Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, anläßlich der Etatberatung eine verkehrspolitische Debatte zu entfachen. Ich werde mich darauf beschränken, dem einen oder anderen etwas Nachdruck zu geben und vielleicht da und dort eine kurze Begründung für die Änderungsanträge vorzutragen.
Wichtig erscheint uns vor allen Dingen die Abnahme der betriebsfremden, der politischen Lasten von der Hand oder, wenn Sie so wollen, vom Rükken der Deutschen Bundesbahn. Ich muß das wiederholen, was der Kollege Müller-Hermann hier schon gesagt hat: man soll eine klare Atmosphäre schaffen, der Bundesbahn — ich will es etwas gröber ausdrücken — die Möglichkeit nehmen, notwendige Rationalisierungen, Umorganisationen vielleicht hinter diesem Schild zu verstecken. Diese betriebsfremden Lasten sind im großen und ganzen — mit einigen Schwankungen über ihre Höhe — anerkannt worden. Nun sollen sie vom Bund übernommen werden. Damit ist der Bundesbahn die Chance, aber auch die große Verpflichtung auferlegt, auch von sich aus alle Kräfte anzuspannen. Wir können das auch mit Fug und Recht nahezu verlangen, da wir in diesem Haushaltsplan der Bundesbahn global 730 Millionen DM sozusagen zudiktieren.
Der andere Schwerpunkt des Etats — ich hoffe, daß die Herren Minister dafür auch noch immer wieder Interesse aufbringen — ist nämlich der Straßenbau und wird er auch für die nächsten Jahre und vielleicht auch für das nächste Jahrzehnt in jeder Beziehung bleiben. Ich fühle mich nicht als Vertreter irgendeines Interessenverbandes; aber ich kann wohl sagen, daß von der Seite der Straßenbauer und auch der der Straßenbenutzer mit Recht herausgestellt worden ist, daß die große Aufgabe, die uns hier bevorsteht, nur gelöst werden kann, wenn die durch die steigende Motorisierung anfallenden zusätzlichen Beträge aus den bisherigen Abgaben des Kraftverkehrs gleichfalls ungeschmälert den Straßenbauaufgaben zugeführt werden, ich wiederhole: ungeschmälert!
Mir ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken, daß im Etat des Bundesverkehrsministeriums 282 Millionen DM auf der Ausgabenseite stehen und, wie wir berechnet haben, Herr Kollege Müller-Hermann, 340 Millionen DM einkommen sollen. Ich
habe das Empfinden„ als ob man bezüglich der Ausgabenbeschrankung die Kannare zu scharf anzieht. Man sollte hier eher bis an die letzte Möglichkeit herangehen, um alles zu tun, was für den Straßenbau überhaupt nur denkbar ist. Wenn ich allein an die Beseitigung der Frostschäden denke! In einem einzigen Kreis — ich will ihn hier jetzt nicht nennen, sonst heißt es wieder: der spricht für irgendeinen Wahlkreis — sind allein — und dieser Kreis ist gar nicht einmal groß — für 2 Millionen DM Frostschäden zu beseitigen. Das kann solch ein Kreis gar nicht tragen. Das ist ebenso unmöglich, als wenn man sagte: Wir wollen — ich stimme Herrn Dr. Bleiß da zu — 40 Millionen DM zusätzlich für die Beseitigung der schienengleichen Übergänge eingesetzt sehen. Gut, vielleicht noch mehr, wenn es möglich ist. Der Gesamtplan, wollte man alle schienengleichen Übergänge in Westdeutschland beseitigen, würde nach meinem Dafürhalten eine Summe von nahezu 8 Milliarden DM erfordern. Was sind dagegen die 40 Millionen DM, die Herr Dr. Bleiß gefordert hat! Aber die 40 Millionen DM sollen in die Kasse der Bundesbahn fließen. Die übrigen 40 Millionen DM müßten, wenn man einen solchen Betrag aufbringt, dann von den Gemeinden aufgebracht werden; denn gewöhnlich liegen die schienengleichen Übergänge im Ortsbereich von Gemeinden oder kleineren Städten. Und da kommen wir, ich möchte sagen, an den neuralgischen Punkt: das Kreuzungsgesetz, die Teilung der Kosten 50 zu 50 %. Hier wäre doch einmal dem Herrn Verkehrsminister und dem Herrn Finanzminister die Aufgabe gesetzt, das Kreuzungsgesetz einer Reform, zumindest einer Überarbeitung zu unterziehen oder aber — wenn man das nicht will — im Wege eines Finanzausgleichs und eines großen Verkehrswegeplanes, den wir schon oft diskutiert haben, den Gemeinden und Kreisen tatsächlich Mittel zur Verfügung zu stellen. Denn irgendwo ist die Grenze der Leistungsfähigkeit hier erreicht. Die großen Aufgaben, die uns hier bevorstehen, sind nicht durch Redereien zu erledigen. Das bleibt alles so; das bleibt von Besprechung zu Besprechung und von Sitzung zu Sitzung. Es wird in diesem Falle nicht energisch genug dahintergehakt.
Im übrigen hoffe ich, daß sich die Öffa auch noch zu einer stärkeren Vorfinanzierung entschließt, damit der Straßenbau noch weiter vorwärtsgetrieben werden kann. Ich nehme an, daß es nicht bei den nur 16,3 Millionen DM bleibt, die hier unter Tit. 750 eingeplant sind. Es heißt da sehr schön, es bleibt im Ermessen des Herrn Bundesfinanzministers. Ich bin nun etwas skeptisch geworden, aber ich hoffe, daß die Summen, die dann noch eingehen werden — in bezug auf die deutsche Wirtschaftsentwicklung bin ich optimistisch eingestellt —, auch tatsächlich dem Straßenbau zur Verfügung gestellt werden.
Was nun überhaupt — das will ich nur mit wenigen Worten noch abtun — die Teilung der Aufgaben zwischen den Verkehrsträgern angeht, die heute immer wieder herangeholt wurde, so glaube ich, daß man hier, Herr Bundesverkehrsminister, nur von der tarifarischen Seite her operieren kann. Ich sehe es als einen Lichtblick an, daß jetzt in dem Ausnahmetarif — B 3 ist es wohl — für Bimssteine der Versuch unternommen wird, so etwas wie eine volkswirtschaftliche und verkehrsmäßige Schwerpunktbildung und Aufgabenabgrenzung zwischen Schiene und Kraftwagen ganz organisch aufzubauen. Hier sehen wir geradezu einen Lichtblick.
Im übrigen: Tarife hin, Tarife her; sie basieren auch auf der Frage der echten Selbstkosten. Ich stelle fest, daß wir in Kap. 12 02 einen Tit. 305 haben mit einem Ansatz von 445 000 DM für die Ermittlung der Selbstkosten. Ich hoffe, daß uns der Bundesverkehrsminister bald einmal die Resultate aus dieser Etatsumme von 445 000 DM, d. h. dem Aufwand, vorlegen kann.
Ich möchte noch eins besonders betonen: Die Lösung des Problems der Maße und Gewichte, der Zuglängen und Achsdrücke ist sehr prekär, auch bezüglich der Zeitfrage. Die großen Auftraggeber stornieren ihre Aufträge; die Werke kommen, wie man so sagt, in Verdrückung. Der Herr Bundesverkehrsminister hat entsprechende Zusagen im Hinblick auf die Manipulation, die Methode gegeben, und ich bin sicher, daß wir uns alle anstrengen müssen, um hier bald zu einer Lösung zu kommen und um wieder eine gewisse Beruhigung in die Konstruktionsbüros, in die Fabrikation und bei den Benutzern aller Fahrzeuge hineinzutragen. Falsch wird es sein, überstürzt zu handeln, aber ebenso falsch, die Entscheidung weit und immer weiter hinauszuzögern. Ich möchte das Hohe Haus darauf hinweisen, daß der Verkehrsausschuß kürzlich eine Presseverlautbarung herausgegeben hat, wonach — die Entscheidung mag fallen, wie sie will — für entsprechende Übergangsfristen Sorge getragen werden soll. Meiner Überzeugung nach muß auch dafür Sorge getragen werden.
Ich möchte mich nun einzelnen Punkten zuwenden, und zwar zunächst zu dem Bericht des Herrn Kollegen Ritzel. In Drucksache 1512 unter Ziffer 4 heißt es am Schluß des Ausschußantrags:
... den Antrag der Fraktion des GB/BHE betr.
Fahrpreisermäßigung für Vertriebene und
Sowjetzonenflüchtlinge — Drucksache 486
abzulehnen.
Ich möchte von mir aus das Hohe Haus bitten, diesen Antrag nicht abzulehnen, sondern dem Antrag Drucksache 486 zuzustimmen. Ich habe es als schmerzlich empfunden, daß bei der Debatte über diesen Antrag in den Ausschüssen der Schwerpunkt auf eine finanzielle Erstattung von seiten des Bundesfinanzministers für die Bundesbahn gelegt wurde. Das war gar nicht der Sinn des Ganzen. Ich bin mir darüber klar: Wenn ich eine Million Anträge bekomme — bei drei freien Fahrten vielleicht bis Mitte nächsten Jahres — und wir eine mittlere Reiseentfernung von soundso viel Kilometern mit vielleicht 20 Mark annehmen, dann macht die Hälfte davon, die übernommen werden soll, einen Betrag von 30 Millionen Mark aus. Das ist gar nicht tragbar. Es ist ganz sicher, daß dann der Haushaltsausschuß sagt: Das können wir nicht.
Es dreht sich aber um etwas ganz anderes. Das Problem selbst ist ein soziales und ein politisches. Die Bundesbahn ist bisher noch nie auf den Gedanken gekommen, zu erklären: Ich wünsche vom Finanzminister eine Rückerstattung der 50%igen Fahrpreisermäßigungen, die ich für Gesellschaftsfahrten gebe.
Ab 25 Personen gebe ich 50 % und ab 12 Personen — ich habe ja die Originalanzeigen der Bundesbahn in der Hand gehabt, ihre Reklame sozusagen — gebe ich 33 1/3 %. Sie tut das aus einer kal-
ten, nüchternen, rein kaufmännischen Überlegung indem sie sagt: Wenn ich hier einen genügenden Anreiz biete, bekomme ich die Leute in meine Waggons, d. h. in meine Personenzüge.
Hier handelt es sich jedoch darum, Millionen von Vertriebenen, Lagerinsassen und Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, aus der Beschränkung des Lagerlebens herauszukommen, die Trennung von Familienangehörigen zu überwinden und ihnen, die den Willen haben, sich Wohnung und Arbeit zu beschaffen, eine Unterstützung zuerteilen. Von 100 Personen wird, wenn man den Satz umrechnet, eine Person auf halben Fahrpreis fahren, d. h. auf 100 Fahrgäste wird eine Person zum halben Fahrpreis mitgenommen, und zwar nicht jede x-beliebige Person, sondern nur die, deren Einkommen unter dem Fürsorgerichtsatz liegt bzw. seine Höhe erreicht. Das also war das Anliegen. Ich kann mich entsinnen, daß auch Herren der SPD sich damals wärmstens dafür eingesetzt haben. Es ist mir der Gedanke entgegengehalten worden: Ja, Herr Kollege Körner, aber zehn Jahre nach der entsetzlichen Katastrophe muß ja nun einmal mit all diesen Ausnahmen Schluß sein. Ich würde dem zustimmen, wenn das Problem politisch und sozial gelöst wäre; aber es ist nicht an dem. Deshalb bitte ich nochmals das Hohe Haus, hier an der richtigen Stelle großzügig zu verfahren. Die Bahn bricht ebensowenig wie unter der 50%igen Ermäßigung ihrer Gesellschaftsfahrten zusammen, wenn sie hier hilft, diese Dinge noch einmal bis zur Mitte des nächsten Jahres mitzuziehen, damit wir zu einer Beruhigung kommen, und die Menschen zum halben Fahrpreis fahren läßt. Es handelt sich, wie ausdrücklich betont sei, nur um die Minderbemittelten. Sie sollen Gelegenheit haben, ihre Verwandten, Kinder oder Eltern zu besuchen oder sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen. Das zu Drucksache 486.
Nun habe ich noch einen Antrag auf Umdruck 427 gestellt. Er betrifft das Problem der Wetterstation in Berlin Flughafen Tempelhofer Feld. Auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof ist 1945 von den Besatzungsmächten eine aerologische Station eingerichtet worden. Der Senat Berlin hat diese aerologische Station übernommen. In dem neuen Etat ist sie gestrichen; sie soll durch eine einfache Windmeßstation ersetzt werden.
Es handelt sich hier noch um folgendes. Man erklärt, man könne mit dieser Windmeßstation Tempelhof — Berlin ist ja mit einer der Flughäfen für die Zukunft — auskommen, indem man sich auf die Resultate einer in der Sowjetzone befindlichen Station, Lindenberg, beruft. Diese Station liegt 70 km südöstlich von Berlin-Tempelhof. Die Fluggesellschaften erklären, daß sie sich auf die Angaben aus der Sowjetzone — wir sind ja davon abhängig — nicht völlig verlassen können, weil die mathematischen Ausrechnungen nach Messungen erfolgen, die in Lindenberg mit veralteten technischen Apparaturen vorgenommen werden. Ich möchte also, um es kurz zu machen, sagen, daß wir hier nicht über Zwirnsfäden stolpern, sondern diese 80 000 DM einsetzen sollten. Wenn wir diesen Zuschuß nicht mehr zahlen, würden wir uns in die Abhängigkeit einer Meßstation der Sowjetzone begeben und die Fluggesellschaften in Verlegenheit bringen. Die Fluggesellschaften erklärten seinerzeit, sie könnten dann die Frühflüge nicht mehr rechtzeitig durchführen. Wir sollten den Flughafen in Berlin mit den gleichen Radarstationen, Radiosondenaufstiegen und dergleichen versehen, wie sie die anderen großen Flughäfen, z. B. Frankfurt am Main usw., haben. Ich bitte also das Hohe Haus, dem Antrag auf Umdruck 427 stattzugeben.