Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits seit dem Jahre 1950 ist ein Fischgesetzentwurf in Bearbeitung. Eine große Anzahl von Entwürfen wurde seit dieser Zeit erstellt und beraten, und alle wurden verworfen. Der Ernährungsausschuß des 1. Bundestages hat sich bereits eingehend mit dieser Materie befaßt. Der für die Bearbeitung des Fischgesetzentwurfs eingesetzte Unterausschuß des Ernährungsausschusses ist für mehrere Tage an die Küste gereist, hat 'die vier Seefischmärkte besucht und mit Vertretern aller Sparten der Fischwirtschaft die Probleme besprochen. Sein Bericht hat im Ernährungsausschuß nicht mehr behandelt werden können, da die Legislaturperiode auslief. Der vom Unterausschuß Fischwirtschaft des Ernährungsausschusses erarbeitete Entwurf ist, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, von den Koalitionsparteien des 2. Bundestages als Initiativantrag eingebracht worden. Er ist nach erster Lesung an den Ernährungsausschuß und an den mitberatenden Ausschuß für Wirtschaftspolitik überwiesen worden.
Ein Marktordnungsgesetz für die Fischwirtschaft zu schaffen war deshalb sehr schwierig, weil der Fang, aber auch der Absatz der Fische noch mehr von der Natur, von Wind und Wetter abhängig sind als andere Produkte der Ernährungswirtschaft. Stürme behindern oder beeinträchtigen den Fang, warmes Wetter den Absatz. Die Fischwirtschaft ist außerdem noch verhältnismäßig jung, und die Gegensätzlichkeiten in den einzelnen Sparten sind groß, so daß eine einheitliche Auffassung zu dem Problem in der Fischwirtschaft im allgemeinen nicht vorhanden ist. Es war deshalb notwendig, bei dem Entwurf des Gesetzes den Rahmen nicht zu weit zu ziehen, weil dadurch unter Umständen eine zu starre Regelung geschaffen worden wäre, die es unmöglich gemacht hätte, sich den wechselnden Gegebenheiten anzupassen.
Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 4394.
Der Entwurf des Gesetzes hat sich deshalb bewußt auf die Regelung der wesentlichen Punkte beschränkt. Wir sind uns darüber klar, daß der Entwurf keine Ideallösung darstellt und mit Mängeln behaftet ist. Es ist aber zu hoffen, daß Ergänzungen zu dem Gesetz vorgenommen werden können, wenn Erfahrungen in seiner Anwendung vorliegen.
Mit dem Gesetz sollen folgende Dinge besonders geregelt werden:
1. Die Aufstellung eines Versorgungsplanes.
2. Festsetzung eines Mindestsatzes und Stützungsbetrages.
3. Erhebung eines Beitrages für Förderungszwecke.
4. Anerkennung eines Bundesmarktverbandes.
5. Schaffung einer Rechtsgrundlage zum Erlaß von Bestimmungen zur Steigerung der Erzeugung, der Güte und des Absatzes von Fischen und Fischwaren.
6. Festsetzung von Meldepflichten für Betriebe der Fischwirtschaft.
Zu den 'einzelnen Bestimmung en ist folgendes zu sagen.
§ 1 bringt Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich. Hervorzuheben ist hierbei, daß das Gesetz nicht für Fänge aus deutschen Binnengewässern gilt.
§ 2 Abs. 1 bestimmt, daß der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gemeinsam mit den obersten Landesbehörden der Küstenländer für jedes Wirtschaftsjahr einen Versorgungsplan aufstellt und dabei feststellt, welche Mengen von Fischen voraussichtlich aus Eigenanlandungen zur Verfügung stehen und welche Mengen einzuführen sind.
Abs. 2 hat lange Beratungen erfordert. Die Fischwirtschaft wünschte die Möglichkeit zu erhalten, Liefervereinbarungen zwischen den Erzeugern und der ersten und der zweiten Abnehmerstufe zu treffen. Der Ernährungsausschuß glaubte, das im Hinblick auf die Kartellgesetzgebung nicht zubilligen zu können, hielt aber Liefervereinbarungen zwischen Erzeugern und Erstabnehmern im Interesse einer gleichmäßigen Versorgung und besseren Qualität für wünschenswert. — Dem Vorschlag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses, daß solche Vereinbarungen in geeigneter Weise bekanntzumachen seien, konnte die Mehrheit des Ernährungsausschusses nicht folgen. Einen so weitgehenden Eingriff in die private Sphäre hielt der Ausschuß nicht für vertretbar. Die Durchführung einer solchen Bestimmung in der Praxis würde obendrein Strafbestimmungen notwendig machen, zu denen sich der Ausschuß nicht entschließen konnte.
Abs. 3 sieht die Möglichkeit vor, die Einfuhr bestimmter Fische und Fischwaren auf bestimmte Zeiten zu beschränken. Das geschieht praktisch heute schon. Die isländischen Frischfischanlandungen liegen in der Regel in der Zeit, in der die deutsche Flotte überwiegend auf Heringsfang ist und deutsche Frischfischanlandungen knapp sind.
§ 3 ist wohl die wichtigste Bestimmung des Gesetzentwurfs. Er gibt dem Bundesminister für Landwirtschaft die Möglichkeit, im Benehmen mit den obersten Landesbehörden der Küstenländer die schon erwähnten Stützungsbeträge für den
Fisch zu zahlen, der auf den Auktionen nicht für den menschlichen Verzehr zu einem Mindestsatz abgesetzt werden kann und deshalb zu Fischmehl verarbeitet werden muß. Wesentlich ist, daß der Bundesminister die Gewährung der Stützungsbeträge von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen kann. Dadurch, daß er einzelne Fischarten allgemein oder mit Rücksicht auf Größe und Beschaffenheit oder die eine festgesetzte Menge übersteigende Anlandung von der Gewährung von Stützungsbeträgen ausschließen kann, kann er marktregulierend in dem Sinne wirken, daß die Reeder ein den Wünschen der Verbraucher angemessenes Sortiment anlanden.
Stützungsbeträge dürfen nur an die Reeder gezahlt werden, die ihre Schiffe mit Art und Menge des Fanges 48 Stunden vorher an dem Ort der Anlandung angemeldet haben. Diese Bestimmung, die im übrigen einer Anregung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses entspringt, wurde aufgenommen, weil die nachfolgenden Sparten Küstengroßhandel und Fischindustrie ihre Dispositionen nach der Anzahl der am Seefischmarkt gemeldeten Schiffe und der damit zu erwartenden Menge des Fanges treffen und große Verluste erleiden können, wenn ein Reeder das angekündigte Schiff umdisponiert.
Der Bundesmarktverband ist gemäß Abs. 3 bei Festsetzung der Voraussetzungen, unter denen der Stützungsbetrag gewährt werden soll, zu hören.
Die Festsetzung des Mindestsatzes soll nach Abs. 2 durch den Bundesminister für Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsminister erfolgen. Der Mindestsatz soll unter den Gestehungskosten liegen. Damit soll der Reeder keinen Anreiz haben, den Fisch in großen Mengen, aber schlechter Qualität anzulanden, weil er etwa durch den Stützungsbetrag doch auf seine Kosten käme. Fischmehlrohstoffpreis und Stützungsbetrag dürfen zusammen den Mindestsatz nicht überschreiten. Einen Rechtsanspruch auf die Gewährung des Stützungsbetrages hat der Reeder nach diesem Gesetz nicht.
Im § 4 wird die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Ausgleichsabgabe geschaffen. Die Fänge der Logger werden meist nicht an den Seefischmärkten angelandet. Die Loggerfischereien werden zu Marktstützungsbeiträgen nur insoweit herangezogen, als sie die Seefischmärkte beschicken. Der Beitrag ist der Höhe nach auf 2 DM je 100 kg Seefische und Fischwaren begrenzt. Ich darf dem Hohen Hause mitteilen, daß im Augenblick 0,90 DM für 100 kg Fische gezahlt werden. Der Bundesminister kann einzelne Fischarten und Fischwaren oder die Anlandungen in einzelnen Küstenbezirken oder Häfen von der Abgabepflicht ausnehmen.
Die Absätze 3, 4 und 5 enthalten Bestimmungen über die Beitreibung und über die Verwendung der Beiträge. Hier ist festgelegt, daß die Beiträge ausschließlich zum Zwecke der Marktstützung verwendet werden dürfen. Eine derartige Bestimmung erscheint notwendig, um sicherzustellen, daß die Mittel, die nur von den Reedern aufgebracht werden, nicht für andere Zwecke der Fischwirtschaft Verwendung finden. Vor Verwendung der Mittel ist der im § 5 geschaffene Beirat zu hören.
Der Beirat nach § 5 hat beschließende und beratende Mitglieder. Beschließende Mitglieder sind je ein Vertreter der obersten Landesbehörden der Küstenländer, zwei Vertreter der obersten Landes-
behörden der übrigen Länder, die der Bundesrat bestimmt, sechs Vertreter der Fischerei und zwei Vertreter der Fischdampferbesatzungen. Beratende Stimme haben die Vertreter der Fischindustrie, des Großhandels und des Einzelhandels, die beiden Vertreter der Verbraucher und der Vertreter des Bundesministers für Landwirtschaft und Ernährung, der den Vorsitz in diesem Beirat führt. Der Ernährungsausschuß ist hier der Anregung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik gefolgt und hat den Beirat erweitert. Im Behinderungsfalle sollen Stellvertreter für die Mitglieder des Beirats tätig sein.
Wie eingangs gesagt, werden auch Beiträge zur Förderung des Fischabsatzes erhoben. § 6 bestimmt, daß die Betriebe der Reeder beitragspflichtig sind, und nimmt dabei die Loggerbetriebe aus, soweit sie nicht an den Seefischmärkten anlanden. Die Loggerfischereien haben eine eigene Absatzorganisation und eigene Werbung für den Logger-Salzhering. Der Unterausschuß „Fischwirtschaft" des Ernährungsausschusses des 1. Bundestages hat sich bei seiner bereits erwähnten Reise an die Küste davon überzeugt, daß den Loggerbetrieben ihre Eigenwerbung belassen werden sollte. Beitragspflichtig sind ferner die Erstabnehmer und die Importeure. Der Beitrag darf 0,20 DM je 100 kg Fische und Fischwaren nicht übersteigen.
Durch Verweisung auf § 4 Abs. 2 ist sichergestellt, daß der Bundesminister einzelne Fischarten und Fischwaren von der Erhebung der Beiträge ausnehmen kann. Vor Erlaß einer Rechtsverordnung ist der Bundesmarktverband zu hören. Die Mittel sollen zur Förderung des Fischabsatzes im weiteren Sinne verwandt werden. Gedacht ist nicht nur an Werbemaßnahmen, sondern auch je nach der Höhe des Beitragsaufkommens an Kredite, wie Kredithilfen für die Errichtung neuer Fischfachgeschäfte oder für den ambulanten Fischhandel. Die obersten Landesbehörden der Küstenländer bestimmen gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsminister die Verwendung der Mittel. Der Bundesmarktverband ist auch hier vorher zu hören.
Der im § 7 behandelte Marktverband besteht, wie bereits gesagt, seit geraumer Zeit. Abs. 1 Ziffer 1 enthält die Voraussetzungen, unter denen der Verband anerkannt werden kann. Abs. 2 spricht von weiteren Aufgaben, die der Verband sich satzungsgemäß geben kann. Hoheitliche Aufgaben dürfen dem Marktverband nicht übertragen werden. Im Abs. 4 ist festgelegt, worauf die Aufsicht des Bundesministers sich erstrecken soll.
§ 8 war Gegenstand langwieriger Beratungen. An der Krabbenfischerei sind lediglich die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein interessiert. Es handelt sich hier aber um eine Gruppe von zahlreichen kleinen Existenzen. Der Ausschuß glaubte deshalb, die abschließende Regelung den Küstenländern überlassen zu können. Er hat daher in dem Entwurf des Fischgesetzes lediglich eine Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen aufgenommen. Er hofft, mit der vorliegenden Fassung den Ländern die notwendige Handhabe gegeben zu haben, um Rechtsverordnungen zur Marktregelung der Krabben zu erlassen, die dem Bedürfnis der Krabbenfischer gerecht werden.
Eine wichtige Bestimmung, die zur Verbesserung der Qualität von Fischen und Fischwaren erforderlich ist, enthält der § 9. Hiernach hat der
Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern die Pflicht, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen über die Be- und Verarbeitung, die Art und Dauer der Lagerung und Beförderung von Fischen und Fischwaren sowie die Beschaffenheit und Ausstattung von Räumen und Einrichtungen, in denen Fische aufbewahrt oder be- und verarbeitet werden. Es hat sich herausgestellt, daß das Handelsklassengesetz als Rechtsgrundlage für die Verbesserung der Qualität des frischen Fisches nicht geeignet ist. Das Handelsklassengesetz geht von bestimmten Eigenschaften aus, die die Ware besitzen muß. Für den frischen Fisch gibt es bisher keinen objektiven Beurteilungsmaßstab. Selbst wenn ein solcher Maßstab gefunden wäre und der Fisch in eine bestimmte Handelsstufe eingruppiert werden könnte, wäre damit nicht sichergestellt, daß der Fisch in dieser Handelsstufe den Verbraucher erreicht. Das leichtverderbliche Lebensmittel Fisch kann bereits nach kurzer Zeit nicht mehr die Eigenschaften aufwe sen, in der es beim Verkauf auf den Auktionen eingestuft war. Eine Verbesserung der Qualität läßt sich nach Auffassung des Ausschusses aber dann erreichen, wenn Bestimmungen darüber getroffen werden, wie der Fisch nach dem Fang zu behandeln und zu lagern ist. Diesem Ziel dient die Bestimmung des § 9.
Im zweiten Abschnitt des Entwurfs ist der § 10 wichtig, der die Rechtsgrundlage für den Erlaß von Meldebestimmungen gibt. Für die Aufstellung des Versorgungsplanes und andere marktregelnde Maßnahmen sind gewisse Unterlagen notwendig.
Bei § 11 ist der Ernährungsausschuß den Anregungen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses wiederum gefolgt. Er hat für die Auskunftspflicht das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke zugrunde gelegt.
Die §§ 12, 13, 14 und 15 entsprechen den Bestimmungen der übrigen Marktordnungsgesetze. Sie sind zwischen den beteiligten Ministerien abgestimmt.
Zusammenfassend ist zu sagen: Die Fischwirtschaft benötigt zur Verbesserung ihrer Lage eine Steigerung des Verbrauchs. Diese ist nur zu erreichen durch erstens bessere Qualität, zweitens gleichmäßigere Marktbeschickung und drittens gleichmäßigere Preise. Der Ausschuß hat sich bemüht, diesen Erfordernissen im vorliegenden Entwurf gerecht zu werden. Bessere Qualität soll einmal durch marktregelnde Maßnahmen auf Grund des § 3 auf dem Wege über die Festsetzung von Voraussetzungen für die Gewährung von Stützungsbeträgen, zum andern durch eine Rechtsverordnung auf Grund des § 9 erreicht werden. Auch die Förderungsbeiträge auf Grund des § 6 können zur Qualitätsverbesserung eingesetzt werden. Die gleichmäßigere Marktbeschickung soll mit Hilfe der Liefervereinbarungen auf Grund des § 2 Abs. 2 durch den Versorgungsplan und gleichfalls durch marktregelnde Maßnahmen auf Grund des § 2 erreicht werden. Dem Ziel, gleichmäßigere Preise zu erhalten, gelten die Marktstützung des § 3 und ebenfalls die Aufstellung eines Versorgungsplanes.
Abschließend darf ich nochmals betonen, daß das Fischgesetz nicht vollkommen ist und nicht vollkommen sein kann. Es bedarf einmal der Ausfüllung durch die vorgesehenen Rechtsverordnungen.
Es bedarf zum anderen einer engen, vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Vertretern der Fischwirtschaft und denen der Bundes- und Landesdienststellen. Die Praxis muß ergeben, ob und inwieweit später Ergänzungen notwendig sind. Der Ausschuß glaubt, bei den in der Fischwirtschaft bestehenden Verhältnissen für den gegenwärtigen Zeitpunkt mit diesem Entwurf das Bestmögliche getan zu haben. Namens des Ernährungsausschusses darf ich das Hohe Haus bitten, dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung zu geben.