Rede von
Frank
Seiboth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Behandlung und der nachfolgenden Abstimmung über den Einzelplan 30 befindet sich die Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/ BHE in keiner sehr beneidenswerten Situation.
Ich sage das sehr offen, und ich will auch begründen, warum. Gerade wir als eine der kleinen Fraktionen dieses Hauses, die wir uns seinerzeit auf Einladung der größten Fraktion zur Teilnahme an der Regierung entschlossen hatten, haben vor zwei Jahren in die Einrichtung dieser Institution der Sonderministerien wenn auch nicht übertriebene, so doch immerhin gute Hoffnungen gesetzt. Der Herr Bundeskanzler hat, wie auch im Vorwort zum Einzelplan 30 erwähnt ist, in der Regierungserklärung vom 20. Oktober 1953 gesagt, daß diese Sonderminister die Aufgabe haben würden, das politische Element im Kabinett stärker zur Geltung zu bringen
und außerdem eine engere Verbindung mit den hinter dem Kabinett stehenden Fraktionen des Bundestages herzustellen.
Nun, meine Damen und Herren, wir, die wir als kleinere Fraktion mit noch drei anderen Fraktionen in eine Koalition gingen, die also aus vier Parteien gebildet wurde und an deren Regierungsspitze ein Kanzler steht, der, wie in letzter Zeit in aller Öffentlichkeit, auch in der Presse öfter erwähnt wurde, von dem ihm verfassungsmäßig zustehenden Recht, die Richtlinien der Politik zu be-
stimmen, recht ausgiebig und weitestgehend Gebrauch macht, wir waren nun der Meinung, daß diese Einrichtung der Sonderminister im Hinblick auf die ihnen vom Herrn Bundeskanzler gestellte wichtige Aufgabe es auch uns, den kleineren Fraktionen, nicht nur ermöglichen würde, darüber unterrichtet zu werden, was das Kabinett politisch vorhat, sondern auch unsere besonderen Wünsche im Kabinett entsprechend zur Geltung zu bringen. Ich muß offen eingestehen, daß viele meiner politischen Freunde, nicht zuletzt auf Grund der Erfahrungen, die wir in der letzten Woche bei der Behandlung sozialer Fragen im Plenum des Bundestages gemacht haben, der Meinung sind, daß wir zwar innerhalb der Koalition in außenpolitischen Fragen im großen und ganzen einer Auffassung sind, daß aber auch die Einrichtung der Sonderminister — Verbindung zwischen Koalitionsfraktionen und dem Kabinett — es nicht vermocht hat, bei gewissen unterschiedlichen Meinungen, die immer da sein werden, wenn wir nicht der Uniformität in der Politik huldigen wollen, gewisse Dramatisierungen zu verhindern, und daß wir besonders auf dem sehr weiten Gebiet der Innenpolitik, im besonderen der Sozialpolitik, mit unseren Wünschen von unseren Koalitionspartnern bisher weitgehend im Stich gelassen worden sind.
Hier — wir müssen das offen aussprechen — ist innerhalb unserer Fraktion und auch unserer Wählerschaft eine tiefe Mutlosigkeit, um nicht zu sagen Verbitterung eingetreten.
Wenn man uns immer bei noch so bescheidenen sozialen Wünschen, so berechtigt sie auch sind, entgegenhält: Für diese Zwecke ist das nötige Geld nicht da, dann müssen wir, auch wenn es sich um verhältnismäßig kleine Beträge im Rahmen des Gesamthaushalts handelt, Einsparungen an Ausgaben vornehmen, die für Einrichtungen eingesetzt sind, die sich in unserem Sinne eben nicht voll und ganz bewährt haben.
Auf der anderen Seite haben wir aber als Koalitionspartei seinerzeit diese Einrichtung mit den anderen vereinbart. Wir meinen, wir sollten den Weg der Abschaffung der Sonderministerien, den wir von uns aus zu gehen entschlossen sind, nicht über den Etat gehen. Das käme einer Art Roßkur gleich, bei der man nicht weiß, welchen Erfolg sie unter Umständen haben würde. Wir haben deshalb in unserer Fraktion beschlossen, sehr bald nach der Verabschiedung des Etats sowohl an die Bundesregierung als auch an unsere Koalitionspartner mit dem dringenden Verlangen heranzutreten, die Sonderministerien abzuschaffen.
Das ist auch der Grund, um eines gewissen Koalitionsstiles wegen — sagen wir es einmal so —,
warum kaum jemand aus unserer Fraktion dem Antrag auf Streichung des Etats zustimmen wird. Dagegen wird es in unserer Fraktion bei der Abstimmung über den Einzelplan 30 wohl in überwiegender Zahl Enthaltungen geben.
Ich hatte den Auftrag, im Namen meiner politischen Freunde, die sich bei diesem Einzelplan der
Stimme enthalten werden, Ihnen die Begründung für unser Verhalten bekanntzugeben.