Rede von
Heinrich
Scheppmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister für Arbeit und auch der Kollege Sabel haben bei ihren Ausführungen zu dem vorliegenden Entwurf die Frage der Beitragsfreiheit für den Bergbau erwähnt. Herr Kollege Sabel wies darauf hin, daß dieser Zustand unerfreulich und daß die Meinung darüber sehr geteilt sei. Er sagte mit Recht: Ein Leistungsanspruch kann nur dann bestehen, wenn er durch echte Beitragszahlung erdient ist. Ich wäre sehr dankbar dafür gewesen und hätte mir meine Ausführungen ersparen können, wenn man zugleich darauf hingewiesen hätte, wie es dazu gekommen ist, daß der Bergbau in der heutigen Zeit von der Beitragsleistung befreit ist. Wenn man keine solche Erklärung dazu gibt, kann sehr leicht der Eindruck entstehen, daß für die gesamte Bergbauindustrie etwas Besonderes getan und daß diesem Industriezweig der Beitrag geschenkt werde. Ich sehe mich daher veranlaßt, zu dieser Frage einiges zu sagen, und möchte auf die Entwicklung in der zurückliegenden Zeit kurz eingehen, um dem Hohen Hause darzulegen, welche Gründe hierfür maßgebend sind.
Schon im Jahre 1931 war der Bergbau vorübergehend von dieser Beitragsverpflichtung befreit. Aber die wesentlichen Änderungen kamen durch das Wiederaufbaugesetz vom 21. Dezember 1937. In diesem Gesetz wurde folgendes festgelegt und mit Wirkung vom 1. Januar 1938 durchgeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt zahlten alle im Bergbau Beschäftigten wie auch die Unternehmungen den gleichen Beitrag wie alle übrigen Beschäftigten von je 3,25 %. Durch dieses Gesetz kam für den Bergbau insofern eine Regelung, als die im Untertagebetrieb beschäftigten Arbeiter und technischen Angestellten sowie die übertage beschäftigten Arbeiter von der Zahlung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung teilweise befreit wurden, indem dieser Beitrag von 3,25 auf 0,5 % herabgesetzt wurde. Der Anteil der Unternehmungen von 3,25 % blieb nach wie vor bestehen.
Die Verordnung vom 4. Oktober 1942 unterzog sowohl die Beitragsregelung wie den gesamten Aufbau der knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung einer grundlegenden Änderung insofern, als es nur eine einheitliche Kranken- und Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte für den Bergbau mit Wirkung vom 1. Januar 1943 an gab. Diese Verordnung verfügte in § 16 Abs. 2 weiterhin, daß die Beitragsleistung zur Arbeitslosenversicherung, also der Anteil von 0,5 % für die Beschäftigten und von 3,25 % für die Unternehmungen, zusammen zur knappschaftlichen Rentenversicherung verlagert wurde. Es entstand also praktisch keine Entlastung, sondern dieser Bei-
trag wurde zur knappschaftlichen Rentenversicherung überwiesen. Dieser Zustand ist bis heute geblieben.
Ich darf nun einmal darauf hinweisen, wie sich die Belastungen des Bergbaues einerseits zu denen der Industriezweige in der übrigen gewerblichen Wirtschaft andererseits heute verhalten. Der Bergbau hat heute für die Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Unfallversicherung eine Belastung von 38,5 %, in der übrigen gewerblichen Wirtschaft beträgt diese Belastung 21,7 %. Ich möchte Ihnen auch darlegen, wie sich das zusammensetzt: Der Beitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung beträgt 22,5 %, der Beitrag zur Krankenkasse 6 % — das sind 28,5 % —, hinzu kommt der Beitrag zu der Unfallversicherung, also zur Bergbauberufsgenossenschaft, von 10 %. Demgegenüber stellt man fest, daß der Beitrag zu den übrigen Berufsgenossenschaften außerhalb des Bergbaues im Schnitt bei 1,7 % liegt. Das liegt natürlich an den besonders gelagerten Verhältnissen im Bergbau, an den größeren Unfallgefahrenquellen und dergleichen mehr, was ich hier nicht näher aufzuzeigen brauche, weil ich glaube, daß es im allgemeinen bekannt ist, daß gerade der Bergbau wesentlich höhere Unfallziffern hat und somit auch einen höheren Beitrag zur Unfallversicherung zahlen muß.
Wir stellen also fest, daß zur Zeit eine Beitragsleistung von 38,5 % des Bruttolohns zu erfolgen hat und daß dem in der übrigen gewerblichen Wirtschaft 21,7 % gegenüberstehen. Legte man dem Bergbau jetzt noch einen neuen Beitrag auf, dann würde das bedeuten, daß man über 40 % hinauskäme. Das wäre bei der Lage im Bergbau einfach nicht tragbar. Ich glaube, daß diese Erklärung zu der Frage, die von meinem Kollegen Sabel angeschnitten worden ist, notwendig war, um hier auch darüber Klarheit zu schaffen, wie das Verhältnis ist.
Ich bin der Meinung, wenn man ernstlich die Absicht hat, einen Beitrag leisten zu lassen, dann kann es nur so sein, daß man die Beitragsleistung zur Rentenversicherung in Höhe von 22,5 % uni diesen Beitrag kürzt. Dann wird sich erweisen, daß man in der Rentenversicherung den notwendigen Zuschuß zahlen muß; denn die Renten müssen schließlich in dieser Weise weiter gewährt werden.
Ich hielt mich für verpflichtet, weil heute schon im Grundsatz über diese Vorlage gesprochen worden ist, diese Ausführungen zu machen, damit diese Dinge auch in dem zuständigen Ausschuß berücksichtigt werden. Ich bitte sehr darum, diese Beitragsregelung für den Bergbau sehr ernstlich zu überlegen und es so zu belassen, wie es zur Zeit ist. Sonst müßte ebenfalls in der Rentenversicherung eine Änderung herbeigeführt werden.