Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich in den verflossenen Jahren zum Haushalt des Bundeskanzlers von dieser Stelle gesprochen habe, habe ich stets darauf hinweisen müssen, daß durch die starke Belastung, die der Herr Bundeskanzler sich selbst auferlegt hat, auf innenpolitischem Gebiete viele Schwierigkeiten und Versäumnisse entstanden sind. In diesem Jahre bin ich in der angenehmen Lage, meine Ausführungen mit einem Glückwunsch, ja sogar mit einem doppelten Glückwunsch zu beginnen. Der eine gilt dem Herrn Bundeskanzler, da er nunmehr die Last — Herr Bundeskanzler, ich möchte es ja gern genau sagen; aber es ist in diesem Fall etwas schwierig: eins ist zuwenig und zwei ist sicher zuviel —, also sagen wir vielleicht: von anderthalb Ministerien losgeworden ist.
Der zweite Glückwunsch sollte Herrn von Brentano gelten, der ja leider im Augenblick nicht anwesend ist, ein Glückwunsch dahin, daß er nun aus seinem jahrelangen Dasein als AußenministerKronprinz endlich erlöst worden ist.
Diese Erlösung kam zwar nicht, wie das sonst in den Märchen üblich ist, durch den Kuß einer schönen Prinzessin — wir hätten das Herrn von Brentano sicher alle gern gegönnt —,
sondern kam durch einen Beschluß des Herrn Bundeskanzlers. Sehen Sie, meine Damen und Herren, wenn die Erlösung nach dem Märchen durch den Kuß der schönen Prinzessin gekommen wäre, wäre es eine vollständige Erlösung gewesen, während wir einige Zweifel haben, Herr Bundeskanzler, ob bei Ihrem Beschluß diese Erlösung nun auch tatsächlich eine vollständige gewesen ist.
Zu den Fragen der Außenpolitik wird mein Fraktionskollege Schmid nachher noch Stellung nehmen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur eine Bemerkung machen. Herr Bundeskanzler, es wäre weder für die deutsche Politik noch für den Außenminister glücklich, wenn er sozusagen nur als stellvertretender Außenminister von Ihnen betrachtet würde.
Stellvertreter haben aus sachlichen Gründen — ich kann das ja sagen — in der Regel die Aufgabe, zu Hause zu bleiben, und Sie haben bei der letzten politischen Reise, Herr Bundeskanzler, den Außenminister ja auch zu Hause gelassen.
Wir hoffen, um mit einem Wort der vergangenen Zeit zu reden, daß das nun wirklich eine einmalige Erscheinung gewesen ist.
Infolge der Entlastung, die Sie, Herr Bundeskanzler, jetzt bekommen haben, werden Sie hoffentlich Zeit finden, sich um die entscheidenden Fragen der Innenpolitik etwas mehr zu kümmern und auch hier, wie es nach dem Grundgesetz Ihre Aufgabe ist, die Richtlinien der Politik bestimmen.
Es erweckt doch in der Bevölkerung nicht gerade Vertrauen zur Demokratie — wenn man nicht einen schärferen Ausdruck gebrauchen will —, wenn jetzt z. B. seit fast einem halben Jahr der Bevölkerung in regelmäßigen Abständen mitgeteilt wird, daß über die Frage der Sozialreform in der nächsten Woche eine Sondersitzung des Kabinetts stattfinden soll.
Das fing, wenn ich mich nicht irre, im Januar an. Das hat sich bis heute fortgesetzt — inzwischen ist schon ein halbes Jahr verflossen —, und diese außerordentliche Kabinettssitzung hat immer noch nicht stattgefunden. Wir wissen ja auch sonst, wie wenig von Ihrem vor zwei Jahren angekündigten Programm auf innerpolitischem Gebiet bisher durchgeführt worden ist.
Ich muß in dem Zusammenhang, Herr Bundeskanzler, auch heute wieder an den § 12 der Geschäftsordnung der Bundesregierung erinnern. Ich habe ja fast in jedem Jahr auf diese Dinge hinweisen müssen. Ich glaube, Sie müßten doch endlich einmal darangehen, die Bestimmung dieses § 12 auch zu beachten. Der § 12 lautet bekanntlich:
Äußerungen eines Bundesministers, die in der Öffentlichkeit erfolgen oder für die Öffentlichkeit bestimmt sind, müssen mit den vom Bundeskanzler gegebenen Richtlinien der Politik in Einklang stehen.
Sie haben aus dieser Bestimmung des § 12 nicht, wie es nach unserer Auffassung notwendig gewesen wäre, die personellen Konsequenzen gezogen. In einer Bundestagssitzung — ich glaube, es war vor zwei Jahren — haben Sie mir, als ich über diese Frage sprach, zugerufen, dieser Paragraph sei in die Geschäftsordnung gewissermaßen nur als Warnung für die Bundesminister hineingekommen. Aber, Herr Bundeskanzler, es heißt in diesem § 12 ausdrücklich: ,,. . . müssen mit den vom Bundeskanzler gegebenen Richtlinien der Politik in Einklang stehen." Ich glaube, Sie und die Bundesregierung sollten doch Wert darauf legen, daß die Bevölkerung draußen sieht: Sie beachten auch die Gesetze, die Sie sich selbst gegeben und selbst auferlegt haben.
Ich muß in diesem Zusammenhang doch einiges vorbringen. Ich will mich auf zwei Fälle beschränken. Es ist sicher gegenüber dem ersten Bundestag und dem ersten Bundeskabinett durch die Ermahnungen, die Sie Ihren Ministern gegeben haben, mit den Sonntagsreden etwas besser geworden. Aber dem Herrn Minister Seebohm, der ja vielleicht im Dementieren in dem jetzigen Kabinett eine noch größere Aktivität entfaltet als während der Zeit des ersten Bundestages, ist in der letzten Zeit wieder durch den Sinn gegangen, daß er einmal einiges zu der innenpolitischen Entwicklung sagen müßte. Er hat in Versammlungen ausgeführt, die Bundesrepublik bedürfe allein schon wegen ihrer erheblichen inneren Gefährdung eigener Streitkräfte. In diesem Zusammenhang hat er weiter auf den Deutschen Gewerkschaftsbund und industrielle Interessenverbände als mögliche Gefahr für die innere Stabilität der Bundesrepublik hingewiesen.
Herr Bundeskanzler, entspricht es den Richtlinien
Ihrer Politik, daß die Streitkräfte zu diesem Zweck
notwendig sind und zu diesem Zweck mit auf-
gebaut werden sollen? Sie haben bisher zu diesen Äußerungen Ihres Verkehrsministers keine Stellung genommen. Ich möchte auf die Debatte, die hier vor einigen Tagen über die Wehrfrage stattgefunden hat, nicht zurückgreifen. Wir werden ja bei der ersten Lesung des sogenannten Freiwilligengesetzes noch die Möglichkeit haben, darauf zurückzukommen. Aber diese Äußerungen des Verkehrsministers zeigen doch eine Auffassung, von der die Bevölkerung unbedingt wissen muß, ob sie nun den Richtlinien Ihrer Politik entspricht.
Der zweite Fall, den ich kurz zur Sprache bringen möchte, bezieht sich auf die Äußerungen des Herrn Familienministers in der 56. Sitzung des Bundestages am 18. November 1954. Sie, Herr Bundeskanzler, waren bei dieser Sitzung nicht zugegen. Ein Redner meiner Fraktion und auch ein Vertreter der Fraktion des GB/BHE haben damals ausdrücklich den Wunsch geäußert, Sie möchten die Angelegenheit überprüfen und dem Hause berichten. Das Überprüfen haben Sie offenbar getan; denn Sie haben im bayerischen Wahlkampf in einer Wahlversammlung einmal in einer Äußerung betont — wenn die Presse richtig berichtet hat, was ich nicht bezweifle —, daß Sie mit den Äußerungen von Herrn Wuermeling nicht ganz einverstanden seien, und Sie haben hinzugefügt, Sie würden mit ihm reden. Vielleicht haben Sie das getan, da Herr Wuermeling ja in der letzten Zeit etwas schweigsamer geworden ist. Aber, Herr Bundeskanzler, warum haben Sie denn nicht dem Wunsch, der hier aus dem Hause kam, entsprochen und sind auf die infamen Äußerungen des Familienministers in einer kurzen Erklärung eingegangen? Sie können doch nicht den Vorfall, der sich hier im Hause abgespielt hat und in dem das ganze Haus sich von dem Familienminister brüskiert und beleidigt fühlte, damit erledigen, daß Sie in einer öffentlichen Versammlung eine beiläufige Bemerkung machen.
Oder legen Sie vielleicht auch hier wieder Wert darauf, durch ein solches Verfahren Ihre Achtung oder Mißachtung des Parlaments deutlich und demonstrativ zu unterstreichen?
In den Bereich der Richtlinien der Politik gehören auch die Fragen der Personalpolitik. Es scheint mir höchste Zeit zu sein, Herr Bundeskanzler, daß Sie sich hier um die Entwicklung kümmern und vor diesem Hause einmal die Richtlinien der Personalpolitik darlegen. In Art. 3 des Grundgesetzes ist bestimmt, daß keiner seiner religiösen oder politischen Einstellung wegen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Herr Bundeskanzler, wie ist es mit dieser Bestimmung der Verfassung in Einklang zu bringen, wenn aus einem Ministerium einem Bewerber mitgeteilt wird: „Ihre Bewerbung kann leider nicht berücksichtigt werden, da die für die Evangelischen vorgesehenen Ministerialratstellen in diesem Ministerium bereits besetzt sind"?
Sie mögen zu der Erkenntnis gelangt sein, daß bei der gesamten politischen Situation, wie wir sie in der Bundesrepublik haben, die Bundesregierung durch diese Verfassungsbestimmung überfordert ist. Aber, Herr Bundeskanzler, dann kann man sie doch nicht einfach beiseiteschieben, sondern dann müssen Sie diese Dinge doch hier vor dem Hause einmal zur Sprache bringen und müssen doch auch
entsprechende Änderungsvorschläge machen. Es handelt sich hier um einen Fall — auch das ist wohl bei der ganzen Beurteilung noch bemerkenswert —, der unter das Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes fällt. Entspricht nun die in diesem Schreiben zum Ausdruck gekommene Einstellung Ihrer Auffassung oder der Auffassung des Bundeskabinetts, und sind Sie, wie ich schon ausführte, der Auffassung, daß das Kabinett durch diese Bestimmung des Grundgesetzes praktisch überfordert ist? Es ist doch unerträglich, daß man durch derartige Bescheide in der Bevölkerung die Feststellung treffen muß, daß sich die Bundesregierung über Bestimmungen des Grundgesetzes einfach hinwegsetzt.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir dann, daß ich einen zweiten Fall anschneide, der beweist, wie es auf personalpolitischem Gebiet vielfach aussieht. Ich hatte vor einiger Zeit Veranlassung, mich um den Fall eines kleinen Angestellten zu kümmern. Ich möchte gleich feststellen, und ich habe das auch in einem Brief, den ich dem Personalchef der Verwaltung geschrieben habe, ganz klar und offen zum Ausdruck gebracht, daß sich dieser kleine Angestellte nicht gerade immer sehr klug und geschickt benommen hat. Er hat sicher seinen Vorgesetzten Veranlassung gegeben, sich über ihn zu ärgern. Aber es handelt sich hier um das typische Schicksal eines jungen Menschen, der nach dem Verlassen der Schule zur Wehrmacht eingezogen wurde, dann kurze Zeit in der freien Wirtschaft tätig war, bei Ausbruch des Krieges wieder eingezogen wurde und dann jahrelang Soldat sein mußte. Für einen solchen Menschen ist es natürlich schwer, sich in den Bereich einer Verwaltung einzufinden und einzufügen. Bei halbwegs guter Menschenführung wäre es meines Erachtens möglich gewesen, durch eine entsprechende Aussprache mit diesem jungen Menschen dafür zu sorgen, daß er sich langsam eingefügt hätte. Aber statt dessen, weil man sich über ihn geärgert hatte, versuchte man, ihn auf alle Fälle loszuwerden. Nun setzte innerhalb dieser Verwaltung ein Verfahren ein, das man nur noch mit einem „Fertigmachen" bezeichnen kann.
Er hat dann in einem verzweifelten Augenblick
selbst sein Entlassungsgesuch geschrieben, und
diesem Gesuch wurde natürlich sofort entsprochen.
Als ich von dem Fall Kenntnis bekam, habe ich mich mit der ,zuständigen Verwaltung in Verbindung gesetzt und habe gefragt, ob nicht eine Wiederverwendung möglich sei. Dabei wurde mir folgendes gesagt: Eine Wiederverwendung ist nicht möglich, weil sich der betreffende Angestellte geweigert hat, Anordnungen seiner Vorgesetzten durchzuführen. Nun, meine Damen und Herren, wenn das so wäre, würde jeder sagen: das ist ein berechtigter Entlassungsgrund gewesen. Ich habe daraufhin — das ist die einzige Unterredung, die ich mit dem Mann gehabt habe — diesen Mann gefragt, und er hat mir zweimal auf eindringliches Vorhalten erklärt: Das kann gar nicht in Frage kommen, und ich möchte darauf bestehen, daß diese Angelegenheit geklärt wird. Ich habe das dem Personalchef der Verwaltung mitgeteilt. Anstatt nun einmal zu klären, ob der Vorfall wirklich so gewesen ist, und mir kurz und sachlich Bericht darüber zu erstatten, schrieb er mir einen langen Brief, in dem erstens einmal die alten Vorwürfe wiederholt waren, die mir schon längst mitgeteilt
waren. Dann befand sich noch eine Anlage dabei, die auch den Personalakten beigefügt werden sollte. Ich muß schon sagen: als ich dieses Blatt gelesen habe, habe ich mich im tiefsten Innern geschämt, daß so etwas in einer Verwaltung möglich ist. All das, was man nur an Klatsch und Tratsch und Hinterhältigkeiten zusammentragen kann, war in dieses Blatt aufgenommen worden.
Ich bin überzeugt, meine Damen und Herren, wenn jemandem von uns ein solches Blatt in die Hand gegeben worden wäre, dann hätten wir in der einzig richtigen Weise reagiert: wir hätten den Schreiber schleunigst zur Tür hinausgeworfen und hätten ihn wahrscheinlich aus der Verwaltung hinausgeworfen. Aber das geschieht hier nicht, sondern dieses Blatt soll zu den Personalakten genommen werden. Dabei weiß der betreffende junge Mensch gar nicht einmal, was hier gegen ihn an Klatsch und Tratsch zusammengetragen worden ist und was sich nun in seinen Personalakten befindet. Wenn er sich später einmal um eine Stelle bewirbt und die Personalakten herangezogen werden, wird man natürlich sagen: eine Einstellung ist nicht möglich; und der Mensch erfährt in seinem Leben nicht, was eigentlich an Vorbehalten gegen ihn gemacht wird. Erst auf mein eindringliches Schreiben hin und auf den Hinweis, daß man doch in einer großen Verwaltung so nicht verfahren könne, hat mir der Personalchef mitgeteilt, daß auch er sich davon überzeugt habe, das Blatt könne nicht in die Personalakten hineinkommen, er habe seine Entfernung veranlaßt. Aber was wäre geschehen, wenn ich nicht zufällig diesen Fall in die Hand bekommen hätte und mich um diese Dinge hätte kümmern können!
Sehen Sie, Herr Bundeskanzler, das ist es eben, was heute in den Verwaltungen der Bundesrepublik einen, ich möchte sagen: so unglücklichen Geist erzeugt, einen Geist, der sich sicher nicht zum Vorteil der Verwaltung auswirkt. Der Personalchef hat mir dann — und auch das möchte ich in diesem Zusammenhang noch sagen — mitgeteilt, er könne sich ja schließlich bei der großen Verwaltung nicht um jeden kleinen Angestellten kümmern. Darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten, meine Damen und Herren! Gewiß kann er das nicht; aber wenn ihm mitgeteilt wird, daß hier offenbar Unrecht geschehen ist, dann hat er sich auch bei einem kleinen Angestellten um diese Angelegenheit zu kümmern!
Unrecht bleibt doch Unrecht, ob es einem Großen oder einem Kleinen geschieht. Ja, ich möchte sagen, Unrecht an einem Kleinen ist doppeltes Unrecht, weil er sich nicht so zur Wehr setzen kann, wie das bei einem Großen der Fall ist.
Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie, wenn ich gerade diesen Fall etwas ausführlicher geschildert habe; aber ich glaube, es ist doch einmal nötig, an einem solchen Einzelbeispiel zu zeigen, wie es nach dieser Richtung hin heute bei uns in den Verwaltungen vielfach aussieht. Es entsteht bei einer solchen Handhabung — und es spricht sich natürlich herum — in der Bevölkerung und auch bei einem großen Teil der öffentlichen Bediensteten die große Resignation, daß es keinen Sinn mehr habe, sich gegen Unrecht zur
Wehr zu setzen; sie haben Angst, wider den Stachel zu löcken. Sie werden mit mir der Überzeugung sein, daß das zu einer verhängnisvollen Einstellung der Bevölkerung gegenüber der Demokratie führen muß und daß es auch einen unglücklichen Zustand in unseren Verwaltungen selbst bedeutet. Es ist für das Verhältnis der öffentlichen Bediensteten zum Staat sicher nicht gut, wenn heute viele angesichts solcher Zustände von einem Gefühl der ohnmächtigen Wut, des Zornes und des Ingrimms erfüllt sind. Sie haben, Herr Bundeskanzler, — —
— Ja, meine Damen und Herren, ich glaube, das ist ein so ernstes Problem, daß es uns alle angeht, und wir sollten das nicht mit einer billigen Handbewegung und mit einem Lächeln einfach abtun!
Meine Damen und Herren, wenn das in einer der größten Verwaltungen der Bundesrepublik möglich gewesen ist, dann ist das, glaube ich, ein Beweis dafür, daß das ein Geist ist, der sich in einem sehr starken Maße ausgebreitet hat. Sie haben, Herr Bundeskanzler, mir gegenüber einmal die Wendung gebraucht, der Kampf gegen die Bürokratie sei hoffnungslos und den solle man eigentlich aufgeben — das war nicht hier im Parlament, es war an einer anderen Stelle —, aber ich glaube, mit einer solchen Bemerkung oder einer solchen Resignation kann man doch die Dinge nicht abtun. Sie selber wollen das ja offenbar auch nicht, denn Sie haben in Ausschußsitzungen gelegentlich über das Verhalten Ihrer Bürokratie sehr geklagt und sind sehr zornig darüber geworden, und Sie haben dann hinzugefügt, daß die notwendigen Konsequenzen gezogen werden würden. Ich habe daraufhin die Bitte geäußert, daß Sie wenigstens den Ausschuß einmal darüber unterrichten möchten, welche Konsequenzen gezogen worden seien. Einer solchen Bitte haben Sie bisher leider nicht entsprochen. Aber jetzt finden Sie sicher Zeit, sich um die Bürokratie, auch in Ihrem eigenen Amt, etwas zu kümmern, so daß wir von Ihnen Klagen über die schlechte Organisation im Bundeskanzleramt nicht mehr zu hören bekommen.
Sicher können Sie dann auch, Herr Bundeskanzler, dafür sorgen, daß die Zustellung von Briefen, die Sie an Abgeordnete richten, genau so schnell erfolgt wie die Zustellung von Briefen, die Sie an den Präsidenten des Bundesrats richten. Es entsteht doch sonst in der Öffentlichkeit der fatale Eindruck, daß Briefe an Abgeordnete, z. B. an den Vorsitzenden der Opposition, mit Absicht einige Tage zurückgehalten werden.
Sicher können Sie dann auch dafür sorgen, daß nicht mehr — wie Sie es einmal zugegeben haben — im Bundeskanzleramt Dinge ohne Ihr Wissen, ohne Ihren Willen, ja sogar gegen Ihren Willen geschehen.
Meine Damen und Herren, auf diese wenigen Bemerkungen und Feststellungen möchte ich mich hier in diesem Augenblick beschränken. Ich glaube aber, Herr Bundeskanzler, daß nach der Aufgabe von anderthalb Ministerien für Ihren Tätigkeitsdrang noch genügend zu tun übrig bleibt. Meine Darlegungen haben Ihnen hoffentlich gezeigt, daß wir Ihrem Haushaltsplan nicht nur aus politischen,
sondern auch aus sachlichen Gründen nicht zustimmen können.