2. Deutscher Bundestag — 97. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Juli 1955 5461
97. Sitzung
Bonn, Mittwoch, den 13. Juli 1955.
Geschäftliche Mitteilungen 5463 C, 5471 C
Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . . 5471 B
Mitteilung über Ausscheiden der Abg. Kraft, Dr. Dr. Oberländer, Bender, Dr Eckhardt, Gräfin Finckenstein, Haasler, Körner, Samwer aus der Fraktion des GB/BHE 5463 B
Begrüßung des neu in den Bundestag eingetretenen Abg. Graaff (Elze) 5463 B
Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags . . . 5463 C
Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 180, 183, 184 (Drucksachen 1455, 1606; 1477, 1607; 1482, 1608) . . 5463 C
Änderungen der Tagesordnung 5463 D
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Personalgutachterausschuß für die Streitkräfte (PersonalgutachterausschußGesetz) (Drucksache 1595) 5463 D
Überweisung an den Ausschuß für Fra-
gen der europäischen Sicherheit . . 5463 D
Beratung der Entschließungen der 43. Konferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache 926) 5463 D
Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß 5463 D
Erste Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts (Drucksache 1552) 5463 D
Ausschußüberweisungen 5464 A
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Böhm (Frankfurt) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes betr. die Darstellung lebender oder verstorbener Personen in Spielfilmen (Drucksache 1497) . 5464 A
Überweisung an die Ausschüsse für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht und für Presse, Rundfunk und Film 5464 A
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen (Drucksache 1142); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 1551) 5464 A
Geiger (München) (CDU/CSU):
als Berichterstatter 5464 B
Schriftlicher Bericht 5472
Beschlußfassung 5464 B
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung der Bundesdisziplinarordnung (Drucksache 1319); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (Drucksache 1545) 5464 C
Dr. Kleindinst (CDU/CSU):
als Berichterstatter 5464 C
Schriftlicher Bericht 5474 Beschlußfassung 5464 D
Erste Beratung des Entwurfs eines Ersten Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Erstes Beamtenrechtsrahmengesetz — 1. BRRG) (Drucksachen 1549, zu 1549) 5464 D
Ausschußüberweisungen 5465 A
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes aber die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen (Drucksache 1594) . . . 5465 A
Überweisung an die Ausschüsse für Fragen der öffentlichen Fürsorge und des Gesundheitswesens 5465 A
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (StatGes) (Drucksache 1386); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung (Drucksache 1569) 5465 A
Maier (Freiburg) (SPD), Berichterstatter 5465 B
Beschlußfassung 5465 C
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Dritten Verordnung zur Durchführung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksache 1555) 5465 D
Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen . 5465 D
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1955 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1955) (Drucksache 1407); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksachen 1564, zu 1564) 5465 D
Klingelhöfer (SPD), Berichterstatter
(Schriftlicher Bericht) 5475
Beschlußfassung 5466 A
Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Ruhnke, Schwann, Geiger (München), Elsner, Dr. Elbrächter u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 928); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 1570) 5466 A
Goldhagen (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 5476 B
Beschlußfassung 5466 B
Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Matthes, Richarts, Bauknecht, Dr. Horlacher, Mellies, Frühwald, Elsner u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Zuckersteuergesetzes (Drucksache 1377); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 1573) . . 5466 B
Goldhagen (CDU/CSU), Bericht-
erstatter 5466 C
Beschlußfassung 5466 D
Erste Beratung des Entwurfs einer Zweiten Ergänzung (gem. § 11 RWB) zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (Drucksache 1572) 5466 D
Überweisung an den Haushaltsausschuß 5466 D
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Teilfläche des ehem. Marinegerätelagers Roffhausen bei Wilhelmshaven an die Olympia-Werke AG (Drucksache 1580) 5466 D
Überweisung an den Haushaltsausschuß 5467 A
Beratung ,des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Bestellung von Erbbaurechten an Teilgrundstücken des ehem. Fliegerhorstes Quakenbrück (Drucksache 1581) 5467 A
Überweisung ,an den Haushaltsausschuß 5467 A
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geld und Kredit über den Antrag der Abg. Wacher (Hof), Höcherl,
Unertl u. Gen. betr. Zweimarkstücke (Drucksachen 1457, 1084) 5467 A
Rückverweisung an den Ausschuß für
Geld und Kredit 5467 A
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes betr. Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr 1951 — Einzelplan XX - (Drucksachen 1574, 389) in Verbindung mit der
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofes betr. Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr 1952 — Einzelplan XX - (Drucksachen 1575, 920) 5467 B
Dr. Conring (CDU/CSU), ,Berichterstatter 5467 B
Beschlußfassung 5467 B
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von reichseigenen Grundstücken des ehem. Truppenübungsplatzes Harksheide, Kreis Stormarn (Holstein) (Drucksachen 1577, 1341) 5467 C
Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter 5467 C
Beschlußfassung 5467 C
Erste, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die deutschägyptische Vereinbarung vom 31. Juli 1954 über die Gewährung eines Zollkontingents für ägyptische Baumwollgarne (Drucksache 1592) 5467 C
Kalbitzer (SPD) 5467 D
Beschlußfassung 5468 C
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Fernsprechgebühren in Salzgitter (Drucksachen 1541, 1063) 5468 C
Dr. Hoffmann (FDP), Berichterstatter 5468 D
Beschlußfassung 5469 B
Zweite und dritte Beratung des von den Abg. Rademacher, Rümmele, Schneider (Bremerhaven) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (Drucksache 1166); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen (Drucksache 1480) . . . 5469 C
Scheuren (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . . 5477
Dr. Hoffmann (FDP) 5469 C
Rademacher (FDP) 5470 B
Schmidt (Hamburg) (SPD) 5470 D
Beschlußfassung 5471 A
Nächste Sitzung 5471 C
Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5471 B
Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit über den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen (Drucksache 1551) 5472
Anlage 3: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Bundesdisziplinarordnung (Drucksache 1545) 5474
Anlage 4: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 1955 (zu Drucksache 1564) 5475
Anlage 5: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den von den Abg. Ruhnke u. Gen.eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 1570) 5476 B
Anlage 6: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den von den Abg. Rademacher u. Gen. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (Drucksache 1480) 5477
Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten
a) Beurlaubungen
Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich
D. Dr. Gerstenmaier 15. August
Dr. Höck 31. Juli
Bauer (Würzburg) 30. Juli
Dr. Blank (Oberhausen) 30. Juli
Dr. Kreyssig 30. Juli
Dr. Pohle (Düsseldorf) 30. Juli
Schoettle 30. Juli
Dr. Vogel 30. Juli
Albers 23. Juli
Dr. Graf Henckel 23. Juli
Birkelbach 16. Juli
Böhm (Düsseldorf) 16. Juli
Caspers 16. Juli
Dr. Dresbach 16. Juli
Ehren 16. Juli
Günther 16. Juli
Harnischfeger 16. Juli
Koenen (Lippstadt) 16. Juli
Lemmer 16. Juli
Frau Dr. Maxsein 16. Juli
Morgenthaler 16. Juli
Onnen 16. Juli
Teriete 16. Juli
Frau Dr. h. c. Weber (Aachen) 16. Juli
Wiedeck 16. Juli
Wullenhaupt 16. Juli
Dr. Friedensburg 15. Juli
Gockeln 15. Juli
Dr. Leiske 15. Juli
Ollenhauer 15. Juli
Klausner 14. Juli
Dr. Maier (Stuttgart) 14. Juli
Graf von Spreti 14. Juli
Voß 14. Juli
Wagner (Ludwigshafen) 14. Juli
Wehner 14. Juli
Frau Brauksiepe 13. Juli
Jacobi 13. Juli
Hansen (Köln) 13. Juli
Dr. Hellwig 13. Juli
Kemmer (Bamberg) 13. Juli
Kemper (Trier) 13. Juli
Könen (Düsseldorf) 13. Juli
Leibfried 13. Juli
Ludwig 13. Juli
Lücke 13. Juli
Mattick 13. Juli
Dr. Moerchel 13. Juli
Pusch 13. Juli
Schmücker 13. Juli
Sträter 13. Juli
Stücklen 13. Juli
b) Urlaubsanträge
Pelster bis einschließlich 10. September
Anlage 2
Drucksache 1551 (Vgl. S. 5464 B)
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Geld und Kredit (22. Ausschuß)
über den Entwurf eines Gesetzes zur
Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen
(Drucksache 1142)
Berichterstatter: Abgeordneter Geiger (München)
Der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens- und Rentenversicherungen — Drucksache 1142 — wurde in der 66. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 17. Februar 1955 federführend an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Geld und Kredit sowie für Heimatvertriebene überwiesen. In Übereinstimmung mit den beteiligten Ausschüssen wurde die Federführung nachträglich durch Beschluß des Ältestenrates dem Ausschuß für Geld und Kredit übertragen, und der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht wurde mitberatend beteiligt.
Der Ausschuß für Geld und Kredit hat in seinen Sitzungen vom 28. April und 25. Mai 1955 den Entwurf eingehend beraten und beschlossen, dem Plenum des Bundestages zu empfehlen, den Entwurf in der aus der Zusammenstellung der Ausschußbeschlüsse ersichtlichen Fassung anzunehmen. Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat den Entwurf in seiner Sitzung vom 30. März 1955, der Ausschuß für Heimatvertriebene in seiner Sitzung vom 29. März 1955 beraten.
I. Allgemeines
Durch die Zweite Verordnung über die Lebens-
und Rentenversicherung aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 27. Juli 1948 waren diejenigen Ostversicherten, die nach dem 20. Juni 1948 in die Westzone gezogen sind, von der Geltendmachung ihrer Ansprüche aus Lebens- und Rentenversicherungen ausgeschlossen. Der vorliegende Entwurf strebt eine Neuordnung für die vor der Währungsreform abgeschlossenen Lebens-
und Rentenversicherungen unter Berücksichtigung der sich aus der Teilung Deutschlands ergebenden Probleme an. In drei Punkten erfährt der gegenwärtige Rechtszustand eine wesentliche Änderung:
1. Es wird den Flüchtlingen aus der sowjetischen Besatzungszone, die bis zum 31. Dezember 1952 ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik oder in Berlin (West) genommen haben, die Möglichkeit gegeben, ihre Ansprüche im Rahmen des vorliegenden Gesetzes geltend zu machen. In Ausnahmefällen (z. B. Familienzusammenführung) ist dies auch über den Stichtag hinaus möglich.
2. Das Saargebiet wird durch die Gesetzesvorlage aus dem Ausschlußgebiet ausgenommen. Hierdurch werden nur wenige Fälle betroffen, da bis auf kleinere Pensionskassen die bestehenden Versicherungsverhältnisse im Saargebiet von dort tätigen Gesellschaften übernommen worden sind.
3. Ebenso können Vertriebene ihre Ansprüche gegen die Versicherungsgesellschaften geltend machen. Dies gilt aber nicht gegen nichtverlagerte Ost-Versicherungsgesellschaften.
Die Formulierung des § 10 Abs. 2 bedingte die Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates für die gesamte Gesetzesvorlage, da hier frühere Rechtsverordnungen, die mit Zustimmung des Bundesrates erlassen worden sind, berührt werden.
Im ersten Durchgang lehnte der Bundesrat die Gesetzesvorlage mit der Begründung ab, daß es sich bei den zu regelnden Fällen nicht um eine Ergänzung der Währungsgesetzgebung handele, sondern Härtefälle ausgeglichen werden sollen, die durch die Währungsreform entstanden sind. Derartige finanzielle Auswirkungen seien nach Art. 120 GG vom Bund zu tragen.
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht kam nach eingehender Beratung mit 6 gegen 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu der Auffassung, daß durch das vorliegende Gesetz Kriegsfolgen im Sinne des Art. 120 GG nicht geregelt werden, es sich vielmehr um eine Ergänzung der Währungsgesetzgebung handelt. Der Ausschuß für Geld und Kredit schloß sich dieser Ansicht grundsätzlich an. Was den § 10 Abs. 2 anlangt, wonach die Versicherungsunternehmen in ihrer Umstellungsrechnung eine Rückstellung für Umstellungskosten einsetzen können, so wurde diese Bestimmung im Laufe der Beratungen gestrichen. Dadurch entfällt die Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates auch aus dieser Bestimmung der Gesetzesvorlage.
II. Im einzelnen
Zur Präambel
Durch die Streichung des § 10 Abs. 2 entfällt die Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates (siehe I. Allgemeines). Der Zusatz „mit Zustimmung des Bundesrates" konnte daher aus der Präambel gestrichen werden.
Zu § 1
Die Umstellung der §§ 7 und 8 des Regierungsentwurfs bedingt, daß die Begrenzung nach den §§ 2 bis 5 in der aus der Zusammenstellung ersichtlichen Form geändert wird.
Zu § 2 '
Aus sprachlichen Gründen wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht der Satz 1 neu gefaßt.
(Geiger [München])
Die Formulierung in Buchstabe a „oder in einem Staat, dessen Regierung die Bundesrepublik anerkannt hat" ließ bei den Beratungen Zweifel aufkommen, ob die formale Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland erforderlich sei oder ob auch Staaten wie z. B. Österreich und Finnland sowie die zukünftige Anerkennung der Bundesrepublik durch andere Staaten eingeschlossen seien. Nach eingehender Beratung wurde festgestellt, daß sowohl Österreich und Finnland als auch die zukünftige Anerkennung durch den vorliegenden Text erfaßt würden. Diese Frage ist mit dem Auswärtigen Amt abgesprochen worden, das sich einverstanden erklärt hat.
Zu §6
In § 6 ist insofern ein Kernpunkt zu sehen, als durch die Gesetzesvorlage das Erlöschen der Ansprüche auf den im § 24 Abs. 6 des Umstellungsgesetzes beschriebenen Fall beschränkt wird, wonach Verbindlichkeiten erlöschen, die auf Grund eines außerhalb des Währungsgebietes ergangenen Gesetzes einem anderen Unternehmen übertragen worden sind. In der Neufassung des § 6 wurde zunächst auch redaktionell zwischen Anschlußversicherung und Übertragung unterschieden.
In Abs. 1 wird grundsätzlich festgehalten, daß Ansprüche erloschen sind, sofern diese bereits auf ein Versicherungsunternehmen außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes (z. B. Monopolanstalten der Ostzone) übertragen wurden. Sofern jedoch der Anspruchsberechtigte gegen das Versicherungsunternehmen außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes infolge Vertreibungs- oder Enteignungsmaßnahmen seine Forderungen nicht geltend machen kann, ist er berechtigt, seine Ansprüche gegen ein Versicherungsunternehmen im Geltungsbereich dieses Gesetzes geltend zu machen.
In der Neufassung des Abs. 2 werden die Ansprüche aus einer Anschlußversicherung neu geregelt. Im Falle einer Anschlußversicherung kann der Versicherungsnehmer nur Ansprüche geltend machen, die über einen realisierbaren Anspruch hinausgehen (Höchstsumme 10 000 RM bei den Monopolanstalten der Ostzone). Der Gesetzestext enthält insofern auch eine Beweislastregel, als der Antragsteller nachweisen muß, daß bei dem Versicherungsunternehmen im Geltungsbereich dieses Gesetzes früher ein Versicherungsvertrag bestand.
Zu §7
Die §§ 7 und 8 wurden aus rein formalen Gründen umgestellt.
Zu §8
Um deutsche und ausländische Versicherungsunternehmen in der Regelung nach diesem Gesetz gleichzustellen, wurde in Abs. 1 das Wort „deutschen" gestrichen und der Abs. 2 für überflüssig erklärt.
Zu §9
Dem Ausschuß lag der Antrag vor, als § 9 a die Bestimmung aufzunehmen, daß Versicherungsnehmer, die nach § 2 Buchstabe a und § 3 Buchstabe a keine Ansprüche geltend machen können, spätestens im Zeitpunkt der Wiedervereinigung mit denjenigen gleichgestellt werden, die diese Voraussetzungen erfüllen. Damit sollte den Ostzonenbewohnern aufgezeigt werden, daß ihre Ansprüche auch nach einer Wiedervereinigung nicht verfallen sind. Bei der Aussprache wurde übereinstimmend festgestellt, daß, wie schon in der Begründung
der Regierungsvorlage hervorgehoben, alle Ansprüche, die jetzt nicht geltend gemacht werden
können, weiter bestehen bleiben. Sachlich stand dem Antrag nichts entgegen; aus juristischen logischen Gründen mußte jedoch von einer Aufnahme des § 9 a abgesehen werden, da der gesamtdeutsche Gesetzgeber nicht schon heute durch eine derartige Bestimmung gebunden werden könne.
Zu § 10
In § 10 wurde der Abs. 2 gestrichen (vgl. hierzu die Ausführungen unter I. Allgemeines).
Zu § 12
Die im Regierungsentwurf vorgesehene Frist der Verjährung von sechs Monaten erschien zu knapp bemessen und wurde neu auf ein Jahr festgelegt. Nach einigen redaktionellen Änderungen wurde § 12 in der aus der Zusammenstellung ersichtlichen Fassung neu formuliert.
Zu § 15
Aus der Fassung des § 15 geht her vor, daß Ansprüche von Versicherungsnehmern, die diese nach dem vorliegenden Gesetz nicht geltend machen können, nicht erloschen sind, sondern weiterbestehen. In den in § 15 zur Aufhebung gebrachten Verordnungen war bestimmt worden, daß alle Versicherungsverbindlichkeiten außerhalb des Währungsgebietes als erloschen galten. Die Aufhebung dieser Verordnung läßt derartige Verbindlichkeiten im Rahmen des vorliegenden Gesetzes auch für die Zukunft bestehen.
Zu § 16a
Der zuständige Ausschuß des Bundesrates hat 'die Einfügung des § 16 a beantragt. Dem Antrag wurde stattgegeben.
Zu § 17
Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten.
Bonn, den 4. Juli 1955
Geiger (München) Berichterstatter
Anlage 3
Drucksache 1545 (C)
(Vgl. S. 5464 D)
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Beamtenrecht (9. Ausschuß)
über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP,
DP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Ergänzung der Bundesdisziplinarordnung
(Drucksache 1319)
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kleindinst
Bei der Anwendung der Bundesdisziplinarordnung sind zwei Lücken hervorgetreten, die eine Ergänzung des Gesetzes notwendig machen.
Die Bundsdisziplinarordnung in der Fassung der Anlage des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Dienststrafrechtes vorn 28. November 1952 (BGBl. I S. 749) und dies § 198 des Bundesbeamtengesetzes vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 551) gilt seit dem 1. September 1953.
Bei der Wiederaufnahme politisch beeinflußter früherer Disziplinarverfahren ist der Antrag bei der obersten Dienstbehörde zu stellen, die über die Zulassung entscheidet. Gegen die ablehnende Entscheidung der obersten Dienstbehörde ist Beschwerde an den Bundesdisziplinarhof zulässig. Wird die Wiederaufnahme zugelassen, so entscheidet die Bundesdisziplinarkammer in der Sache durch Beschluß (Art. 8 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Dienststrafrechtes vom 28. November 1952 — BGBl. I S. 749/758 —). Auf Grund dieser Fassung haben sich Zweifel ergeben, ob gegen eine das Disziplinarurteil abändernde Entscheidung der Bundesdisziplinarkammer der obersten Dienstbehörde oder dem Bundesdisziplinaranwalt das Recht der Beschwerde an den Bundesdisziplinarhof zusteht. Die Ergänzung der Vorschrift soll klarstellen, daß der Bundesdisziplinaranwalt ein solches Beschwerderecht hat.
Nach neuen Erfahrungen machen Personen des früheren öffentlichen Dienstes die Rechte nach dem Gesetz zu Art. 131 GG erst jetzt geltend, nachdem sie aus dem Ausland zurückgekehrt oder aus dem Gewahrsam einer fremden Macht entlassen sind oder auf die Verdunkelung ihrer Person verzichtet haben. Die Verfolgung strafbarer Handlungen ist wegen der eingetretenen Verjährung in der Regel nicht mehr möglich. Dagegen ist die Verfolgung disziplinär zu ahndender schwerer Verfehlungen geboten. Das Disziplinarrecht kennt keine Verjährung. Bei idem Vorliegen ernster Verfehlungen wäre es nicht zu verantworten, wenn den belasteten Personen Rechte nach dem Gesetz zu Art. 131 GG zuerkannt und Bezüge angewiesen würden, die ihnen im Disziplinarverfahren wieder aberkannt werden müßten. Der Gesetzentwurf vom 31. März 1955 sieht deshalb vor, daß mit der Einleitung des Disziplinarverfahren die nach dem Gesetz zu zahlenden Bezüge in voller Höhe als einbehalten gelten. Zur Vermeidung besonderer Härten ist die Möglichkeit geschaffen, daß die Einleitungssbehörde jederzeit die Einbehaltung der Bezüge anderweitig regelt. Andererseits gibt Absatz 2 dem Beschuldigten die Möglichkeit, bei
einer vorläufigen Einbehaltung der Bezüge über die Vorschrift des § 79 der Bundesdisziplinarordnung hinaus alsbald eine Entscheidung der zuständigen Bundesdisziplinarkammer herbeizuführen. Die Besorgnis, daß durch diese Vorschrift alle unter das Gesetz zu Art. 131 GG fallenden Personen bedroht seien, ist schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil die Vorschrift nur bei schweren Verfehlungenn aus der Zeit var idem Inkrafttreten des Gesetzes (1. April 1951) Anwendung findet. Es kann sich also nur um neu auftretende Fälle handeln, in welchen ein begründeter Verdacht oder die Sicherheit gegeben ist, daß Verfehlungen dieser Art vorliegen, die voraussichtlich zur Aberkennung der Rechte aus dem Gesetz führen. Auch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG ist nicht verletzt, weil besondere Voraussetzungen und Tatbestände gegeben sind, die bei den unter das Bundesbeamtengesetz fallenden Personen nicht vorhanden sein können.
Die Inkraftsetzung des Ergänzungsgesetzes zum 1. Januar 1953 verstößt nicht gegen das Verbot einer Bestrafung, wenn die Strafbarkeit erst nach dem Begehen der Tat vorgeschrieben wird (Art. 103 Abs. 2 GG); denn das Ergänzungsgesetz betrifft nicht die Verhängung von Disziplinarstrafen, sondern nur das Verfahren.
Dieser rechtlichen Stellungnahme hat sich auch der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht des Deutschen Bundestages am 15. Juni 1955 angeschlossen, der an der Beratung des Gesetzentwurfs beteiligt war. Er hat in Absatz 2 des § 1 noch eine Vereinfachung der Fassung durch die Streichung der nicht notwendigen Bezugnahme auf eine Durchführungsbestimmung zu dem Gesetz zu Art. 131 GG und einer entbehrlichen Vorschrift der Bundesdisziplinarordnung befürwortet. Diesem Vorschlag des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht ist der Ausschuß für Beamtenrecht in seiner Sitzung am 20. Juni 1955 gefolgt.
Für die unter § 63 des Gesetzes zu Art. 131 GG fallenden Personen hat der Ausschuß für Beamtenrecht die Erwartung ausgesprochen, daß sich die Länder dem Vorgehen des Bundes anschließen.
Bonn, den 27. Juni 1955
Dr. Kleindinst Berichterstatter
Anlage 4
zu Drucksache 1564 (C)
(Vgl. S. 5466A)
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Wirtschaftspolitik
(21. Ausschuß)
über den Entwurf eines Gesetzes über die
Feststellung des Wirtschaftsplanes des ERP-Sondervermögens
für das Rechnungsjahr 1955
(ERP-Wirtschaftsplangesetz 1955)
(Drucksache 1407)
Berichterstatter: Abgeordneter Klingelhöfer
Am 21. Mai 1955 hat die Bundesregierung dem Bundestag das obengenannte Gesetz zur Beschlußfassung übersandt, nachdem der Bundesrat in seiner Sitzung am 20. Mai 1955 beschlossen hatte, gegen den Gesetzentwurf Einwendungen nicht zu erheben. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat am 6. Juli 1955 den Entwurf beraten und empfiehlt einstimmig bei einer Stimmenthaltung dem Bundestag die Annahme.
Das ERP-Vermögen
Gemäß dem ERP-Verwaltungsgesetz, das die jährliche gesetzliche Feststellung eines Wirtschaftsplanes des ERP-Sondervermögens vorschreibt, handelt es sich um den zweiten derartigen Wirtschaftsplan, der zu verabschieden ist. Der Wirtschaftsplan stellt dar, wie die Bundesregierung das ERP-Sondervermögen im Jahre 1955 zu bewirtschaften gedenkt.
Zum 31. März 1954 hatte sich der Vermögensbestand gegenüber dem Vorjahr von 5,62 auf 6,16 Milliarden DM erhöht. Im Rechnungsjahr 1955 hat der Zufluß von amerikanischen Wirtschaftshilfen für die Bundesrepublik im allgemeinen aufgehört. Das ERP-Vermögen wurde — von amerikanischer Seite — nur noch zugunsten des Landes Berlin und für den technischen Erfahrungdienst vermehrt.
Das erheblich erweiterte Vorwort des Wirtschaftsplanes gibt erstmalig eine volle Übersicht der amerikanischen Hilfeleistungen nach Ursprung, Art und Umfang sowie nach Bildung, Bestandteilen, Zweckbestimmung und Verwertung des ERP-Vermögens selbst und macht die Jahresaufkommen aus dem ERP-Sondervermögen nach Zinsen und Tilgungen im einzelnen und deren Verwendung nach Krediten und Zuschüssen in den einzelnen Gebieten und Wirtschaftszweigen bis zum 31. März 1954 ersichtlich. Nach der Hauptzusammenstellung auf Seite 14 wurden bis zum 31. März 1954 aus dem ERP-Sondervermögen gewährt:
Bundesrepublik
Kredite 4,46 Milliarden DM
Zuschüsse 0,24 Milliarden DM
zusammen 4,70 Milliarden DM
Berlin
Kredite 1,61 Milliarden DM
Zuschüsse 0,17 Milliarden DM
zusammen 1,78 Milliarden DM.
Weil das ERP-Vermögen in seinem Bestand zu erhalten ist, ist der Anteil der (meist verlorenen) Zuschüsse an der Gesamtsumme von 6,48 Milliarden DM wichtig. Er beträgt 6,3 v. H. und erscheint vertretbar, nachdem er den Zinssatz für die gewährten Kredite nicht ganz erreicht. Sicher darf dieser Anteil nicht überschritten werden, wenn das Vermögen erhalten werden soll.
Die allgemein günstige Entwicklung der deutschen Gesamtwirtschaft in den letzten Jahren, die steuerliche Begünstigung der Eigenkapitalbildung in den Betrieben, die offensichtlich fortschreitende Gesundung der Kapital- und Geldmarktverhältnisse und die mit ihr einhergehende Kreditverbilligung werfen für die zukünftige Verwendung des ERP-Sondervermögens Fragen auf, die der Wirtschaftspolitische Ausschuß bei den kommenden Wirtschaftsplänen ernst prüfen wird. Sicher treten, wie schon die Programmierungen für 1955 erkennen lassen, in der Bundesrepublik, mit der summenmäßig großen Ausnahme Berlins, die Kreditanforderungen für die bisherigen industriellen Aufbauschwerpunkte zurück, zumal bei der gegenwärtigen Kapital- und Geldmarktlage in der Bundesrepublik die normalen Zinssätze mit den Zinsen für ERP-Kredite allmählich konkurrieren können. Ebenso müßte der als berechtigt anzuerkennende Bedarf an verlorenen Zuschüssen zurückgehen.
Die großen Aufgaben der Wasserwirtschaft, die finanzielle Abrundung der Vertriebeneneingliederung und die für die strukturell gesunden gewerblichen Mittelschichten notwendige Gewährung verbilligter mittelfristiger Betriebskredite hat der Ausschuß für Wirtschaftspolitik schon selbst als vordringlich bezeichnet. Der Ausschuß wird aber auch darauf achten müssen, daß das ERP-Sondervermögen in seinem Bestand voll erhalten bleibt, um damit auch für Aufgaben bereit zu sein, die im Augenblick der Wiedervereinigung auf uns zukommen.
Der ERP-Wirtschaftsplan 1955
Mit 1004 Millionen gegen 1489 Millionen DM im Vorjahr zeigt der Wirtschaftsplan 1955 in Einnahmen und Ausgaben einen Rückgang um 485 Millionen. Dieser Rückgang erklärt sich in der Hauptsache aus der Abnahme des Zugangs amerikanischer Gegenwertmittel um 211 auf 153 Millionen DM (nur noch für Berlin) und aus dem Wegfall des einmaligen Erlöses von 255 Millionen DM aus der Bundesanleihe von 1953, die das ERP-Vermögen zunächst übernommen hatte. In den Einnahmen 1955 hat sich der Anteil der Gegenwertmittel von rund 25 auf rund 15 v. H. gesenkt und der Anteil
(Klingelhöfer)
erwarteter Zinsen, Tilgungen und sonstiger Rückflüsse von rund 50 auf rund 84 v. H. erhöht. Bei den Ausgaben hat sich der Anteil der verlorenen Zuschüsse gegenüber dem bisherigen Durchschnitt noch von 6,3 auf 5,5 v. H. gesenkt. 60 v. H. der Ausgaben entfallen auf neue Kredite, 25 v. H. auf Beteiligungs- und ähnliche Finanzierungen; bei 10 v. H. der Ausgabensumme ist noch offen, ob sie als Kredite oder als Zuschüsse zu gewähren sein werden.
Der Wirtschaftsplan ist in Einnahme und Ausgabe wieder in vier Kapitel geteilt: in die neu anfallenden Gegenwerte und die allgemeinen Ausgaben dafür, die Zinsen und Tilgungen aus der Bundesrepublik und die Kredite und Zuschüsse für die Bundesrepublik, die Zinsen und Kredite aus Berlin und die Kredite und Zuschüsse für Berlin sowie die Zinsen und Tilgungen aus den Krediten der 16,9 Milliarden Dollaranleihe von 1951/52 und den Anleihedienst dafür.
Anlage 5
Charakteristisch für die Entwicklung ist die Einschränkung der gewünschten Bindungsermächtigungen, d. h. der für die Durchführung der Finanzierungsprogramme für erforderlich gehaltenen Vorgriffe auf die Zins- und Tilgungseinnahmen kommender Jahre. Für die Bundesrepublik sind diese Bindungsermächtigungen von 382 auf 253 Millionen DM zurückgegangen. Für die Wasserwirtschaft laufen Programme über 73 Millionen DM, davon für ländliche Trinkwasserversorgung 20 Millionen DM, mit neuen Bindungsermächtigungen im Betrag von 50 Millionen DM. Mit dem Rückgang der Bindungsermächtigungen ist dem Verlangen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik bei der Beratung des vorjährigen Wirtschaftsplanes Rechnung getragen worden.
Bonn, den 7. Juli 1955
Klingelhöfer
Berichterstatter
Drucksache 1570
(Vgl. S. 5466 B)
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen
(19. Ausschuß)
über den von den Abgeordneten Ruhnke, Schwann,
Geiger (München), Elsner, Dr. Elbrächter und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Ergänzung des Einkommensteuergesetzes
(Drucksache 928)
Berichterstatter: Abgeordneter Goldhagen
Der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes — Drucksache 928 — wurde in der 56. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 18. November 1954 an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesen. Der Ausschuß hat den Entwurf in seinen Sitzungen am 26. April und am 6. Juli 1955 eingehend beraten und beschlossen, diesen Entwurf in der aus der Zusammenstellung der Ausschußbeschlüsse ersichtlichen Form anzunehmen.
Der Ausschuß war im Grundsatz der einhelligen Auffassung, daß angesichts der lebenswichtigen Bedeutung der Abwasserreinigung für die Gesundheit sowohl von Mensch und Tier als auch der Pflanzen die Errichtung von baulichen Anlagen zur Abwasserreinigung steuerlich durch Gewährung zusätzlicher Abschreibungsmöglichkeiten zu fördern sei.
Nach dem Entwurf in Drucksache 928 sollten die Einzelheiten, wie Geltungsdauer, Höhe der zusätzlichen Abschreibungsquoten usw., im Einkommensteuergesetz selbst geregelt werden. Schon aus rechtssystematischen Erwägungen heraus erschien es dem Ausschuß, einer Anregung des Bundesfinanzministeriums folgend, zweckmäßiger, eine Regelung zu treffen, wie sie der Bundestag im Steuerneuordnungsgesetz bezüglich der Investitionen der
Landwirtschaft und der Errichtung von Landarbeiterwohnungen beschlossen hat, nämlich in den § 51 Abs. 1 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 21. Dezember 1954 eine zusätzliche Ermächtigungsbestimmung einzufügen. Der Ausschuß war der Meinung, daß die Vergünstigung auf solche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu beschränken ist, die in der Zeit vom 1. Januar 1955 bis zum 31. Dezember 1960 errichtet werden.
Die Regierungsvertreter haben in Aussicht gestellt, in der auf Grund dieser Ermächtigung zu erlassenden Rechtsverordnung Sonderabschreibungen im Rahmen des § 36 des Investitionshilfegesetzes zu gewähren, d. h. für bewegliche Anlagegüter, die auch die sogenannten Betriebsvorrichtungen — die mit Grund und Boden fest verbundenen technischen Einrichtungen — umfassen, einen Abschreibungssatz von 50 v. H. für das erste bzw. zweite Jahr zuzulassen; der Rest solle auf die Nutzungsdauer der Anlage verteilt werden. Für Gebäude werde ein Sonderabschreibungssatz von 30 v. H. vorgesehen.
Bonn, den 7. Juli 1955
Goldhagen
Berichterstatter
Anlage 6
Drucksache 1480 (Vgl. S. 5469 C)
Schriftlicher Bericht
des Ausschusses für Verkehrswesen (30. Ausschuß)
über den von den Abgeordneten Rademacher, Rümmele, Schneider (Bremerhaven) und Genossen
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über die Beförderung von Personen
zu Lande
(Drucksache 1166)
Berichterstatter: Abgeordneter Scheuren
Der Antrag der Abgeordneten Rademacher, Rümmele, Schneider (Bremerhaven) und Genossen betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande — Drucksache 1166 — vom 27. Januar 1955 wurde in der 76. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 24. März 1955 federführend an den Ausschuß für Verkehrswesen und beteiligt an die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Post- und Fernmeldewesen, für Kommunalpolitik sowie für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur weiteren Bearbeitung überwiesen.
Die Ausschüsse für Post- und Fernmeldewesen und für Verkehrswesen haben in ihren Sitzungen am 26. und 29. April 1955 dem Gesetzentwurf im Grundsatz zugestimmt.
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat mit Schreiben vom 4. Mai 1955 mitgeteilt, daß nach seiner Auffassung das Grundgesetz einer Regelung nicht im Wege stehe, wonach auch beim Ausflugs- und Mietwagenverkehr bei der Zulassung geprüft wird, ob das beantragte Unternehmen den Interessen des öffentlichen Verkehrs zuwiderläuft, insbesondere, ob der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln befriedigt werden kann. Gegen das Anliegen des Gesetzentwurfs bestünden sachlich keine Bedenken. Es wurde jedoch die Auffassung vertreten, daß die Formulierung des Entwurfs im Hinblick auf Artikel 12 des Grundgesetzes grundsätzlichen Bedenken unterliegt. Der Entwurf wende sich gegen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach für den Ausflugs- und Mietwagenverkehr eine Prüfung nach dem öffentlichen Verkehrsinteresse mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Der Gesetzentwurf wolle jedoch in den genannten Fällen ein solches öffentliches Verkehrsinteresse als vorhanden fingieren. Er interpretiere damit das Grundgesetz, was jedoch nur durch ein verfassungsergänzendes Gesetz mit den in Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes vorgeschriebenen Mehrheiten möglich wäre. Außerdem bestehe die Gefahr, daß durch derartige gesetzliche Fiktionen eine Aushöhlung eines Grundrechtes erfolgen könne.
Auf Grund dieser Mitteilung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht vom 4. Mai 1955
hat der Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz mit Schreiben vom 12. Mai 1955 — StV 5 Nr. 4115 B/55 — die aus der Zusammenstellung der Ausschußbeschlüsse ersichtliche Fassung des Gesetzentwurfs vorgelegt. Daraufhin hat der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht in seiner Sitzung vom 14. Juni 1955 beschlossen, gegen die vom Bundesminister für Verkehr vorgeschlagene Formulierung des Gesetzentwurfs keine Einwendungen zu erheben, da diese Fassung der in dem Schreiben des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht vom 4. Mai 1955 zum Ausdruck gekommenen Auffassung nunmehr entspreche.
Der Ausschuß für Kommunalpolitik hat mit Schreiben vom 20. Mai 1955 mitgeteilt, daß er einstimmig die vom Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz vorgeschlagene geänderte Fassung gebilligt habe.
Der Ausschuß für Verkehrswesen hat dann in seiner abschließenden Beratung am 15. Juni 1955 einstimmig bei einer Stimmenthaltung beschlossen, den Gesetzentwurf in der aus der Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.
Allgemeines und im einzelnen
Die Drucksache 1166 wurde veranlaßt durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. März 1954 — BVerwG I C 25.53 — und vom 29. Juni 1954 — BVerwG I C 161.53 —, die zu dem verkehrspolitisch unerwünschten Ergebnis führen, daß im Ausflugs- und Mietwagenverkehr eine Berücksichtigung der Interessen des öffentlichen Verkehrs und im Rahmen dieser eine Prüfung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses nicht mehr in Betracht kommen soll. § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (PBefG) vom 4. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1217) in Verbindung mit § 11 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (DV) vom 26. März 1935 (RGBl. I S. 473), die als Genehmigungsvoraussetzung die Prüfung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses vorschreiben, sollen nach diesen Bundesverwaltungsgerichtsentscheidungen für den Ausflugs- und Mietwagenverkehr keine Anwendung mehr finden.
(Scheuren)
Hierzu führen die vorerwähnten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts aus:
„Ein Grundrecht, und somit auch das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes, darf nicht in Anspruch genommen werden, wenn dadurch die für den Bestand der Gemeinschaft notwendigen Rechtsgüter gefahndet werden. Die Rücksichtnahme auf die Interessen des öffentlichen Verkehrs, wie sie § 9 Abs. 1 PBefG und § 11 DV vorschreibt, stellt eine besondere Zulassungsbeschränkung dar. Diese Zulassungsbeschränkung ist mit dein Grundgesetz vereinbar. Sie dient der Sicherstellung geordneter Verhältnisse im öffentlichen Verkehr. Diese Sicherstellung gehört in einem modernen Staatswesen zu den für den Bestand der Gemeinschaft notwendigen Rechtsgütern."
Damit hat das Bundesverwaltungsgericht allgemein anerkannt, daß die Bestimmungen über die Berücksichtigung der Interessen des öffentlichen Verkehrs (§ 9 Abs. 1 PBefG) und die Prüfung des Verkehrsbedürfnisses (§ 11 Abs. 1 DV), d. h. des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Wenn das Bundesverwaltungsgericht trotzdem zu der Auffassung gelangt, daß im Ausflugs- und Mietwagenverkehr die Genehmigung nicht deswegen versagt werden könne, weil sie dem Interesse des öffentlichen Verkehrs zuwiderlaufe und somit bei diesen Verkehrsarten auch kein Raum für eine Prüfung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses bestehe, so beruht diese Erkenntnis nicht auf einer Anwendung von Vorschriften des Grundgesetzes, sondern auf einer Auslegung des PBefG.
Das Bundesverwaltungsgericht führt dazu aus:
„Unter den Interessen des öffentlichen Verkehrs im Sinn des § 9 Abs. 1 PBefG sind die Interessen zu verstehen, welche die Allgemeinheit an einem geordneten Verkehrswesen hat. Die Beschränkung der Berufszulassung im Hinblick auf die Interessen des öffentlichen Verkehrs greift deshalb nur für solche Verkehrsarten und Verkehrsmittel durch, für die ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit vorliegt."
Das Gericht würdigt dann auf Grund der Vorschriften des Personenbeförderungsrechts den Ausflugs- und Mietwagenverkehr als Verkehrsarten, an denen kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit besteht. In dieser nach den Vorschriften des PBefG erfolgten Beurteilung des Ausflugs- und Mietwagenverkehrs liegt die Abweichung von der bisher bei Gerichten und in der Verwaltung herrschenden Auffassung, daß die Öffentlichkeit auch an diesen Verkehrsarten ein maßgebliches Interesse hat und daß deshalb auch bei diesen Verkehrsarten die Genehmigung im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Verkehrsinteresses, insbesondere auch mangels öffentlichen Verkehrsbedürfnisses, versagt werden kann.
Das Bundesverwaltungsgericht begründet seine Auffassung, daß der Ausflugs- und Mietwagenverkehr keine Verkehrsart darstellt, an der ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit besteht und bei der somit auch nicht die öffentlichen Verkehrsinteressen zu berücksichtigen seien, damit, daß der Wegfall dieser Verkehrsart das soziale und wirtschaftliche Leben der
Allgemeinheit nicht ernstlich stören würde. Sie sei daher keine notwendige Ergänzung des öffentlichen Verkehrs. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Auffassung dies Gerichts der verkehrspolitisch besonders wichtige Umstand, daß ein unbeschränktes Zunehmen des Ausflugs- und Mietwagenverkehrs mit Omnibussen die Ordnung des Linienverkehrs gefährden würde. Entsprechend nachteilige Auswirkungen sind bei einer Übersetzung des Mietwagenverkehrs mit Personenkraftwagen auf die Ordnung im Kraftdroschkenwesen zu befürchten. Eine unbeschränkte Zulassung im Ausflugs- und Mietwagenverkehr würde insofern die Ordnung ides öffentlichen Verkehrs beeinträchtigen. Denn der dann gefährdete Linien- und Droschken-verkehr istauch vom Bundesverwaltungsgericht als öffentlicher Verkehr anerkannt, bei dem die öffentlichen Verkehrsinteressen zu berücksichtigen sind. Schon allein wegen dieser Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr müssen auch bei der Zulassung zum Ausflugs- und Mietwagenverkehr die öffentlichen Verkehrsinteressen mit berücksichtigt werden.
Im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung im öffentlichen Verkehr ist 'die mit Drucksache 1166 angestrebte Beibehaltung der Prüfung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses auch im Ausflugs- und Mietwagenverkehr erforderlich. Eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts ist zur Lösung dieser durch das Bundesverwaltungsgericht aufgeworfenen Frage nicht möglich, weil das Bundesverwaltungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 1 PBefG 'ausdrücklich anerkannt hat.
Der verkehrspolitisch unerwünschten und von der bisherigen Praxis abweichenden Auslegung, die das PBefG durch die den Ausflugs- und Mietwagenverkehr betreffenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts erfahren hat, kann daher nur durch eine gesetzliche Neuregelung — wie in der Gegenüberstellung entsprechend dem Beschluß des Ausschusses für Verkehrswesen vorgesehen — begegnet werden.
Erwähnt sei noch, daß auch der bereits vom Bundesrat im ersten Durchgang gebilligte Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande (Personebeförderungsgesetz — PBefG —) — Drucksache 831 — in seinem § 13 die Prüfung des öffentlichen Verkehrsbedürfnisses bei a 11 en genehmigungspflichtigen Verkehrsarten, demnach auch beim Ausflugs- und Mietwagenverkehr, als Kernstück der Verkehrsordnung vorsieht. Da hier im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung im Verkehr besondere Eile geboten ist, kann wegen der Klärung dieser Frage nicht bis zur Verabschiedung des umfangreichen PBefG-Entwurfs gewartet werden. Es ist vielmehr auf dem schnellsten Weg Abhilfe zu schaffen.
Im wesentlichen zielt demnach dieser Gesetzentwurf auf die Wiederherstellung des alten Rechtszustandes ab.
Der Ausschuß für Verkehrswesen hatte nicht die Absicht, mit diesem Änderungsgesetz die Beratung dieser auch in § 13 des Entwurts eines Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande — Drucksache 831 — enthaltenen Regelung zu präjudizieren. Die Frage der Genehmigungsvor-
(Scheuren)
aussetzungen wird gelegentlich der Beratungen der Drucksache 831 erneut Gegenstand eingehender Erörterungen sein und sorgfältig geprüft werden.
Im Hinblick auf die letzten besonders schweren Omnibusunglücke, bei denen zahlreiche Menschenleben und Verletzte zu beklagen waren, hielt der Ausschuß für Verkehrswesen die umgehende Erledigung dieser Gesetzesänderung für dringend geboten. Vor allem soll dadurch auch erreicht werden, daß sich die Genehmigungsbehörden (die zuständigen Aufsichtsbehörden in den Ländern) mit besonderer Sorgfalt sowohl der Frage der Verkehrssicherheit der Kraftfahrzeuge und insbesondere der Omnibusse in betriebstechnischer Hinsicht als auch der Eignung jener Kraftfahrzeugführer zuwenden, denen die Beförderung von Menschen anvertraut wird.
Bonn, den 15. Juni 1955
Scheuren
Berichterstatter