Rede:
ID0208003200

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2080

  • date_rangeDatum: 5. Mai 1955

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Mai 1955 4399 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. Mai 1955. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4400 D, 4449 D Beurlaubte Abgeordnete (Anlage 1) . . 4457 Mitteilung über Vorlage eines Berichts des Bundesministers für Wirtschaft über die Bauhilfe für die Stadt Kehl (Drucksache 1371) 4400 D Große Anfrage der Fraktion des GB/BHE u. Gen. betr. Anleihen der Lastenausgleichsbank zugunsten des Ausgleichsfonds (Drucksache 1168) 4401 A Dr. Kather (GB/BHE), Anfragender 4401 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4403 D Ohlig (SPD) 4404 C Unterbrechung der Sitzung . 4407 A Kuntscher (CDU/CSU) . . . 4407 A, 4412 B Dr. Gille (GB/BHE) 4409 D Miller (CDU/CSU) 4411 D Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Abgabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reiseverkehr (Drucksachen 1073, 217) 4412 B, 4458 Peters (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 4458 Beschlußfassung 4412 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Nachträgliche Mitteilung an den Bundestag von der Bestellung eines Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken des ehem. Artillerie-Arsenals und des ehem. Scheibenhofs in Kiel- Friedrichsort (Drucksache 1322) . . . . 4412 C Überweisung an den Haushaltsausschuß . 4412 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von reichseigenen Grundstücken des ehem. Truppenübungsplatzes Harksheide, Kreis Stormarn (Holstein) (Drucksache 1341) . . . 4412 D Überweisung an den Haushaltsausschuß . 4412 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung einer Teilfläche der ehem. Leweck-Kaserne in Oldenburg- Kreyenbrück an die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) (Drucksache 1342) 4412 D Überweisung an den Haushaltsausschuß 4412 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von Teilflächen der ehem. Lüttich-Kaserne in Göttingen, Geismarlandstraße 33, an die Gothaer Lebensversicherung a. G. und die Gothaer Allgemeine Versicherung AG (Druck sache 1343) 4412 D Überweisung an den Haushaltsausschuß 4412 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung der Halle 15 nebst einer Teilfläche des ehemaligen Heereszeugamts in Wiesbaden-Kastel an die Firma Elster & Co. in Wiesbaden-Kastel (Drucksache 1350) 4413 A Überweisung an den Haushaltsausschuß 4413 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung des reichseigenen Grundstücks in Münster, Aegidiikaserne, im Wege des Tausches an die Stadt Münster (Drucksachen 1323, 1113) 4413 A Beschlußfassung 4413 A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Zustimmung des Bundestages zur Bestellung eines Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken der ehem. Munitionsanstalt Mölln, Kreis Herzogtum Lauenburg, Schleswig-Holstein (Drucksachen 1324, 1160) 4413 B Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter 4413 B Beschlußfassung 4413 D Unterbrechung der Sitzung . 4413 D Verkündung eines Schreibens des Bundeskanzlers über Hinterlegung der Ratifizierungsurkunden des Vertragswerks von London und Paris, über Inkrafttreten der Verträge und über die Beendigung des Besatzungsregimes: Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 4414 A Erklärungen nach § 36 der Geschäftsordnung: Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 4414 B Ollenhauer (SPD) 4415 A Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . . 4415 A Seiboth (GB/BHE) 4415 B Dr. von Merkatz (DP) 4415 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . 4416 A Unterbrechung der Sitzung . 4416 C Beratung des Entwurfs einer Einunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 1334) 4416 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 4146 C Beratung des Entwurfs einer Zweiunddreißigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 1335) 4416 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 4416 D Beratung des Antrags der Abg. Frau Dr. Maxsein, Dr. Krone u. Gen. betr. Ausgelagerte Buchbestände der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek (Drucksache 1353) 4416 D Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU), Antragstellerin 4416 D Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik 4417 D Erste Beratung des von den Abg. Stücklen, Griem, Schmücker u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (Drucksache 1329) 4417 D Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht und an den Rechtsausschuß . . 4418 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksache 1274) 4418 A Storch, Bundesminister für Arbeit 4418 A, 4431 C Sabel (CDU/CSU) 4420 C Odenthal (SPD) 4424 A Hübner (FDP) 4432 A Kutschera (GB/BHE) 4433 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 4434 C Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/CSU) 4436 D Scheppmann (CDU/CSU) 4438 C Vizepräsident Dr. Schneider . . . 4439 B Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 4439 C Erste Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes über Änderungen und Ergänzungen von Vorschriften des Zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung (Gesetz über Krankenversicherung der Rentner — KVdR) (Drucksache 1234) . . . . 4439 C Storch, Bundesminister für Arbeit 4439 C, 4448 B Dr. Franz (CDU/CSU) 4441 A Dr. Schellenberg (SPD) . . 4442 C, 4455 C Dr. Hammer (FDP) 4450 A Frau Finselberger (GB/BHE) . . 4452 B Präsident D. Dr. Gerstenmaier 4449 D, 4454 A Horn (CDU/CSU) 4454 A Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens . . . 4456 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes (Drucksache 1340) 4456 C Even (CDU/CSU) 4456 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 4456 D Nächste Sitzung, zur Tagesordnung: Präsident D. Dr. Gerstenmaier 4456 B, C, D Dr. Moerchel (CDU/CSU) 4456 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 4457 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der FDP betr. abgabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reiseverkehr (Drucksache 1073) 4458 Die Sitzung wird um 9 Uhr durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider eröffnet.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Dr. Graf Henckel 31. Mai Pelster 28. Mai Kemmer (Bamberg) 28. Mai Frau Korspeter 28. Mai Onnen 28. Mai Frau Strobel 23. Mai Josten 20. Mai Berendsen 20. Mai Dr. Jaeger 20. Mai Dr. Kliesing 20. Mai Erler 20. Mai Eschmann 20. Mai Paul 20. Mai von Manteuffel (Neuß) 20. Mai Kalbitzer 16. Mai Hufnagel 15. Mai Dr. Wahl 15. Mai Eberhard 15. Mai Stingl 14. Mai Dr. Greve 14. Mai Arndgen 11. Mai Jahn (Stuttgart) 11. Mai Lang (München) 11. Mai Meyer (Wanne-Eickel) 11. Mai Heide 11. Mai Becker (Hamburg) 11. Mai Feller 10. Mai Dr. Bucher 10. Mai Dr. Furler 10. Mai Dr. Rinke 10. Mai Neumann 10. Mai Heiland 10. Mai Dr. Friedensburg 10. Mai Dr. Lenz (Godesberg) 7. Mai Frühwald 7. Mai Lücke 7. Mai Mißmahl 7. Mai Dr. Orth 7. Mai Baur (Augsburg) 7. Mai Scheuren 7. Mai Frau Welter (Aachen) 7. Mai Frau Ackermann 6. Mai Brandt (Berlin) 6. Mai Dr. Bucerius 6. Mai Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Diel 6. Mai Dr. Löhr 6. Mai Morgenthaler 6. Mai Schrader 6. Mai Schuler 6. Mai Frau Dr. Steinbiß 6. Mai Wagner (Ludwigshafen) 6. Mai Held 6. Mai Frau Dr. Jochmus 6. Mai Neuburger 6. Mai Unertl 6. Mai Dr. Welskop 6. Mai Dr. Wellhausen 6. Mai Dr. Schild (Düsseldorf) 6. Mai Mensing 6. Mai Lulay 6. Mai Bals 5. Mai Blachstein 5. Mai Cillien 5. Mai Dr. Hellwig 5. Mai Koenen (Lippstadt) 5. Mai Kühlthau 5. Mai Leibfried 5. Mai Dr. Lindrath 5. Mai Frau Meyer-Laule 5. Mai Meyer-Ronnenberg 5. Mai Dr. Miessner 5. Mai Dr. Mocker 5. Mai Schloß 5. Mai Dr. Schmid (Frankfurt) 5. Mai Schwann 5. Mai Scheel 5. Mai Graf von Spreti 5. Mai b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Blank (Oberhausen) 18. Mai Dr. Deist 18. Mai Dr. Eckardt 18. Mai Dr. Kopf 18. Mai Dr. Kreyssig 18. Mai Lenz (Brühl) 18. Mai Dr. Oesterle 18. Mai 011enhauer 18. Mai Dr. Pohle (Düsseldorf) 18. Mai Dr. Dr. h. c. Pünder 18. Mai Sabaß 18. Mai Anlage 2 Drucksache 1073 (Vgl. S. 4412) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Abgabenfreie Einfuhr von Tabakwaren im Reiseverkehr (Drucksache 217) Berichterstatter: Abgeordneter Peters Der Antrag der Fraktion der FDP — Drucksache 217 — zielt auf eine Erhöhung der Freigrenze für Tabakwaren für die von Auslandsreisen zurückkehrenden Deutschen im Rahmen des Reisebedarfs von bisher 25 Zigaretten, 10 Zigarren, 50 g Feinschnitt und 50 g Pfeifentabak auf 100 Zigaretten, 25 Zigarren, 100 g Feinschnitt und 100 g Pfeifentabak. Dieser Antrag wurde in der 14. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 11. Februar 1954 dem Ausschuß für Außenhandelsfragen zur Bearbeitung überwiesen. Durch eine am 9. März 1954 im Ältestenrat erzielte Übereinstimmung wurde jedoch festgelegt, daß der Antrag federführend im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, mitberatend im Ausschuß für Außenhandelsfragen zu bearbeiten sei. Demgemäß wurde verfahren. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen stimmte dem Antrag in seiner Sitzung am 11. März 1954 einstimmig zu. Dabei ging man von der Tatsache aus, daß die anderen europäischen Nationen bei Grenzübertritten sich weit großzügiger bei der abgabefreien Einfuhr von Tabakwaren verhalten. Eine solche großzügigere Handhabung liege im Interesse des Fremdenverkehrs, zudem würden Außenhandelsinteressen nicht geschädigt. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen kam im Gegensatz dazu am 16. März 1954 zu einer ablehnenden Stellungnahme. Diese gegensätzliche Beschlußfassung der beiden beteiligten Ausschüsse gab Veranlassung, daß das Plenum des Deutschen Bundestages am 28. Mai 1954 den Mündlichen Bericht (Drucksache 335) ablehnte und den Antrag (Drucksache 217) erneut an die Ausschüsse verwies. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen kam bei der erneuten Beratung wieder zu einer Befürwortung des Antrages, während der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen bei seiner Ablehnung verblieb. Diese Ablehnung fußt auf folgender Überlegung: Zur Zeit können deutschen Reisenden bei der Wiedereinreise aus dem Ausland die vorgesehenen Höchstmengen an Tabakwaren in den meisten Fällen unbedenklich als Reisebedarf freigelassen werden. Dagegen würden die beantragten größeren Mengen für aus dem Ausland zurückkehrende Deutsche kaum je als Reisebedarf anerkannt werden können. Wenn es nicht immer wieder zu unerfreulichen Auseinandersetzungen an der Grenze über den Bedarf an Tabakwaren für die weitere Reise kommen soll, müßten wohl auch die beantragten erhöhten Freimengen abgabefrei hereingelassen werden. Damit würde aber den Bevölkerungskreisen, die Auslandsreisen zu machen in der Lage sind, bei der Versorgung mit billigen Auslandstabakwaren ungerechtfertigte Vorteile gegenüber denjenigen gewährt werden, die ihre Tabakwaren versteuert im Bundesgebiet kaufen müssen. Eine solche Bevorzugung erscheint nicht gerechtfertigt. Zum Vergleich können auch nicht die höheren Freimengen herangezogen werden, die ausländischen Reisenden auf Grund eines OEEC-Beschlusses zustehen. Ihre Reisen enden in der Regel nicht wie die der deutschen Reisenden an einem bestimmten Ort im Inland. Sie sollen durch die höheren Freimengen in die Lage versetzt werden, für ihre Aufenthalte im Inland Tabakwaren abgabe frei mitzubringen, die sie geschmacklich gewöhrt sind. Von Bedeutung ist auch der Ausfall an Tabaksteuer, der durch die mit dem Antrag erstrebte Rechtsänderung eintreten würde. Nach den Angaben des Bundesfinanzministeriums sind im großen Reiseverkehr — außer dem kleinen Grenzverkehr — im Laufe eines Jahres über 14 Millionen deutsche Reisende von Auslandsreisen zurückgekommen. Würde ihnen statt der bisherigen Freimenge von 25 Zigaretten eine Freimenge von 100 Zigaretten gewährt werden, so würde dies theoretisch eine zusätzliche Einfuhr von 75 mal 14 Millionen über 1 Milliarde Zigaretten zur Folge haben können, die dem inländischen Zigarettenabsatz verlorengehen würde. Diese Menge würde einen Ausfall von über 51 Millionen DM Tabaksteuer nach sich ziehen. Nach Ansicht des Finanzausschusses würde ein solcher Steuerausfall die beantragte Vergünstigung der deutschen Reisenden als zur Zeit nicht tragbar erscheinen lassen. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß die Auswirkungen auf den inländischen Absatz von Tabakwaren nicht nur fiskalischer Art sind, vielmehr würden vor allem auch die kleinen und mittleren Tabakwarenhersteller hierdurch fühlbar getroffen. Die Lage dieser Hersteller ist zur Zeit schon verzweifelt. Darüber hinaus besteht die Gefahr der handelspolitisch nicht erwünschten Zurückgewöhnung deutscher Raucher auf Virginia-sorten. Bonn, den 13. Dezember 1954 Peters Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben heute eine Novelle zum Gesetz über die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenversicherung vor sich liegen, einen Gesetzentwurf, der dringend notwendig geworden ist, weil sich die Verhältnisse seit der Schaffung dieses Gesetzes im Jahre 1927 wesentlich geändert haben. Damals ist man davon ausgegangen, daß dieses Gesetz eine Ergänzung der sozialen Gesetzgebung im allgemeinen sein sollte. Man hat eben das Risiko der Arbeitslosigkeit immer von einer normalen Zeit aus gesehen, damals für den Arbeitnehmer gesetzgeberisch durch eine Versicherung beheben und die Dinge in eine gesunde Ordnung bringen wollen. In der Zwischenzeit haben sich in Deutschland Dinge ereignet, die damals überhaupt nicht vorauszusehen waren. In der nationalsozialistischen Zeit hat man die Arbeitsverwaltung, die letzten Endes die Durchführung dieses Gesetzes in Händen hatte, zu etwas ganz anderem umgestaltet. Man hat durch die Einführung der Arbeitsbuchabteilung die Arbeitsämter mehr oder weniger zu Bezirkskommandos für Kriegswirtschaft umgestaltet, und man hat in der damaligen Zeit für die Arbeitslosenversicherung einen Beitrag erhoben, der nicht einmal mit 10 °/o den eigentlichen Aufgaben der Versicherung zugeleitet wurde. Alles andere war mehr oder weniger eine Sondersteuer der arbeitenden Menschen für die Kriegswirtschaft.
    Wir haben zwar in der Nachkriegszeit diese nationalsozialistischen Bestimmungen im AVAVG wieder beseitigt, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben daneben auch andere gesetzliche Bestimmungen bekommen, die das Recht auf diesem Gebiet sehr weit haben auseinanderlaufen lassen. Das waren zum Teil Gesetze, die durch die Länder, durch die Besatzungsmächte und auch durch den Bundestag erlassen worden sind. Wir müssen wieder, nachdem wir vor zwei Jahren die Bundesanstalt neu haben erstehen lassen, dafür sorgen, daß einmal diese Bundesverwaltung und darüber hinaus auch die Gerichte eine einheitliche feste Grundlage für ihre Entscheidungen in den Händen haben.
    Die Fertigstellung des Entwurfs wurde mehrfach erheblich verzögert. Wir hatten damals, als die
    Bundesanstalt ihren Dienst aufnahm, die Meinung, man sollte dieser Anstalt recht bald durch ein Reformgesetz einheitliche, verbesserte Arbeitsgrundlagen geben. Aber es kamen die verschiedensten Schwierigkeiten. Wir wollten zu dieser neuen Ordnung vor allen Dingen die Selbstverwaltungsorgane der Bundesanstalt hören. Wir wollten wissen, wie die Menschen, die das Gesetz draußen anzuwenden haben, darüber denken. Auf der anderen Seite hat es natürlich auch große Schwierigkeiten gegeben, weil namentlich der Bergbau zwar den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen, aber beitragsfrei bleiben wollte. Diese Dinge haben wir nunmehr in der Gesetzesvorlage Ihnen und damit dem Parlament zur Beschlußfassung in dem einen oder anderen Sinne vorgelegt.
    Ich möchte hier in aller Offenheit sagen: Das Gesetz ist im Interesse der Arbeitnehmer und der Verwaltung dringend notwendig. Von prinzipieller Bedeutung ist die Rolle der Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Rechtsetzung. Es ist bemängelt worden, daß die Rechte der Selbstverwaltungsorgane der Bundesanstalt durch die Novelle eingeschränkt würden. Dieser Einwand trifft aber bestimmt nicht zu. Die frühere Reichsanstalt unterlag dem unbeschränkten Aufsichts- und Weisungsrecht des damaligen Reichsarbeitsministeriums. Die Aufsicht des Bundesministeriums für Arbeit beschränkt sich nach dem Gesetz über die Bundesanstalt jedoch darauf, daß Gesetz und Satzung beachtet werden. Sie erstreckt sich nicht auf rein fachliche und Ermessensfragen. Insoweit ist die Selbstverwaltung der Bundesanstalt wesentlich selbständiger, als die Reichsanstalt früher war. Daran ändert sich auch durch die Novelle nichts.
    Die Arbeitsmarktpolitik und in diesem Zusammenhang auch die Sozialpolitik sind Aufgaben des Bundes. Die Durchführung des AVAVG muß im Einklang mit der Politik des Bundes stehen. Widersprechende Auffassungen würden letzten Endes das Ganze nur stören. Eine Koordinierung ist also unerläßlich. Da es an einem Weisungsrecht des Bundesministers für Arbeit fehlt, ist sie nur auf dem Wege von Rechtsverordnungen und von allgemeinen Verwaltungsvorschriften erreichbar.
    Die verfassungsrechtliche Lage hat sich durch unser Grundgesetz gegenüber den Verhältnissen im Jahre 1927 grundsätzlich geändert. Nach dem Grundgesetz können Rechtsverordnungen nur im Rahmen des Art. 80 des Grundgesetzes durch die Bundesregierung herbeigeführt werden. Die Bundesregierung hält die Ermächtigung der Organe der Bundesanstalt zur Setzung von Normen grundsätzlich für zulässig. Der Bundesrat hat dagegen rechtliche Bedenken geäußert. Die Bundesregierung hat sich jedoch in ihrer Stellungnahme der Auffassung des Bundesrates nicht angeschlossen. Der Entwurf sieht die Ermächtigung der Organe der Bundesanstalt zum Erlaß von Bestimmungen und Verwaltungsvorschriften vor, behält sie aber der Bundesregierung oder dem Bundesministerium für Arbeit überall dort vor, wo allgemeine politische Gründe, arbeitsmarktpolitische Koordinierung oder fiskalische Interessen des Bundes dies erfordern. Soweit die vom Verwaltungsrat zu erlassenden Vorschriften an die Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit oder der Bundesregierung geknüpft sind, ergibt sich die Notwendigkeit hierfür aus den gleichen Erwägungen, insbesondere auch aus der Tatsache, daß der Bund die Arbeitslosenfürsorge und nach Art. 120 des Grund-


    (Bundesminister Storch)

    gesetzes etwa notwendig werdende Zuschüsse zur Arbeitslosenversicherung voll zu tragen hat.
    Der in der Vergangenheit weit verstreute und völlig unübersichtlich gewordene Rechtsstoff wird durch die vorliegende Novelle im AVAVG wieder zusammengefaßt unter Einbau der Bestimmungen über Arbeitslosenfürsorge, Kurz arbeiterunterstützung, Unterstützung für Heimarbeiter und unständig beschäftigte Hafenarbeiter. Rund 90 Gesetze und Verordnungen des Reichs, des Bundes, der Länder und der Besatzungsmächte und eine große Anzahl von Einzelvorschriften fallen durch diese Novelle weg und werden durch ein einheitliches Gesetz ersetzt. Darin liegt ein großer Fortschritt. Die Novelle vereinfacht die Handhabung des Rechts, und die Behörden und die Gerichte haben wieder eine einheitliche Grundlage für ihre Entscheidungen. Rechtseinheit und Rechtssicherheit werden wiederhergestellt. Die Novelle dient damit den Interessen der Arbeitnehmer. Die zahlreichen sachlich nicht gerechtfertigten Rechtsunterschiede werden beseitigt. So wird unter anderem ein lange gehegter Wunsch der süddeutschen Länder auf Erweiterung des Personenkreises der Arbeitslosenfürsorge erfüllt und der Unterschied zwischen süddeutschen und norddeutschen Ländern beseitigt.
    Der gesamte Rechtsstoff ist auf seine Übereinstimmung mit den internationalen Übereinkommen, auch soweit sie noch nicht von der Bundesrepublik ratifiziert worden sind, überprüft worden.
    Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Lehrstellenvermittlung bleiben wie bisher Aufgaben der Bundesanstalt. Arbeitsvermittlung und Lehrstellenvermittlung können aber nichtgewerbsmäßig auch durch andere Einrichtungen und Personen betrieben werden, die auf Antrag durch die Bundesanstalt beauftragt werden können. Die Arbeitsvermittlung durch Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, die nach dem Gesetz vom 9. Juli 1954 ihre Tätigkeit wieder aufnehmen konnten oder aufgenommen haben, bleibt aufrechterhalten.
    Die Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsaufnahme sind vor allem zugunsten der langfristig Arbeitslosen erweitert worden. Um die Unterbringung in Arbeit zu fördern, sollen Beihilfen zur Umschulung sowie für Maßnahmen zur Steigerung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der Arbeitslosen im Sinne einer beruflichen Rehabilitation bereitgestellt werden.
    Die soziale Sicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit wird in erster Linie durch die Arbeitslosenversicherung bewirkt, an der grundsätzlich festgehalten wird. Ergänzend tritt die Arbeitslosenhilfe hinzu, bisher Arbeitslosenfürsorge genannt. Diese Zweigleisigkeit des Schutzes gegen Arbeitslosigkeit ist bis auf weiteres unentbehrlich, solange als mittelbare Kriegsfolge eine Arbeitslosigkeit besteht, für die nach Dauer und Umfang die Arbeitslosenversicherung nicht ausreicht. Auch für Zeiten überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit wird die Arbeitslosenhilfe unentbehrlich bleiben. Allerdings kann angenommen werden, daß ihre Bedeutung infolge der großen Erfolge der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung und des Bundestages geringer wird und eine weitere Stabilisierung der politischen Lage ständig zu einer weiteren Abnahme der Bedeutung der Arbeitslosenhilfe führt.
    In beiden Systemen geht die Vermittlung von Arbeit der Unterstützung vor. Das ist der wichtigste Grundsatz. Deshalb können nur Personen anspruchsberechtigt sein, die schon vor Eintritt der Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer waren, aber auch künftig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als unselbständige Erwerbspersonen eine abhängige Erwerbsarbeit zu leisten gewillt sind. In beiden Systemen muß daher die enge organisatorische und rechtliche Verknüpfung mit der Arbeitsvermittlung beibehalten werden.
    In der Arbeitslosenversicherung richtet sich die Versicherungspflicht zwar grundsätzlich nach der Versicherungspflicht zur Kranken-, Knappschaftsund Angestelltenversicherung. Das gilt auch für die Beitrags- und Leistungsgrenzen, die zuletzt durch ein Gesetz vom 13. August 1952 neu festgestellt sind. Der Personenkreis muß aber nach den Gesichtspunkten der Arbeitsmarktpolitik, der Solidarhaftung und des Schutzbedürfnisses neu abgegrenzt werden. Insbesondere sind Ausnahmen erforderlich, wo ein Schutzbedürfnis nicht vorliegt, wie z. B. bei dem auf Grund von langfristigen Arbeitsverträgen beschäftigten Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft. Andererseits werden Personen, die heute noch bezirksweise versicherungsfrei sind, wie die Hausgehilfinnen, in den Versicherungsschutz einbezogen.
    Für eine Bedürftigkeitsprüfung ist in der Arbeitslosenversicherung kein Raum. Die Pflichtarbeit als Voraussetzung für den Anspruch soll beseitigt werden. Die Solidarhaftung muß andererseits ein Schutz der Versicherungsgemeinschaft vor willkürlicher Arbeitslosigkeit und vor Mißbrauch der Leistungen sein. Nur so wird auf die Dauer der hohe Stand der Leistungen gehalten werden können.
    In der Arbeitslosenversicherung wird der Beitrag nach dem Entgelt erhoben. Deshalb muß auch die Leistung in Beziehung zum Entgelt stehen. Die Leistungen der Arbeitslosenhilfe können, da sie aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden, in vergleichbaren Fällen in der Regel nicht die gleiche Höhe wie die der Arbeitslosenversicherung haben. Die Erhebung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung wäre andernfalls nicht gerechtfertigt. Den Versicherten müßte dies jedenfalls unbegreiflich bleiben.
    In beiden Systemen müssen die Leistungen nach oben so begrenzt werden, daß der Arbeitswille nicht beeinträchtigt wird. Aus sozialen Gründen sind aber in beiden Systemen die Leistungen so gestaffelt, daß bei niedrigen Einkommen ein höherer Vomhundertsatz des Entgelts als Leistung gewährt wird, um ein Absinken des Lebensstandards zu verhindern.
    Familienzuschläge sollen auch künftig gewährt werden, soweit sie nicht durch Kindergeld oder andere soziale Leistungen für die Angehörigen entbehrlich sind.
    Die Unterstützungssätze sind zuletzt durch das Gesetz vom 23. August 1953 neu festgesetzt worden. In den höheren Entgeltsgruppen ergab sich daraus eine Erhöhung der Unterstützungen bis zu 35 %. Da für die Lebenshaltung des Arbeitnehmers nicht das Brutto-, sondern das Nettogehalt maßgebend ist, muß die Unterstützung, die ja ohne jeden Abzug ausgezahlt wird, mit dem Nettoentgelt verglichen werden. Bei einem derartigen Vergleich ergibt sich aber, daß die derzeitigen Unterstützungssätze bis auf wenige Ausnahmen 50 % des Nettoentgelts übersteigen und bei niedrigen Entgelten bis zu 90 % des vorher erzielten Lohnes erreichen.


    (Bundesminister Storch)

    Es darf auch nicht übersehen werden, daß die Unterstützungssätze infolge der Berechnung nach dem Entgelt der Lohnhöhe automatisch folgen. So erzielten am 31. August 1950 ungefähr 22 % der männlichen Arbeitslosen Unterstützungen nach dem Wochenentgelt von 60 DM und mehr. Am 31. August 1953 war dieser Prozentsatz auf 75,7 gestiegen.
    Der Forderung ,der Gewerkschaften, Leistungen in jedem Fall von Arbeitslosigkeit — auch infolge von Arbeitskämpfen — zu gewähren, konnte nicht entsprochen werden, um ,die unbedingte Neutralität der Bundesanstalt bei Arbeitskämpfen zu gewährleisten. Der Entwurf übernimmt die seit 1927 bestehende bewährte Regelung, wonach Leistungen zur Vermeidung unbilliger Härten gewährt werden können, wenn die Arbeitslosigkeit mittelbar eine Folge von Arbeitskämpfen ist.
    In der Arbeitslosenhilfe werden wie bisher Leistungen nur gewährt, wenn die Einkünfte des Arbeitslosen und seiner Angehörigen nicht ausreichen. Dem Angehörigen soll ein Beitrag zur Unterhaltung des Arbeitslosen zugemutet werden, da die Arbeitslosenhilfe aus Bundesmitteln finanziert wird; jedoch darf der Arbeitswille der Angehörigen dadurch nicht gelähmt werden. Die Berücksichtigung des Einkommens der Angehörigen darf auch nicht zur Zerreißung der Familie führen.
    Die Arbeitsämter können nach ihrem Aufbau und ihren Aufgaben keine individuelle Fürsorge betreiben. Das ist die Aufgabe der öffentlichen Fürsorge. Die Gewährung individueller Sonderbeihilfen und Mietzuschläge, wie sie bisher in einem Teil des Bundesgebietes zulässig war, muß daher der öffentlichen Fürsorge überlassen bleiben.
    Wie bisher ist ,der Arbeitslose gegen Krankheit versichert. Er wird künftig in der Regel Mitglied seiner bisherigen Krankenkasse bleiben. Zusätzlich werden die Arbeitslosen künftig gegen Unfall auf den vom Arbeitsamt veranlaßten Wegen zur Suche einer Arbeitsstelle versichert sein.
    Wie Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bezweckt der Entwurf, dem eine ausgiebige schriftliche Sonderbegründung beigegeben ist, auf diesen Gebieten wieder einheitliches Recht zu schaffen und das Gesetz den heutigen Verhältnissen anzugleichen. Das AVAVG, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, hat eben in den verschiedensten Zeiten verschiedenste Aufgaben zu erfüllen. Wir wissen, daß die Arbeitslosenversicherung in den dreißiger Jahren in Wirklichkeit kaum in die Lage versetzt werden konnte, durch Beiträge ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Hier haben wir ganz klar gesehen, daß das Risiko der Arbeitslosigkeit in seinem gesamten Umfange überhaupt nicht versicherungsmäßig erfaßt werden kann. Wir haben aber das System der Versicherung auch jetzt beibehalten, weil wir glauben, daß wir vor einer normaleren Zeit stehen. Wir wollen nicht, daß der Arbeitslose, wenn er seine Beiträge gezahlt hat, sich nachher einer Bedürftigkeitsprüfung unterziehen muß. Das wäre ein ganz falscher Weg, und dann dürfte man bei einem solchen Gesetz nicht mehr von einer Versicherung sprechen.
    Ich weiß, daß alle die Probleme, die in dieser Novelle angesprochen werden, in diesem Hause eine sehr unterschiedliche Beurteilung finden werden. Das liegt in der Natur der Dinge und ist verständlich. Deshalb bin ich der Meinung, daß wir — Sie im Parlament und wir von der Regierung — uns bei den Beratungen dieser Novelle in den zuständigen Ausschüssen so zusammenfinden sollten, daß diese neue Ordnung draußen recht bald sichtbar und anwendbar gemacht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Sabel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Anton Sabel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ihnen vorliegende Novelle zum AVAVG bedeutet ein Teilstück der bevorstehenden Sozialversicherungsreform. Sie bedeutet nicht den Abschluß in diesem Bereich. Es sind Stimmen laut geworden, man solle diese Novelle zurückstellen, bis über einen Gesamtplan der Sozialreform Klarheit bestehe. Das ist nach unserer Meinung nicht notwendig und auch nicht möglich. Hier ist in einem Teilbereich etwas erarbeitet worden, was nun spruchreif wird, und wir sollen aus dem tatsächlichen Bedürfnis der Praxis heraus dazu kommen, diese Materie jetzt zu behandeln. Es ist notwendig, zu einer Neuordnung des ganzen Rechts in diesem Bereich zu kommen. Ich darf daran erinnern, daß das AVAVG einige Jahrzehnte alt ist und daß aus der Praxis heraus die Notwendigkeit einer Neuregelung gegeben ist; ich darf daran erinnern, daß insbesondere das Auseinanderfallen der Gesetzgebung auch in diesem Bereich nach 1945 und die differenzierte Anwendung nun dazu zwingen, die Materie neu für die Bundesrepublik zu regeln. Ich möchte auch meinerseits auf ein Teilstück hinweisen, das wir in diesem Hohen Hause bereits verabschiedet haben, auf das Bundesanstaltsgesetz, das die Vereinheitlichung der Arbeitsverwaltung brachte, das auch wiederum die Beteiligung der Arbeitnehmer und Unternehmer an all den Fragen brachte, das die Selbstverwaltung brachte, allerdings mit gewissen Einschränkungen, die eben auf Grund der heutigen gesetzlichen Situation notwendig sind. Der Herr Bundesarbeitsminister hat schon auf die Bestimmungen des Grundgesetzes hingewiesen, die dazu zwingen, eine ganze Reihe von Fragen, die früher innerhalb der Reichsanstalt, der jetzigen Bundesanstalt, geregelt werden konnten, nun im Gesetz zu regeln.
    Die Vorlage hat einen sehr beachtlichen Umfang. Es ist unmöglich, heute zu den gesamten in ihr angeschnittenen Fragen Stellung zu nehmen. Es kann sich nur darum handeln, einige wenige wesentliche Dinge anzusprechen, vielleicht in der Gesamtheit anzusprechen, um in etwa die Linie aufzuzeigen, in der dann die Diskussion im Ausschuß verlaufen kann.
    Ich sagte schon: es ist eine Neufassung notwendig. Sie ist auch notwendig, um den Bestimmungen des Grundgesetzes Rechnung zu tragen, die es erforderlich machen, stärker als bisher Fragen durch Gesetz zu ordnen.
    Zu den Einzelfragen möchte ich einige Bemerkungen machen.
    Der Herr Bundesarbeitsminister hat schon darauf hingewiesen, daß für die Arbeitsvermittlung und für die Berufsberatung grundsätzlich die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gegeben ist. Ich sage: grundsätzlich ist hier die Zuständigkeit gegeben. Aber es sind — und das ist gut so — im Gesetz Möglichkeiten geschaffen, bestimmte Aufgaben an an-


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    dere Stellen zu übertragen, wenn diese besser geeignet sind, ein bestimmtes Anliegen zu erfüllen. Das gilt insbesondere für die Frage der Arbeitsvermittlung. Hier ist also die Möglichkeit gegeben, andere Stellen mit Vermittlungsaufgaben zu betrauen, wenn das zur Erreichung des gesetzten Zieles notwendig ist.
    Es ist in dem Gesetzentwurf auf eine gesetzliche Regelung hingewiesen, die dieser Bundestag geschaffen hat, und zwar die Einschaltung der karitativen Organisationen bei der Arbeitsvermittlung, insbesondere von Hausangestellten und von Pflegekräften. Der Bundesrat meinte, man könnte diese Bestimmung in der Novelle streichen. Wir sind gegenteiliger Meinung; wir sind der Meinung, es ist gut, wenn dieser in einem besonderen Gesetz zum Tragen gekommene Wille des Bundestages auch hier noch einmal verankert wird. Hier handelt es sich gerade um Aufgaben, die eben zum Teil besser von den beauftragten Organisationen erfüllt werden können.
    Zu dem Problem Fraueneinsatz in der Arbeitsverwaltung, das in der Öffentlichkeit schon diskutiert wird, wird nachher meine Kollegin Frau Dr. Bleyler einige Bemerkungen machen.
    Lassen Sie mich noch ein anderes ansprechen. Es ist vorgesehen, in dem Gesetzentwurf größere Sicherungen gegen eine mißbräuchliche Inanspruchnahme der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge zu schaffen. Ich möchte dazu folgendes sagen. Gerade diejenigen, die eine fortschrittliche Gestaltung unserer Sozialversicherung, auch der Arbeitslosenversicherung, wollen, müssen besonders darum bemüht sein, eine mißbräuchliche Inanspruchnahme zu verhindern. Wir können ja nicht bestreiten, daß es eine solche gibt. Allerdings müssen wir uns auch hier davor hüten, Vorwürfe zu verallgemeinern; das wäre ein Unrecht gegenüber denjenigen, die die Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge in Anspruch nehmen müssen.
    Darf ich einige Bemerkungen zur Situation auf dem Arbeitsmarkt machen. Wir haben in den letzten Jahren Gott sei Dank eine erfreuliche Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt erlebt, daß einige Millionen neuer Arbeitskräfte in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden konnten und eine Existenzmöglichkeit erhielten. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch der Bundesanstalt, der Arbeitsverwaltung allgemein für die Arbeit danken, die sie in dieser Hinsicht in den letzten Jahren geleistet hat. Ich darf dabei auch an die schwierigen Probleme der Umsetzung von Arbeitskräften aus bestimmten, übersetzten Gebieten in Mangelgebiete erinnern: Fragen, die ja nicht so leicht zu lösen sind. Die Arbeitsverwaltung hat dabei sehr aktiv mitgewirkt und kann beachtliche Erfolge ihrer Arbeit verzeichnen. Nun wissen wir allerdings, daß der Arbeitsmarkt trotz dieser erfreulichen Gesamtentwicklung noch stark differenziert ist, daß eben ein Rest von Arbeitslosigkeit verblieben ist, der insbesondere auf Strukturschwierigkeiten beruht. Ich darf die Probleme nur andeuten. Einerseits haben wir Gebiete mit einem starken Kräftebedarf, andererseits solche mit einem Arbeitskräfteüberschuß; einerseits haben wir Berufe, wo es schwierig ist, freie Arbeitsplätze zu besetzen, andererseits Überschußberufe, wo wir den verfügbaren Arbeitskräften keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen können. Ich darf an das in diesem Hohen Hause schon verschiedentlich diskutierte Problem der älteren Angestellten und Arbeiter und der Personen erinnern, bei denen man nicht von einer vollen Einsatzmöglichkeit reden kann.
    Das sind Probleme, die verblieben sind und mit denen wir uns auch bei der Diskussion dieser Novelle ernsthaft beschäftigen müssen. Ich möchte sagen: Alle Möglichkeiten, die sich bieten, um mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden, müssen von uns ausgeschöpft werden.
    In der Novelle ist vorgesehen, die Sperrfristen in bestimmten Fällen zu verlängern: bei verschuldetem Verlust eines Arbeitsplatzes, bei mangelndem Arbeitswillen usw. Hier schlägt man vor, statt der bisher üblichen normalen Sperrfrist von 4 Wochen zu einer 6-Wochen-Sperrfrist zu kommen, die ausgedehnt, aber auch verkürzt werden kann. Ich glaube, wir brauchen nicht die Sorge zu haben, daß nun von der Verwaltung solche Möglichkeiten benützt werden, auch dann einen Anspruch zu bestreiten, wenn das auf Grund der vorliegenden Verhältnisse an sich nicht berechtigt ist. Denken Sie daran, daß alle diese Dinge von der Sozialgerichtsbarkeit überprüft werden können. Wer glaubt, daß ihm eine Sperrfrist zu Unrecht auferlegt worden ist, hat den entsprechenden Rechtsschutz und kann sich gegen Entscheidungen wehren, wenn diese nach seiner Ansicht nicht berechtigt sind.
    Ich möchte besonders auf den Teil der Novelle hinweisen, der sich mit den Maßnahmen zur Verhütung und Beendigung der Arbeitslosigkeit beschäftigt. Hier handelt es sich um ein dringendes Anliegen. Die hier angesprochenen Dinge bieten auch ganz gute Erfolgschancen. Es geht um die möglichste Beseitigung struktureller Schwierigkeiten, es geht um Umschulungsmaßnahmen, allgemeine Rehabilitationsmaßnahmen, es geht um das Problem der Beihilfen zur Berufsausbildung; es ist die Möglichkeit zu Umschulungsbeihilfen gegeben, auch für Arbeitgeber, weil sich hier gewisse Schwierigkeiten ergeben haben, auf Grund der bisher bestehenden Richtlinien zu helfen; und es geht um die Ausweitung von Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen im Raum der Arbeitsverwaltung. Praktisch sollen all diese Maßnahmen oder ein beachtlicher Teil von ihnen dazu dienen, den Arbeitslosen fit, ihn verwendungsfähiger zu machen, und ihm eine bessere Chance bieten, zu dem von ihm gewünschten Arbeitsplatz zu kommen.
    Auch in diesem Gesetzentwurf ist wiederum die Möglichkeit der Siedlungshilfe vorgesehen, dergestalt, daß ein Arbeitsloser, der in einem Siedlungsvorhaben begriffen ist, in Zeiten der Arbeitslosigkeit an seinem Siedlungsvorhaben arbeiten kann, ohne dadurch den Unterstützungsanspruch zu verlieren.
    Vom Herrn Bundesarbeitsminister ist auf die stärkere Betonung des Versicherungsprinzips hingewiesen worden. Ich brauche diese Ausführungen nicht zu ergänzen. Es ist ferner auf die Gestaltung des Umfangs der Versicherungspflicht hingewiesen worden. Wir sehen in der Novelle gewisse Vorschläge für eine Befreiung von der Versicherungspflicht, wir sehen andere Vorschläge, die eine Ausweitung der Versicherungspflicht bedeuten. In der Novelle ist vorgesehen, daß beispielsweise Arbeitnehmer über 65 Jahre nicht mehr versicherungspflichtig sind, gleichfalls Bezieher von Invaliden-, Angestellten- oder Knappschaftsrenten. Hier geht


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    es darum, einen Doppelbezug von Leistungen zu vermeiden, aber auch darum — und ich glaube, dieses Problem müssen wir ernsthaft diskutieren —, daß hier nicht Ansprüche erworben werden können, obschon eine doch nur ganz eingeengte Vermittlungsmöglichkeit solcher Arbeitskräfte gegeben ist. Die Versicherungspflicht in der Hauswirtschaft soll dadurch komplettiert werden, daß in den Ländern, wo bisher noch Hausangestellte versicherungsfrei waren, nun die Versicherungspflicht geschaffen werden soll. Meines Wissens sind die Hausangestellten zur Zeit praktisch nur noch in BadenWürttemberg versicherungsfrei. Hier muß man darauf hinweisen, daß diese Versicherungsfreiheit aus einer Zeit datiert, die sich wesentlich von der heutigen Situation unterscheidet. Es darf vielleicht auch darauf hingewiesen werden, daß man an sich nicht gerade populäre, nicht besonders gesuchte Arbeitsmöglichkeiten nicht noch unpopulärer machen sollte, indem man den Versicherungsschutz hier einengt. Ich darf auch darauf hinweisen, daß die Versicherungsfreiheit in der Landwirtschaft nur dann gegeben sein soll, wenn es sich um langfristige Arbeitsverträge handelt. Auch diese Frage werden wir eingehend bei den Beratungen im Ausschuß diskutieren müssen.
    Wiederum ist die Frage des Versicherungsverhältnisses der Lehrlinge angesprochen worden. Hier darf ich darauf hinweisen, daß der Bundestag schon eine Vorabregelung getroffen hat. Ich möchte meinen, daß an sich diese Regelung den wirklichen Verhältnissen Rechnung trägt. Wir haben zu prüfen, ob es notwendig ist, den gemachten Vorschlägen zu folgen. Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß die Verzögerung der Vorlage der Novelle uns in den letzten Jahren wiederholt gezwungen hat, hier einige Vorablösungen, die besonders dringlich waren, zu treffen.
    In dem Gesetz ist der Versuch gemacht worden, zu einem neuen Begriff der Vermittlungsfähigkeit zu kommen. Bisher war Voraussetzung für den Unterstützungsbezug die Tatsache, daß der Antragsteller arbeitsfähig, arbeitswillig und unfreiwillig arbeitslos war. Man hat hier nun einen neuen Begriff geprägt. Ich weiß, daß man hierüber sehr lange beraten hat. Ich weiß, daß die Meinungen nicht einheitlich sind. Bei dem Begriff der Vermittlungsfähigkeit geht man von einer Arbeitsbereitschaft, von einer Verfügbarkeit, von einem gewissen Leistungsvermögen, das den Anforderungen des Arbeitsmarktes entspricht, aus. Die neue Regelung entspricht dem Versuch, den Arbeitsmarkt von Kräften frei zu machen. die nicht vermittelt werden können, aber nun als Arbeitsuchende immer auch in der Statistik erscheinen und bei den Arbeitsämtern vorgemerkt werden. Sicher, die Neuregelung muß eingehend diskutiert werden. Es muß geprüft werden, ob hier nicht eine zu weitgehende Möglichkeit zu Ermessensentscheidungen gegeben ist. Wir werden im Ausschuß die Möglichkeit haben, das zu überprüfen.
    Lassen Sie mich etwas zu den Unterstützungsleistungen in der Arbeitslosenversicherung sagen. Es ist keine Änderung der Unterstützungshöhe und der Zusammensetzung der Unterstützung vorgesehen. In der Novelle ist schon auf die Neuregelung, die durch Bundesgesetz im August 1953 erfolgt ist, hingewiesen. Auch ich möchte meinerseits auf die automatische Erhöhung der Unterstützung durch die Lohnentwicklung hinweisen. Über die Lohnentwicklung hat der Herr Bundesarbeitsminister einige Bemerkungen gemacht. Er hat die letzten I Feststellungen vom August 1953 angezogen. Ich darf das noch einmal sagen. Im Januar 1950 stammten nur 21 % der Unterstützungsempfänger aus den Lohngruppen über 60 DM pro Woche. Die Zahl der Unterstützungsempfänger aus dieser Lohngruppe war bis August 1953 schon auf 75 % angewachsen und ist inzwischen weiter gestiegen. Das wirkt sich dann in der Unterstützungshöhe aus.

    (Abg. Richter: Nur nominell, aber nicht real!)

    — Doch, auch real, Herr Kollege, allerdings prozentual nicht so, wie das von manchen gewünscht wird.
    Aber ich glaube, es wird bei dieser Frage notwendig sein, zu prüfen, ob wir hier in der Bundesrepublik etwas versäumt haben, ob wir hier gegenüber der Situation in anderen Ländern schlechter dastehen oder ob wir hier nicht doch eine Regelung haben, die als eine gute Entwicklung betrachtet werden kann. Ich habe gerade dieser Tage einige Ziffern vom Internationalen Arbeitsamt bekommen. Dort wird versucht, die Ausgaben der Sozialversicherung pro Kopf der Erwerbstätigen in einigen Ländern aufzuzeigen. Es ist interessant, festzustellen, daß Westdeutschland bei dieser Aufstellung der europäischen Länder an zweiter Stelle steht. Ich glaube, das sind Dinge, die wir nicht ignorieren können. Wenn wir einmal festzustellen versuchen, wie dieses Problem in anderen Ländern geregelt ist, dann werden wir wiederum feststellen, daß wir uns mit unserer Regelung in Vergleich zu anderen Ländern sehen lassen können.
    Lassen Sie mich nur zwei Beispiele aus den großen angelsächsischen Ländern hier anführen, aus England und den Vereinigten Staaten. Nach der amtlichen Statistik betrug der Wochenlohn für Arbeiter — mit Ausnahme einiger Spezialberufe, die höher entlohnt sind — im Jahre 1953 9,5 Pfund pro Woche. Er liegt jetzt mindestens um 1 bis 1,5 Pfund höher. Die Unterstützungen bei Arbeitslosigkeit sind allerdings verhältnismäßig gering. Sie betragen bei einem arbeitslosen Mann ohne unterstützungsberechtigte Angehörige heute nur rund 14 % des Lohnsatzes, der, ich sage es noch einmal, aus der amtlichen Lohnstatistik der britischen Regierung stammt. Sie wissen ja, daß das ein weitaus niedrigerer Satz ist, als wir ihn haben. Aber auch wenn wir die Unterstützungssätze der Arbeitslosen mit Familienangehörigen nehmen, kommen wir auf Prozentsätze, die beachtlich niedriger liegen als bei uns.
    Ich möchte dann auch noch auf ein anderes Beispiel hinweisen. In den Vereinigten Staaten ist diese Frage nicht einheitlich geregelt. Die Staaten haben sehr differenzierte Regelungen. Allerdings gibt es größere Gruppen, bei denen man eine gewisse Einheitlichkeit feststellen kann. Wenn man hier einmal eine gängige Gruppe von Arbeitnehmern nimmt, und zwar die angelernten Arbeiter mit einem Wochenverdienst von etwa 80 Dollar — wer die Verhältnisse drüben kennt, weiß, daß das in Industriestädten etwa der Schnitt ist —, dann kommt man bei ungefähr 38 Staaten auf einen Arbeitslosenunterstützungssatz, der durchschnittlich etwa 37,5 % des Wochenlohns beträgt.
    Sicher, es ist nicht leicht, Vergleiche zu ziehen, weil dabei gewisse Dinge berücksichtigt werden müssen; der Aufbau ist differenziert usw. Aber einigermaßen lassen die Vergleiche doch die Schlußfolgerung zu, daß wir uns in einem Rahmen


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    bewegen, den man nicht als abnorm bezeichnen kann. Ich will damit nicht sagen, daß nicht berechtigte Verbesserungswünsche vorgetragen werden können.
    Ich möchte 'bei dieser Frage doch auch eins zur Überlegung stellen: Wir alle müssen uns darüber im klaren sein, daß eine gewisse Distanz zwischen Lohn und Unterstützung verbleiben muß. Wenn ich nun diese Distanz feststellen will, muß ich natürlich nicht vom Bruttolohn, sondern vom Nettolohn ausgehen. Ich muß die Unterstützung mit dem Nettolohn, d. h. mit dem vergleichen, was dem Arbeitnehmer tatsächlich als verfügbarer Lohn verbleibt. Zwischen der Unterstützung und dem Nettolohn muß eine gewisse Distanz sein, wenn die Arbeitsfreudigkeit erhalten bleiben soll. Nun haben wir den Zustand, daß praktisch in einer beachtlichen Zahl von Fällen — in den meisten Fällen — die Unterstützung schon mehr als 50 % des Bruttolohns beträgt, also wesentlich mehr als 50 % des Nettolohns, und daß von einem kleineren Teil auch die Zweidrittel-Grenze des Bruttolohnes erreicht und zum Teil schon überschritten ist. Sie wissen — das kann jeder leicht nachrechnen —, daß wir in den unteren Einkommenstufen und bei Personengruppen, wo mehr Familienangehörige vorhanden sind, praktisch immer sehr schnell an die Auffanggrenze herankommen. Bei allem Verständnis für Wünsche auf Verbesserungen — und wir werden solche Wünsche bekommen und werden sie diskutieren müssen — muß doch auf diese Tatbestände hingewiesen werden.
    Zur Frage der Unterstützungsdauer ist hier praktisch nur ein anderes Verfahren vorgeschlagen, das allerdings eine kleine Verschlechterung bringt. Bei langfristigen Arbeitsverhältnissen kann die Höchstbezugsdauer erst nach einer etwas längeren Frist erreicht werden, als sie bisher vorgesehen war. Für die Anrechnung von Nebenverdienst hat man hier feste Sätze in Vorschlag gebracht. Das bedeutet zweifellos eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung. Allerdings bedeutet es für eine bestimmte Gruppe eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Regelung, und zwar für diejenigen, die eine höhere Unterstützung als 30 DM pro Woche erhalten. Wir haben auch diese Frage zu diskutieren.
    Strittig ist das Problem der Behandlung der Abgangsentschädigung. Es ist nicht seit heute, sondern es ist seit Jahren strittig. Auch diese Frage muß diskutiert werden.
    Über die Alfu ist gesagt worden, daß es bei dieser Vorlage darum geht, zu einer Vereinheitlichung und der Anwendung der Bestimmungen der Arbeitslosenfürsorge zu kommen. Das ist notwendig. Das ist eine Frage, die schon lange dringlich ist. Wir werden uns über diese Frage unterhalten.
    Ich möchte hier nur eine Anmerkung machen. Mir erscheint es notwendig, daß die anrechnungsfreien Beträge bei Nebeneinkommen und auch die anrechnungsfreien Beträge bei Familieneinkommen nicht durch eine besondere Rechtsverordnung, sondern allgemein im Gesetz geregelt werden. Ich glaube, das ist ein so wesentlicher Teil dieses ganzen Problems, daß man die Entscheidung darüber nicht aus dem Parlament heraus verlagern sollte.
    Es ist vom Herrn Bundesarbeitsminister mit Recht darauf hingewiesen worden, daß es notwendig ist, alles zu tun, um .den Arbeitswillen zu erhalten, und nichts zu tun, was zu einer Zerreißung der Familie dadurch führen könnte, daß vom Familieneinkommen zuviel angerechnet wird und der Betreffende gewissermaßen aus der Familiengemeinschaft herausgedrängt wird. Eines möchte ich allerdings im Namen meiner Freunde heute ganz klar und deutlich zum Ausdruck bringen: Wir müssen immer wieder daran denken, daß eine echte Pflicht der Familienmitglieder besteht, ihren Angehörigen in der Zeit der Not zu helfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, wir müssen in aller Deutlichkeit immer wieder sagen, daß sich die Familienangehörigen nicht zu Lasten der Allgemeinheit von ihrer Pflicht drücken dürfen.
    Die Krankenversicherung der Arbeitslosen ist neu geregelt. Wir halten den Grundsatz für gut, daß der Arbeitslose im Regelfall bei seiner Krankenkasse verbleiben soll. Wir halten es auch für gut, daß der Arbeitslose nun in die Unfallversicherung einbezogen wird, insbesondere für Wegeunfälle, die entstehen können.
    Ein anderes Problem ist in der Novelle nicht angesprochen worden, wird .aber zweifellos in der Diskussion zur Sprache kommen — der Bundesrat hat dieses Problem ja schon angeschnitten —, nämlich die Frage einer rentensteigernden Wirkung der Arbeitslosigkeit. Ein nicht einfaches Problem! Wir werden uns damit beschäftigen müssen. Ich möchte heute dazu nichts Näheres sagen, weil es uns notwendig erscheint, diese Frage ernsthaft zu prüfen, ehe man zu entsprechenden Vorschlägen kommen kann. Es ist zu prüfen die Notwendigkeit, das Bedürfnis, es ist allerdings auch zu prüfen die Möglichkeit, d. h. auf gut deutsch: die Frage der Finanzierung einer solchen Regelung.
    Zu dem Beitragsproblem ist in der Novelle nichts gesagt. Es bleibt bei dem derzeitigen Beitrag, und es bleibt praktisch bei der Beitragsfreiheit des Bergbaus. Ich darf darin erinnern, daß diese Beitragsfreiheit einmal in einer besonderen Situation geschaffen wurde. Ich persönlich möchte sagen — meine Fraktion vertritt hier keine einheitliche Auffassung —, daß ich die derzeitige Regelung nicht als sonderlich ideal betrachten kann. Ich bin der Meinung, wo ein Anspruch auf Leistungen besteht, müßte auch die Verpflichtung zur Gegenleistung im Gesetz sichergestellt sein. Aber wir werden uns über diese Frage noch unterhalten können.
    Ich komme zum Schluß. Ich möchte den Antrag stellen, die Vorlage dem Ausschuß für Arbeit zu überweisen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit dankbar anerkennen, daß das Bundesministerium für Arbeit für die Ausschußberatungen umfangreiches Material zur Verfügung gestellt hat. Diese sehr umfangreiche Vorlage enthält sehr viele Übersichten, die man kennen muß, wenn man das Problem gut behandeln will. Ich darf nochmals sagen: der Hauptzweck des Gesetzes liegt in der Frage der Arbeitsvermittlung. Die Hauptaufgabe der Arbeitsverwaltung ist die Arbeitsvermittlung: die Sicherung des Arbeitsplatzes. Die Frage der Unterstützung ist eine notwendige Frage, aber praktisch eine sekundäre Frage, es geht hier um eine Hilfsmöglichkeit. Aber wir müssen immer wieder an den Hauptzweck des gesamten Gesetzes denken. Ich möchte wünschen, daß dieses Gesetz eine Form erhält, die es zu einem brauchbaren Instrument der Arbeitsverwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben macht, und daß es eine Form erhält, die den Interessen der Menschen gerecht wird, denen dias Gesetz dienen soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)