Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Arndt hat eingangs seiner Erläuterungen bemerkt, daß der Bundeswirtschaftsminister vor geraumer ) Zeit eine Zusage gemacht habe. Ich habe leider versäumt, mir das Datum dieser Zusage zu. notieren. Ich wäre dankbar, wenn ich diese Angabe noch einmal nachbekommen könnte. Ich werde der Sache nachgehen und darf mir vorbehalten, darauf noch einmal zurückzukommen.
Eines ist jedenfalls sicher: daß in den Jahren 1950, 1951 und 1952 ein sehr harter Druck auf die Bundesregierung ausgeübt wurde, die Zahl der Belegschaft in Sontra auf etwa 1500 zu erhöhen.
Das Problem Sontra ist seit geraumer Zeit Gegenstand ausführlicher Beratungen und Prüfungen gewesen. Wir haben auch bereits — da kann ich gleich Herrn Abgeordneten Arndt antworten — den Rechnungshof mit dieser Sache bemüht. Der Rechnungshof hat ein Gutachten abgegeben und ist zu dem gleichen Ergebnis gekommen — das auch für die Entscheidung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses mitbestimmend war —, daß es nicht vertretbar sei, die Subventionen in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen. Ich muß Ihnen sagen, daß in den Jahren 1949 bis einschließlich 1954 an Subventionsbeträgen insgesamt bisher 32,5 Millionen DM gezahlt worden sind.
In der letzten Zeit wurden je Kopf 7000 DM im Jahr gezahlt.
Wir zahlen im Jahr einen Zuschuß von rund 9 Millionen DM. Wir hätten die gesamte Belegschaft, ohne sie einen Strich Arbeit leisten zu lassen, spazierengehen lassen können, hätten sie
voll bezahlen können und hätten dann etwa 4 bis 5 Millionen DM Subventionen gespart.
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Arndt hat die alleinige Verantwortung der Bundesregierung herauszustellen sich bemüht. Ich muß demgegenüber darauf hinweisen, daß der Herr Staatssekretär Lauffer von der hessischen Regierung selber erklärt hat, daß die hessische Regierung die volle Mitverantwortung für diese Entscheidung trage, die sie selber für eindeutig und richtig und unausweichlich halte.
Der Herr Staatssekretär Lauffer hat selbst die Worte — —
Meine Damen und Herren! Darüber hinaus hat der Herr Finanzminister des Landes Hessen, Troeger, sich in sehr dankenswerter Weise und in sehr erfolgreicher Weise mit darum bemüht, daß Verhandlungen mit der Firma Massey Harris geführt und daß sie zum Erfolge geführt werden konnten. Ich glaube, daß die Übereinstimmung zwischen der hessischen Regierung und der Bundesregierung ganz außer jedem Zweifel steht.
Herr Abgeordneter Arndt hat uns aber auch vorgeworfen, daß wir nicht Phantasie genug entwickelt hätten; wir hätten doch auch in das Gebiet Sontra gehen können. Ich war sehr verwundert, soeben zu hören, daß nun auf einmal diese entwickelte Phantasie gerade wieder die Kritik des Herrn Abgeordneten hervorruft. Ich kann daher nicht unterlassen, ein Protokoll von der Sitzung am 18. Juli 1954 zu zitieren:
Dem wiederholt von der Regierung vorgebrachten Einwand, daß die Schwierigkeiten in Sontra zum Teil aus dem ungünstigen Standort — Zonengrenznähe, ungünstige Eisenbahnverbindungen, schlechte Frachtlage — herrührten, wird von Abg. Arndt entgegengehalten, es sei nicht erforderlich, neue Unternehmen unmittelbar in Sontra selbst anzusiedeln. Ansiedlung in Bebra, 17 km von Sontra, Eisenbahnknotenpunkt, Autobahn, gegenüge.
Meine Damen und Herren! Ich glaube sicher sagen zu dürfen und hoffe auf Ihre Zustimmung, daß die Beurteilung der Entscheidung in dem Falle Sontra aus dem Wirtschaftlichen und Sozialpolitischen heraus sicher eindeutig und unausweichlich war. Die Stillegung des kurhessischen Kupferschieferbergbaus, die eben auf Grund des Beschlusses des Wirtschaftspolitischen Ausschusses und des Kabinetts erfolgte, ist in der Zwischenzeit auch bereits so gefördert worden, daß ein großer Teil der dort ansässigen Arbeitskräfte anderweitig untergebracht werden konnte. Bis zum 30. April dieses Jahres sind 493 Arbeiter und 27 Lehrlinge, also insgesamt 520 Menschen, anderweitig untergebracht worden, davon 255 Kräfte in anderen Bergbaurevieren. Zur Zeit sind noch 762 Arbeitskräfte in der Kurhessischen Kupferschieferbergbau GmbH tätig.
Im Hinblick auf diese schnellen Fortschritte, die in der Umsetzung der Arbeitskräfte erzielt wurden, sind per 31. März die Hütte und der Schnepfenbusch-Schacht stillgelegt worden. Der Förderbetrieb wird seit 1. April nur noch in der Schachtanlage Wolfsberg mit einer Schicht aufrechterhalten. Für den Endzustand der stufenweisen Stillegung sind in genauer Durchführung des Beschlusses Maßnahmen getroffen, um die Anlagen des Betriebes zu erhalten. Diese Anlagenerhaltung wird für eine Restbelegschaft dort eine ständige Beschäftigung sicherstellen.
Zu der Ansiedlung der Firma Massey Harris muß anerkannt werden, daß diese sich in einer ungewöhnlich großzügigen Weise dort betätigt, und zwar großzügiger, als wir erwartet hatten. Insbesondere ist hervorzuheben, daß die Gesellschaft sehr bereit war, gerade ältere Angestellte zu übernehmen. Es ist daher nach unserer Meinung mit Sicherheit anzunehmen, daß bis zum Ende des Jahres, und zwar so, wie es vorgesehen war, die Unterbringung von weiteren 500 Leuten an Ort und Stelle möglich ist, so daß dann der größte Teil der Belegschaft in der Tat an neuen Arbeitsplätzen Unterkunft gefunden hat.
Damit glaube ich, die Punkte 1 und 2 der Anfrage beantwortet zu haben, und möchte zum Punkt 3 etwas sagen. Die Bundesregierung und die Landesregierung Hessen sind sich darüber einig, daß zu den in Eschwege geschaffenen Arbeitsplätzen natürlich auch in der Stadt Sontra selbst Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden sollten, insbesondere für diejenigen Kräfte des Kupferschieferbergbaues, denen der Pendelverkehr, der ja zugegebenermaßen eine beschwerliche Sache ist, schwerlich zugemutet werden könnte. Ich möchte übrigens nicht unerwähnt lassen, daß für die Bestreitung der Kosten des Pendelverkehrs von der Gesellschaft ein Zuschuß gewährt wird, zumindest zunächst für das Jahr 1955.
Die hessische Landesregierung steht nun seit geraumer Zeit in Verhandlungen mit mehreren Firmen, die eine Bereitschaft geäußert haben, sich in der Stadt Sontra selbst anzusiedeln, und zwar handelt es sich um drei, vier Gesellschaften, deren Namen hier zweckmäßigerweise vielleicht noch nicht genannt werden, um deren Chancen nicht zu verschlechtern. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, in kurzer Zeit zu einem positiven Abschluß zu kommen, und sollte das nicht der Fall sein, dann werden sich Bund und Land gemeinsam intensiv um neue Ansiedlungsprojekte für Sontra bemühen.
Kredite hierfür sind bereits zur Verfügung gestellt. Zwischen dem Bund und dem Land Hessen ist ein Kreditvertrag in Höhe von 15 Millionen DM abgeschlossen. Der Betrag ist aber durch die bisherigen Ansiedlungsvorhaben noch nicht ausgeschöpft. Trotzdem hat sich der Bundesfinanzminister schon bereit erklärt, erforderlichenfalls weitere 5 Millionen DM zu den gleich günstigen Bedingungen, und zwar ausschließlich zur Ansiedlung in der Stadt Sontra, zur Verfügung zu stellen.
Zu dem Punkt 4 der Anfrage. Die Frage, ob der Subventionsbedarf für den Kupferschieferbergbaubetrieb durch Rationalisierung bzw. Steigerung der Förderung auf ein erträgliches und zu vertretendes Maß verringert werden kann, ist im Laufe der letzten Zeit Gegenstand so ausführlicher und so zahlreicher Erörterungen und Prüfungen gewesen, daß eigentlich keine Chance besteht, durch weitere Prüfungen ein anderes Ergebnis zu erzielen. Dabei wurde auch die Frage geprüft, ob nicht etwa durch Installierung einer Weiterverarbeitung über Tage eine Wirtschaftlichkeit des Betriebes erreicht werden könnte. Alle gutachtlichen Äußerungen aber und alle Prüfungen kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß bei einem außerordentlichen Investitionsbedarf, der die Voraussetzung für solche Entwicklungen wäre, letzten Endes der Subventionsbedarf nicht in Fortfall gebracht und auch nicht wesentlich gesenkt werden könnte. Im Gegenteil, die größere Menge Erz, die ja gefördert werden müßte, um die Rentabilität einer Weiterverarbeitungsanlage über Tage überhaupt zu rechtfertigen, würde diese Entwicklung unmöglich machen. Alle Fachleute kommen zu dem gleichen Ergebnis, und die Bundesregierung ist nicht imstande, vorzuschlagen oder zu empfehlen, nochmals in die Beratung solcher Pläne einzutreten.