Rede von
Dr.
Alfred
Gille
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)
— Meinen Sie? — Wichtig wird es sein, Herr Kollege Schmitt — und ich glaube, da werden wir uns im Ausschuß sehr schnell finden —, daß man eine Regelung trifft, die die Verantwortung so weit wie möglich von der untersten Ebene in die Dienstvorgesetztenebene hebt. Derjenige, der genötigt ist, nun einmal den Finger am Abzugsbügel zu halten, soll nicht etwa noch mit großen Überlegungen belastet werden, sondern die Bestimmungen müssen klar und deutlich sein.
Der Gesamteindruck, den ich von diesem Entwurf habe, ist im Gegensatz zu Ihrer etwas pessimistischen Auffassung doch so, daß ich glaube: Hier ist ein recht guter Mittelweg gefunden worden, und es ist wirklich nichts sensationelles Neues darin. Wenn wir einmal die Vorschriften der preußischen Polizei aus der Weimarer Zeit, die ja wirklich gut und auch schlagkräftig war, zum Vergleich heranziehen, werden wir feststellen, daß uns der Herr Bundesinnenminister hier wirklich nicht zumutet, dieses Instrument wesentlich schärfer zu machen, als es damals war.
Das Problem, das im § 4 angeschnitten ist, nämlich die Frage, wann der Untergebene berechtigt ist, Befehlen nicht Folge zu leisten, ist ja nach 1945 besonders akut auf uns zugekommen. Wenn ich die Regelung, die hier vorgeschlagen wird, richtig verstehe, belastet sie den Untergebenen am wenigsten. Er ist nicht etwa verpflichtet, in jedem Falle einen Befehl seines Vorgesetzten zu überprüfen — das würde besonders den Vollzugsbeamten übermäßig belasten —, sondern er hat lediglich das Recht, die Ausführung eines Befehls zu verweigern, wenn er auf Grund persönlicher Eindrücke zu diesem Urteil kommt.
Ich möchte auch hoffen, daß es möglich ist, nicht nur zu einer Regelung für die Bundesbeamten, sondern auch zu einer Gemeinschaftsregelung für die Bundes- und die Ländervollzugsbeamten zu
kommen. Das ist schon deshalb wichtig, damit der Beamte beim gemeinsamen Vorgehen von Bund und Ländern nicht eine andere Dienstanweisung aus der Tasche ziehen muß als im sonstigen täglichen Dienst.
Ich weiß aber nicht, Herr Kollege Schmitt, ob es notwendig und überhaupt möglich und nötig sein wird, auch für die Anwendung der anderen Mittel, wie des Gummiknüppels — das ist ja wohl neben der Waffe das Hauptmittel, mit dem die Polizei beim unmittelbaren Zwang arbeitet — und des Wasserwerfers, in sehr eingehenden Bestimmungen nun noch irgendwelche weitere gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Aber wir werden das ja in aller Ruhe besprechen können. Ich möchte meinen, daß wir uns doch alle auf den Grundsatz werden einigen können: Man muß auch hier dem Staate geben, was des Staates ist, wenn er die Aufgabe der Wahrnehmung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfüllen soll, und auf der andern Seite soll man natürlich versuchen, zu verhindern, daß unbeteiligte Staatsbürger durch falsche Anwendung oder durch falsche Formulierung der Grundsätze in Gefahr geraten.
Wir halten jedenfalls im großen ganzen gesehen, Herr Innenminister, den Entwurf der Regierung für eine gute Grundlage zur Lösung dieses Problems und werden im Ausschuß gerne versuchen, noch an Verbesserungen mitzuarbeiten.