Rede von
Artur
Stegner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will zur Frage der Betriebsrechte in dieser vorgerückten Stunde nicht Stellung nehmen; denn das Problem lösen wir heute abend doch nicht mehr. Es wird Aufgabe des Rechtsausschusses sein, sich damit zu befassen. Ich wollte lediglich die Ausführungen des Herrn Kollegen Platner, denen ich vollinhaltlich zustimme, in einem Punkte ergänzen.
Frau Kollegin Dr. Steinbiß hat vorhin den Eindruck erweckt, daß es im Grunde zwei Gruppen von Apothekern gebe, die Apothekenbesitzer und die angestellten Apotheker. Das ist zwar in der Praxis so geworden, weil heute unter den angestellten Apothekern eine große Zahl ist, die keine Aussicht mehr auf einen Apothekenbesitz hat. Aber wir dürfen ohne weiteres davon ausgehen, daß jeder, der sich der Pharmazie gewidmet hat, das Berufsziel der Selbständigkeit, die eigene Apotheke, im Auge hatte. Da bietet der § 15 des Platner-Entwurfs einen guten Anhaltspunkt, in dieser Richtung etwas zu tun.
Wenn Sie einmal das Apothekerjahrbuch 1955 über die Schichtung der Apotheker zu Rate ziehen, werden Sie finden, daß einer Zahl von über 6000 — annähernd 6300 — Apothekenbesitzern an approbierten Mitarbeitern, Kandidaten, erwerbslosen älteren angestellten Apothekern und Industrieapothekern mehr als 7000 gegenüberstehen. Studenten kommen mit 2700 hinzu. Sie sehen also, daß ein großer Teil der Apotheker, die nicht Apothekenbesitzer sind, große Schwierigkeiten haben wird, jemals eine Apotheke zu erlangen.
Besonders schwierig ist die soziale Lage der älteren Apotheker. Sie kennen alle die Problematik der älteren Angestellten. Ich gebe zu, daß es der Bundesanstalt gelungen ist, ihre Zahl um ein Drittel zu vermindern. Bei den angestellten Apothekern trifft das nicht zu. Die Zahl der erwerbslosen älteren Apotheker ist zwar gering, aber sie ist im Wachsen begriffen. Hier sollte man den § 15 des Platner-Entwurfs im Ausschuß beachten. Platner fordert in seinem Entwurf, daß eine Alters-und Hinterbliebenenversorgung auf gesetzlicher Grundlage für die nicht zur Selbständigkeit gelangten Apotheker vorgesehen wird. Es wäre nun sehr einfach, diese gesetzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung auf die Apothekenbesitzer auszudehnen. Dann würde eine größere Anzahl Apothekenbesitzer auf ihre Konzession rechtzeitig verzichten und damit angestellten Apothekern den Platz frei machen. Sie müssen doch einmal, wirtschaftlich gesehen, davon ausgehen, daß die meisten Altapothekenbesitzer bei der Währungsreform ihr erspartes Kapital sehr weitgehend verloren haben. Was in der Zwischenzeit erworben wurde, mußte weitgehend zur Modernisierung der Apotheken benutzt werden. Sie werden die meisten deutschen Apotheken in einem sehr modernen und guten Zustand finden. Das konnte natürlich nur aus Mitteln geschaffen werden, die der Apotheker im wesentlichen aus seinem Betrieb herausgewirtschaftet hat. Wir haben eine größere Anzahl Apothekenbesitzer über 70 Jahre, die gerne ihre Konzession in jüngere Hände legen würden, wenn sie nur die Garantie einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung hätten.
Es kommt noch ein Zweites hinzu. Wenn man die Apothekenbesitzer in die Hinterbliebenenversorgung einbezöge, könnte man die Hinterbliebenenversicherung durch ein an den Umsatz gekoppeltes Prämiensystem versicherungsmathematisch sehr viel schneller ausbauen. Ich glaube, die Ausschüsse sollten diesem Punkt eine wesentliche Beachtung schenken. Ich bin der Meinung, daß auf diesem Weg vielen angestellten Apothekern eher zu einer Apotheke verholfen werden kann als durch Veränderung der Betriebsrechte und schrankenlose Neuzulassung. Der Platner-Entwurf will ja ebenfalls keine schrankenlose Neuzulassung.
Das war alles, was ich den Ausschüssen für die Beratung als Unterlage mitgeben wollte. Auch ich würde es für richtig halten, wenn der Rechtsausschuß bei der Beratung der sehr komplizierten Rechtslage, die ja eine jahrhundertealte Geschichte hat, eine entscheidende Rolle spielte.