Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beinahe schiene es mir notwendig, jetzt wieder über Justiz zu reden, um in ständigem Wechsel des Themas, wie wir ihn eben hatten, vielleicht wieder die Aufmerksamkeit der Damen und Herren dieses Hohen Hauses gewinnen zu können. Aber ich muß über den Haushalt sprechen, bemühe mich dabei aber doch, die Dinge anzusprechen, die man normalerweise in der dritten Lesung vorträgt, nicht schon eventuell in der zweiten. Ich kann auch nicht, wie der Herr Kollege Schoettle heute, eine große volkswirtschaftliche Grundsatzrede halten; darauf habe ich mich weder vorbereitet, noch wäre ich wahrscheinlich ohne Assistenz Erfahrener überhaupt dazu in der Lage. Ich möchte Ihnen aber doch noch ein paar Alltagsprobleme vortragen, die mir wichtig erscheinen, die bisher auch schon angeschnitten wurden, aber vielleicht nicht so intensiv, wie ich es für notwendig halte.
Schon der Herr Kollege Lenz hat darauf hingewiesen, daß die zahlenmäßige Anteilnahme des Hohen Hauses, das Interesse des Hohen Hauses an den Verhandlungen der Haushaltsberatung nicht allzu intensiv war. Einer der Gründe dafür ist der Geschäftsdrang, unter dem wir ständig stehen, unter den wir uns manchmal auch stellen lassen, nach meiner Auffassung ohne Not stellen lassen, und der schließlich dazu führt, daß ausgerechnet während jener Plenarsitzungen über das Budgetrecht, also über den Anfang des Parlamentarismus überhaupt, sechs und noch mehr Ausschußsitzungen stattfinden.
Ein anderer Grund mag darin liegen, daß — nach meiner Auffassung wenigstens — bei vielen
Bundestagsabgeordneten eine immer größer werdende Spezialisierung festzustellen ist. Es ist ja bekannt: der eine interessiert sich vornehmlich für Mittelstandsfragen, der andere für Agrarfragen, der dritte für Verkehrsfragen und der vierte versteigt sich sogar in die Gefilde der Außenpolitik. Dadurch kommt es, daß das Interesse an den allgemeinen Dingen immer geringer wird, — eine Entwicklung, die ich durch alle Fraktionen hindurch wahrnehme und die mir wenigstens äußerst gefährlich zu sein scheint, und zwar deshalb, weil wir dadurch die Gesamtschau verlieren. Ich möchte deshalb in diesem Zusammenhang auch speziell diesen Punkt erwähnt haben.
Nun komme ich zu einem Punkt, der nach meiner Meinung mit ein Hauptgrund für die nicht allzu intensive Anteilnahme des Hauses ist: Es sind der Umfang und die Schwierigkeit des Materials.
Auch das müssen wir einmal in aller Offenheit zugestehen. Bei der Fülle des Papiers, die auf uns alle einflutet, bei der Wahlkreisarbeit, die wir vielfach noch haben, ist es für einen Abgeordneten — wenn er nicht auf Grund seiner Haushaltsarbeit dazu besonders legitimiert und verpflichtet ist — einfach nicht möglich, sich so intensiv damit zu befassen, wie es notwendig wäre. Deshalb meine dringende Bitte an das Bundesfinanzministerium, an den Bundesrechnungshof: Schaffen Sie uns doch möglichst bald jene Neuordnung des Haushaltsrechts und bringen Sie in die Neuordnung wenigstens der Konzeption nach eine Unterscheidung zwischen den wichtigen wirtschaftspolitischen, finanzpolitischen Dingen, über die wir uns hier alle im Rahmen des Budgetrechts dann unterhalten und die wir beraten müssen, und den anderen, weniger wichtigen Routineangelegenheiten, Verwaltungstiteln, die wir meiner Meinung nach ruhig und gern periodisch wiederkehrend alle zwei, drei Jahre beraten könnten! Das scheint mir dringend notwendig. Damit würde nicht nur die Anteilnahme des Hohen Hauses geweckt werden können, dadurch wäre es auch möglich, daß wir den Haushaltsplan zeitgerecht verabschieden.
Weil ich gerade bei der formellen Seite der Haushaltsberatungen bin, darf ich noch auf einen Mißstand hinweisen, der sich bei den Haushaltsausschußberatungen allmählich eingeschlichen hat. Ich meine damit die Art und Weise, wie die Fachausschüsse auf die Entscheidungen des Haushaltsausschusses Einfluß nehmen. Meine Damen und Herren, ich weiß, daß ich jetzt über einen heiklen Punkt spreche, und ich bitte von vornherein, mir zu glauben, daß ich keineswegs überzeugt davon bin, daß der Haushaltsausschuß etwa Vorrechte haben müsse. Keineswegs! Er hat nur das einzige Vorrecht, daß er vielleicht mit einer besonders großen Arbeitslast ausgestattet ist,
aber sonst keines. Wir wollen auch keins.
Es ist selbstverständlich möglich und zweckmäßig, daß sich die Fachausschüsse mit den Einzelplänen der Ressorts beschäftigen, denen gegenüber sie gewissermaßen als parlamentarischer Gegenpol stehen. Das ist selbstverständlich, zweckmäßig und gut. Es ist auch nichts einzuwenden und es ist das gute Recht eines jeden Abgeordneten, daß er aus dieser Beratung heraus zu Anträgen zu dem einen oder anderen Titel kommt. Wir müssen
aber nach meiner Auffassung im Haushaltsausschuß unbedingt dazu kommen, daß bei Abstimmungen nur Mitglieder des Haushaltsausschusses
oder ordentliche stellvertretende Mitglieder des
Haushaltsausschusses mitwirken. Wenn wir nicht
dazu kommen, dann bleibt der Haushaltsausschuß
nicht mehr der Haushaltsausschuß, dann wird er
— je nachdem, was zur Debatte steht — einmal zu
einem Viertel, einmal zu einer Hälfte, manchmal
sogar vielleicht über die Hälfte zu dem Fachausschuß, zu jenem Fachausschuß nämlich, über dessen
Stellungnahme man gerade im Augenblick berät.
Das ist meiner Ansicht nach ein grundsätzliches Anliegen, das uns allen gleich bedeutsam sein müßte. Wie wir dieses Anliegen durchsetzen wollen, weiß ich nicht. Es gibt verschiedene Wege, z. B. eine Änderung der Geschäftsordnung; daran möchte ich nicht denken. Ich möchte meinen, es müßte möglich sein, daß wir uns in den Fraktionen auf diesen Nenner einigen und daß wir diese Methode zu einer feststehenden Übung werden lassen.
Noch etwas zu den Beratungen der Fachausschüsse. Nach meiner Auffassung müßte es das vornehmste Recht und die vornehmste Pflicht der Fachausschüsse sein, wenn sie Änderungsvorschläge machen, auch Deckungsvorschläge zu bringen. Das sage ich gar nicht ironisch, sondern aus der Überlegung, daß der Fachausschuß, der sich speziell mit dem ihm gegenüber stehenden Ressort befaßt, am besten, besser als der Haushaltsausschuß, in der Lage ist, die Wichtigkeit, Vordringlichkeit der einen oder anderen Aufgabe gegenüber anderen Problemen zu erkennen, und daß er dann sagen kann: Hier, diese Aufgabe scheint mir vom Politischen her gesehen wichtiger, deshalb möchte ich hier mehr Mittel aufgewandt haben als dort. Deshalb die zweite Bitte, doch auch Deckungsvorschläge einzureichen. Der Herr Vorsitzende hat einmal während einer Haushaltsausschußsitzung festgestellt, daß er es noch nicht erlebt habe, daß von Fachausschüssen Anträge gekommen seien, die sich nicht mit einer Erhöhung der Titel befaßt hätten.
Ich glaube, das Problem sollte ernst genug sein, daß wir alle uns darüber Gedanken machen und uns bei den nächsten Beratungen des Haushaltsausschusses entsprechend verhalten.
Nun ein weiteres Thema, die Entwicklung des Personalstandes. Sie erinnern sich vielleicht, daß ich in der ersten Lesung ziemlich eingehend dazu Stellung genommen habe, und es erscheint am Platze, heute das Fazit aus den Beratungen des Haushaltsausschusses und aus den Beratungen der zweiten und dritten Lesung zu ziehen. Das Ergebnis ist für uns, vor allem für die Mitglieder des Haushaltsausschusses, die wissen, welche Mühe sie sich gemacht und welche Kleinarbeit sie geleistet haben, nicht gerade ermutigend. Wir haben auf dem Gebiet des Personalwesens gegenüber der Regierungsvorlage 111 Beamtenplanstellen und 64 Angestelltenstellen eingespart. Ich sage, im Effekt, wenn Sie die Zahlen so hören, ist das vielleicht gar kein Ergebnis. Sie müssen aber bedenken, daß diesen Beratungen im Haushaltsausschuß schon die Verhandlungen zwischen dem Bundesfinanzministerium und den betreffenden Ressorts vorangegangen sind, ich möchte beinahe sagen, ein kleiner Krieg — wer diese Verhandlungen kennt, weiß das —, und daß dort der Bundesfinanzminister schon alle Ansprüche der Ressorts zurückgeschraubt hat. Wenn Sie das wissen, dann ist die Leistung des Haushaltsausschusses nach meiner Auffassung durchaus anzuerkennen. Dabei möchte ich aber keineswegs sagen, daß wir uns auf dem Gebiet schon am Ende fühlen dürfen.
In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir ein Wort zu dem neuen § 4 a, der gestern nach der Beratung in der zweiten Lesung in das Haushaltsgesetz gekommen ist und der besagt, daß jede freiwerdende vierte Planstelle wenigstens in diesem Haushaltsjahr nicht mehr besetzt werden darf. Ich möchte Ihnen sagen, warum ich gestern dafür gestimmt habe: nicht bloß, weil mich mit Herrn Kollegen Brese gemeinsame Haushaltsausschußarbeit verbindet, die uns gerade in Personalangelegenheiten immer in völliger Eintracht nebeneinander sieht, sondern vor allem aus einem anderen Grund. Wir müssen mit diesem Beschluß dem Bundesfinanzministerium moralisch den Rücken so stärken, daß es in Zukunft bei seinen Verhandlungen mit den Ressorts sagen kann: Bitte, kommt mir doch nicht mehr mit Erweiterungen in personeller Hinsicht. Es ist unmöglich, ihr kennt den Beschluß des Bundestages. Darin sehe ich den Hauptvorzug, daß wir endlich, um es mit anderen Worten zu sagen, von der Defensive, in der wir bisher in den Haushaltsberatungen immer waren, zur Offensive übergegangen sind
und daß wir das nicht wieder erleben, was wir bis jetzt jedes Jahr erlebt haben, daß immer wieder Personalvermehrungen in der Regierungsvorlage vorgesehen waren.
Ein Wort zu denen, die vielleicht gestern Zweifel daran gehabt haben, ob wir das machen können, ob wir das verantworten können. Ich möchte Ihnen sagen, ich bin überzeugt, daß wir es machen können. Ich bin nicht überzeugt, daß das der eleganteste Weg ist; nein, es ist für mich ein holpriger Weg. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß
im Haushaltsgesetz auch der § 13 steht, der den Bundesfinanzminister ermächtigt, Richtlinien zu erlassen zum ganzen Haushaltsgesetz. Die gröbsten Schwierigkeiten in der Praktizierung dieses neuen § 4 a können, glaube ich, dadurch beseitigt werden. Ich glaube, daß der Beschluß von gestern gut war.
Ich darf hier einmal gerade als ehemaliger Beamter ein Wort sagen, weil manchmal die Bestrebungen falsch aufgefaßt werden, warum wir in der Verwaltung sparen, warum wir die Aufblähung der Verwaltung zurückdrängen wollen. Gerade im Interesse der Beamten und der öffentlichen Angestellten sollte es heißen: So wenig wie nur möglich, so gut wie nur möglich, und dann auch entsprechend bezahlt! Das muß doch auf weite Sicht unsere Politik auf diesem Gebiet sein.
Ich muß aber in diesem Zusammenhang etwas sagen, was vielleicht manchem nicht angenehm klingt: Wir müssen auch für unser Teil die Konsequenzen ziehen. Es geht nicht an, daß wir dauernd nur rufen: „Weg mit der Verwaltungsaufblähung!", und auf der anderen Seite immer wieder Ände-
rungsanträge unterschreiben zu Gesetzentwürfen, die die Verwaltungsarbeit komplizieren,
und immer wieder unsere Unterschrift setzen unter Gesetzesanträge, von denen wir vielleicht annehmen können, es wäre schön und gut, wenn wir ein ähnliches Gesetz hätten, aber nicht unbedingt notwendig. Wenn wir diese Konsequenzen nicht ziehen, dann ist der Haushaltsausschuß unmöglich in der Lage, der sogenannten Aufblähung der Verwaltung weiter zu steuern.
Weil ich von der Personalentwicklung spreche, muß ich auch auf die sogenannte Ergänzungsvorlage zu sprechen kommen. Sie kennen j a diese Vorlage, die später eingereicht wurde. Ich habe nie verstanden, daß sich die Bundesregierung zu dieser Vorlage entschlossen hat, und ich bin nach wie vor der Auffassung, weniger wäre hier mehr gewesen. Ich habe auch im Haushaltsausschuß, als zum ersten Mal diese Vorlage zur Sprache kam, dafür plädiert, sie in Bausch und Bogen, unbesehen, ohne jede individuelle Prüfung, abzulehnen. Dieser Vorschlag ist nicht akzeptiert worden. Heute bin ich dankbar dafür, und zwar deshalb, weil wir in stiller Kleinarbeit zu dem gleichen Ergebnis gekommen sind. Die Vorlage ist fast ganz abgelehnt
Ich sage: in stiller Kleinarbeit. Wir haben keinen Lärm geschlagen, kein Getöse gemacht wie etwa der Bundesrat drüben. Ich muß hier mindestens kurz eine Angelegenheit erwähnen, die mich außerordentlich peinlich und schmerzlich berührt hat, nämlich den Bericht des Berichterstatters des Finanzausschusses des Bundesrats, von Minister Zietsch, bei Behandlung dieser Ergänzungsvorlage.
Er berichtete bei dieser Gelegenheit, daß nach der Stellenplanübersicht die Bundesverwaltung über nahezu 100 Ministerialdirektoren, über mehr als 400 Ministerialdirigenten und über mehr als 700 Ministerialräte verfüge. Daneben ständen noch 5000 Beamte des höheren Dienstes und mehr als 13 000 Beamte des gehobenen Dienstes. Meine Damen und Herren, es war klar, bei jedem, der mit der Materie nicht näher vertraut ist, entstand bei einer solchen Berichterstattung — noch dazu im kühlen, sachlichen Raum des Bundesrates — der Eindruck, als ob in Bonn bei den Ministerialbehörden 100 Ministerialdirektoren, 400 Ministerialdirigenten usw. beschäftigt wären. So ist es in der Öffentlichkeit aufgefaßt worden, und es ist festzustellen, daß diese Zahlen allgemeine Unruhe und Aufsehen erregt haben.
Und wie ist die Wahrheit? Die Wahrheit ist, daß von den 100 Ministerialdirektoren-Planstellen, die Minister Zietsch da anführte, 13 von Botschaftern, 22 von Verfassungsrichtern, 9 von Präsidenten oder Oberbundesanwälten bei den obersten Bundesgerichten ausgefüllt werden und daß für die Bundesministerien insgesamt 53 Ministerialdirektoren noch übrigbleiben.
— Ich höre eben: ist auch genug. Völlig meine Meinung! Ich bin immer gern bereit, auch hier noch mein Scherflein zur Verminderung beizutragen.
Bei den Ministerialdirigenten ist es genau so. Mehr als drei Viertel der Angeführten, nämlich genau 304 Beamte, sind auch nicht in Bundesministerien tätig, sondern sind Senatspräsidenten, Bundesrichter, Bundesanwälte — bei der Justiz allein 213 —, Gesandte, Konsuln, Generalkonsuln, Direktoren wissenschaftlicher Institute usw. usw.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen Einzelheiten nicht mehr bringen. Warum erwähne ich das? Einmal erwähne ich das im Interesse der Wahrheit und Gerechtigkeit. Nach meiner Auffassung geht es nicht an, daß auf einem so heiklen Gebiet eine verzerrte Darstellung gegeben wird, eine Darstellung, die nicht bloß verzerrt, sondern zum Teil objektiv unrichtig ist.
Das geht nicht an. Ich bedaure das, gerade ich bedaure das besonders lebhaft, weil ich gern an das besonders hohe Niveau des Bundesrates geglaubt habe, das hier erstmalig verlassen wurde. Offensichtlich hat Zietsch die Tribüne des Bundesrates mit einem Wahlversammlungslokal, nun, sagen wir: in Krähwinkel verwechselt. Vielleicht hat das in seine augenblickliche Koalitionskonzeption hineingepaßt.
Ich möchte hier in aller Öffentlichkeit auf diesen Unterschied zwischen der Darstellung drüben und
der Wahrheit hinweisen.
Nun, meine Damen und Herren, zu einem letzten Punkt, Sie sehen, ich halte Sie gar nicht mehr lange auf,
zu den finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern, die sich im Einzelplan 60 in dem dort vorgesehenen 40%igen Bundesanteil ausdrücken. Ich habe keine Einzelheiten hierüber vorzutragen. Wir haben gestern die zweite und dritte Lesung des Inanspruchnahmegesetzes gehabt, und in sachlichen Ausführungen haben die Herren Kollegen Seuffert, Dresbach und Wellhausen Stellung genommen. Was die sachlichen Ausführungen anbelangt, so können wir uns ihnen zum großen Teil anschließen, wenn wir auch den Schlußfolgerungen, die Herr Kollege Dresbach für seine Person, wie er ausdrücklich festgestellt hat, nicht folgen können. Wenn ich das Thema anschneide, so deshalb, weil ich mich gegen eine Methode wenden möchte, gegen die Methode einiger Länderfinanzminister, wie sie glauben, das Grundgesetz auslegen und den Föderalismus anwenden, um nicht zu sagen: strapazieren zu können. Ich meine jenen Entschluß einiger Länderfinanzminister, der dazu geführt hat, daß ein Teil der Länder 32,5 % und ein anderer Teil 38 % als Bundesanteil abgeführt hat. Dazwischen gab es noch Varianten. Gerade weil ich immer für den föderativen Aufbau unseres Staates eintrete, wende ich mich mit aller Schärfe gegen diese Methode.
Ich möchte mich von dieser Methode deutlich distanzieren, die nach meiner Auffassung keinerlei staatspolitische Konzeption zeigt und im Widerspruch zum Geist des Art. 106 Abs. 3 steht. Denn der Art. 106 Abs. 3 schreibt bekanntlich ein Bundesgesetz vor, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, also etwas Zweiseitiges und nicht etwas Einseitiges. Vor allem steht diese Methode nach
meiner Auffassung im Widerspruch mit dem Geist des Föderalismus. Denn „Föderalismus" kommt bekanntlich von „foedus" = „Bund, Bündnis", und das hier hat mit Bund und Bündnis nichts mehr zu tun. Das ist ein einseitiger Akt.
Ich bedaure diese Entwicklung deshalb, weil ich fest überzeugt bin, daß die Leute, die so gehandelt haben, damit den Gegnern des föderativen Staatsaufbaus in die Hände gearbeitet haben. Man darf bei dieser Frage nicht nur an heute denken, sondern wir müssen auch an morgen und übermorgen denken. Herr Kollege Vogel hat schon einiges angedeutet. Ich möchte schließen mit keinem innigeren Wunsch als dem, daß in den Unterausschuß des Vermittlungsausschusses, wo in den nächsten Tagen die Finanzverfassung weiterberaten wird, die Finanzminister wirklich als Staatsmänner mit einer staatspolitischen Konzeption und nicht als Rechner hineingehen, damit wir eines Tages, der einmal kommen wird bei der Wiedervereinigung, etwa bei der Neufassung` eines Grundgesetzes, einer neuen Verfassung, mit gutem Grund sagen können — und entsprechend auftreten können —: Das föderative System hat sich bewährt, es hat seine Bewährungsprobe bestanden, und wir können es weiter haben. Das wäre mein Wunsch.