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ID0209301300

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    2. Deutscher Bundestag — 93. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. Juni 1955 5223 93. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. Juni 1955. Beurlaubte Abgeordnete (Anlage) . . . . 5303 A Eintritt des Abg. Berg in den Bundestag . 5223 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Rechtsstellung der Freiwilligen in den Streitkräften (Freiwilligengesetz) (Drucksachen 1467, 1499) 5223 C Zur Sache: Dr. Jaeger (CDU/CSU) . 5223 C, 5230 B Erler (SPD) 5230 A, 5281 D, 5284 D, 5291 C, 5297 A, 5301 C Ollenhauer (SPD) 5231 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5236 A von Manteuffel (Neuß) (FDP) . . 5237 B Feller (GB/BHE) 5244 B Matthes (DP) 5247 C Berendsen (CDU/CSU) 5252 B Unterbrechung der Sitzung . 5255 B Dr. Arndt (SPD) . . . 5255 B, 5273 C, D Blank, Bundesminister für Verteidigung 5263 C Dr. Kliesing (CDU/CSU) 5264 B Heye (CDU/CSU) 5267 C Dr. Mende (FDP) . . . 5272 B, 5273 C, D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 5284 C Kiesinger (CDU/CSU) . . .. 5291 B, C, D, 5.300 C, 5301 C Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 5291 D Unterbrechung der Sitzung . . 5301 D Zur Abstimmung: Dr. Menzel (SPD) 5302 A Stücklen (CDU/CSU) 5302 A, C Überweisung an den Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit, an den Ausschuß für Beamtenrecht und den Rechtsausschuß 5302 B Beschlußfassung über den Antrag Druck- sache 1499 5302 C, D Nächste Sitzung 5302 D Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 89. Sitzung 5302 B Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5303 A Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den I Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 89. Sitzung Seite 4973 B Zeile 12 ist zu lesen: Frau Kalinke (DP) 4981 B Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich D. Dr. Gerstenmaier 15. August Dr. Blank (Oberhausen) 30. Juli Dr. Pohle (Düsseldorf) 30. Juli Dr. Vogel 30. Juli Albers 23. Juli Dr. Graf Henckel 23. Juli Dr. Jentzsch 23. Juli Koenen (Lippstadt) 16. Juli Morgenthaler 16. Juli Pelster 16. Juli Dr. Dr. h. c. Pünder 9. Juli Schuler 9. Juli Griem 2. Juli Held 2. Juli Margulies 2. Juli Scheel 2. Juli Eberhard 1. Juli Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 1. Juli Berlin 30. Juni Elsner 30. Juni Dr. Gille 30. Juni Frau Kalinke 30. Juni Frau Keilhack 30. Juni Mühlenberg 30. Juni Müller (Wehdel) 30. Juni Neuburger 30. Juni Rademacher 30. Juni Schulze-Pellengahr 30. Juni Müller (Erbendorf) 29. Juni Dannemann 28. Juni Dr. Eckhardt 28. Juni Dr. Friedensburg 28. Juni Dr. Gleissner (München) 28. Juni Heiland 28. Juni Frau Dr. Jochmus 28. Juni Dr. Kather 28. Juni Klingelhöfer 28. Juni Kunz (Schwalbach) 28. Juni Dr. Leiske 28. Juni Lemmer 28. Juni Meyer-Ronnenberg 28. Juni Frau Dr. Maxsein 28. Juni Müser 28. Juni Raestrup 28. Juni Schloß 28. Juni Schmidt (Hamburg) 28. Juni Schoettle 28. Juni Dr. Starke 28. Juni Wehking 28. Juni Zühlke 28 Juni b) Urlaubsanträge Dr. Dresbach vom 4. bis zum 16. Juli
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, was darin Verletzendes sein soll, daß ich die Hoffnung gehabt habe, die sozialdemokratische Fraktion zur Mitarbeit auf dem Boden der Demokratie zu gewinnen, verstehe ich nicht.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. Mellies: Sie begreifen offenbar nicht, was Sie gesagt haben, und Sie begreifen nicht, was Sie anrichten!)

    — Also, meine Damen und Herren, wir scheinen offenbar verschiedener Auffassung von dem Wesen der Demokratie zu sein.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den Regierungsparteien.)

    Ich war bisher der Auffassung, daß der Wille der Mehrheit des Bundestages maßgebend sei.

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Zurufe von der SPD.)

    Ich hatte tatsächlich die Hoffnung gehabt, daß es, nachdem sich einmal eine Mehrheit des Bundestages, und zwar eine so starke Mehrheit, auf den Boden der Pariser Verträge gestellt hatte, möglich
    sein würde, zusammenzuarbeiten bei der schweren Arbeit des Aufbaus einer neuen deutschen Wehrmacht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Mellies: Dann müssen Sie mit demokratischen Methoden anfangen! — Abg. Gleisner [Unna] : Was wollen Sie denn dafür tun?)

    — Meine Damen und Herren, das war eine sehr
    merkwürdige Frage, die da gestellt worden ist.

    (Zurufe von der SPD: Sie war aber richtig!) Was wir mit dieser Wehrmacht tun wollen?


    (Widerspruch bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Das war nicht die Frage!)

    Mit dieser Wehrmacht wollen wir unser Vaterland schützen, und wir wollen Sie und Ihre Familien mit schützen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Das war nicht gefragt!)

    Aber, meine Damen und Herren, ich habe mich in erster Linie aus zwei Gründen zum Wort gemeldet. Einmal hat Herr Kollege Ollenhauer ein sehr hartes Urteil über uns gefällt, weil wir nicht zu den Äußerungen des Bundesrats Stellung genommen haben.

    (Abg. Mellies: Das ist Demokratie!)

    Ich muß gestehen, ich hätte auch gern gehört, wenn Herr Ollenhauer zum dritten Absatz der Erklärung des Bundesrats Stellung genommen hätte, in dem gerade der Bundesrat mit allen übrigen gegen drei Stimmen erklärt hat, daß die möglichst schnelle Umsetzung der Pariser Verträge in die Tat auch seiner Meinung entspreche.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Mellies: Mein Gott, wie billig machen Sie das, Herr Bundeskanzler! — Weiterer Zuruf von der SPD: Ist das alles?)

    Aber die außenpolitischen Ausführungen des Herrn Ollenhauer am Eingang und am Schluß seiner Rede haben mich in erster Linie veranlaßt, das Wort zu ergreifen. Herr Ollenhauer hat ausgeführt, daß die Vorlage dieses Gesetzentwurfs über die Einstellung der 6000 Freiwilligen mit dem fast auf die Stunde festgelegten Zeitplan eine sehr schlechte Einleitung oder, wie er gesagt hat: eine schlechte Gabe für die Genfer Konferenz und für das Thema der Abrüstung bei.

    (Zuruf von der SPD: Gut!)

    Er hat weiter ausgeführt, daß man, wenn wir ein solches Gesetz vorlegten, doch Zweifel hegen müsse, ob wir die Wiedervereinigung wollten. Meine Damen und Herren, Herr Kollege Ollenhauer übersieht in sehr versöhnlicher Weise, daß in der Sowjetzone ein Heer von 150 000 Mann, das aus Deutschen besteht, von den Russen aufgestellt worden ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Er übersieht in sehr versöhnlicher Weise, daß die deutsche Jugend in der Sowjetzone auf den Bürgerkrieg gegen uns vorbereitet wird.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Hör' doch auf! — Weitere Gegenrufe links. — Zuruf von der SPD: Das sind Behauptungen!)



    (Bundeskanzler Dr. Adenauer)

    — Das sind keine Behauptungen; das ist Wahrheit.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ich bin der Auffassung, daß sich die Politik der Mehrheit dieses Hauses und der Bundesregierung gerade in den letzten Monaten als die einzig richtige Politik bewährt hat;

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    denn diese Politik, die wir geübt haben, hat die Einheit des freien Westens herbeigeführt. Diese Politik, die wir geführt haben, wird zu der Genfer Konferenz führen,

    (Lachen bei der SPD)

    und diese Politik hat auch zu der Einladung des Bundeskanzlers nach Moskau geführt,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    während die Politik der Sozialdemokratie zur Folge gehabt haben würde, daß ,der Westen sich nicht zusammengeschlossen hätte und daß es nicht zu der Genfer Konferenz kommen würde.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Die Politik der Sozialdemokratischen Partei würde dazu führen, daß 50 Millionen Deutsche in der Bundesrepublik und 18 Millionen Deutsche in der von uns .abgetrennten Sowjetzone wie Schafe, wie Lämmer einfach in das Schlachthaus geführt würden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Gegenrufe und Pfui-Rufe bei der SPD. — Abg. Wehner: Sie sind ein ausgesprochener Provokateur! — Zuruf des Abg. Arnholz. — Abg. Neubauer: Das ist ja doch nicht ernst zu nehmen, was Sie da erzählen! — Abg. Mellies: Da ist ja selbst Ihre Fraktion entsetzt! — Anhaltende Unruhe.)

    Diese Politik der Sozialdemokratie, die Herr Ollenhauer eben wieder empfohlen hat, nichts zu tun, sondern abzuwarten, ist in einer so von Gefahren erfüllten Welt das Schlechteste, der schlechteste Rat, den man dem deutschen Volk überhaupt geben kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Der Bundeskanzler, der sein Volk zusammenhält! — Abg. Mellies: Es wird immer hoffnungsloser mit Ihnen, Herr Bundeskanzler! — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Ein „großer" Staatsmann! — Weitere Zurufe von der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete von Manteuffel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hasso von Manteuffel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner politischen Freunde, für die zu sprechen ich die Ehre habe, habe ich in bezug auf die gestrige Regierungserklärung und das uns vorliegende Freiwilligengesetz folgendes zu erklären, was ich zu gleicher Zeit mit dem in Verbindung zu setzen bitte, was der Kollege Dr. Mende und mein Parteifreund Dr. Becker nachher noch sagen werden.
    Begründet in unserem Willen, die Sicherung der Freiheit und der Unabhängigkeit unseres Volkes gegen jeden, der den Frieden bricht, zu verteidigen, sind wir bereit und willens, das unseren
    Vertragspartnern in den sogenannten Pariser Verträgen gegebene Wort einzuhalten. In diesem Sinne bejahen wir das Gesamtgefüge der gestrigen Regierungserklärung.
    Unsere in den letzten Wochen und Tagen und auch heute noch vorgebrachten Einwände richten sich insbesondere gegen die Tatsache, daß hier der Öffentlichkeit und uns ein Gesetz ohne jede Ankündigung vorgelegt wurde, das die gesamte Wehrverfassung und Wehrordnung festlegte. Unsere Einwände richten sich sowohl gegen den Inhalt als auch gegen die Prozedur — das letzte ist ja heute hier schon besprochen worden —, denn bei dem jetzt eingeschlagenen Verfahren scheint die Kardinalfrage der verfassungspolitischen Einordnung dieser Streitkräfte in den Staat abermals verschoben worden zu sein. Wir wollten und wollen nicht durch unnötige Überstürzung einen planvollen Aufbau der gesamten Wehrordnung, Wehrverfassung, der Einordnung der Streitkräfte in den Staat stören.
    Nun hat aber die gestrige Regierungserklärung — nach unserer Auffassung jedenfalls — klargestellt, daß es sich bei dem vorliegenden, wie wir wünschen, noch abzuändernden Freiwilligengesetz nur um einen Akt der Vorbereitung handelt, den wir in Ausfüllung unserer Souveränität vornehmen, und nicht um mehr. Die Behandlung und Verabschiedung eines entsprechenden, nicht dieses Freiwilligengesetzes, wozu wir uns erlauben, nachher dem Hohen Hause Vorschläge zu unterbreiten, unter den durch die Regierungserklärung von gestern gegebenen Gesichtspunkten, d. h. insbesondere der Entsendung des ersten Personals für internationale Stäbe, erscheint uns auch aus einem anderen Grunde noch wünschenswert. Ich habe selbst der Studienkommission des Bundestages angehört, die sieben Wochen in Amerika war, um sich dort die Verhältnisse in bezug auf die zivile Führung und Leitung und die parlamentarische Kontrolle anzusehen. Dort konnten wir alle feststellen, daß gerade auch im militärischen Denken durch die zehnjährige Unterbrechung eine wesentlich größere Lücke entstanden ist, als man allgemein anzunehmen geneigt ist. Insofern verstehe ich das nicht ganz, was der verehrte Kollege Ollenhauer zu der in der Regierungserklärung gegebenen Begründung sagte, weshalb man gerade jetzt schon diese 6000 Mann brauche.
    Herr Kollege Ollenhauer sagte, im wesentlichen seien es eigentlich Aufgaben, die der zivilen Führung und zivilen Planung vorbehalten sind. Wenn ich diesen Katalog von diesen — wenn ich Herrn Kollegen Ollenhauer richtig verstanden habe — fünf Punkten nehme, so sind sicher einmal die Aufstellung der bodenständigen militärischen Einrichtungen, die Beteiligung an den ersten Lehrgängen, die Verstärkung des Verteidigungsministeriums — soweit es sich um das militärische Personal handelt, muß man hinzufügen —, die Auswahl des ersten Personals für internationale Stäbe und Lehrgänge doch ganz zweifelsfrei Angelegenheiten, die die Militärs betreffen und die von Soldaten wahrgenommen werden.
    Nach diesen einleitenden Feststellungen erlauben Sie mir nun, zu einigen Einzelheiten der Regierungserklärung und zu dem vorliegenden Freiwilligengesetz zu kommen. Dabei bitte ich, um unnötige Wiederholungen vermeiden zu können, sich der eingehenden und, wie wir glauben, sehr


    (von Manteuffel [Neuß])

    klaren Begründung meines Parteifreundes D r. Beck er in der Sitzung vom 15. Juni zu erinnern. Mein Freund Dr. Becker hat dort ausgeführt, daß wir Freien Demokraten uns an die Absprache vom 26. Februar 1954 gebunden fühlen, und das gilt auch heute noch ohne jede Einschränkung.

    (Beifall bei der FDP.)

    Diese Absprache betraf bekanntlich die verfassungsrechtliche Regelung dreier Fragenkomplexe, die von der Regierung seinerzeit zugesagt wurde. Wir warten heute noch auf die Erfüllung dieses Versprechens. Mir persönlich als Mitglied des Ausschusses für Verteidigung — oder wie er bisher hieß: des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit — ist es völlig unverständlich, daß auch in diesem Ausschuß seit März 1954 noch mit keinem Wort über diese Angelegenheit gesprochen worden ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich darf die regelmäßig in diesem Ausschuß erscheinenden Mitglieder des Hauses daran erinnern, daß ich fast terminmäßig alle zwei Monate beim Vorsitzenden angefragt habe, ob diese Punkte noch auf der Tagesordnung stehen.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Sehr interessant!)

    Wir bitten daher um frühestmögliche Behandlung dieser dem Ausschuß überwiesenen Drucksachen. Ich werde mir erlauben, im Namen meiner Fraktion in dem Ausschuß die vordringliche Behandlung dieser Gesetzesvorlagen zur Sprache zu bringen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist auch eine Frage der Zusammenarbeit!)

    Weil wir noch auf die Erfüllung dieses Versprechens warten, können wir die Ausführungen der Regierungserklärung, daß es einer formellen Änderung des Grundgesetzes für die Aufstellung der Streitkräfte aus rechtlichen Gründen nicht bedürfe und daß — wie es an anderer Stelle hieß — die Streitkräfte als ein Teil der Exekutive aufgebaut werden sollen, nicht stillschweigend hinnehmen. Unser Anliegen vom Februar 1954, das die drei Punkte: den Oberbefehl, die landsmannschaftliche Gliederung und die Wehrverwaltung, betraf, gilt auch heute noch. Ein Abweichen von der damaligen Vereinbarung ist nach unserem Dafürhalten nicht denkbar, weil eine Reihe von Abgeordneten am 26. Februar vorigen Jahres ihr zustimmendes Votum zur Verdeutlichung des Grundgesetzes von der protokollarischen Festlegung dieser Vereinbarung abhängig gemacht haben

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und weil eine nachträgliche Enttäuschung jener Abgeordneten, die damals für das Zustandebrinbringen der Zweidrittelmehrheit unentbehrlich waren, Anlaß wäre, jedes künftige Regierungswort in Zweifel zu ziehen.

    (Abg. Mellies: Es wird nicht die einzige Enttäuschung bleiben!)

    — Ich glaube, wir werden nicht sehr viele andere Enttäuschungen erleben, weil wir uns in vielem in Übereinstimmung mit der Regierungserklärung befinden.
    In der Sache bestehen wir jedenfalls nach wie vor auf unserem Antrag, daß der Bundespräsident den Oberbefehl über die Wehrmacht oder die Bundeswehr — über die Bezeichnung, meine Damen und Herren, werden Sie noch zu entscheiden ha-
    ben — haben soll. Herr Jaeger hat in Amerika gesagt, daß er für „Bundeswehr" sei. Mein Freund Mende hat eine andere Vorstellung.
    Man hat eingewandt, die Struktur des Grundgesetzes werde verletzt, wenn man den Oberbefehl dem Staatsoberhaupt gebe, das bekanntlich keiner parlamentarischen Kontrolle untersteht. Dabei wird, glaube ich, meine Damen und Herren, übersehen, daß durch die im Grundgesetz festgelegte Befugnis des Bundeskanzlers zur Gegenzeichnung, die von meinen Freunden selbstverständlich auch hinsichtlich des Oberbefehls bejaht wird, eine absolut wirksame Kontrolle gegeben ist, gestützt auf die Verantwortung des Bundeskanzlers vor dem Bundestag.
    Ein Auseinanderfallen des Willens des Bundespräsidenten und des Willens der Bundesregierung in der Anwendung der Befehlsgewalt ist niemals möglich, weil ein nicht gegengezeichneter Befehl eben kein Befehl ist. Das Auseinanderfallen kann sich nur darin äußern, daß eine der beiden Seiten die Unterschrift verweigert und somit kein Befehl zustande kommt. Aber dieses Risiko ist nach unserer Auffassung geringer als die Gefahr der Machtanhäufung oder gar Machtzusammenballung in einer einzigen Hand, die die Gleichgewichtslage im Staate verschiebt; außerdem könnte der Oberbefehl in den Parteienstreit verwickelt werden. Beispiele aus der modernen Geschichte beweisen, daß es nicht einmal einer Kriegserklärung — das Recht der Kriegserklärung war ja in der Weimarer Zeit dem Reichstag vorbehalten, und wir treten auch dafür ein, daß dieses Recht durch ein Gesetz des Bundestags geklärt wird —, sondern eines bloßen Schießbefehls bedarf, um Katastrophen etwa vom Ausmaße der von Pearl Harbour auszulösen.
    Dieser Hinweis sollte eindrucksvoll genug sein, um unsere Warnung zu verstehen, die Verantwortungslast des Oberbefehls nicht auf einen einzigen Mann zu laden, der eben eines Tages nicht mehr Dr. Adenauer heißt und der Unwiderrufliches über die Nation bringen kann, ehe die Kontrolle des Parlaments wirksam wird. Die Möglichkeiten des Staatsoberhauptes sind ja doch durch das Erfordernis der Gegenzeichnung des Kanzlers eingeschränkt. Für jeden ist der Bundespräsident nicht nur die Verkörperung seines Landes, sondern auch der Inbegriff der Überparteilichkeit. Das bietet nach unserer Auffassung die sicherste Gewähr für eine demokratische Handhabung des Oberbefehls, der früher weitgehend dem Verteidigungsminister übertragen oder, wie es damals in der Verfügung des Reichspräsidenten Ebert hieß, delegiert wurde.
    Die Regierung hat wiederholt versprochen und es auch gestern wieder ausdrücklich erklärt, daß sie bei der Schaffung der Wehrverfassung eine Reihe von Problemen, darunter das des Oberbefehls, einer verfassungsgerechtlichen Regelung zuführen wolle. Es ist nun Sache des Parlaments, ob es mit einer Zweidrittelmehrheit für die verfassungsrechtliche Regelung eintritt, sobald sie der Ausschuß beraten hat. Wir Freien Demokraten hegen dabei allerdings doch noch die Hoffnung auf die Mitarbeit der Opposition an der Wehrverfassung und den entsprechenden Gesetzen. Wir erinnern daran, daß am 26. Februar 1954 — das war der Tag, an dem wir über die Verdeutlichung des Grundgesetzes beraten haben — der Kollege Erler gesagt hat: „Unser Nein zu dieser Mißgeburt schließt ein Ja zur Gestaltung einer vernünftigen


    (von Manteuffel [Neuß])

    Wehrverfassung ein." Wenn die sozialdemokratische Fraktion heute noch zu dem Wort Erlers steht, sollte es mit ihrer Hilfe gelingen, diese Frage dem Tagesstreit zwischen Koalition und Opposition zu entziehen und dann wirklich, wie der von mir verehrte Kollege Erler auch sagte, vernünftig zu verfahren.

    (Beifall rechts und in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Bei solchen Reden aber nicht!)

    Es handelt sich ja um eine verfassungsrechtliche Ordnung, die nicht nur für den nächsten Tag, und auch nicht für die bevorstehende Genfer Konferenz geschaffen werden soll, sondern die eine Lösung für Jahrzehnte darstellen soll. Wenn im übrigen erst einmal die Ausschüsse in die Beratung der Drucksache eintreten werden und die Antragsteller ihre Vorstellung dabei konkretisiert haben, werden die Auffassungen, glaube ich persönlich, gar nicht mehr so weit auseinanderliegen, wie es bei oberflächlicher Betrachtung der Fall ist.
    Das Notstandsrechts ist keinesfalls von der Frage zu trennen, wie man den Oberbefehl zu regeln gedenkt. Das Notstandsrecht kann jedenfalls auch nicht daraus hergeleitet werden, daß die Regierune erklärt: Die Streitkräfte Rind ein Teil der Exekutive. Wir unterstellen das auch der Regierung nicht; denn sie hat dieser Frage ja einen besonderen Passus gewidmet.
    Darf ich in diesem Zusammenhang nur noch zwei andere Fragenkomplexe behandeln, die nach unserer Auffassung noch nicht erledigt sind, weil sie damals ausgeklammert wurden. Der eine betrifft die landsmannschaftliche Gliederung. Wir Freien Demokraten sind mit einer Regelung, wie sie die Regierungserklärung vorsieht, einverstanden.
    ,) Sie entspricht unseren Vorstellungen über die landsmannschaftliche Gliederung, und sie ist in der Tat auch in der Praxis kaum anders gehandhabt worden. Wir unterstützen aber auch insbesondere die Absicht der Bundesregierung, hierbei Art. 36 des Grundgesetzes Rechnung zu tragen, dem Grundsatz nämlich, daß die führenden Persönlichkeiten, wenn nur irgend möglich, dem Kontingent der Landsmannschaft entnommen werden sollen. Das gilt insbesondere für die Besetzung der Dienststellen dieser Bevollmächtigten.
    Ebenso sind wir mit der Regelung der Bundeswehrverwaltung voll einverstanden. Aber diese Sache ist ja noch in den Ausschüssen anhängig.
    Ein anderes, meine Damen und Herren, zur Regierungserklärung. Man darf nicht außer acht lassen, daß militärische Verteidigung und nationale Sicherheit nicht identisch sind. Militärische Stärke ist nur eines der Elemente der nationalen Sicherheit, und es ist von überragender Bedeutung, daß eine gute Koordinierung mit anderen, gleich wichtigen Aufgaben sichergestellt wird, da in der modernen Verteidigungsplanung der militärische Bereich eben nur noch ein Teilgebiet ist. Es ist kein Zweifel, daß in eine zweckmäßige, d. h. richtige Strategie alle nationalen Kräfte einbezogen werden müssen, ganz gleich, ob es nun Menschen oder Rohstoffe, Industrien, Wissenschaft und Forschung, Politik, seelische Kräfte und vieles andere mehr sind. Wenn dies richtig ist — und ich persönlich bin davon überzeugt —, so ist die Koordinierung die unerläßliche Voraussetzung für den Erfolg jeder Maßnahme der Landesverteidigung.
    In dieser Hinsicht vermissen wir jeden Hinweis in der Erklärung der Bundesregierung. Nun wird
    ein Teil der Damen und Herren vielleicht sagen: Es ist auch heute noch verfrüht, darüber zu sprechen. Wir sind da ,anderer Ansicht. Mit den verschiedenen Ministerien sind bereits Abmachungen getroffen worden. Das gilt vielleicht zum Teil auch für den angezeigten Rahmen der Landesverteidigung. Aber die Verantwortung für das so umfangreich und so vielschichtig gewordene Gebiet der Landesverteidigung kann nach unserer Auffassung nicht mehr einem einzelnen ,aufgebürdet werden, und eine derartige Aufgliederung der Aufgaben und der gesamten Apparatur — so darf ich es einmal nennen — der Landesverteidigung muß eine zweckdienliche Eingliederung der militärischen Gewalt und die Sicherstellung der parlamentarischen Kontrolle zur Voraussetzung haben. Diese Kontrolle verlangt dann auch eine Koordinierung der Militärbefugnis mit der Zivilgewalt. Beides muß, wie es Kollege Jaeger schon sagte, im abgewogenen Verhältnis zueinander stehen, damit das Ganze funktionieren kann.
    Wir glauben, eine Lösung dahingehend vorschlagen zu sollen, daß man die Koordinierung in einem Bundesverteidigungssenat oder Bundesverteidigungsrat vornimmt, dem die Aufgabe der Koordinierung der militärischen, der industriellen und der zivilen Rüstung zufällt, ähnlich wie dem National Security Council, dem Nationalen Sicherheitsrat in den Vereinigten Staaten, der den Präsidenten in den Fragen der Integration der Außen-, der Innen- und der Militärpolitik im Hinblick auf die nationale 'Sicherheit berät. Im Zusammenhang mit der Spitzengliederung sollte man hierin auch bei uns schon zu gegebener Zeit einen Anfang machen. Es ist ja auch notwendig, daß die militärischen Operationen mit der Politik abgestimmt werden. Deshalb sollte auch der Bundesverteidigungsrat ,dem Oberbefehlshaber, wie Sie es später regeln werden, meine Damen und Herren, als beratendes Organ zur Seite stehen, so daß sich beide in der Anwendung ihrer Vollmachten gegenseitig ergänzen. Wir wollen da kein so großes Gremium haben, aber doch ein Gremium, dem auch die Fraktionsführer der im Bundestag vertretenen Parteien angehören sollten; Einzelheiten darüber können wir später erörtern. Aber wir würden gern hier oder im Ausschuß von der Regierung hören, was sie in dieser Richtung beabsichtigt. Denn sie scheint sich hierüber auch schon Gedanken gemacht zu haben, jedenfalls sind solche Gedanken in mehrfachen Presseverlautbarungen zu lesen. Wir haben im Sicherheitsausschuß hierüber noch nichts gehört.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Man liest in der Presse ja auch alles mögliche andere,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    so z. B. in einer Presseverlautbarung von Mitte Juni, die sehr bedeutsam erscheint, auch einiges über die Spitzengliederung im Bundesverteidigungsministerium. Diese Spitzengliederung hängt ja eng zusammen mit der Frage des Oberbefehls und ebenso mit der Frage der 'zivilen Leitung und damit der parlamentarischen Kontrolle. Die Spitzengliederung — das ist im Abschnitt „Streitkräfte" gesagt. und dabei sind wir eng gebunden durch Abmachungen des Pariser Vertragswerks — können wir uns — darüber besteht, glaube ich, gar kein Zweifel — selbst geben.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)



    (von Manteuffel [Neuß])

    Von der Gliederung des Ministeriums selbst habe ich aber als Mitglied des Ausschusses für Sicherheit bis auf diese Zeitungsinformation, die vielleicht auch gar nicht mal zutrifft, eigentlich noch nichts gehört.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir bitten daher die Bundesregierung, den Bundestagsausschuß hierüber zu unterrichten.
    Der Grund ist der, daß wir der Auffassung sind, es hieße den jeweiligen Minister überfordern, wenn man von ihm ohne einen vollberechtigten parlamentarisch-politischen Vertreter verlangte, daß er sich in gleicher Weise eingehend um die Aufgaben kümmert, die 'in seinem Hause anfallen, in seinem Bereich ,als Minister, als Berater innerhalb der Bundesregierung, auch bei NATO, SHAPE und Standing Group oder wo unser Verteidigungsminister mal um Rat gebeten werden wird. Und nun versucht man, ihm zuzumuten, daß er sich nebenbei — ich unterstelle das nicht; ich bin nur versucht, es auszusprechen — auch noch um die Erziehung und Ausbildung der Truppe kümmert. Es hieße ihn überfordern, wenn er sich gerade während der ersten Aufstellungszeit der Kader und während der Auffüllung der Kader — was einige Jahre dauern wird, wie Wir ja doch gehört haben — auch um diese Dinge kümmern sollte. Nach wie vor soll doch die Ausbildung auf der Erziehung fußen. Der Mensch steht dabei im Vordergrund. Deswegen sage ich ja auch, daß die Spitzengliederung — wenn das so zutrifft, wie wir es bisher ja nur aus der Zeitung kennen — im militärischen Bereich nicht unseren Vorstellungen entspricht.
    Die Presseinformation lautet dahin, daß der Leiter der militärischen Abteilung zugleich Generalinspekteur der 'Streitkräfte sein soll. Dabei ist gerade mir unterstellt worden, ich wollte einen Gegensatz zwischen den Offizieren des ehemaligen Generalstabs und der Truppe konstruieren. Das hat mir völlig ferngelegen. Ich habe nur meine Befürchtung zum Ausdruck bringen wollen, daß bei einer Verquickung dieser beiden Funktionen der betreffende Generalinspekteur nicht die Zeit hat, sich um die Erziehung der Truppe in der Weise zu kümmern, wie wir es uns vorstellen, — also gerade gegenüber dem, was Kollege Jaeger sagte, daß die Obristen und Generale nicht durch Ansprachen und Reden, sondern als lebenserfahrene Soldaten durch persönliche Einflußnahme die jungen Kompanie-, Bataillons- und Regimentsführer in häufigen Gesprächen über ihre Pflichten und Aufgaben bei der Erziehung der Truppe unterrichten.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Gegenüber einem anderen Zeitungsbericht möchte ich keinen Zweifel darüber lassen, daß selbstverständlich alle Soldaten dieser zivilen Autorität unterstellt werden, daß aber nicht der Generalinspekteur selbst im Ministerium verankert werden darf. Ich selbst und auch der Herr Verteidigungsminister waren in Amerika. Ich habe eine Bitte an Sie, Herr Minister: sich, was die Organisation Ihres Ministeriums betrifft, doch vielleicht einmal zu überlegen, ob nicht auch in unserem Ministerium ein Grundsatz gelten kann, den wir in dem großen, weitläufigen Pentagon in Amerika kennengelernt haben und von dem uns im Pentagon und auch bei der Truppe gesagt wurde, daß er sich für beide Teile segensreich ausgewirkt habe. Dort darf nämlich kein Offizier länger als vier
    Jahre in diesem Ministerium arbeiten, und er muß erst wieder vier Jahre außerhalb des Ministeriums seinen Dienst tun, ehe er jemals wieder ins Ministerium versetzt werden .kann.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Ich komme darauf, weil ich noch die unmögliche Zusammensetzung unseres Oberkommandos der Wehrmacht aus dem Kriege kenne, wo einige Offiziere während des ganzen Krieges überhaupt nicht an der Front waren.
    Wir 'begrüßen es, daß die Regierungserklärung die Absicht kundtut, verschiedene Bestimmungen, auf denen die innere Disziplin in der Wehrmacht fußt, im Gegensatz zu früher, wo dies leider nicht der Fall war — das ist ja vom Herrn Minister begründet worden —, hier vorzulegen, um auch in dieser Weise die parlamentarische Kontrolle sicherzustellen. Wir hoffen nur, daß diese Vorlagen nicht allzulange auf sich warten lassen, weil sie ja bereits bei den ersten Lehrgängen benötigt werden; denn sie bilden ja mit das Fundament für die Erziehung, beispielsweise ein Satz, daß die Strafe in jedem Falle doch ein Erziehungsmittel ist und bleiben muß. Diese Fragen der Disziplinarordnung möchten wir doch recht bald geklärt haben.
    Wir bitten die Bundesregierung, auch nicht in der Forderung nachzugeben, daß für die Streitkräfte keine jeweils besondere militärische Verteidigungsverwaltung errichtet werden soll, so sehr vielleicht die Soldaten dies verlangen sollten. Ich glaube, die Vergangenheit beweist eindeutig, daß wir viel Nebeneinander, nutzlose Arbeit und viel Geld dadurch sparen werden.
    Hierbei darf ich übrigens einschalten, wenn es auch nicht ganz hierher gehört: Wir bitten, Gleiches gelten zu lassen für die Entsendung von Militärattachés, oder wie diese Funktion jetzt genannt werden soll. Ich glaube, wir brauchen nicht, wie in der früheren Wehrmacht, für jeden einzelnen Waffenteil einen besonderen Militärattaché, sondern man sollte einen Militärattaché ernennen und ihm für die Berufszweige, die er nicht beherrscht, entsprechende Referenten zuteilen.
    Wir begrüßen außerordentlich in der Erklärung der Bundesregierung, daß die Verwaltungsaufgaben durch Fachleute, wie hier steht, mit entsprechender Vorbildung wahrgenommen werden sollen, um dem Soldaten Zeit zu geben, sich voll seinen soldatischen Aufgaben widmen zu können. Es erscheint uns jedoch wichtig, daß diese Männer dann auch jeweils eine entsprechende Vorbildung und Fortbildung erhalten. Dabei wünschen wir auch keine Mischform, wie es in der Regierungserklärung schon angedeutet ist; denn sie hat niemanden befriedigt. In diesem Sinne begrüßen wir ebenso die Errichtung der Territorialorganisation, die wiederum die Truppe völlig entlasten kann und in gleicher Weise gelagert ist. Wir bejahen in diesem Sinne die entsprechende Bemerkung in der Regierungserklärung, daß die Beschaffung der Streitkräfte in den Gesamtzusammenhang der allgemeinen Wirtschaftsordnung einzugliedern ist. Wir werden die Bundesregierung hierbei tatkräftig unterstützen und in den Ausschüssen entsprechende Vorschläge dazu machen.
    Wir freuen uns außerdem, gehört zu haben, daß einem besonderen Wunsche, der auch von uns gekommen ist, dahingehend Rechnung getragen werden soll, daß auf Wunsch eines Landes für die enge


    (von Manteuffel [Neuß])

    Zusammenarbeit oder besser: für das Zusammenwirken zwischen Bund und Land besondere Bevollmächtigte bestellt werden können. Ich bin der Auffassung, daß man sie recht frühzeitig benennen und in ihr Aufgabengebiet einweisen sollte, und zwar möglichst schon mit der ersten Aussendung dieser Führungspersönlichkeiten.
    Völlig neu für Deutschland ist ja die Errichtung von zivilen Verwaltungsstellen für die Erfassung der Wehrpflichtigen und die Musterung dieses Personenkreises. Wir Freien Demokraten begrüßen diese Absicht sehr. Dieses Verfahren hat sich, wie ich mich an Ort und Stelle in USA überzeugen konnte, dort durchaus bewährt. Daher ist es gar nicht einzusehen — von mir aus persönlich gesprochen —, weshalb man sie bei uns nicht einführt, solange nicht gegenteilige Erfahrungen vorliegen. Also sollte man doch erst einmal in der angezeigten Art beginnen.
    Auch wir bitten, den Katalog von Gesetzen, die der Herr Verteidigungsminister in der gestrigen Regierungserklärung genannt hat und die demnächst dem Parlament zugeleitet werden, noch zu ergänzen durch Bestimmungen zu Art. 4 ides Grundgesetzes betreffend die Kriegsdienstverweigerung. Hierauf hat schon der Herr Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Herr Kollege Ollenhauer, hingewiesen.
    Meine Damen und Herren, wir haben kein Recht — und gerade wir Freien Demokraten wollen es nicht —, etwa das Informationsrecht der Presse einzuschränken. Wenn ich das voranstelle, ist im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und den Streitkräften die Bitte verständlich, die ich jetzt ausspreche: daß die Abgeordneten des Bundestages, insbesondere die Mitglieder ides Ausschusses für Verteidigung, über Planungen, Erwägungen, Absichten usw. des Verteidigungsministeriums nicht zuerst durch die Presse unterrichtet werden, sondern durch den Minister oder einen seiner Beauftragten in idem genannten Ausschuß.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Nun wird der Herr Minister sagen - wir haben es oft von ihm gehört, und ich glaube es ihm in jeder Beziehung —, daß er ja nicht diese Mitteilungen an die Presse gegeben hat. Aber, meine Damen und Herren — wir freuen uns sogar über das rege Interesse, das die verantwortungsbewußte Presse an allen Fragen der Landesverteidigung nimmt —, irgendwo aus dem Verteidigungsministerium müssen diese Informationen doch herkommen. Denn wir haben bei sehr vielen Nachrichten, die wir dann im Ausschuß nachgeprüft haben, doch feststellen können, daß immer zum mindesten etwas daran wahr war und nicht alles falsch.
    Erlauben Sie, meine Damen und Herren, zum Freiwilligengesetz selbst einige wenige Einwendungen zu machen.
    Über den Personalauschuß ist im Ausschuß mehrfach gesprochen worden, und in der gestrigen Regierungserklärung ist ja weitläufig vom Minister dazu Stellung genommen worden. Auch wir haben seit Jahren diesen Personalausschuß gefordert. Wir wünschen allerdings, die Funktion oder die Tatsache dieses Personalausschusses im Gesetz verankert zu wissen. Wir gehen aber nicht so weit, zu verlangen, daß die Mitglieder des Personalausschusses etwa durch den Bundestag gewählt werden sollten, wie es neulich hier in einer Begründung einmal anklang; dieses Verfahren erscheint uns als zu schwerfällig. Der Personalausschuß soll nach unserer Meinung auch nur für die Zeit der Aufstellung der Bundeswehr bestehen; denn die spätere Anstellung und Beförderung fällt nach unserer Auffassung ja unter die Verantwortung des zuständigen Ministers.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Nun zur Frage der Besoldung. Die Bundesregierung bestimmt nach § 2 des uns vorliegenden Gesetzentwurfs durch Rechtsverordnung, welchen Besoldungsgruppen die Soldaten bis zu einer besoldungsgesetzlichen Regelung zuzuordnen sind, und sie wird die Soldaten entsprechend einstufen. Es scheint mir aber ein gefährlicher Irrglaube zu sein, anzunehmen, daß die vorläufige Regelung ausreicht, um die besten unter den jüngeren und mittleren Jahrgängen der Offiziere und Unteroffiziere herbeizurufen, die ja, nach den Worten des Herrn Ministers, das Verteidigungsministerium braucht. Denn es hat anscheinend unten eine zunächst genügende Anzahl und ganz oben mit Sicherheit eine genügende Anzahl von diesen Offizieren und Unteroffizieren; aber das Mittelstück fehlt ihm ganz.
    Was die Besoldungsregelung in diesem noch zu verändernden Freiwilligengesetz betrifft, so beziehe ich mich auf die Erklärungen des Berichterstatters im Bundesrat, des Herrn Ministers Dr. Sträter, der gesagt hat, daß selbst durch die Antwort des Herrn Bundeskanzlers in dem Brief an den Herrn Päsidenten des Bundesrates die Problematik des Status freiwilliger Soldaten als Beamter auf Probe nicht befriedigend gelöst sei. Es wurde dort darauf hingewiesen, daß die sinngemäße Anwendung von Beamtenrecht in jeder Hinsicht — so steht dort — verfehlt sei. Die völlig andersartige Stellung eines Soldaten und eines Beamten verbiete einfach die Verkoppelung beider Begriffe. Der Bundesrat kommt in dieser Hinsicht zu dem Schluß — ich zitiere wörtlich, meine Damen und Herren —,
    daß eine wirklich sinngemäße Anwendung des Beamtenrechts unmögliche Auswirkungen für den Soldaten habe.
    Jede behelfsmäßige Übergangslösung darf nach unserer Auffassung keinesfalls irgendein Präjudiz für die endgültige Regelung werden. Diese muß vielmehr, abweichend von der Regelung für Beamte, der Tatsache Rechnung tragen, daß die Höchstleistung der Berufssoldaten in einem früheren Lebensalter liegt und somit eben die Altersgrenze für ihre Verwendung im aktiven Dienst der Streitkräfte herabgesetzt werden muß und sie früher ausscheiden müssen. Wir werden da wahrscheinlich die bekannte „Majorsecke" oder etwas dergleichen bekommen. Jedenfalls werden sie früher ausscheiden als die Beamten.
    Die Regelung muß nach unserer Auffassung so sein, daß gerade die guten Kräfte angereizt werden, sich zu bewerben, die intelligenten, die vorsorglich denkenden, die nicht etwa Nur-Soldaten im alten Landsknechtssinne sind. Wir haben die Befürchtung, daß die bisherigen Bestimmungen zu einem großen Teil eine negative Auslese verursachen werden. Denn ein Freiwilliger, der sich und seiner Familie seit Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft oder nach Ende des Krieges, und zwar gerade als früherer Soldat unter besonders großen Schwierigkeiten, Mühen und Opfern, die er und


    (von Manteuffel [Neuß])

    seine Familie zu tragen hatten, nun wieder eine Existenz geschaffen hat, darf doch jedenfalls beanspruchen, daß ihm vor seinem Entschluß zu erneutem Wehrdienst gesagt wird, wie er selber und wie seine Frau und seine Kinder später versorgt sein werden. Der Übergangszustand eines Beamten auf Probe gibt diese unbedingte Klarheit nicht. Statt dessen kann er eine durchaus unerwünschte, weil den Besonderheiten des militärischen Dienstes nicht Rechnung tragende Entwicklung heraufbeschwören. Wenn die genannten Bedingungen nicht doch etwas attraktiver — das muß man schon sagen — gestaltet werden, dann steht zu befürchten, daß sich diejenigen ehemaligen Offiziere, zum Teil auch Unteroffiziere, für den Dienst in der Truppe melden, die es im Zivilleben, ich will einmal sagen: zu einem Teil, einem hoffentlich nur geringen Teil, zu nichts oder nicht zu viel gebracht haben. Gerade auf diesen Personenkreis sollte man verzichten, damit das Niveau der gesamten Streitkräfte nicht leidet. Dieses Ziel läßt sich nicht mit Militärhandwerkern erreichen, sondern nur mit Persönlichkeiten in leitenden Stellen, die sich auch noch einen Rest von Idealismus bewahrt haben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Begnügt man sich aber mit minder fähigen Kräften, weil sich bessere mangels Klarheit über ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Status nicht oder nicht in der genügenden Anzahl zur Verfügung stellen, so leistet man der Truppe, die sich aus jungen Männern aller Schichten unseres Volkes zusammensetzen wird, keinen guten Dienst. Ich glaube daher, daß ein neuer Typ des Berufssoldaten auch ohne ein neues Besoldungsdenken undenkbar ist.

    (Sehr wahr! rechts.)

    Ich kann mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, meine Damen und Herren, daß hier Kräfte am Werk sind, die eine durchaus mißverstandene parlamentarische Kontrolle in das Portemonnaie des einzelnen Soldaten verlegen wollen

    (Sehr gut! bei der FDP — Zurufe)

    — oder in den Brustbeutel, wie Sie es haben wollen!

    (Heiterkeit.)

    Mit der Glaubwürdigkeit der Verpflichtungen, die unser junger Staat für die Zukunft zu übernehmen gedenkt, hängt die Behandlung jener berechtigten Ansprüche eng zusammen, auf deren Erfüllung die Berufssoldaten der Vergangenheit, der Beamte und der Angestellte noch immer vergeblich warten. Ich gehöre nicht zu dem Personenkreis derer, die in Soldaten- oder Beamtenverbänden mit Unmaß kritisiert haben, daß diese Forderungen noch nicht erfüllt seien, obwohl ich rechtlich in diesen Personenkreis falle, finanziell davon aber noch keinen Nutzen habe. Im Gegenteil, wir alle haben begrüßt, daß dort viel geschehen ist. Es sind aber noch sehr große Härten da, und deswegen wären wir dankbar, wenn der Herr Bundeskanzler im Sinne der Richtlinien seiner Politik auch mit den Herren Vorsitzenden der CDU und der CSU mal sprechen wollte, damit im vorparlamentarischen Raum, in den Arbeitskreisen der CDU und CSU, die zweite Novelle beraten wird und damit sie uns dann in den Ausschüssen beschäftigen kann.

    (Beifall rechts.)

    Es wird schwer sein, mit Erfolg junge Soldaten zu werben, wenn der Staat durch die Abweisung der
    alten Soldaten seine eigenen Zusagen zwangsläufig zumindest in ein etwas schiefes Licht rückt.
    Wir wären ebenso dankbar, wenn — das hängt hiermit zusammen — vom Herrn Verteidigungsminister die Bestimmung wegen der Auswahlübung von vier Monaten noch einmal überprüft werden würde. Ich habe persönlich als langdienender Soldat diese Auswahlübungen immer verlangt. Aber ebenso glaube ich, daß die Sicherung des Arbeitsplatzes für die Dauer derartiger Übungen eine conditio sine qua non für die im Zivilleben bewährten Freiwilligen ist. Es bleibt zu prüfen, wie man eine Gewähr dafür schaffen kann, daß ein durch eine Meldung zum Wehrdienst verstimmter Arbeitgeber dem zurückgekehrten Freiwilligen nicht nach der gesetzlich vorgeschriebenen Wiedereinstellung doch zum nächsten Termin kündigt. Hier erscheint zumindest eine Bestimmung notwendig, die jede Kündigung wegen einer freiwilligen Meldung oder wegen der Teilnahme an einer Auswahlübung nach Rückkehr und später ausschließt. Ich habe auch noch keine Lösung dafür, wäre aber dankbar, wenn man im Verteidigungsministerium und im Ausschuß nach Lösungen suchte.
    Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, zum Schluß noch einiges über den Gesamtbezug der Wehrverfassung und Wehrordnung zu sagen, und das ist wohl das, worauf es bei der Beratung der Wehrverfassung und der Wehrform uns allen ankommt. Wir würden unsere Pflicht im Parlament versäumen, wenn wir die Grundlagen nicht sehr sorgfältig prüfen wollten; das ist ja auch in den Begründungen meiner beiden Herren Vorredner in starkem Maße angeklungen. Es liegt also an uns selbst, was aus den Wehrgesetzen, dem Soldatengesetz und allen Grundlagen, die uns gestern angekündigt worden sind, und damit aus der Wehrmacht im ganzen später wird. Es kommt doch darauf an, daß das ganze System der zivilen Führung und damit der parlamentarischen Kontrolle funktioniert. Aus Überzeugung, nicht etwa weil es Parteidisziplin jemals von mir gefordert hätte — Sie wissen, daß wir als Freie Demokraten liberale und tolerante Leute sind und man auch mir eine solche Auflage nicht gegeben hat —, sondern weil ich aus der deutschen Geschichte und aus eigener Erfahrung lernen möchte, muß ich immer wieder betonen: die zivile Leitung hat in jedem Fall den Vorrang zu haben,

    (Beifall im ganzen Hause)

    ohne die Soldaten in ihrem Aufgabenkreis, der für sie festgesetzt ist, einzuengen und etwa in ihrem Wirken zu hemmen. Aber gerade die führenden Soldaten müssen wissen, daß sie in jedem Fall Ratgeber sind, auch der zivilen Autorität, der sie unterstellt sind, und Ratgeber bleiben. Insofern hat bei den Streitkräften die loyale Gesinnung gegenüber dem Prinzip des zivilen Primats genau so wie bei anderen Bürgern der Bundesrepublik zu gelten.
    Aber die Grundlage für den Wert der Streitkräfte wird nicht mit Risiken, sondern mit unbedingtem Vertrauen gelegt. Ich unterstelle dabei niemandem in diesem Hohen Hause, daß er nicht dasselbe will. Ich will damit nur andeuten, daß die Bedenken und Einwände, die meine politischen Freunde und ich selbst teilweise haben, von der großen Sorge hergeleitet werden: Wie können wir Fehlentwicklungen, wie sie uns doch bittere Erfahrungen lehren, künftig ausschalten? Ich persönlich darf dem hinzufügen: ich befürchte eben, daß diese Mißdeutungen oder Fehlentwicklungen, wie


    (von Manteuffel [Neuß])

    immer wir es nennen mögen, in Zukunft dem Soldaten zur Last gelegt werden und das Soldatentum mit einer Hypothek belastet wird, von der es sich vielleicht selbst nicht befreien kann. Die gesetzliche Regelung, die wir finden müssen, soll daher eindeutig und klar sein, frei vom umständlichen Instanzenweg, frei von all dem Nebeneinander verschiedener Organe, die sich in ihrer Tätigkeit überschneiden und vielleicht manchmal — das ist ein deutscher Zug — aus den verschiedensten Gründen auch gegenseitig noch Konkurrenz zu machen suchen, wodurch alles in allem eben keine wirksame Kontrolle geschaffen werden kann.
    Wie immer und überall im Leben kommt es doch auf die Persönlichkeiten an, die das Instrument handhaben sollen. Darum ist uns die erste Besetzung der leitenden Stellen von ganz ausschlaggebender Bedeutung. Auch wiegen Versäumnisse in der Erziehung und Ausbildung der Truppe schwerer als solche auf dem Gebiete der Organisation und lassen sich dann oft nur sehr schwer, wenn überhaupt noch, korrigieren. Aus alledem ist zu folgern — und das ist unser Wunsch an die Bundesregierung —, daß für das Tempo der Aufstellung neben den finanziellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht die organisatorischen Möglichkeiten maßgebend sind, sondern daß das für die Erziehung und Ausbildung der militärischen Führer erforderliche Mindestmaß ausschlaggebend sein muß;

    (Sehr wahr! rechts)

    denn wir wünschen beim ersten Aufbau nicht etwa Entwicklungen zu präjudizieren, die sich dann der parlamentarischen Kontrolle entziehen und später nicht mehr umgelenkt werden können.
    Aber mit einer übersichtlichen Organisation im politischen und im militärischen Raum allein ist natürlich noch nicht gewährleistet, daß das System funktioniert, sondern die gesetzliche Regelung — ich sagte es schon — muß eindeutig und klar sein, und — und das ist meine Bitte — sie muß auf Vertrauen begründet sein. Das Mißtrauen, geboren aus den Fehlentwicklungen und grausigen Erfahrungen der letzten 20, 30 Jahre, ist verständlich. Man sollte aber das Mißtrauen auch nicht übertreiben: denn es wäre kein guter Start, wenn sich die künftigen deutschen Soldaten im Staat und im Volk, in der Gesellschaft und in der Lebensgemeinschaft vereinsamt und dann isoliert fühlen müßten. Ich bekämpfe den Glauben ehemaliger Soldaten. die da annehmen, es würde ohne sie nicht gehen: denn es ist ein Irrglaube. Aber ebenso muß ich bekämpfen, daß man, wenn man von den ehemaligen Soldaten, insbesondere von den ehemaligen Generalen, spricht, immer nur von denen redet. die wir alle hier in diesem Hause unter keinen Umständen sehen möchten, und viel zuwenig an die vielen Tausende und aber Tausende ehemaliger Berufssoldaten denkt. die sich in den Alltag der Demokratie eingeordnet haben und dort zuverlässig, anständig und ordentlich ihre Pflicht erfüllen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Deswegen sollte man auch die parlamentarische Kontrolle von der Seite des Vertrauens und der menschlichen Beziehungen zu- und untereinander betrachten. Es handelt sich doch nicht darum. einen Aufstand der Militärs oder gar der Generale zu verhindern und sich durch die vielfältigen Bestimmungen dagegen abzusichern und abzuschirmen. Ich meine, unser junger Staat ist mittlerweile auch
    so weit gefestigt, daß es uns doch gemeinsam gelingen müßte, diejenigen führenden Persönlichkeiten unter den ehemaligen Soldaten herauszufinden und sie zu erhalten — oder auch eventuell zu entlassen —, die uns die Gewähr bieten, daß sie sich aus Überzeugung in diesen jungen Staat einordnen und unterordnen, wobei nach unserer Auffassung nicht nur eine loyale Haltung gegenüber dem Staat genügt, sondern auch die Bereitschaft erforderlich ist, in Krisenlagen diese junge Demokratie zu verteidigen, das heißt, wie es hier im Freiwilligengesetz steht, sich mit seinem Leben dafür einzusetzen. Insofern liegt das Fundament ebensosehr im Vertrauen in den Befehl des Befehlenden.
    Die Forderung nach dem Primat der Politik besteht ganz unzweifelhaft zu Recht. In jedem gesunden Staatswesen ist die Armee nur ein Instrument der Staatsführung. Dieses Prinzip setzt aber immer gegenseitiges Vertrauen voraus. So wie die Staatsführung erwarten kann und muß, daß die Soldaten ihr Gefolgschaft leisten, müssen auch die Soldaten die Gewißheit haben, daß auch ihnen volles Vertrauen geschenkt wird. Nur dann können sie nach meiner Auffassung ihrem verantwortungsschweren Beruf, der zu allen Zeiten größte persönliche Opfer verlangt, mit der ganzen Hingabe dienen, die gerade in der ersten schwierigen Zeit des Aufbaus für die Soldaten notwendig ist. Alle Maßnahmen in bezug auf die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte können der Sache und dem Staat nicht derart dienen wie gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zwischen den politischen und soldatischen Kräften ganz allgemein. Um dieses staatspolitisch so wichtige Ziel tatsächlich zu erreichen, müssen — wie auch die Erklärung der Bundesregierung sagt — die unberechtigten Vorurteile den Soldaten gegenüber wirklich endlich begraben werden, und zwar denjenigen Soldaten gegenüber, die ihre Pflicht erfüllt haben.
    Der Herr Bundeskanzler hat in dem Vorwort der von dem Herrn Kollegen Ollenhauer zitierten Schrift selbst angeführt: der Soldat muß vom Vertrauen des Volkes getragen sein. Ich meine, die Einordnung in den Staat wird der Soldat aller Dienstgrade um so leichter finden, wenn man ihm mit dem gleichen Vertrauen begegnet, das von ihm von seinen Vorgesetzten verlangt und sogar vorausgesetzt wird. Denn Mißtrauen, das wissen wir, ist ein sehr schlechter Erzieher, und Mißtrauen erzeugt Ängstlichkeit, erzeugt kein Verantwortungsbewußtsein und niemals Verantwortungsfreudigkeit. Deshalb begrüßen wir es, daß in der Regierungserklärung gesagt ist: Der Soldat verdient das Vertrauen der Gemeinschaft. Um so eher, meine ich, wird er auch in diese Gemeinschaft, in unsere Gemeinschaft, in den Staat hineinwachsen.
    Aber manchmal — ich darf das aussprechen, weil ich es selber am eigenen Leibe jahrelang gespürt habe — scheint sich doch hinter der Forderung des Primats der Politik in bezug auf militärische Fragen hin und wieder eine Art Ressentiment oder manchmal sogar ein Minderwertigkeitskomplex gewisser Männer den Militärs gegenüber zu verbergen. Aber, meine Damen und Herren, schließlich muß ja eine Armee auch geführt werden, und deshalb muß man auch überlegen, welche Rechte und nicht nur Pflichten bestimmte Generale in Schlüsselpositionen haben sollen, und zwar um der erfolgreichen Verteidigung willen. Nicht ihrer persönlichen Bedürfnisse wegen, nicht der Verhinderung eines Aufstands der Generale wegen soll ja


    (von Manteuffel [Neuß])

    schließlich unsere kommende Verteidigungsorganisation aufgebaut werden, sondern doch wegen des Willens, jeden Angriff von außen her auf den jungen Staat abzuwehren. Deshalb glaube ich, daß die Schaffung eines solchen psychologischen Klimas in der Wehrmacht als Teil auch unseres Staates, bei der sie dann nicht als eine krönende Überhöhung gelten kann, eine Grundbedingung dessen ist. Es ist uns ja doch nicht mit Versorgungswilligen dieser oder jener Färbung oder Art genützt, sondern wirklich nur mit Persönlichkeiten. Ein Wiederaufleben des gefürchteten Militarismus — ich glaube, wir sind alle überzeugt, daß er nicht kommen wird — ist meines Erachtens jedenfalls nicht von wirklichen Persönlichkeiten, sondern viel mehr von viel weniger geeigneten Männern zu erwarten, die überall im Leben eine unerfreuliche Erscheinung, ganz besonders aber in jedem Heere, sind.

    (Sehr wahr! rechts.)

    Der Soldat selber kann deshalb eine klare Gesetzgebung verlangen, und er muß sie verlangen, wobei unter anderem klar zum Ausdruck kommen muß, daß er in jedem Fall und in jeder Stellung Ratgeber ist und Ratgeber bleibt.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich folgendes sagen, auch wenn der Kollege Jaeger das von einem ehemaligen Preußen nicht gern hört. Es gehörte jedenfalls in den Truppenteilen, in denen ich die Ehre hatte zu dienen, nicht umsonst zum soldatischen Stil, daß im soldatischen Raum stets mehr von Pflichten als von Rechten die Rede war. In diesem Sinne, glaube ich, hat der Soldat von morgen ein Recht auf unser Vertrauen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)