Rede von
Fritz
Berendsen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich lese Ihnen wohl zu schnell? Ich werde etwas langsamer lesen; aber Sie kommen dann später zum Essen.
Ich möchte mich also hier nicht auf Einzelheiten einlassen. Erwähnt sei lediglich die Forderung des Bundesrats, für diese beabsichtigte Übergangsregelung zustimmungsberechtigt zu sein. Angesichts der wenigen Tausende von durch das Freiwilligengesetz Betroffenen und des zeitlich begrenzten Verwendungszwecks der Freiwilligen erscheint mir diese Forderung, die aus der Mitwirkung der Länderregierungen bei der Ausführung der Gesetze abgeleitet wird, nicht stichhaltig. Man kann für wenige tausend Menschen nicht eine von oben nach unten durchorganisierte Verwaltung aufbauen. Ich meine vielmehr, daß die hier vom Bundesrat angeschnittene Frage zweckmäßigerweise erst bei der Beratung der eigentlichen Wehrgesetzgebung, insbesondere bei dem Soldatengesetz und dem Wehrpflichtgesetz, behandelt werden sollte.
Abschließend darf ich zu der Frage der Besoldung zusammenfassend folgendes sagen. Da Laufbahn und Aufstiegsmöglichkeiten des Berufssoldaten sich weitgehend von denen eines Beamten unterscheiden, kann der im Gesetz angestrebte und für eine kurze Übergangszeit tragbare Status der Beamtenbesoldung nicht als Endlösung betrachtet werden.
Ich bitte zu bedenken, daß bei einer starren Anpassung der Soldatenbesoldung an die Beamtenbesoldung die Gefahr besteht, daß gerade die befähigten und für den Aufbau erwünschten Kräfte, die sich nach dem Zusammenbruch von 1945 gute und gesicherte wirtschaftliche Positionen im zivilen Leben erarbeitet haben, abgestoßen werden. Ich möchte daher die Anregung geben, daß die Bundesregierung möglichst bald ihre Absicht zu erkennen gibt, die Besonderheiten der soldatischen Laufbahn auch schon in diesem provisorischen Freiwilligengesetz zu berücksichtigen.
Noch einmal darf ich betonen, daß es nicht Sinn dieser ersten Lesung sein kann, ins einzelne gehende Vorschläge zu unterbreiten. Dargetan werden sollte lediglich die allgemeine Auffassung meiner politischen Freunde zu diesem Punkt.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt scheint mir zu sein, daß die Sicherung der bisher erworbenen Lebensstellung der sich meldenden Freiwilligen, sei es im öffentlichen oder privaten Dienst, während der Probezeit sowie nach einer etwaigen Ablehnung am Ende dieser Zeit im Freiwilligengesetz nicht angeschnitten ist. Ich weiß, daß diese Fragen in dem hier nicht zur Debatte stehenden Eignungsübungsgesetz behandelt sind. Ich darf aber darauf hinweisen, daß das Freiwilligengesetz ohne gleichzeitige Verabschiedung des Eignungsübungsgesetzes wahrscheinlich den Zustrom der von uns erwarteten hochqualifizierten Freiwilligen nicht in genügendem Umfang bringen wird. Dies trifft besonders für Personen zu, die aus der Privatwirtschaft kommen. Auch für den begeistertsten Soldaten ist das zu übernehmende Risiko dann zu groß.
Für Freiwillige, die aus einer öffentlich-rechtlichen Dienststelle kommen, gilt nach § 29 des Bundesbeamtengesetzes der Satz, daß ein Beamter kraft Gesetzes entlassen ist, wenn er in den Dienst eines anderen öffentlichen Dienstherrn tritt. Da dies auch für Beamte auf Probe gilt, sollte erwogen werden, hier dahingehend Vorsorge zu treffen, daß „Beamte auf Probe", die auf Grund dieses Freiwilligengesetzes eine Eignungsübung machen, in ihre alte Dienststellung ohne Schmälerung ihrer Rechte zurückkehren können, wenn sie den militärischen Anforderungen nicht genügen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin gleich am Ende. Ich habe versucht, vom Standpunkt des zukünftigen Freiwilligen aus das vorliegende Gesetz einer kritischen Beurteilung zu unterziehen. Ich hielt es für zweckmäßig, gerade in dieser ersten Lesung dem Hohen Hause diese sehr nüchternen und realistischen Gedanken vorzutragen. Was nütz es, wenn wir uns im hohen Gedankenfluge über die allgemeinen politischen Auswirkungen dieses
ersten Schrittes zur Verwirklichung der Pariser Verträge zu weit von denen entfernen, die von diesen Schritt erfaßt werden sollen: von den ersten deutschen Soldaten seit dem Zusammenbruch im Jahre 1945? Sicherlich sind noch eine ganze Reihe von Fragen nicht gelöst. Die Ausschußberatungen werden hier vermutlich in Kürze Klarheit bringen.
Erlauben Sie mir zum Schluß die Feststellung, daß auch die größte Klarheit und Exaktheit in der Abfassung dieses und der zukünftigen militärischen Gesetze mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht zum gewünschten Erfolg führen, wenn der die neuen Streitkräfte beseelende Geist nicht in völliger Übereinstimmung mit dem steht, was alle Angehörigen dieses Hohen Hauses unter Demokratie und politischer Führung aller Lebensregungen des deutschen Volkes einschließlich der neuen Wehrmacht verstehen. Es ist viel die Rede gewesen von Kontrolle, von Vorbeugungsmitteln und -maßnahmen gegen die Wiederkehr des militärischen Übergewichts in unserem Staatsleben. Bei voller Berücksichtigung dieser Gefühle und Gedanken darf ich Ihnen jedoch zurufen: Hüten wir uns davor, vor lauter Gedanken an Kontrolle und Ausdruck unseres Mißtrauens in das was kommen kann, das Vertrauen in uns selbst als oberste gesetzgebende Körperschaft unserer Bundesrepublik zu verlieren sowie das Vertrauen zu jenen Männern, die demnächst die oberen militärischen Führungsstellen besetzen sollen. Sorgen wir dafür, daß durch Vorschalten des so oft erwähnten Personalgutachterausschusses nur diejenigen Kräfte oben und unten in die neue Wehrmacht Eingang finden, die wir alle haben wollen. Die Aufgabe, vor der wir stehen, ist einmalig; die Verantwortung, die wir auf uns nehmen, ist ungeheuer schwer. Wir hoffen, daß wir sie tragen können.