Rede von
Dr.
Hans
Furler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wohl eine ausgesprochen undankbare Aufgabe, eine so große Debatte, die sich über drei Tage hin erstreckt hat, als letzter Redner abschließen zu müssen, und zwar zu einer Zeit, wo eigentlich alle, die hier zuhören, sich am liebsten einer anderweitigen Beschäftigung hingeben würden. Aber ich glaube, diese Last entspricht einem gewissen ästhetischen Prinzip. Ich hatte nämlich die Ehre, genau vor drei Tagen mit dieser Debatte zu beginnen.
Ich frage mich allerdings, was alles in diesen drei Tagen geschehen ist. Sicherlich haben wir sehr viel Interessantes, sehr viel Geistvolles, auch sehr viel Ernstes gehört. Ob das allerdings immer der Fall
möchte ich doch etwas bezweifeln.
Aber ich habe nicht auf die ganze Debatte zurückzugehen, sondern ich soll am Schluß nur noch zu den Rechtsfragen Stellung nehmen. Da möchte ich zunächst sagen: es entspricht nicht der Aufgabe, die wir hatten, am Ende dieser großen Auseinandersetzung noch einmal in all die Details einzutreten, die man natürlich an Hand der Verträge alle wieder vorbringen kann. Ich möchte dem Herrn Kollegen Metzger sagen, es ist nicht unsere Sache, Dinge, die zum Teil schon vor zwei Jahren festgelegt worden sind und deren Änderung nicht erlangt werden konnte, am Schluß der dreitägigen Debatte wieder zum Gegenstand von Auseinandersetzungen zu machen, Dinge, die, wenn ich sie im großen Zusammenhang sehe, in der Tat keine entscheidende Rolle spielen.
Aber ich möchte von Herrn Kollegen Metzger sehr schnell auf das übergehen, was Herr Kollege Greve ausgeführt hat. Zu ihm sage ich: ich nehme es dem Herrn Kollegen Greve eigentlich nicht so sehr übel, daß er Beanstandungen, die auch 1952 hier schon wörtlich vorgebracht wurden, wieder bringt. Ich darf darauf verweisen, daß sich der Rechtsausschuß mit diesen Dingen schon damals befaßt und schon damals erklärt hat, er habe die Bedenken der Minderheit nicht billigen können. Ich bitte, die gedruckten Berichte von vor zwei Jahren nachzulesen. Was ich nicht verstehe, ist, daß Herr Kollege Greve hier zunächst in einer etwas satirischen Form über die Herren des Auswärtigen Amtes spricht, ihnen Akrobatik und Purzelbäume vorwirft und sagt, sie hätten in der völkerrechtlichen Situation eine wilde Schießerei veranstaltet. Ich war dann wirklich gespannt, was nun von ihm komme. Ich muß aber sagen, Herr Kollege Greve, Sie haben Beanstandungen vorgebracht. Aber Sie haben diese in eine Form gekleidet, Sie haben hier Sätze gesprochen, die tatsächlich einem revolutionärsten Konvent entsprochen, wahrscheinlich bei ihm einen außerordentlichen Beifall hervorgerufen hätten. Sie haben gesagt, das seien nackte Rechtsbrüche, die ganze Verteidigung sei keinen Pfennig mehr wert, wenn solche Dinge hier vorkämen, — Dinge, die wirklich nicht neu sind, die vor zwei Jahren schon eingehend und sachlich besprochen worden sind und zu denen auch der Herr Bundesjustizminister Stellung genommen hat.
Ich meine, wir sollten uns wirklich davor hüten, so ernste Entscheidungen mit Auseinandersetzungen abzuschließen, die der sachlichen Arbeit, die auch im Rechtsausschuß geleistet worden ist, nicht entsprechen. Es ist sehr leicht, hyperscharfe Formulierungen zu gebrauchen. Und es ist sehr leicht, auf diese Art einer Debatte hinzukommen. Aber ich finde, das entspricht nicht dem Ernst und der wirklich großen Situation, vor die wir bei dieser Entscheidung gestellt werden.
Etwas ernster schon muß ich mich allerdings mit den Ausführungen abgeben, die Kollege Schmid
hier machte. Es hat mich eigentlich traurig gestimmt, diesen von mir sehr verehrten Kollegen mit einer solchen Rede zu hören. Denn zunächst möchte ich sagen, daß Herr Kollege Schmid das Ergebnis der vieltägigen, eingehenden Beratungen, die wir im Auswärtigen Ausschuß hatten, völlig übersehen hat. Er brachte eigentlich das wieder vor, was er uns schon zur Einleitung der Ausschußarbeit gesagt hat. Ich hätte angenommen, mindestens einige gemeinsame Formulierungen, die wir dort gefunden haben, würden in diesem Schlußwort des Herrn Kollegen Schmid ihren Niederschlag finden. Wir haben uns doch immerhin sehr ernsthaft mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Ich will nicht sagen, daß Sie zugestimmt haben. Aber es war in vielen Situationen so, daß ich die Freude und die Ehre hatte, als Berichterstatter feststellen zu können, daß alle Mitglieder des Ausschusses in verschiedenen Punkten einer Meinung gewesen sind. Davon hat man leider nicht mehr viel vernommen. Wenn ich Herrn Kollegen Schmid hörte, war es anscheinend so, daß diese Verträge uns überhaupt nur Enttäuschungen bringen. Das Mißtrauen der Nachbarn sei ausgesprochen deutlich, und zwar nach jeder Richtung. Man will uns binden. Allerdings will man uns erstaunlicherweise in völliger Verkennung der realpolitischen Situation nach Richtungen binden, in denen wir uns gar nicht bewegen. Nun, das wäre ja nicht so schlimm, wenn ich irgendwo gebunden werde, wo ich sowieso nicht hin will. Das ist ja wohl nicht allzu tragisch zu nehmen.
Aber was viel tiefer geht, ist das: Herr Kollege Schmid ist doch ernsthaft der Meinung, daß trotz unserer Prüfungen gesagt werden muß, das, was hier geboten werde — und er meint vor allem den Deutschlandvertrag, er meint aber auch den Eintritt in die NATO und alle diese Dinge —, sei keine Gleichberechtigung. Er sagte — ich will nun einige Punkte herausholen —: Zahlt e in Staat für fremde Truppen Unterhaltskosten? Diesen Satz durfte man am Ende dieser Debatte wirklich nicht bringen.
Denn es ist schließlich so, daß, wenn man schon in der Frage der begrifflichen Gleichberechtigung skeptisch wäre, die Gleichberechtigung sich im Finanziellen auswirken muß. Und da versteht sie jeder unserer Bürger sehr wohl. Jeder Bürger wird begreifen, was im Finanzvertrag klar und deutlich steht: daß nach einer Übergangszeit jede Verpflichtung der Bundesrepublik, zu Stationierungskosten Beiträge zu leisten, aufhört.
Herr Kollege Schmid, Ihr Fraktionsfreund Gülich hat das in seinem gedruckten, recht objektiven Bericht ausdrücklich als einen großen Vorzug dieses Vertrages anerkannt.
Wir haben lediglich die Verpflichtung, zu einem neuen Finanzvertrag zu kommen und ihn abzuschließen im Geiste der Vereinbarungen, die in der großen Nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft bestehen. Also werden wir finanziell gleichberech-
tigt sein mit den Vereinigten Staaten, mit Kanada, mit England und mit all diesen Staaten. Ich frage Sie: was können wir mehr verlangen? Wollen Sie eigentlich fordern, daß wir weniger leisten als die übrigen?
Und sie sagen noch: im Truppenvertrag stehe dieses und jenes. — Ja, aber wir bekommen einen neuen Truppenvertrag — das steht einwandfrei fest —, einen Truppenvertrag, der im Geist der NATO ausgehandelt werden soll, also auch auf der Basis völliger Gleichberechtigung. Nun sagen die Verträge, daß dabei die besondere Lage dieser von uns aus freiwillig in der Bundesrepublik in der Stationierung befindlichen Truppen berücksichtigt werden soll. Herr Kollege Schmid, Sie wissen aus den Auseinandersetzungen, daß man bemüht ist, den neuen Truppenvertrag im Geiste der NATO abzuschließen. Sie wissen auch, daß uns von den Unterhändlern erklärt wurde, man werde bemüht sein, einen möglichst nicht alleinigen Vertrag für uns zu bekommen, sondern einen Vertrag, der etwa ähnlich sei — —
— Moment, ich komme auf die Quantitätstheorie gleich noch zu sprechen.
— Bitte schön.