Rede von
Dr.
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das am 1. April 1951, also vor nunmehr etwa vier Jahren in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai 1951, das die bis dahin geltenden verschiedenartigen Landesregelungen durch eine einheitliche Bundesregelung ersetzte, hat sich, wie mir scheint, im wesentlichen bewährt. Durch die beiden Novellen vom 7. Januar 1952 und vom 19. August 1953 ist es nur in wenigen Punkten geändert worden. Es handelte sich dabei unter anderem um Herausrückung von Anmelde- und Stichtagdaten, um die Ausdehnung der Anwendung des Gesetzes auf Angehörige von Einrichtungen der öffentlichen Hand ohne Körperschaftsrechte und um die Ausschließung der Personen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpfen.
Die Bundesregierung war und ist sich mit den Landesregierungen darüber einig, daß grundsätzliche Änderungen des Gesetzes in seiner jetzigen Fassung nicht in Frage kommen, zumal seine Durchführung teils abgeschlossen ist, teils in Kürze abgeschlossen sein wird. Es hat sich aber doch in den folgenden Punkten die Notwendigkeit zur Ergänzung des Gesetzes in einer dritten Novelle ergeben.
Vor allem bedarf es — das ist der erste Punkt — der Regelung der Wiedergutmachung für den zahlenmäßig kleinen, aber durch seine öffentliche Wirksamkeit bedeutungsvollen Personenkreis der nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten an den wissenschaftlichen Hochschulen. Sie bildet das Kernstück der Novelle. Nach der bisherigen Fassung des Gesetzes war es nicht möglich, diesen Geschädigten Wiedergutmachung zu gewähren, weil sie in der erschöpfenden Aufzählung der zum Kreis der wiedergutmachungsberechtigten Angehörigen des öffentlichen Dienstes gehörenden Personengruppen nicht besonders aufgeführt waren und dienstrechtlich weder den Beamten noch den Angestellten zugerechnet werden können. Das ist jedenfalls die herrschende Auffassung, die auch von den Gerichten vertreten wird.
Dieser Rechtszustand kann vom Gesichtspunkt der Wiedergutmachung aus nicht befriedigen, und es muß als eine Lücke des Gesetzes angesehen werden, daß es eine Personengruppe unberücksichtigt läßt, die an der Erfüllung der staatlichen Aufgabe der Lehre und Forschung an den wissenschaftlichen Hochschulen hervorragenden Anteil hatte und von den gleichen nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen wurde wie die beamteten Hochschullehrer. Das Fehlen einer Wiedergutmachungsregelung für die genannte Personengruppe hat auch seit geraumer Zeit die Öffentlichkeit des In- und Auslandes lebhaft beschäftigt und ist dem deutschen Ansehen im Ausland wenig zuträglich gewesen.
Der Entwurf sucht dem Mangel abzuhelfen, indem er die geschädigten nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten mit bestimmten Maßgaben ausdrücklich den geschädigten Beamten gleichstellt und damit in den Kreis der nach dem Gesetz berechtigten Personen einbezieht.
Der zweite Punkt betrifft die Anpassung der Vorschriften des Gesetzes an andere inzwischen ergangene gesetzliche Vorschriften, insbesondere an Vorschriften in den Novellen zum Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes und an Vorschriften im Bundesergänzungsgesetz. Es wäre objektiv unberechtigt und in den Augen der Öffentlichkeit unverständlich, wenn man die dort für vergleichbare Personenkreise getroffenen Regelungen den Geschädigten des öffentlichen Dienstes vorenthalten wollte.
Die Vorschriften betreffen unter anderem die Gleichstellung der Geschädigten, die sich auf Grund eigener Gewissensentscheidung aktiv gegen die Mißachtung der Menschenwürde eingesetzt haben, mit den Personen, die wegen ihrer politischen Überzeugung geschädigt worden sind, ferner Zahlungen an die Ehefrau und Kinder der in Kriegsgefangenschaft oder im Gewahrsam einer ausländischen Macht befindlichen Geschädigten, Zahlun-
gen an Angestellte und Arbeiter im Sinne des § 21 Abs. 2 des Wiedergutmachungsgesetzes für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die ohne die Schädigung bei Inkrafttreten des Gesetzes eine Dienstzeit von mindestens 25 Jahren zurückgelegt haben würden, und schließlich die Rückerstattung der Arbeitnehmeranteile der in der Zeit seit der Schädigung zu den gesetzlichen Rentenversicherungen geleisteten Beiträge.
Endlich — und dies ist der dritte Punkt, meine Damen und Herren — ist eine Reihe mehr oder weniger als redaktionell zu bezeichnender Änderungen vorgesehen. Dazu gehört einmal die Übernahme der Bestimmungen des bisherigen § 8 des Haushaltsgesetzes zur Erleichterung der Unterbringung wiederanstellungsberechtigter Geschädigter in das Gesetz selbst. Diese Bestimmungen sind seinerzeit nur aus zeitbedingten Gründen in das Haushaltsgesetz aufgenommen worden. Sie nunmehr in das Gesetz selbst zu übernehmen, entspricht einem ausdrücklichen Wunsch, den dieses Hohe Haus geäußert hatte.
Sodann werden Formulierungen des bisherigen Gesetzestextes, die zu Zweifeln Anlaß gegeben haben, im Interesse der Rechtssicherheit klargestellt.
Dr r Bundesrat hat der Vorlage zugestimmt. Seine Empfehlungen sind in der Stellungnahme der Bundesregierung, von einer Ausnahme bezüglich des Versorgungslastenausgleichs abgesehen, berücksichtigt worden.
Ich hoffe, meine Damen und Herren, daß, wenn diese Vorlage, die hier voraussichtlich auf keine großen Schwierigkeiten stoßen wird, verabschiedet ist, damit die Wiedergutmachung im öffentlichen Dienst befriedigend abgeschlossen werden kann.