz in Frankfurt am Main errichtet. Ihr wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1953 die Flugsicherung in der Bundesrepublik übertragen. Als weitere Bundesoberbehörde wurde durch das am 4. Dezember 1954 in Kraft getretene Gesetz das Luftfahrtbundesamt geschaffen, das seit dem 1. Februar 1955 in Braunschweig arbeitet.
    Hatten in der Flugsicherung die Alliierten bereits wichtige Vorarbeit geleistet, so mußte auf dem Gebiet der Prüfung und Zulassung des Luftfahrtgerätes infolge der Zerstörung aller früheren Prüf- und Forschungsstellen eine ganz neue Organisation aufgebaut werden. Die gefundene Lösung, 1 nämlich Prüfung durch die vom Bundesminister für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrates anerkannten nichtstaatlichen Prüfstellen, im wesentlichen wissenschaftliche Institute, und Zulassung durch das Luftfahrtbundesamt als obere Bundes-. behörde, dürfte den Interessen aller Beteiligten gerecht werden und die Verkehrssicherheit des Gerätes nach menschlichem Ermessen gewährleisten. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten stehen unmittelbar der praktischen Prüfung zur Verfügung, und umgekehrt erhält die Wissenschaft. neue Anregungen aus ihrer Prüfarbeit. Das Luftfahrtbundesamt erteilt die Prüferlaubnis an die Prüfer, führt die Luftfahrzeugrolle, sammelt Nachrichten über die Zulassungs- und Erlaubnisscheine für Luftfahrer und Luftfahrtgerät und ist als Leitstelle für Flugunfalluntersuchungen und für den Such- und Rettungsdienst tätig.
    Weitere Maßnahmen gesetzgeberischer Art betrafen erstens die Prüfung ausländischen Luftfahrtgerätes. Da mit der Herstellung von Luftfahrtgerät in der Bundesrepublik noch nicht gerechnet werden konnte, wurde in einer Prüfordnung vom 19. August 1953 zunächst die Möglichkeit vorgesehen, ausländisches Gerät in einem erleichterten Verfahren zu prüfen und dabei ausländische Bau- und Prüfvorschriften anzuerkennen. Diese Regelung bewährte sich im Zuge der Lieferung ausländischer Flugzeuge an die Deutsche Lufthansa.
    Zweitens. Die Kennzeichnung der Luftfahrtgeräte, die Erteilung von Eintragungs- und Zulassungsscheinen und Lufttüchtigkeitszeugnissen ist in einer Verordnung vom 9. November 1954 geregelt worden.
    Drittens. Die Prüfung der Luftfahrer erfolgt auf Grund der Verordnung vom 21. Juni 1955. Diese regelt die Erteilung von Tätigkeitserlaubnissen an das Luftfahrtpersonal und paßt die alten Vorschriften aus dem Jahre 1936 den Richtlinien und Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-organisation — ICAO — an. Die neue Prüfordnung ermöglicht die Anerkennung von Luftfahrerscheinen, die von Deutschen im Ausland erworben wurden, und regelt, in welchem Umfange Inhaber früherer deutscher Luftfahrerscheine unter erleichterten Bedingungen neue Erlaubnisscheine erwerben können.
    Außer diesen Arbeiten wurden auch Ergänzungen und Änderungen des Luftfahrtrechts vorbereitet, die sich u. a. auf die Ausgestaltung der Bauschutzbereiche auf den Flughäfen, auf das Genehmigungsverfahren von Luftfahrtunternehmen und auf eine Luftfahrtstatistik beziehen. Bekanntlich berührt das Grundgesetz für die Bundesrepublik den Luftverkehr nur in dem Art. 73. Danach hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über den Luftverkehr. Weitere ausdrückliche Bestimmungen über den Luftverkehr enthält das Grundgesetz nicht. Für die Luftfahrtverwaltung kommen daher die allgemeinen Vorschriften, insbesondere der Art. 129, zur Anwendung. Nach Art. 129 ist die Zuständigkeit zur Vornahme von Verwaltungsakten auf Grund des Luftverkehrsgesetzes und der Verordnung über den Luftverkehr auf die nunmehr sachlich zuständigen Stellen übergegangen. Zwischen Bund und Ländern besteht unbeschadet der Möglichkeit einer künftigen gesetzlichen oder grundgesetzlichen Regelung keine Meinungsverschiedenheit über die Frage, welche Stellen als zuständig anzusehen sind. Dementsprechend wurde schon vor der endgültigen gesetzlichen Festlegung der Zuständigkeiten, nämlich bereits im Februar 1953, zwischen dem Bund und den Ländern eine Vereinbarung getroffen, die entsprechend den veränderten staatsrechtlichen Verhältnissen die Verwaltungsbefugnisse vorläufig gegenseitig abgrenzt und dem Bund vor allem die Aufgaben mit überregionalem Charakter vorbehält. Im Rahmen dieser Vereinbarung wurde von den Ländern die Notwendigkeit der Zusammenfassung der flugtechnischen Aufgaben beim Bund, insbesondere bei der Schaffung der Bundesanstalt für Flugsicherung und des Luftfahrtbundesamtes bejaht. Angesichts der guten Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern auf allen Gebieten der Luftfahrt habe ich keine Zweifel, daß sich die Vereinbarung auch künftig bewähren wird.
    Ähnliche Vereinbarungen wurden auch auf dem Gebiete der Unfalluntersuchung und des Such- und Rettungsdienstes abgeschlossen. Die Luftaufsicht wurde dahin geregelt, daß sie ohne Bildung einer der früheren Luftpolizei entsprechenden besonderen Organisation durch Organe wahrgenommen wird, die von den Ländern auf den Flughäfen und Landeplätzen bestellt werden. Zur Verbesserung und Vereinheitlichung des Abfertigungsverfahrens wurden Richtlinien ausgearbeitet, die ein enges Zusammenarbeiten zwischen den mit der Luftaufsicht betrauten Personen und den Dienststellen der Flugsicherung und des Wetterdienstes gewährleisten.
    Zur Regelung des Ein- und Ausflugs von Luftfahrzeugen im Bereich der Bundesrepublik wurde mit dem Alliierten Zivilen Luftfahrtamt vor seiner


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    Auflösung eine Übergangsregelung vereinbart, die in Kürze durch eine Regelung abgelöst werden wird, die dem deutschen Recht entspricht und gleichzeitig den Richtlinien der ICAO Rechnung trägt.
    Ich habe gebeten, meine sehr verehrten Damen und Herren, sich heute doch noch einmal der Verhältnisse zu erinnern, die vor zehn Jahren bei uns auf dem Luftfahrtgebiet herrschten. 1945 waren der einzig verbliebene und tatsächlich allein wieder in Erscheinung tretende Bestand der deutschen Luftfahrt unsere deutschen Verkehrsflughäfen. Auch sie, weitgehend durch Kriegszerstörungen in der Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, waren beschlagnahmt und standen zunächst unter rein alliierter Verwaltung. Um gemeinsam die deutschen Interessen zu vertreten, entschlossen sich die Flughafeneigentümer 1947 zu einer losen Zusammenarbeit, aus der 1950 die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen entstanden ist. Es muß anerkannt werden, daß diese ADV von Anfang an ein aktiver Helfer des Luftverkehrs gewesen ist, daß sie sich also nicht damit begnügte, brauchbare Landeplätze zur Verfügung zu stellen. Nicht zuletzt durch die Arbeit der ADV konnte es frühzeitig erreicht werden, daß die Verwaltungsbefugnisse auf den deutschen Flughäfen mehr und mehr in deutsche Hände übergingen.
    Daß die deutschen Flughäfen schnell wieder wachsende Bedeutung gewannen, war angesichts ihrer Lage im Herzen Europas nur natürlich. Denn ein planmäßiger internationaler Luftverkehr kann auf diese deutschen Flughäfen nicht verzichten. Ihre Anlagen und Einrichtungen müssen aber den steigenden flugtechnischen Ansprüchen genügen. So haben die Städte, die Länder und der Bund seit ' 1950 rund 100 Millionen DM zum Ausbau und zur laufenden Verbesserung der Flughäfen zur Verfügung gestellt.
    Als Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengungen verfügt die Bundesrepublik nach Fertigstellung des Verkehrsflughafens Nürnberg im Frühjahr dieses Jahres über neun gutausgebaute Verkehrsflughäfen, zu denen Berlin als zehnter tritt. Die Anlagen dieser Häfen sind dem internationalen ICAO-Standard angepaßt. Wir verfügen über vier Häfen der ICAO-Klasse B mit Grundlängen der Startbahnen über 2150 m, über vier Häfen der Klasse C mit Grundlängen der Startbahnen von 1800 m und über zwei Häfen der Klasse D mit Grundlängen der Startbahnen von 1500 m.
    Mit großer Sorge muß ich aber feststellen, daß noch immer einige der Verkehrsflughäfen gleichzeitig von militärischen Einheiten der Alliierten benutzt werden. Bei dieser Verquickung von ziviler und militärischer Luftfahrt — ich habe darauf schon oft hingewiesen — besteht nicht nur dauernd eine schwere gegenseitige Gefährdung, sondern auch die Regelmäßigkeit und Pünktlichkeit des zivilen Luftverkehrs wird teilweise empfindlich gestört. Ich möchte hoffen und wünschen, daß es den gemeinsamen Bestrebungen gelingt, diese Verflechtungen zu lösen und unsere Verkehrsflughäfen ausschließlich der zivilen Luftfahrt zur Verfügung zu stellen.
    Die in der Bundesrepublik und in Berlin zur Zeit betriebenen zehn Verkehrsflughäfen sind notwendig; aber sie sind auch ausreichend, um den gegenwärtigen Bedürfnisse unserer Volkswirtschaft nach einem planmäßigen Luftverkehr in befriedigendem Maße Rechnung zu tragen. Der erst in den Anfängen steckende Hubschrauberverkehr bleibt dabei außer Betracht.
    Die Zahl der Verkehrsflughäfen muß begrenzt sein. Denn nach verkehrswirtschaftlichen Erkenntnissen sollen Verkehrsflughäfen in Europa im allgemeinen nicht weniger als 250 km voneinander entfernt liegen, da sonst das Verkehrsaufkommen im Verhältnis zu den hohen notwendigen Aufwendungen zu gering wäre.
    Die Verkehrsflughäfen müssen jedoch, abgesehen von der Beseitigung von Kriegsschäden, im Hinblick auf den zunehmenden zivilen Luftverkehr und auf besondere Eigenschaften der Flugzeuge—ich denke dabei an die Entwicklung der Turboprop- und der Turbinenflugzeuge — für den zivilen Luftverkehr weiter ausgebaut werden. Das gilt nicht nur für die Start- und Landebahnen, sondern ebenso für sonstige Einrichtungen der Flughäfen. Allerdings werden auch die Flugzeugkonstrukteure mehr als bisher auf die technische Entwicklungsmöglichkeit der Verkehrsflughäfen Rücksicht nehmen müssen, namentlich hinsichtlich der Anforderungen, die sie an die Längen der Start- und Landebahnen stellen. Das ist nicht nur aus finanziellen Gründen für die Verkehrsflughäfen, sondern auch wegen der sonst unvermeidlichen weiteren Inanspruchnahme von Gelände beträchtlichen Ausmaßes notwendig. Flughäfen und Landeplätze für Hubschrauber werden in größerer Zahl erst geschaffen werden können, wenn dieses Verkehrsmittel technisch weiter vervollkommnet ist und in einigen Jahren seine wirtschaftliche Reife erlangt hat, so daß es dann steigende Bedeutung im Zubringerverkehr zu den großen Verkehrsflughäfen und im Nahverkehr zwischen großen Städten gewinnen kann. Während Ausbau und Betrieb einer Anzahl von Flughäfen mit internationalem Luftverkehr durch den Bund auch künftig finanziell gefördert werden sollen, ist eine derartige Unterstützung durch den Bund für Hubschrauberlandegelände nicht beabsichtigt. In dieser Hinsicht ist es Aufgabe der Länder und Gemeinden, wie bisher schon in Köln, Bonn und Duisburg, ihre etwa vorhandenen Interessen finanziell zu untermauern.
    Abschließend zu diesem Kapitel zwei Vergleichszahlen. Im Jahre 1950 wurden in der Bundesrepublik und in Berlin 654 000 Fluggäste abgefertigt. Im Jahre 1954 waren es 2 414 000. Das bedeutet in dieser kurzen Zeit eine Steigerung um 270 %.
    Entsprechend der Lage der Verkehrsflughäfen und der Einteilung Westdeutschlands in Besatzungszonen fanden wir bei der Übernahme der Flugsicherung in deutsche Verwaltung im Jahre 1953 eine sehr unterschiedliche Bodenorganisation und eine Flugsicherung vor, die teils von zivilen, teils von militärischen Dienststellen der Alliierten wahrgenommen wurde. Dabei herrschten die militärischen Gesichtspunkte vor. Seitdem ist von deutscher Seite alles getan worden, um die Flugsicherung im Bundesgebiet dem internationalen Standard anzugleichen. Das Ziel dieser Arbeit ist es, zunächst die Funknavigations-, Schlechtwetterlande- und Fernmeldeeinrichtungen den Richtlinien und Empfehlungen der ICAO anzupassen. Heute schon besitzen wir in der Bundesrepublik ein einheitlich aufgebautes Luftstraßennetz mit Kontrollzonen für die Verkehrsflughäfen, ausgerüstet mit den international gebräuchlichen Flugsicherungseinrichtungen. So ist die Sicherheit gegen Zusam-


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    menstöße entsprechend dem heutigen Luftverkehrsbetrieb und der gegenwärtigen Verkehrsdisziplin der Luftfahrzeugführer nach menschlichem Ermessen gewährleistet. Wir dürfen sagen, daß sich der Flugsicherungsbetrieb seit der Übernahme in deutsche Hände eingespielt hat und daß ernstere Beanstandungen erfreulicherweise bisher nicht eingetreten sind. Den Flugsicherungsaufgaben voll gerecht zu werden, bleibt aber deshalb für die Zukunft sehr schwierig, weil der zivile Luftverkehr ständig anwächst und außerdem in zunehmendem Maße gegenüber den alliierten nud den kommenden deutschen Luftwaffenverbänden abgegrenzt werden muß.
    Ein weiterer Ausbau dieses Luftstraßennetzes wird in den nächsten Jahren sicher nicht zu umgehen sein, und zwar infolge des zu erwartenden Anstiegs des zivilen Luftverkehrs und infolge des Einsatzes von Turboprop-, von Düsenflugzeugen und von Hubschraubern. Noch nicht ausreichend ausgebaut sind die derzeitigen Einrichtungen unserer Flugsicherung, um einen guten wirtschaftlichen Verkehrsfluß ohne Wartezeiten auf und im Luftraum über den Flughäfen zu erzielen. Hier besteht noch ein echter Nachholbedarf, hauptsächlich dadurch verursacht, daß vor der Übernahme der Flugsicherung in deutsche Verwaltung keine Möglichkeit gegeben war, Radargeräte für die Flugsicherung in der Bundesrepublik herstellen zu lassen oder im Ausland zu erwerben. Noch in diesem Jahr werden auf den Flughäfen Frankfurt am Main und Hamburg Landeradaranlagen modernster Bauweise aus amerikanischer Fertigung in Betrieb genommen. Weitere Flughäfen sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre mit Landeradaranlagen deu t-scher Herkunft ausgerüstet werden. Ferner ist es notwendig, Radaranlagen für die Flugsicherung auf den Luftstraßen zu errichten und die Verfahren zur Anzeige und zur Überwachung im Flugsicherungsdienst zur Kontrolle der Bewegungsvorgänge im Luftraum zu verbessern. Ziel unserer Flugsicherung muß sein sichere Landung auf Flughäfen bei aufliegenden Wolken und bei Horizontalsicht Null und sicherer und pünktlicher Streckenverkehr auf und außerhalb der Luftstraßen bis zu einer Verkehrsdichte, die von den Flughäfen aufgenommen werden kann. Hierzu wird es noch großer Anstrengungen und materieller Aufwendungen bedürfen. Es dürfte wohl nicht zu bestreiten sein, daß die Bundesrepublik ein erstklassiges Flugsicherungssystem besitzen muß, das den eben genannten Anforderungen des Luftverkehrs voll gerecht wird. Forschung, Entwicklung und Industrie werden eng mit der Flugsicherung zusammenarbeiten müssen, um diese Aufgaben zu lösen. Ihre Dringlichkeit wird dabei von der Frage der Zunahme des gesamten Luftverkehrs in den kommenden Jahren abhängen. Zwar sind die Notwendigkeiten des planmäßigen zivilen Luftverkehrs einigermaßen vorauszusehen, jedoch ist das Ausmaß der Zunahme des militärischen Luftverkehrs, der ja den gleichen Luftraum benutzt, noch nicht bekannt. Der Flugsicherung muß es in den kommenden Jahren gelingen, Geräte und Einrichtungen zu schaffen, die es ermöglichen, unabhängig von der Zunahme des militärischen Luftverkehrs den zivilen Luftverkehr ohne Wartezeiten regelmäßig und sicher durchzuführen.
    Auf dem Gebiet der Luftfahrttechnik sind das Prüfwesen, die Zulassung von Luftfahrtgerät und die Forschung Aufgaben, die durch den Bundesminister für Verkehr betreut werden. Über Prüfwesen und Zulassung habe ich im wesentlichen schon berichtet und habe jetzt noch über den Wiederaufbau der deutschen Luftfahrtforschung kurz zu berichten.
    Für Forschung und Geräteentwicklung konnte nach 1945 infolge der bestehenden Verbote nichts getan werden. Fachwissenschaftler und fachtechnisches Personal wanderten in andere Berufe ab, besonders hochwertige Kräfte gingen in das Ausland, Nachwuchskräfte fehlten praktisch ganz. Nachdem aber im Jahre 1952 die Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrt als Zusammenschluß namhafter Wissenschaftler neu gegründet war und durch die private Initiative der interessierten Wissenschaftler mit Unterstützung der Länder einige der alten Luftfahrtforschungsvereine wieder auflebten, nachdem ferner in der Luftfahrtabteilung des Bundesministeriums für Verkehr die notwendige organisatorische Grundlage geschaffen war, hat auch der Bund die Luftfahrtforschung nachdrücklich gefördert. Heute sind wieder folgende Forschungsanstalten tätig: die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt, früher in Berlin, jetzt in Essen-Mülheim, mit ihren Instituten in Mülheim, Aachen, Garmisch und Bonn; die Deutsche Forschungsanstalt für Luftfahrt in Braunschweig; die Aerodynamische Versuchsanstalt in Göttingen; die Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug, jetzt in München; das Flugfunkforschungsinstitut Oberpfaffenhofen in München, das in die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt eingegliedert wird. Dieser Anstalt und dem neuentstandenen Institut für Physik der Strahlantriebe in Stuttgart und der Deutschen Studiengemeinschaft Hubschrauber in Stuttgart, darüber hinaus einigen Privatinstituten, Einzelforschern und den akademischen Fliegergruppen, den Akafliegs, hat das Bundesverkehrsministerium in den beiden letzten Jahren eine große Zahl von Forschungsaufträgen erteilen können. Diese Forschungsaufträge dienen bestimmten Zwecken zur baldigen praktischen Verwertung, während Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die die Luftfahrtforschung durch besondere Schwerpunktprogramme unterstützt hat, vorzugsweise für die Grundlagenforschung eingesetzt werden.
    Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien der Länder, die ihrerseits erhebliche Mittel für die Einrichtung der Forschungsanstalten zur Verfügung gestellt haben und auch die Kosten für ihren allgemeinen Unterhalt zu wesentlichen Teilen tragen, ist sehr befriedigend. Es darf festgestellt werden, daß alle beteiligten Ressorts und Verbände einmütig an einer zweckmäßigen Koordinierung der so vielseitigen Luftfahrtforschung arbeiten, selbstverständlich unter Vermeidung jeder Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Arbeit.
    Von besonderer Bedeutung ist es, daß dem einzelnen Forscher die in aller Welt durchgeführten Arbeiten seines Spezialgebietes zugänglich gemacht werden, damit er diese Ergebnisse für seine eigene Arbeit ausnutzen und Doppelarbeit vermeiden kann. Daher wurde mit Mitteln des Bundes und der Länder eine Zentralstelle für Dokumentation der Luftfahrt in München eingerichtet, die für die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt und die Wissenschaftliche Gesellschaft für Luftfahrt gemeinsam arbeitet und von ihnen betreut wird.
    Ohne Zweifel sind die bisher der Luftfahrtforschung durch die öffentliche Hand zur Ver-


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    fügung gestellten Mittel gegenüber den Aufwendungen, die andere Staaten für die gleichen Zwecke machen, noch sehr gering, ja übermäßig bescheiden. Trotz dieser geringen Mittel hat der Neuaufbau der Luftfahrtforschung unter Berücksichtigung der gegebenen Möglichkeiten gute Fortschritte gemacht. Um aber den Anschluß an das Ausland wiederzugewinnen, wird es in den kommenden Jahren notwendig sein, die Fürsorge für die Luftfahrtforschung wesentlich zu verstärken. Große Sorge bereitet uns dabei der Mangel an qualifizierten Fachwissenschaftlern und Fachingenieuren. Mit einer Rückkehr aus den in andere Berufe und in das Ausland abgewanderten Menschen kann nur in bescheidenem Umfang gerechnet werden. Grundlegend wird dieses Problem nur durch eine sehr sorgfältig vorbereitete Planung zur Heranbildung von Nachwuchskräften zu lösen sein. All dies, meine verehrten Damen und Herren, war notwendig, um die Voraussetzungen für eine deutsche Zivilluftfahrt zu schaffen, aber auch als Voraussetzung für die Stellung der Bundesrepublik in der Gesamtheit der internationalen zivilen Luftfahrt.
    Der Aufbau der deutschen Zivilluftfahrtverwaltung durfte natürlich nicht ausgerichtet sein allein auf den Betrieb der neuen Deutschen Lufthansa oder auf den rein deutschen Motorflug überhaupt. Vielmehr war davon auszugehen, daß heute rund 30 ausländische Luftverkehrsgesellschaften planmäßige Flugstrecken nach dem Bundesgebiet und über seine Grenzen hinaus betreiben. Es war der Tatsache Rechnung zu tragen, daß die Bundesrepublik immer mehr zur Drehscheibe einer sich ständig steigernden zwischenstaatlichen und interkontinentalen Handelsluftfahrt wird. Den daraus entstehenden Aufgaben mußte der Aufbau der deutschen Luftfahrtverwaltung entsprechen, unabhängig von den Bedürfnissen eines eigenen deutschen Luftverkehrs.
    Die Deutsche Lufthansa unterhält, wie Sie wissen, zur Zeit mit den vier Flugzeugen des Musters Convair 340 folgende Flugverbindungen: vierzehnmal wöchentlich nach London, dreimal wöchentlich nach Paris, zweimal wöchentlich nach Madrid. Dieser Flugplan, der natürlich manche berechtigten Wünsche offenläßt, hat die Billigung aller interessierten Stellen, insbesondere auch der Länder, gefunden.
    Daneben verfügt die Lufthansa über drei Flugzeuge des Musters DC 3, die dort eingesetzt werden sollen, wo sich im europäischen Verkehr besondere Lücken zeigen und wo sich lohnende Zubringeraufgaben zu den interkontinentalen Diensten ergeben.
    Die vier Flugzeuge des Musters Lockheed-Super-
    Constellation stehen im planmäßigen Flugliniendienst auf der Nordatlantikstrecke nach New York, der bedeutendsten Ader des Weltluftverkehrsnetzes. Wenn es auch das ernste Anliegen der Lufthansa sein wird, die echten Luftverkehrsbedürfnisse der deutschen Wirtschaft innerhalb des Bundesgebietes und des europäischen Kontinents zu befriedigen, so ist andererseits nicht zu verkennen, daß die wesentliche Aufgabe des Flugzeugs in der Überbrückung weiter Entfernungen liegt. Erst hier tritt sein entscheidender Vorteil gegenüber den erdgebundenen und wassergebundenen Verkehrsmitteln, nämlich seine Schnelligkeit, voll in Erscheinung, und daher ergeben sich bei diesen Diensten auch die größten ökonomischen Erfolgsaussichten. Deshalb soll die Lufthansa in der zweiten Ausbaustufe ihre Überseeflotte von vier auf acht Super-Constellation erweitern, um damit vom nächsten Jahre ab den Dienst nach New York von jetzt vier- bis sechsmal auf sieben- bis zehnmal wöchentlich — jeweils entsprechend der Reisezeit — zu verdichten und darüber hinaus eine Linie nach Südamerika, nämlich nach Rio de Janeiro und Buenos Aires, zweimal wöchentlich zu fliegen und ferner den Luftverkehr mit dem Nahen Osten bis Teheran in ihr Netz aufzunehmen.
    Der 1951 eingesetzte Vorbereitungsausschuß für Luftverkehr hatte als Minimum für einen erfolgversprechenden Überseedienst 12 Flugzeuge angenommen. Dabei war er — das wird gelegentlich in der öffentlichen Diskussion übersehen — von der Kapazität des Flugzeugmusters Douglas DC 6 ausgegangen. Inzwischen sind die Flugleistungen je Einheit weiter verbessert worden. Heute entspricht der Transportwert von neun Super-Constellation dem von 12 DC 6-Flugzeugen. Der Kalkulation des Vorbereitungsausschusses würde also bei einem Einsatz von acht Super-Constellation, wie ab 1956 möglich, nahezu entsprochen werden.
    Da nach internationaler Erfahrung die Überseedienste den Luftverkehrsgesellschaften Überschüsse abwerfen, während die innereuropäischen Strecken häufig Zuschüsse erfordern, erscheinen für die Lufthansa — mit einem geringen Verkehr innerhalb Europas und einem relativ starken Verkehr nach Übersee auf den hauptbenutzten Strecken — die Aussichten, nach einer verhältnismäßig kurzen Anlaufzeit ihre Ausgaben aus eigenen Einnahnahmen ohne Beihilfen der öffentlichen Hand dekken zu können, durchaus günstig. Die Ertragsrechnungen der alten Lufthansa können hier nicht zum Vergleich herangezogen werden. Seit 1939 sind mehr als anderthalb Jahrzehnte vergangen, und in dieser Zeit ist die mögliche Eigenwirtschaftlichkeit von Luftverkehrsunternehmungen bei sorgfältiger Planung erkannt und bewiesen. Die letzten Bilanzen vieler Luftverkehrsgesellschaften geben darüber Auskunft.
    Natürlich liegen in allen Vorausberechnungen gewisse Unsicherheitsfaktoren. Wenn man aber, wie wir es getan haben, auf Grund der internationalen Erkenntnisse und Erfahrungen die Erwartungen auf einen Erfolg in Form nur eines Minimums einsetzt, so erscheint das Risiko begrenzt. Auf Grund sehr vorsichtiger Kalkulationen wird die Lufthansa nach Abschluß der zweiten Aufbaustufe im Betriebsjahr 1958 mit einem Park von sieben Flugzeugen für den Europadienst und von acht Super-Constellation für den interkontinentalen Dienst zu einer ausgeglichenen Ertragsrechnung kommen können. Voraussetzung für dieses erhoffte wirtschaftliche Ergebnis ist allerdings, daß man der Lufthansa gestattet, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu arbeiten, und sie nicht zwingt, unrentable Linien zu betreiben.
    Der Investitions-Kapitalbedarf bei einer Flottengröße von 4 Convair 340-, 3 DC 3- und 8 Super Constellation-Flugzeugen beläuft sich auf 136 Millionen DM. Er soll durch Eigenkapital des Unternehmens in Höhe von 50 Millionen DM, durch verdiente Abschreibungen in Höhe von rund 45 Millionen DM, durch Bundesmittel in Höhe von rund 26 Millionen DM und durch Darlehen in Höhe von rund 15 Millionen DM gedeckt werden.


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    Die Auswahl des Fluggeräts wurde allein nach technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen. Sie steht ja in erster Linie in der Verantwortung der Organe der Gesellschaft. Die besondere Lage der deutschen Luftverkehrsgesellschaft ist gekennzeichnet durch die Notwendigkeit eines Neuaufbaus der gesamten technischen Organisation und einer Schulung des Personals von Grund auf, ferner durch die Forderung, Anschluß zu finden an die Erfahrungen ausländischer Luftverkehrsgesellschaften, die in der Nachkriegszeit ihren Flugbetrieb auf einen hohen technischen Stand bringen konnten. Wir mußten sozusagen auf einen Zug aufspringen, der sich in voller Fahrt befindet, und konnten nicht auf dem Bahnsteig einsteigen. Daher durften wir nur Flugzeugmuster auswählen, die zur Zeit der Bestellung bereits bewiesen hatten, daß bei ihnen das technische Risiko auf ein möglichst geringes Maß herabgesetzt war. Also konnten nur völlig erprobte Flugzeuge mit genügend langem Einsatz und Bewährung im Luftverkehr in Auftrag gegeben werden. Daß die zukunftsträchtige Entwicklung der Propellerturbinen- und der Strahlturbinen-Verkehrsflugzeuge von uns und von der Lufthansa mit höchster Aufmerksamkeit verfolgt wird, ist selbstverständlich. Die Deckung des ersten Bedarfs an Fluggerät für den deutschen Luftverkehr bedeutet keinesfalls eine Festlegung oder eine einseitige Bindung in irgendeiner Beziehung, sowohl was die Flugzeugmuster, als auch was die Antriebsart oder das Ursprungsland angeht. Bei der Auswahl des Fluggeräts gab also der Grundsatz: „Sicherheit zuerst" den Ausschlag.
    Ebenso wurde auch in der personellen Hinsicht verfahren. Fliegerisches Personal der Lufthansa wurde in England und in den Vereinigten Staaten ausgebildet, Stationspersonal erhielt seine Schulung in Betrieben ausländischer Unternehmen. Damit man ganz sicher geht, sitzen in der Anfangszeit am ersten Steuer der Lufthansa-Flugzeuge Kapitäne, die von der British-European Airways und von den amerikanischen Trans World Airlines zur Verfügung gestellt wurden, während deutsche Flugzeugführer als Co-Piloten fliegen. Dieser der Lufthansa gewährten Starthilfe der genannten Gesellschaften werden wir uns stets dankbar erinnern.
    Seit Dezember 1953 laufen eigene Ausbildungsprogramme der Lufthansa. Sie sehen, wie früh wir anfangen mußten, um wenigstens über die notwendigen Co-Piloten zu verfügen. Anfangs begann sie am Linktrainer am Boden, später wurde sie im fliegenden Flugzeug fortgesetzt. In den bisher durchgeführten Kursen wurden 24 Flugzeugführer und 15 Flugingenieure ausgebildet. In der Schulung befinden sich zur Zeit 61 Flugzeugführer und 13 Flugingenieure.
    Angesichts der kleinen Flotte der Lufthansa erscheinen diese Zahlen vielleicht hoch. Dabei ist aber zu bedenken, daß zu jedem Convair-Flugzeug zwei und zu jeder Super Constellation drei Besatzungen gehören. Jedes Flugzeug muß — selbstverständlich unter Einhaltung der von der Sicherheit diktierten Höchstgrenze — möglichst intensiv ausgenutzt werden, also fliegen. Nur das fliegende Flugzeug kann Geld verdienen. Die Zahl der Flugstunden des fliegenden Personals muß aber aus sozialen und Sicherheitsgründen beschränkt sein. Der Dienst erfordert physisch und psychisch einen sehr hohen persönlichen Einsatz. Die Schonung solch hochwertiger Kräfte zur Erhaltung ihrer Arbeitskraft ist nicht nur aus menschlichen und sozialen Gründen, sondern ebenso im wohlverstandenen Interesse der Luftverkehrsgesellschaft erforderlich.
    Die Ausbildung des Lufthansapersonals ist in Hamburg konzentriert. Hier ist unter der großzügigen Förderung durch die Bürgerschaft und den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, für die wir sehr dankbar sind, eine technische Basis entstanden, die zu den schönsten und vor allem zweckmäßigsten Werften in der Welt zählen dürfte.
    Damit lassen Sie mich, meine Damen und Herren, meine Antwort auf die Große Anfrage nach den Vorbereitungen für einen deutschen Luftverkehr schließen, die ich durch einen Bericht über schon Erreichtes und noch Geplantes ergänzen durfte.
    Lassen Sie mich nun noch einiges zu der Frage nach der Luftfahrtpolitik sagen, welche die Bundesregierung zu verfolgen gedenkt.
    Zunächst ein Wort zu einem Problem, das auch in diesem Hohen Hause schon behandelt worden ist, nämlich zu der Frage, weshalb es noch nicht zur Gründung einer europäischen Luftverkehrsgesellschaft gekommen ist. Seit zwei Jahrzehnten ist von den verschiedensten Seiten versucht worden, einen Zusammenschluß der Luftverkehrsunternehmen, sei es mit, sei es ohne übergeordnete internationale Behörde, herbeizuführen, um eine unrationelle Konkurrenz im Luftverkehr auszuschalten. Alle Bemühungen in dieser Richtung, insbesondere des Völkerbundes in den 30er Jahren, der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation, der ICAO, seit 1944 und des Europarates — ich denke z. B. an den sogenannten Sforza-Plan von 1951 — hatten keinen Erfolg.
    In der Straßburger ICAO-Konferenz 1954 zur Koordinierung des europäischen Luftverkehrs, in der die Bundesrepublik erstmals gleichberechtigt vertreten war, konnten wir ein Interesse an der Bildung einer europäischen Luftverkehrsgesellschaft im Sinne der Entschließung des Bundestages vom 23. Juni 1953 leider nicht feststellen. Abgesehen davon, daß schon die Bestrebungen der Bundesregierung, diesen Punkt auf die Tagesordnung der Konferenz zu bringen, nicht durchdrangen, war man, als die Frage anderweit doch zur Erörterung kam, weithin der Auffassung, der bisherige Wettbewerb solle in geregelter Form aufrechterhalten bleiben, weil nur er die Möglichkeit für laufende Verbesserungen und für eine Befriedigung des Bedarfs biete. Bei der immer noch stürmischen technischen Weiterentwicklung auf allen Gebieten der Luftfahrt befürchtete man vielfach, bei zu engen Bindungen gegenüber Entwicklungen in Großbritannien, in den Vereinigten Staaten und auch in Rußland ins Hintertreffen zu geraten. Diese Ansicht wird auch von dem gemeinsamen Luftfahrtstudienbüro der sechs größten europäischen Luftverkehrsgesellschaften in Brüssel geteilt.
    Gegen eine europäische Luftverkehrsgesellschaft ist weiter angeführt worden die zu große Verschiedenartigkeit der zu vereinigenden nationalen Gesellschaften, und zwar nicht nur in ihren Verkehrszielen und in ihrem Fluggerät, sondern auch in der Struktur ihres Kapitals, das sich in unterschiedlicher Zusammensetzung teils in öffentlicher Hand, teils in Privatbesitz befindet.


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    Für die Notwendigkeit einer wirksameren inter -nationalen Zusammenarbeit der Staaten und der Luftverkehrsgesellschaften zeigte sich auf der Straßburger Konferenz dagegen stärkstes Interesse. Zur weiteren gedeihlichen Entwicklung des europäischen Luftverkehrs wurde die Europäische Zivilluftfahrt-Kommission gegründet, die zu ihrer ersten Sitzung im November 1955 in Straßburg zusammentreten wird. Hier wird die Bundesrepublik aktiv und intensiv mitarbeiten. Die Deutsche Lufthansa ihrerseits wird sich dem Brüsseler Studienbüro anschließen, abgesehen von ihrer kürzlich erfolgten Aufnahme in die International Air Transport Association, die sogenannte IATA, die privatwirtschaftliche Vereinigung der Luftverkehrsgesellschaften, das Gegenstück zu der bereits gekennzeichneten ICAO, deren Mitglieder die Staaten sind.
    Diese beiden Wege bieten zur Zeit die besten Möglichkeiten, mit denen wir einem sinnvollen Zusammengehen der verschiedenen Luftverkehrsunternehmen in Europa näherkommen können. Dabei sollte nicht verkannt werden, daß man nach dem heutigen Stand der Technik ein europäischer Luftverkehr für sich allein überhaupt nicht wirtschaftlich zu gestalten ist. Eine Integrierung allein für ein europäisches Streckennetz wäre daher wenig zweckvoll und böte keine befriedigenden wirtschaftlichen Aussichten. Um zu einer besseren Zusammenarbeit der europäischen Luftverkehrsgesellschaften und zu einer besseren Wirtschaftlichkeit zu gelangen, ist es nötig, zu erkennen, daß sich diese Zusammenarbeit nicht nur auf den Verkehr innerhalb Europas beschränken darf, sondern sich auch auf den interkontinentalen Verkehr von und nach Europa ausdehnen muß. Diese Möglichkeit sollte in der Tat genau untersucht werden. Gerade dazu ist die Europäische Zivilluftfahrt-Kommission geeignet. Vielleicht bieten sich aber auch noch andere Wege dadurch an, daß einige europäische Luftverkehrsgesellschaften gleicher Struktur mit gleichen Verkehrsinteressen und mit gleicher technischer Ausstattung Wege suchen und finden, um sich enger zusammenzuschließen.
    Ich erinnere an Abkommen, die zwischen unserer Lufthansa und den beiden großen britischen Luftverkehrsgesellschaften seit 1954 und mit der Air France seit 1955 bestehen und die sehr ausbaufähig sind. Mit Pool-Verträgen, sei es auf einzelnen Verkehrslinien, sei es für bestimmte Verkehrsgebiete, läßt sich ein gutes Stück des Weges zu einer Zusammenfassung des Luftverkehrs zurücklegen. Gerade nachdem wir die Lufthoheit zurückerhalten haben, stehen wir all diesen Bestrebungen noch aufgeschlossener gegenüber. Eine Zusammenfassung des europäischen Luftverkehrs, wie sie uns vorschwebt, muß aber, um erfolgreich zu sein — ich darf dies nochmals ausdrücklich unterstreichen —, nicht nur den innereuropäischen Luftverkehr, sondern den gesamten von europäischen Luftverkehrsunternehmungen betriebenen Luftverkehr in Europa sowie von und nach Europa einschließen. Damit wir zu diesem Ziel gelangen, scheint es mir notwendig, eine Periode immer enger werdender Zusammenarbeit der Staaten und der Luftverkehrsgesellschaften vorzuschalten.
    Wie ich schon erwähnen durfte, ist die Bundesrepublik durch die Pariser Verträge zum Beitritt in die ICAO verpflichtet, jener weltweiten Organisation, die 1944 durch das Abkommen von Chicago geschaffen wurde und der heute 66 Staaten angehören. Dieser Verpflichtung, verankert in dem „Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen", ist die Bundesrepublik insoweit bereits nachgekommen, als sie in der ICAO-Versammlung am 9. Juni dieses Jahres einen Aufnahmeantrag stellte, der in einer betont freundschaftlichen Atmosphäre mit 51 Stimmen bei 52 Stimmberechtigten unter einer Stimmenthaltung angenommen wurde. Nunmehr bedarf es noch der Zustimmung der UNO in ihrer Generalversammlung im kommenden Oktober. Hierzu ist nur einfache Stimmenmehrheit notwendig, so daß an einem zustimmenden Beschluß nicht zu zweifeln sein wird.
    Der Beitritt zu der ICAO war auch vom Standpunkt der Bundesrepublik aus eine unbedingte Notwendigkeit; denn er schafft die staatsrechtlichen Grundlagen für eine Betätigung der Bundesrepublik im internationalen Luftverkehr. Materiell und zeitlich waren dabei einige Schwierigkeiten zu überwinden. Einmal mußte der Möglichkeit vorgebeugt werden, daß gewisse Staaten Einspruch gegen die Aufnahme der Bundesrepublik einlegen. Zum anderen war große Eile geboten, da die Hauptversammlung der ICAO nur alle zwei Jahre stattfindet und die Zeitspanne zwischen der Wiederherstellung der deutschen Lufthoheit am 5. Mai und der nächsten Hauptversammlung in Montreal Anfang Juni 1955 nur recht knapp war. Beide Klippen konnten umfahren werden dank unserer sehr intensiv betriebenen Vorbereitungen und dank der besonderen Unterstützung durch die Regierungen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Frankreichs.
    Während der ICAO und der Europäischen Luftfahrt-Kommission die Aufstellung allgemein gültiger Grundsätze für Betrieb und Verkehr zufällt, ist der Austausch von Verkehrsrechten, d. h. die Genehmigung zur Aufnahme des Luftverkehrs zwischen den einzelnen Staaten, zweiseitigen Abkommen vorbehalten. Auch die Bundesrepublik wird nunmehr nach der Wiedererlangung ihrer Souveränität solche Abkommen in verhältnismäßig großer Zahl abzuschließen haben. Das ideale Ziel der ICAO, die Staaten noch enger aneinander zu binden und das System der bilateralen Abkommen durch ein allgemeines multilaterales Abkommen über den Austausch von Verkehrsrechten zu ersetzen, hat sich bisher nicht verwirklichen lassen. Aber die weitere Entwicklung deutet in diese Richtung, und wir werden uns intensiv bemühen, dieses Ziel bald zu erreichen.
    Die Bundesrepublik hat offiziell über ein Luftverkehrsabkommen bisher mit den Vereinigten Staaten von Amerika und mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland verhandelt. Die informellen Vorbesprechungen mit Frankreich sind so weit gediehen, daß im Grunde nur noch ein formaler Abschluß fehlt. Weitgehend vorbereitet sind Abkommen mit Belgien und der Schweiz. Informelle Vorbesprechungen wurden ferner eingeleitet mit den skandinavischen Staaten, mit Island, Irland, Finnland, den Niederlanden, Spanien, Brasilien und Australien.
    Diese Staatsverträge bedürfen in der Bundesrepublik der Ratifizierung durch die gesetzgebenden Körperschaften. Das Hohe Haus wird sich daher eingehend mit ihnen zu beschäftigen haben. In den anderen Staaten ist dies zum Teil nicht der


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    Fall. In den Verträgen werden im wesentlichen geregelt: das Prinzip des Austausches von Verkehrsrechten bei einer gleichmäßigen und gerechten Behandlung der beiderseitigen Luftverkehrsunternehmen, die Tariffragen, die Zollfragen bei Ein- und Ausflug, die gegenseitige Anerkennung von Lufttüchtigkeitszeugnissen der Flugzeuge und von Befähigungszeugnissen der Besatzungen, der künftige Meinungsaustausch über die Luftfahrtbeziehungen, die Möglichkeit einer Konsultation und die Einsetzung eines Schiedsgerichts bei Meinungsverschiedenheiten.
    Die Staatsverträge werden ergänzt durch einen diplomatischen Notenwechsel über die Fluglinien im einzelnen, die von den Luftverkehrsunternehmen der beiden Staaten betrieben werden dürfen. Diese Liste der Fluglinien enthält also den Niederschlag der gegenseitig eingeräumten Rechte zu Landungen im Staatsgebiet des Partners und zum Durchflug durch den über seinem Staatsgebiet befindlichen Luftraum; denn dieser Luftraum gehört zu dem jeweiligen Hoheitsgebiet. Landungen in dem Gebiet des anderen Staates sind natürlich nur dann wirklich interessant, wenn sie mit dem Recht verknüpft sind, Fluggäste, Fracht und Post aus allen Häfen der betreffenden Fluglinie abzusetzen und nach allen Häfen dieser Linie aufzunehmen.
    Da ein multilaterales Luftverkehrsabkommen bisher nicht besteht, sind bereits sehr viele bilaterale Abkommen zwischen den Handelsluftfahrt treibenden Staaten abgeschlossen worden. Oft haben diese Verhandlungen monatelang gedauert, manche wurden ohne positives Ergebnis abgebrochen. Für die Bundesrepublik ist die Ausgangslage bei diesen Verhandlungen insofern gewiß nicht einfach, als die anderen Staaten sich bereits viele Verkehrsrechte gegenseitig gewährt haben und man auf die Einschaltung der Bundesrepublik in dieses System nicht gerade gewartet hat. Es war also auch hier geboten, sehr frühzeitig Fühlung aufzunehmen und abklärende Vorverhandlungen durchzuführen.
    Am wichtigsten erschien der Abschluß von Abkommen mit den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und Frankreich. Bei der Festlegung der Verkehrsrechte handelt es sich nicht etwa nur darum, diejenigen Rechte zu erwerben, die sofort ausgeübt werden können; vielmehr muß hier auf weite Sicht geplant werden, um der Gefahr zu begegnen, daß der Partner bestimmte Rechte später anderweitig in einer Weise vergibt, welche die Erfüllung unserer eigenen Wünsche ausschließen würde.
    Zu dem Ergebnis der bisherigen Verhandlungen darf ich zusammenfassend sagen, daß es gelungen ist, für die Bundesrepublik die bedeutenden Luftstraßen der Welt zu erschließen. Ich darf diese erfreuliche Feststellung durch eine knappe Skizze dessen, was bisher erreicht worden ist, belegen.
    Das Abkommen mit den Vereinigten Staaten ist am Donnerstag der vorigen Woche in Washington so, wie es von den beiden Delegationen vereinbart worden war, unverändert unterzeichnet worden. Sie wissen, daß es nach seiner Paraphierung durch die Leiter der beiden Delegationen nochmals eingehend durch die verantwortlichen amerikanischen Behörden geprüft worden ist. Einige amerikanische Unternehmen hatten mit dem Hinweis Einspruch erhoben, die der Bundesrepublik eingeräumten Rechte seien weitergehend als die an andere Staaten gewährten Rechte. Daraufhin hatten Kreise des amerikanischen Senats den Wunsch nach einer Überprüfung geäußert. Die Verhandlungen waren also keineswegs gescheitert, wie manche annehmen zu müssen glaubten, sondern es hatte sich lediglich die Unterzeichnung des Abkommens verzögert. Wir zweifelten nicht, daß unterzeichnet werden würde, weil wir der Überzeugung waren und sind, daß das Abkommen den Interessen sowohl der Vereinigten Staaten wie der Bundesrepublik gleichermaßen 'Rechnung trägt und in durchaus fairer Weise einen Ausgleich zwischen den Verkehrsrechten der amerikanischen Unternehmen im Bundesgebiet und des deutschen Luftverkehrs in den Vereinigten Staaten darstellt.
    Der deutsche Luftverkehr hat durch dieses Abkommen das Recht zu folgenden Linien erworben:
    1. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze nach Boston, New York und Philadelphia, also zur nordamerikanischen Ostküste, und darüber hinaus von den USA über Flughäfen in der karibischen See nach Südamerika;
    2. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze nach Chicago — eine im Hinblick auf den hohen Anteil deutschstämmiger Bevölkerung in diesem Raum luftverkehrswirtschaftlich für uns recht interessante Strecke —;
    3. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze nach San Francisco oder Los Angeles, wobei die Bundesrepublik zu einem späteren Zeitpunkt die Wahl des Endpunktes treffen kann; diese Strecke zur nordamerikanischen Westküste kann auch über das Polgebiet geführt werden.
    Diesem Abkommen mit den USA folgt nun das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, das wir in der letzten Woche in London abgeschlossen haben. Ich freue mich, sagen zu können, daß das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von dem Geist einer kameradschaftlichen Zusammenarbeit getragen wird, demselben Geist, aus dem die frühere Vereinbarung der beiden britischen Luftverkehrsgesellschaften BOAC und BEA mit der Deutschen Lufthansa entstanden ist.
    Der deutsche Luftverkehr erhält hier das Recht zum Betrieb folgender Strecken:
    1. vom Bundesgebiet über Zwischenlandepunkte nach London, Manchester, Glasgow und Edinburgh sowie über Manchester nach Dublin, der Hauptstadt Irlands;
    2. vom Bundesgebiet über Zwischenlandeplätze und über Manchester nach Kanada und den Vereinigten Staaten; hier findet sich die Ergänzung zu den Rechten, die uns die Vereinigten Staaten gewährt haben.
    Dasselbe gilt von der nächsten Strecke, die vom Bundesgebiet über Südwesteuropa, die Azoren und die Bahama-Inseln nach Mexiko, Venezuela, Kolumbien und Peru geflogen werden kann. Diese Strecke nach Mittelamerika und dem Nordteil von Südamerika ist also in Zusammenhang mit dem Luftverkehr nach den USA zu werten.
    Das weitere traditionelle Ziel der deutschen Handelsluftfahrt, der Ferne Osten, wird uns durch eine Strecke erschlossen mit der Linienführung vom Bundesgebiet über Süd- und Südosteuropa, Ägypten oder die Türkei, den Mittleren Osten, Pakistan und Indien nach Kalkutta. Hier gabelt sich


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    die Strecke; der eine Strang kann über Bangkok und Hongkong nach Japan führen, der andere über Ceylon und Singapore nach Indonesien, Australien und Australasien. Wesentlich war hier die Gewährung von Verkehrsrechten durch das Vereinigte Königreich für Landungen in Hongkong und Singapore.
    Schließlich erhält der deutsche Luftverkehr das Recht auf Strecken nach der Südafrikanischen Union. Diese können sowohl entlang der afrikanischen Ostküste über Nairobi als auch entlang der Westküste des Schwarzen Erdteils über Kano oder Lagos in Nigeria geführt werden.
    Die Unterzeichnung des Abkommens wird voraussichtlich nächste Woche erfolgen.
    Die Besprechungen mit Frankreich lassen als Ergebnis eine Abrundung und Ergänzung der genannten Strecken erkennen. Abgesehen von dem Nachbarschaftsverkehr zwischen deutschen und französischen Flughäfen stehen hier für den deutschen Luftverkehr die wichtigsten Durchflug- und Landerechte auf den Strecken nach Nord-, Mittel-und Südamerika sowie nach Südafrika in Aussicht.
    In einer überraschend kurzen Zeit konnten also dank rechtzeitig eingeleiteter Vorbereitungen die wichtigsten luftverkehrspolitischen Probleme in einer die Interessen der Bundesrepublik voll befriedigenden Weise gelöst werden. Dies gibt unserer Lufthansa die Voraussetzungen für neue Planungen, die ohne Sicherung der Rechtslage im luftleeren Raum gestanden hätten. Davon hängt auch die zukünftige Materialpolitik ab. Die Organe der Lufthansa, insbesondere auch ihr technischer Ausschuß unter dem Vorsitz von Professor Brandt, sind mit diesen Untersuchungen beschäftigt. Bevor sie uns ihre Auffassung dargelegt haben, möchte auch ich mich noch zurückhalten. — Finanziell sieht es so aus, daß wir in den nächsten Jahren noch weitere 100 Millionen DM investieren möchten, aber möglichst nicht zu Lasten des Haushalts. Auch dieses Probelm wird von den Organen der Lufthansa zur Zeit eingehend bearbeitet.
    Bis zu dem Wirksamwerden von zweiseitigen Luftverkehrsabkommen behalten die das Bundesgebiet anfliegenden ausländischen Luftverkehrsgesellschaften ihre durch das ehemalige Civil Aviation Board erteilten Verkehrsrechte, und zwar ab 5. Mai 1955 auf ein Jahr, längstens auf zwei Jahre, sofern Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen begonnen haben, jedoch noch nicht beendet worden sind. Diese ebenfalls in dem Überleitungsvertrag enthaltene Regelung zugunsten von rund 30 ausländischen Unternehmen hat ihre Berechtigung in dem Wunsch aller Beteiligten, nicht etwa am Tage der deutschen Lufthoheit über dem Bundesgebiet mehr oder weniger ein Vakuum entstehen zu lassen. Es wäre ebensowenig sinnvoll gewesen, hätte man die bestehenden Konzessionen der ausländischen Gesellschaften erlöschen lassen und anschließend nur ein beschränktes Verkehrsvolumen bewilligt. In beiden Fällen wäre unsere Wirtschaft betroffen worden. Denn da die deutsche Lufthansa das Schwergewicht auf die interkontinentalen Flugdienste legt, wird sie auf Jahre hinaus den Luftverkehr über dem Bundesgebiet nicht in einem Umfang übernehmen können, in dem er im Interesse der deutschen Wirtschaft durchzuführen ist.
    Die Bundesregierung wird daher auf der internationalen Ebene eine möglichst freiheitliche Luftverkehrspolitik betreiben, ausgehend von den echten Verkehrsbedürfnissen, dabei allerdings unter voller Aufrechterhaltung der deutschen Ansprüche auf Verkehrsrechte.
    Bei der Vergabe von Verkehrsrechten an Luftverkehrsgesellschaften des Auslandes wird in jedem Fall sorgfältig geprüft werden, ob die beantragte Strecke der Befriedigung eines echten Verkehrsbedürfnisses dienen würde. Wird diese Frage bejaht, so neigen wir grundsätzlich dazu, für diese Strecke uneingeschränkte Verkehrsrechte zu gewähren, um die verfügbaren Kapazitäten voll auszunutzen.
    Einer besonderen Regelung bedarf der sogenannte Kabotageverkehr, also Beförderungen zwischen zwei Flughäfen innerhalb des Bundesgebiets. Das Recht auf Kabotageverkehr wird in Zukunft ausländischen Gesellschaften in der Bundesrepublik grundsätzlich nicht mehr gewährt werden. Dieses Verfahren entspricht einer allgemeinen internationalen Übung. Das schließt allerdings nicht aus, daß in Einzelfällen solche Rechte ausnahmsweise dann gewährt werden können, wenn es den deutschen Verkehrsinteressen entspricht.
    Man darf wohl sagen, daß sich die neue Lufthansa erfreulicherweise in völliger Harmonie in die Symphonie der völkerverbindenden Handelsluftfahrt eingefügt hat.

    (Vizepräsident D r. Schneider übernimmt den Vorsitz.)

    Von vornherein war es ihr Bestreben, auch in der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit anderen Luftverkehrsgesellschaften das Erbe der alten Lufthansa anzutreten. Es erwies sich, daß das Wiedererscheinen deutscher Verkehrsflugzeuge von den ausländischen Luftverkehrswirtschaften als eine Selbstverständlichkeit angesehen wurde und daß man zu einer Zusammenarbeit von vornherein bereit war. Bisher schon sind Vereinbarungen der Lufthansa mit den beiden britischen Gesellschaften BEA und BOAC sowie mit der Air France zustande gekommen, welche die sinnvolle Eingliederung der deutschen Kräfte irr den internationalen Luftverkehr fördern. Ein Poolabkommen zwischen der Air France und der Lufthansa ist geschlossen, weitere Poolabkommen mit der BEA und der spanischen Luftverkehrsgesellschaft Iberia stehen vor der Unterzeichnung.
    Damit habe ich die Frage nach der künftigen Luftfahrtpolitik beantwortet, soweit sie nach dem Ausland hin in Erscheinung tritt. Innerhalb unserer deutschen Luftverkehrsorganisation ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, daß neben der deutschen Lufthansa weitere Unternehmen ihren Betrieb aufnehmen. Wir werden aber dafür zu sorgen haben, daß ein unrationelles Nebeneinander vermieden wird. Die Entwicklung nach dem ersten Weltkrieg, von der Herr Schneider schon sprach, darf sich nicht wiederholen, als es zeitweise wohl rund 60 Luftverkehrsunternehmen in Deutschland gab. Was war damals die Folge? Vier Jahre nach Kriegsende waren nur noch zwei Unternehmen vorhanden, Aerolloyd und Junkers; die anderen hatten ihre Selbständigkeit aufgeben oder ihren Betrieb wegen finanzieller Schwierigkeiten überhaupt einstellen müssen.
    Die jetzt im Bundesgebiet tätigen Firmen, die Charterflüge, Rund- und Reklameflüge durchführen, sind im Grunde Maklerunternehmen, die aus-


    (Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm)

    ländisches Fluggerät gemietet haben. Es sind also noch keine Luftfahrtunternehmen im Sinne des deutschen Luftverkehrsgesetzes und der Verordnung über den Luftverkehr. Wer künftig mittels eigener oder fremder Luftfahrzeuge Personen oder Sachen gewerblich befördern will, also als echtes Luftfahrtunternehmen tätig sein will, muß die hierfür erforderliche Genehmigung nach § 11 des Luftverkehrsgesetzes bei der zuständigen obersten Landesbehörde beantragen. Fluglinien, deren Betrieb über ein Land der Bundesrepublik hinausgeht, genehmigt der Bundesminister für Verkehr im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesverkehrsbehörden. Im Interesse eines geordneten Wiederaufbaus des deutschen Luftverkehrs wird es notwendig sein, bei der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit und insbesondere der technischen Grundlagen der Betriebe einen strengen Maßstab anzulegen. Außerdem muß darauf geachtet werden, daß durch das Entstehen solcher Unternehmen die sinnvolle Gestaltung des Verkehrs in seiner Gesamtheit, das sich ergänzende Zusammenwirken aller Verkehrsträger, nicht gestört wird.
    Damit bin ich am Schluß.

    (Lebhafter Beifall.)

    Ich bin dankbar, daß mir Gelegenheit gegeben wurde, dem Hohen Hause über die Fragen zu berichten, deren Bedeutung für das deutsche Volk ständig stärkeres Gewicht gewinnt. Ich darf abschließend feststellen: Mit dem 5. Mai 1955 sind die Fesseln gefallen, die unserem Verkehr zu Wasser und zu Luft in Potsdam angelegt wurden.

    (Beifall.)

    Der deutsche Verkehr ist in allen seinen Sparten wieder frei, und ein berechtigtes Anliegen des deutschen Volkes ist damit erfüllt.

    (Beifall im ganzen Hause.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zur Beantwortung des Punktes 3 der Großen Anfrage.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deutsche Luftfahrtindustrie ist nach dem zweiten Weltkrieg vollständig demontiert worden. Von den Alliierten wurde ihr die Betätigung nicht nur auf dem militärischen Sektor, sondern auch auf dem Gebiet des zivilen Flugzeugbaus verboten. Das Gesetz der Alliierten Hohen Kommission Nr. 24 machte keinerlei Unterschied zwischen der Herstellung von Jagd- und Bombenflugzeugen einerseits und Transportflugzeugen oder selbst kleinen Sport-und Segelflugzeugen andererseits.
    Nach dem das AHK-Gesetz Nr. 24 abändernden AHK-Gesetz Nr. 61 wurde seit dem 26. Juli 1951 der Bau von Segelflugzeugen wieder gestattet. Die Voraussetzungen für den Wiederaufbau einer deutschen Luftfahrtindustrie wurden aber damit noch nicht wieder gesetzt. Sie sind vielmehr erst am 5. Mai 1955 durch den Wegfall der AHK-Gesetze Nrn. 24 und 61 mit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge und in deren Rahmen geschaffen worden.
    Im Rahmen der Pariser Verträge gelten auf dem Gebiete der Luftfahrtindustrie gegenwärtig die in dem Protokoll Nr. III über die Rüstungskontrolle enthaltenen deutschen Verzichte auf die Herstellung von Bombenflugzeugen für strategische
    Zwecke und von ferngelenkten Geschossen. Ferngelenkte Geschosse dürfen in der Bundesrepublik nicht hergestellt werden, wenn sie gewisse Abmessungen und Leistungen überschreiten. Darüber hinaus unterliegen die eigentlichen Kampfflugzeuge, Flugzeugzellen, die eigens und ausschließlich für Kampfflugzeuge bestimmt sind, sowie die Strahl- und Propellerturbinen und Raketentriebwerke für militärische Verwendungszwecke und alle ferngelenkten Geschosse gemäß der Anlage IV zum Protokoll Nr. III einer mengenmäßigen Lagerkontrolle durch das Rüstungskontrollamt der Westeuropäischen Union. Aber hier liegt keine Besonderheit gegenüber der deutschen Industrie vor, sondern das ist eine allgemeine Bindung für alle Länder der Union.
    Nach Art. 26 Abs. 2 des Grundgesetzes dürfen zur Kriegführung bestimmte Waffen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Bei Auslegung dieser Bestimmung des Grundgesetzes ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Flugmotoren und Flugzeuge ohne Bewaffnung oder besondere Einrichtungen zur Aufnahme der Bewaffnung nicht unter den Begriff der zur Kriegführung bestimmten Waffen fallen. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß eine deutsche Luftfahrtindustrie für die deutsche Volkswirtschaft wünschenswert, ja notwendig ist. Die Luftfahrtindustrie ist in den letzten Jahrzehnten ein Schrittmacher des technischen Fortschritts gewesen. Deutschland ermangelt seit 10 Jahren des Impulses dieser Industrie, den es aber dringend benötigt, wenn es auf längere Sicht technisch nicht ins Hintertreffen geraten soll.
    Durch die vorerwähnten Produktionsverbote ist die Luftfahrtindustrie ganz besonders benachteiligt worden. 1945 wurden zwar auch andere Industriezweige von Verboten betroffen, z. B. bestimmte Teile der Werkzeugmaschinenindustrie und des Schiffbaus. Aber hier blieben immer noch die Herstellung gewisser Werkzeugmaschinen und die Reparatur von Schiffen sowie der Neubau kleinerer Schiffe erlaubt, während das Verbot der Luftfahrtindustrie vollständig war. Die, Verbote für die genannten Industriezweige sind schon vor langer Zeit wieder gefallen, und so konnten diese Industrien auch am Wiederaufbau der Wirtschaft teilhaben und ihre Kriegs- und Demontageverluste zum größten Teil wieder ausgleichen. Nicht so der Luftfahrzeugbau, der erst jetzt wieder aktiver Teil der deutschen Wirtschaft werden kann und den man deshalb nicht mit Unrecht den „Spätheimkehrer der deutschen Wirtschaft" genannt hat.
    Der Wiederaufbau dieser Industrie soll sich in privatwirtschaftlichen Formen vollziehen. Ansatzpunkte für ihre Entwicklung sind gegeben durch noch vorhandene Fabrikationsanlagen sowie Führungskräfte auf dem Gebiete der Fertigung und Entwicklung. Teilweise stehen auch kapitalkräftige Gruppen hinter den an einem Wiederaufbau interessierten Betrieben.
    Die Auftragsaussichten für die wiedererstehende Industrie beruhen auf einem Bedarf an Schul- und Sportflugzeugen, der sich in bereits jetzt vorliegenden Importaufträgen widerspiegelt. Daneben wird sich auch ein Markt für kleine und mittlere Reise- und Transportflugzeuge ergeben. Es ist zu erwarten, daß vor allem deutsche Exportfirmen hier als Hauptabnehmer auftreten werden. In diesem Zusammenhang ist z. B. aufschlußreich, daß es in den


    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard)

    USA zur Zeit etwa 21 500 Privatflugzeuge gibt, denen nur 1300 Flugzeuge für den regulären Linienverkehr gegenüberstehen.
    Wir wissen natürlich, daß die Fertigung von modernen Großverkehrsflugzeugen für den interkontinentalen Luftverkehr Probleme stellt, die nicht einfach zu lösen sind. Die Herstellung solcher Flugzeuge wird daher bis auf weiteres nicht in Betracht kommen.
    Der schnelle Fortschritt der Luftfahrttechnik während der letzten 15 Jahre hat seinen Ursprung eindeutig in den militärischen Forderungen. Die USA haben ihren Vorsprung vor den anderen Ländern im Bau von schnellen Großverkehrsflugzeugen der Tatsache zuzuschreiben, daß sie sich im zweiten Weltkrieg auf den Bau von Großbombern spezialisieren mußten. In allen Ländern spielt die Fertigung für die Luftstreitkräfte die Hauptrolle im Programm der Luftfahrtindustrie. Es wird also auch in der Bundesrepublik weitgehend von den Aufträgen des Verteidigungsministeriums abhängen, in welchem Umfang die deutsche Luftfahrtindustrie wieder aufgebaut werden kann. Die mutmaßlich in Frage kommenden Stückzahlen dürften den Aufbau einiger Firmen rechtfertigen.
    Die Bundesregierung hält eine Zusammenarbeit mit unseren westeuropäischen Verbündeten auf diesem Sektor für wirtschaftlich sinnvoll und notwendig. Sie erwartet jedoch, daß sich eine solche Zusammenarbeit nicht auf Lieferangebote des Auslandes beschränkt, sondern daß es zu einer echten Arbeitsteilung kommt, bei der jeweils beide Teile Gebende und Nehmende sind.
    Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, auf dem Gebiet der Luftfahrtindustrie selbst unternehmerisch tätig zu werden, sondern will dieses Feld der Privatindustrie überlassen. Dieser gedenkt sie allerdings jede Unterstützung zu gewähren, die möglich ist und im Rahmen der Marktwirtschaft sinnvoll erscheint. Insbesondere wird hier an Remontagekredite und andere Investitionskredite gedacht, wie sie in den vergangenen Jahren auch anderen Industriezweigen gewährt wurden. Die Bundesregierung beurteilt also die Möglichkeit, eine leistungsfähige deutsche Luftfahrzeugindustrie wieder aufzubauen, positiv. Tempo und Ausmaß eines solchen Aufbaues werden im wesentlichen von den Aufträgen abhängen, die diese Industrie zu erwarten hat.

    (Beifall in der Mitte.)