Rede:
ID0206703300

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2067

  • date_rangeDatum: 18. Februar 1955

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:02 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:13 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Vizepräsident Dr. Schneider: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 7 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. die: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Frau: 1
    7. Heise.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 67. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Februar 1955 3419 67. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. Februar 1955. Liste der beurlaubten Abgeordneten (Anlage 1) 3451 A Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3450 D, 3451 Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Rede des Herrn Bundeskanzlers am 3. Dezember 1954 (Drucksache 1055) 3419 D Brandt (Berlin) (SPD), Anfragender 3419 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 3421 C, 3424 D, 3425 B, D Mellies (SPD) 3422 D, 3426 D Lemmer (CDU/CSU) 3423 D Präsident D. Dr. Gerstenmaier . 3425 B Neumann (SPD) 3425 B Dr. Krone (CDU/CSU) 3426 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts (Erstes Bundesmietengesetz) (Drucksache 1110) 3427 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau 3427 D, 3449 C Jacobi (SPD) 3435 D, 3450 C Dr. Brönner (CDU/CSU) 3438 D Wirths (FDP) 3440 C Engell (GB/BHE) 3442 B Hauffe (SPD) 3443 B Frau Heise (SPD) 3445 C Dr. Czaja (CDU/CSU) 3446 B Lücke (CDU/CSU) 3450 D Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik . 3450 D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP betr. § 96 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksache 104$): Von der Tagesordnung abgesetzt . . . 3450 D Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht betr. Antrag des Landgerichts Traunstein in der Strafsache gegen Friedrich Schmidinger wegen Vergehens gegen § 187 a StGB vorn 10. September 1953 (Drucksachen 1165, zu 1165) 3451 A Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 3452 Beschlußfassung 3451 C Beratung des Antrags der Fraktion des GB/BHE betr. Spende für den Aufbau des Reichstagsgebäudes (Drucksache 807) . 3451 C Von der Tagesordnung abgesetzt . . . 3451 C Nächste Sitzung 3451 C Anlage 1: Liste der beurlaubten Abgeordneten 3451 A Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht betr. Antrag des Landgerichts Traunstein in der Strafsache gegen Friedrich Schmidinger wegen Vergehens gegen § 187 a StGB (Drucksache zu 1165) 3452 Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Der Präsident hat Urlaub erteilt für einen Tag den Abgeordneten Geritzmann Hilbert Glüsing Struve Wehner Dr. von Brentano Dr. Dresbach Dr. Bucher Scheuren Dannemann Ollenhauer Maier (Mannheim) Kiesinger Neuburger Knobloch Brese Leibfried Anlage 2 zu Drucksache 1165 (Vgl. S. 3451 A.) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Az. 1 BvL 120/53 — betreffend Antrag des Landgerichts Traunstein in der Strafsache gegen Friedrich Schmidinger wegen Vergehens gegen §187 a StGB vom 10. September 1953 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Arndt I. Die Erste Strafkammer des Landgerichts Traunstein hat geltend gemacht, daß § 187 a StGB zu willkürlichen Erwägungen führe, weil sich nicht abgrenzen lasse, welche Person im politischen Leben des Volkes stehe. Das Landgericht Traunstein sieht deshalb den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG durchbrochen, weil Straf vorschriften nicht unbestimmt sein dürften. Es ist richtig, daß eine unbestimmte Strafvorschrift sowohl mit Art. 3 als auch mit Art. 103 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar wäre. Das Landgericht Traunstein hat jedoch § 187 a StGB irrig ausgelegt und verkannt, daß jeder strafrechtliche Begriff seinem Wesen nach ein Wertbegriff ist. Der Begriff des politischen Lebens in § 187 a StGB ist nicht unbestimmt, sondern bestimmbar, und zwar nicht weniger bestimmbar als entsprechende Rechtsbegriffe des Strafgesetzbuchs. Daß eine Tat in ihrer Strafbarkeit gesetzlich bestimmt sein muß, schließt nicht aus, daß die Bestimmbarkeit nach pflichtgemäßem richterlichem Ermessen im Wege der Auslegung zu finden ist. Es gibt im Strafgesetzbuch keinen Begriff, der nicht der Auslegung fähig und sogar bedürftig wäre. Der Grad der Bestimmbarkeit kann hierbei verschieden sein. Es ist sicherlich schwerer bestimmbar, ob ein Mensch heimtückisch oder grausam oder aus niedrigen Beweggründen getötet wurde, während es leichter bestimmbar sein wird, was strafrechtlich eine Sache ist. Schwierigkeiten in der Auslegung heben die Bestimmbarkeit noch nicht auf, solange es möglich ist, einen Rechtsbegriff auf Grund der in langjähriger Übung von der Rechtsprechung und der Rechtslehre gesicherten Auslegungsgrundsätze in seinem Wesensgehalt zu entwickeln. Unbestritten ist der Begriff des Öffentlichen in diesem Sinne ein bestimmbarer Rechtsbegriff. Das Strafgesetzbuch verwendet ihn mehrfach und sogar in verschiedener Bedeutung, weil es jeweils auf den einzelnen Tatbestand und seinen Zusammenhang mit dem Sinn des Gesetzes sowie seinem System ankommt, um richtig verstehen zu können, welchen Sachverhalt der Begriff des Öffentlichen werten und treffen will. Seiner Entstehungsgeschichte nach ist § 187 a StGB keine Erweiterung, sondern eine Einschränkung der Strafbestimmung in § 1 des 8. Teils im Kapitel III der 4. Notverordnung zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S. 742). War somit bereits der Begriff des öffentlichen Lebens ein strafrechtlich hinreichend bestimmbarer Rechtsbegriff, der Willkür ausschloß, so muß dies um so mehr für den engeren Begriff des politischen Lebens gelten. Der Begriff des Politischen ist übrigens auch sonst dem Strafrecht nicht unbekannt. Insbesondere findet er sich in einer Reihe von Amnestiegesetzen, so in § 7 des Straffreiheitsgesetzes 1954 vom 17. Juli 1954 (BGBl. I S. 203). Während auch Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Schauspieler, Artisten und andere Personen im öffentlichen Leben stehen, sind Personen, die im politischen Leben stehen, ihrer Zahl und Art nach wesentlich enger umgrenzt. Das Landgericht Traunstein irrt, wenn es einen Grund vermißt, warum Personen, die im politischen Leben stehen, einen verstärkten Ehrenschutz genießen sollen. Verfehlt ist insbesondere seine Erwägung, weil der Schritt in das politische Leben freiwillig getan werde, dürfe niemand auf einen verstärkten Ehrenschutz Anspruch erheben, der sich aus eigenem Entschluß der öffentlichen Kritik in verstärktem Maße aussetze. Denn der erhöhte Ehrenschutz wird durch § 187 a StGB den im politischen Leben stehenden Personen ja nicht etwa um ihrer selbst willen zugebilligt, sondern dient dem Schutz der demokratischen Ordnung und des Staatsganzen. Ein demokratischer Rechtsstaat beruht darauf und ist darauf angewiesen, daß sich seine Bürger am politischen Leben beteiligen. Deshalb besteht um der Demokratie willen ein Staatsinteresse daran, diesen selbstverständlich freiwilligen Schritt in das politische Leben zu fördern und zu erleichtern, indem dafür gesorgt wird, daß die Bürger, die sich in besonderem Maße der Politik widmen, nicht als vogelfrei angesehen werden. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik hat sich daher die in der 4. Notverordnung vom 8. Dezember 1931 zum Ausdruck gekommene kriminalpolitische Notwendigkeit ergeben, die im öffentlichen Leben stehenden Bürger wegen der stark erhöhten Gefahr auch mit einem verstärkten Rechtsschutz zu umgeben. Das Landgericht Traunstein deutet § 187 a StGB falsch, indem es behauptet, letzten Endes stehe bereits jeder im politischen Leben, der sich in irgendeiner Form und in irgendeinem Grade mit den Fragen des öffentlichen und politischen Lebens auseinandersetzen müsse. Im politischen Leben stehen vielmehr nur solche Personen, die tatsächlich eine politische Bedeutung erworben haben, die deshalb auf das politische Leben erheblichen Einfluß ausüben, also alle, die sich für eine gewisse Dauer vorwiegend mit Angelegenheiten befassen, die den Staat, seine Verfassung, Gesetzgebung und Verwaltung berühren. (Vgl.: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Sep- (Dr. Arndt) tember 1953 in Strafsachen Bd. 4, S. 338 ff.; ferner Adolf Schönke — 6. Aufl. — in Anm. II zu § 187 a StGB; Richard Lange im Nachtrag zu Kohlrausch-Lange — 40. Aufl. — zu § 187 a StGB; Schaefer im Leipziger Kommentar — 7. Aufl. — Anm. 2 zu § 187 a StGB.) Der Begriff des politischen Lebens läßt es also an der verfassungsrechtlich erforderlichen Bestimmbarkeit nicht fehlen, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung und die wissenschaftlichen Erläuterungswerke beweisen. II. Das Landgericht Traunstein hat ferner geltend gemacht, daß § 187 a StGB deshalb mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten Verfassungsgrundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz nicht vereinbar sei, weil diese Vorschrift angeblich die Rechtsgenossen in zwei Gruppen teile, nämlich solche, deren Ehre nur den allgemeinen Schutz des § 186 StGB genießt, und solche, deren Ehre durch den weitergehenden Schutz des § 187 a StGB privilegiert werde. Auch diese Erwägung ist rechtsirrig. Verfehlt ist insbesondere der Hinweis des Landgerichts Traunstein, daß nicht nur Personen, die im politischen Leben stehen, einem erhöhten öffentlichen Interesse begegnen, sondern auch z. B. der Präsident eines Oberlandesgerichts oder ein Wirtschaftsführer. Denn es kommt nicht darauf an, ob eine Person ihrer Tätigkeit wegen einem erhöhten öffentlichen Interesse begegnet, sondern ob die Art ihrer Tätigkeit eine wesentlich verstärkte Gefahr mit sich bringt, daß die Person um ihrer Tätigkeit willen in ihrer Ehre öffentlich angegriffen wird. Es ist aber eine geschichtliche Erfahrung, daß die im politischen Leben stehenden Personen infolge der Leidenschaftlichkeit und der besonderen Gefühlsbetontheit der politischen Auseinandersetzungen qualitativ in wesentlich stärkerem und anderem Grade Angriffen auf die Ehre ausgesetzt sind als Personen, deren Arbeit auch mit öffentlicher Anteilnahme verfolgt wird. Im übrigen wird es selbstverständlich jeweils im Strafmaß zum Ausdruck kommen, ob sich eine Ehrverletzung gegen den Präsidenten eines Oberlandesgerichts, einen Behördenleiter, den Chef einer Krankenanstalt oder einen Wirtschaftsführer gerichtet hat, wobei es ohne jeden Zweifel als ein zulässiger Strafzumessungsgrund anzusehen sein wird, daß der öffentlichen Ehrverletzung eine erhöhte und strafverschärfende Bedeutung zukommt, weil sie sich gegen eine Person um der von ihr eingenommenen Stellung willen richtete. Daher wird es nicht als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gerügt werden können, falls die Beleidigung des Chefs einer großen Krankenanstalt deshalb mit besonderem Nachdruck bestraft wird, weil sie geeignet war, den Verletzten als seiner Stellung unwürdig erscheinen zu lassen und gerade dadurch auch öffentliche Interessen zu gefährden. In Übereinstimmung hiermit kann es nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, daß aus diesem sachlichen Grunde der Gesetzgeber eine höhere Mindeststrafe zur Regel gemacht hat, falls der Verletzte im politischen Leben steht und die Tat geeignet ist, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren. Es kann dahingestellt bleiben, ob es statthaft wäre, den verstärkten Ehrenschutz an formale Erfordernisse zu knüpfen, ihn z. B. davon abhängig zu machen, daß der Verletzte das Mitglied einer gesetzgebenden Körperschaft ist. Denn § 187 a StGB hat eine andere Regelung getroffen, indem die Vorschrift einen sachlichen Gesichtspunkt zum Tatbestandsmerkmal für die Veränderung des Strafrahmens erhebt. Es trifft nicht zu, daß § 187 a StGB von sich aus die Bürger in zwei Gruppen einteile, von denen die eine privilegiert wäre. Denn im Zusammenhang mit dem Grundgesetz, insbesondere gerade mit Art. 3, Art. 9 und Art. 38 GG steht es jedermann frei, sich in das politische Leben des Volkes zu stellen. Jeder also wird des verstärkten Ehrenschutzes teilhaftig, sobald er sich dem politischen Leben widmet und aus eigener Kraft darin eine solche Stellung erlangt, wie § 187 a StGB sie voraussetzt. Unausgesprochen scheint den Erwägungen des Landgerichts Traunstein der Fehlschluß zugrunde zu liegen, daß hier durch dieses Gesetz nur eine bestimmte Gruppe von Politikern oder sogar von Abgeordneten sich selbst privilegiert hätte. Das ist nicht der Fall. Nicht an die Person, auch nicht an ein äußeres Merkmal knüpft § 187 a StGB an, sondern einzig und allein an einen materiellen Sachverhalt, der von jedermann verwirklicht werden kann. Geschützt durch diese Vorschrift sind deshalb keineswegs etwa nur Mitglieder des Bundestages oder der Landtage oder Mitglieder einer Regierung, sondern nach der zutreffenden Rechtsprechung z. B. auch Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts oder solche Führer einer politischen Partei, die nicht Abgeordnete sind (vgl. Schaefer, a. a. O.). Maßgeblich ist allein die tatsächliche Stellung in der Wirklichkeit des politischen Lebens und die dadurch bedingte Gefahrerhöhung für die Ehre, wobei der gesetzgeberisch entscheidende Gesichtspunkt bleibt, daß es sich nicht um den Schutz der einzelnen Ehre um ihrer selbst willen handelt, sondern um den Schutz des politischen Lebens vor der Vergiftung durch üble Nachreden und Verleumdungen. Was vielfach übersehen scheint, ist daher, daß zu den Personen, die im politischen Leben des Volkes stehen, auch die Publizisten gehören, also solche Journalisten und Rundfunk-Kommentatoren, die durch die Art und Dauer ihrer der Politik gewidmeten Tätigkeit einen erheblichen Einfluß auf das öffentliche Leben ausüben. Der Gleichheitsgrundsatz soll Willkür ausschließen. Es darf also nicht ungleich behandelt werden, was gleich ist. Im Falle des § 187 a StGB kann davon jedoch keine Rede sein. Ob eine Person tatsächlich im politischen Leben eine Stellung von solcher Dauer und von solchem Einfluß einnimmt, daß die Voraussetzungen des § 187 a StGB auf sie zutreffen, begründet eine Verschiedenheit in der Gefährdung und im staatspolitischen Interesse an der Abwehr von Rechtsverletzungen. Hier ist eine nach Grad und Wesen sinnvolle Verschiedenheit gegeben, die eine unterschiedliche Behandlung im Gesetz als sachgerecht erscheinen läßt. Schließlich darf nicht außer acht gelassen werden, daß keineswegs schon jede üble Nachrede, durch die eine im politischen Leben stehende Person in ihrer Ehre verletzt wird, die Anwendung des § 187 a StGB rechtfertigt. Über das Merkmal, daß der Verletzte im politischen Leben stehen muß, hinaus fügt § 187 a Abs. 1 StGB dem Tatbestand des § 186 StGB zwei weitere Tatbestandsmerkmale sachlicher Art hinzu. Denn die üble Nachrede muß erstens aus Beweggründen begangen sein, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und zweitens muß die Tat geeignet sein, das öffentliche Wirken des Verletzten (Dr. Arndt) erheblich zu erschweren. Die höhere Mindeststrafe ist im Unterschied zu § 186 StGB also auch dadurch begründet, daß die Tat eine andere ist, weil sowohl der Vorsatz des Täters als auch die Wirkung seiner Tat zusätzliche Tatbestandsmerkmale erfüllen müssen, die nach dem Ermessen des Gesetzgebers diese Tat als eine besonders schwere und eigenartig qualifizierte kennzeichnen. Bonn, den 9. Februar 1955 Dr. Arndt Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Herbert Hauffe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte bloß noch einige wenige Worte zum sachlichen Inhalt des Gesetzes sagen.
    Von diesem Ersten Bundesmietengesetz, das uns heute präsentiert wird, müssen wir, die wir uns mit der Wohnungswirtschaft und mit den Mieten befassen, sagen, daß wir enttäuscht sind, und zwar deshalb, weil, wenn man sich intensiv mit den Dingen befaßt, man sich am Ende fragt: wie soll der Hausbesitzer und wie soll der Mieter auf Grund des Gesetzes mit den verschlungenen und verkoppelten Bestimmungen selbständig seine Miete berechnen? Es ist doch so, daß jeder, sowohl der Hausbesitzer wie der Mieter, erwartet hatte, daß der Mietenwirrwarr, der uns heute bedrückt, einigermaßen entflochten werde. Ich hätte erwartet, daß man in der langen Zeit, die man zur Bearbeitung dieses Bundesmietengesetzes benötigt hat, es verstanden hätte, die Gesetze, Rechtsverordnungen usw., die noch gültig sind, in dieses Gesetz hineinzuarbeiten, damit am Ende des Gesetzes ein Paragraph steht, der sagt, was alles aufgehoben wird, und es nicht notwendig ist, zusammenzustellen, was noch Gültigkeit hat. Vielleicht ist es noch eine kleine Demonstration, wenn ich Ihnen sage, daß ich hier im Bundeshaus, wo eine gute Bibliothek zur Verfügung steht, über einen Tag gebraucht habe, um all die gültigen Gesetze und Verordnungen zusammenzutragen. Und dabei bin ich noch gar nicht einmal dazu gekommen, sie daraufhin durchzuarbeiten, ob nicht auf noch ältere Jahrgänge als zwei Jahrzehnte zurück Bezug genommen ist. Das ist eigentlich die grundsätzliche und sachliche Kritik, die an dem Gesetz geübt werden muß. Und wenn man vielleicht auch sagt, die dicken Bücher seien gar nicht nötig, denn es sei ja nur ein einzelner Paragraph, auf den Bezug genommen werde, so muß man dem entgegenhalten, daß man die dicken Bücher doch holen muß, weil ja die einzelnen Gesetzblätter und Verordnungsblätter, die Jahrzehnte alt sind, in Einzelexemplaren gar nicht mehr zu finden sind. Wenn ich heute meine preisrechtlich zulässige Miete errechnen soll, dann kann ich keine Garantie dafür übernehmen, daß das Errechnete nun auch wirklich stimmt.
    Das Schönste ist, daß jetzt neben diesem Bundesmietengesetz das Wirtschaftsministerium bereits eine Verordnung über die Zusammenfassung des Mietpreisrechts für Wohnraum ausgearbeitet hat, die augenblicklich in Umlauf gesetzt ist. Sie ist — ohne jegliche Begründung und ohne jeglichen Kommentar — 24 Seiten stark und hat 56 Paragraphen. Meine Damen und Herren, was uns unter diesen Umständen noch bevorsteht, wenn wir in die Ausschußberatungen gehen, davon kann man sich jetzt also ein kleines Bild machen.

    (Abg. Dr. Menzel: Sehr richtig!)

    Ich bin eigentlich enttäuscht, daß sich der Herr Bundeswohnungsminister von seiner Bürokratie so hat auf den Leim führen lassen. Ich hatte einen guten Eindruck von der Argumentation des Herrn Bundeswohnungsministers bei der Beratung der einzelnen Entwürfe zum Ersten Wohnungsbaugesetz, bei der der Herr Minister gesagt hat: Wir wollen es vermeiden, eine Unzahl von Gesetzen zu schaffen, sondern wir machen eine Novelle zum bestehenden Gesetz, in der alles drin ist, und wenn irgend etwas in dem Gesetz nicht mehr der Zeit entspricht, dann versuchen wir, das Gesetz zu ändern, das, was nichts mehr taugt, herauszuschmeißen und durch etwas Brauchbares zu ersetzen, damit die Menschen wissen, daß im Wohnungsbaugesetz alles enthalten ist, was den Wohnungsbau angeht.
    Für das Bundesmietengesetz habe ich etwas Ähnliches erwartet. Ich habe erwartet, daß alles, was die Wohnung und die Miete bis zur Währungsreform angeht, jetzt in das Bundesmietengesetz hineinkommt, daß der alte Ballast abgestoßen wird und alles, was die Wohnungsneubauten seit der Währungsreform einschließlich der Mieten usw.


    (Hauffe)

    betrifft, im Wohnungsbaugesetz geregelt wird. Eigentlich bin ich gereizt, zu diesem Gesetz zu sagen: Herr Bundesminister, nehmen Sie das Ding wieder, schmeißen Sie es in Ihren Papierkorb und sagen Sie Ihrer Bürokratie, daß sie die Arbeit noch einmal von vorn machen soll! Aber ich tue es nicht, weil ich nämlich Angst habe, daß sie dann noch länger braucht, als sie bisher gebraucht hat, und ich denke, daß wir uns dann lieber im Ausschuß bemühen, mit dem Herrn Bundeswohnungsbauminister zum Ziel zu kommen. Vielleicht geht es dann ein bißchen schneller, weil die verschiedenen Meinungen im Ausschuß aufeinanderprallen müssen und das Für und Wider erörtert werden muß. Bei der Bürokratie habe ich immer die Befürchtung, daß sie zu einseitig vorgeht, und wenn ich ganz ehrlich sein soll, muß ich Ihnen sagen: Der einzige Zweck, den ich in dem Gesetz mit dem ganzen Wirrwarr sehe, ist nicht eine Hilfe für den Hausbesitzer und nicht eine Hilfe für den Mieter, sondern eine Arbeitsbeschaffung für Rechtsanwälte und Kommentatoren.
    Ich glaube, mit einem solchen Gesetz halten wir weder den Verfall von Wohnungen noch sonst etwas auf, sondern wir streuen dem Hausbesitzer Sand in die Augen. Der Hausbesitzer, der wirklich darauf wartet, durch die Mieterhöhung das Geld zu kriegen, das er braucht, um sein Haus vor dem Verfall zu retten, kann das mit diesen geringen Beträgen gar nicht machen. Wenn er größere Summen braucht, reichen diese Beträge nicht einmal aus, um zu diesem Zweck aufgenommenes Kapital zu verzinsen. Deswegen gehört in dieses Gesetz auch etwas anderes hinein, was auch im Bundeswohnungsbaugesetz, das ich schon einmal als Parallele angezogen habe, steht. Es gehört nämlich hinein, welche Mittel seitens des Bundes aufgewendet werden, um den Althausbesitz zu erhalten. Es ist einfach unmöglich, in den Häusern, an denen zehn Jahre lang, nämlich von 1939 bis 1949, nichts gemacht wurde und nichts gemacht werden konnte, wenn sich der Hausbesitzer nicht auf Schwarzmarktgeschäfte verstanden hat, insbesondere wenn die Häuser zusätzlich noch durch Kriegseinwirkungen gelitten haben, aus Mieterhöhungen von 3 bis 5 DM pro Wohnung diese Generalreparaturen durchzuführen. Ich glaube, da werden mir die Hausbesitzer recht geben. Deswegen ist das eine halbe Arbeit, und deswegen gehört — genau so wie das Wohnungsbaugesetz vorsieht, wieviel Millionen wir für den Neubau aufwenden, was wir für Prämien geben usw. — in dieses Gesetz etwas darüber hinein, was der Bund von sich aus zu tun willens ist, um den Althausbesitz zu erhalten, sonst gehen nämlich die ganzen Spekulationen daneben. Wir werden den Althausbesitz bloß erhalten können, wenn wir unter ähnlichen Bedingungen wie beim Wohnungsneubau für die Erhaltung des volkswirtschaftlich wertvollen Bestandes eintreten; und daß diese Wohnungen volkswirtschaftlich wertvoll sind, wird von keinem bestritten. Da kommen wir einfach nicht drum herum. Sonst ist es ein Flickwerk, was, auf die Dauer gesehen, noch schlechter ist als die formale Art der gesetzgeberischen Arbeit.
    Noch etwas anderes, Herr Bundeswohnungsbauminister. Sie haben mich bitter enttäuscht mit Ihrer Begründung für die Tragbarkeit der Mieterhöhung. Schön, wer einen anständigen Beruf hat und gut verdient, für den ist es kein Problem. Aber nehmen wir doch einmal die Erhöhung durch das Rentenmehrbetragsgesetz! Ich muß sagen, ich empfinde es als ein Stück Sadismus, wenn man auf dieses Rentenmehrbetragsgesetz Bezug nimmt. Denn das Rentenmehrbetragsgesetz bringt doch wirklich kleine Erhöhungen. Es ist dazu da gewesen, die Abwertung der Renten, die Abwertung der Beitragszahlungen und die bisher eingetretenen Preiserhöhungen auszugleichen.
    Wir haben heute in der Bundesrepublik Durchschnittsrenten von 62,50 DM. Wir haben nur einen geringen Prozentsatz von Leuten, die mehr als eine Rente erhalten. Auch der kleine Rentner mit 60 oder 70 DM Monatseinkommen zahlt doch für seine Wohnung mindestens 20 bis 25 DM im Monat, und nur 10 % Erhöhung machen 2 bis 2,50 DM aus. Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich, daß die Sozialdemokraten bei dem Rentenmehrbetragsgesetz den Antrag gestellt haben, eine Mindesterhöhung von 6 DM für Normalrentner, von 4 DM für Witwen und von 2 DM für Waisen zu geben. Das wurde abgelehnt, weil das zu teuer ist. Das ist doch der Beweis dafür, daß der Durchschnittsrentner weniger als 4 DM Erhöhung im Monat bekommt. Ja, es ist errechnet worden, daß ungefähr 700 000 Rentner nur 1 bis 2 DM Erhöhung im Monat bekommen werden! Wir können damit wohl behaupten, daß rund 1 Million Rentner im Durchschnitt 2 bis 2,50 DM mehr bekommen werden. Ein großer Teil der Rentner wird also mehr an Mieterhöhung zahlen müssen, als ihm das Rentenmehrbetragsgesetz bringt.
    Der Erfolg dieses Gesetzes wird sein, daß nicht der Lebensstandard der Rentner und der kleinen Leute gehoben wird, sondern d aß noch eine große Zahl von Menschen, die jetzt mit ein paar Pfennigen über dem Fürsorgestatus liegen, auf den Fürsorgestatus hinabgedrückt werden. Wenn wir als Richtlinie für die Mietzuwendungen, die Sie gewähren wollen, den Fürsorgesatz plus 10 % nehmen, nämlich den Satz, der allgemein bei der Gewährung der Weihnachtsbeihilfen gilt, dann ist das eine neue Barabarei. Denn damit stempeln wir doch die Fürsorgerichtsätze für die armen Leute quasi zum normalen Lebensstandard. Es muß eine Möglichkeit gefunden werden, daß diese Mietbeihilfen nicht erst mit der Fürsorge kommen.
    Dann etwas anderes. Die Fürsorgerichtsätze sind in den Landkreisen sehr verschieden. Ich komme jetzt einmal absichtlich in Ihren Versammlungspropagandaton. In Bayern, woher ich komme, haben wir in dem einen Landkreis „gut christliche" Verhältnisse, in dem anderen „marxistische" Verhältnisse. In den Gebieten mit „gut christlichen" Verhältnissen sind die Fürsorgerichtsätze viel niedriger als in den mit „marxistischen".

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das muß bewiesen werden!)

    Das ist nun einmal der Zustand. Ich muß das sagen, um es plastisch zu machen, denn Sie arbeiten ja mit derartigen Argumenten.
    Da wir gerade dabei sind: Ich bin bereit, meine Grundsätze, auch in der Frage der Mieterhöhung usw., auch vor den Hausbesitzern zu vertreten. Hoffentlich kriegen die Haus- und Grundbesitzervereine die Genehmigung dazu, daß es mir nicht so geht wie vor der Bauinnung in Coburg, wo ich einmal zu sprechen aufgefordert wurde. Dann kam die höhere Instanz und fragte unten bei der Innung an, ob denn den Herrschaften nicht bekannt sei, daß der Hauffe Mitglied der SPD sei. Solche Dinge ereignen sich nun einmal. Auch wenn sie


    (Hauffe)

    Ihnen nicht genehm sind, muß man es von Zeit zu Zeit einmal sagen, damit wir die Plattform finden, um den Gegensatz zu beseitigen. Das soll auch ruhig in eine größere Öffentlichkeit hinauskommen, und auch deshalb, Herr Bundeswohnungsbauminister: Diese sozialen Dinge, die da angesprochen werden, sollen wir uns näher betrachten.
    Jetzt noch ein paar Worte zu § 11. Dieser § 11 ist doch der sogenannte Verführungsparagraph für die Länder, einmal mit der Beihilfe anzufangen, um nachher darauf sitzenzubleiben. Schön, wenn aber hier dieser Mietzuschuß bloß einmal gewährt werden soll, dann bin ich wegen der Gesetzessystematik der Meinung, man sollte für diesen einmaligen Zuschuß auch ein besonderes Gesetz machen, das bloß ein Jahr gilt und ausläuft und nicht diese Bestimmung in dem Gesetz zehn Jahre oder länger mitschleppen, obwohl sie gar keine Bedeutung mehr hat. Da soll man es auch insofern einfach machen, dann wird es schöner.
    Der Bruchbudenparagraph ist ebenfalls unzulänglich, denn er gestattet praktisch bloß da einzugreifen, wo die Gesundheitspolizei oder die Baupolizei sowieso eingreifen muß.
    Der Bundesrat hat eine ganze Menge von Dingen gestrichen, die ihm nicht gefallen. Ich möchte diesen Streichungen zum allergrößten Teil zustimmen, aber dann muß ich dem Herrn Bundeswohnungsbauminister etwas zugestehen: dann hat nämlich sein ganzes Gesetz keinen Sinn und Verstand mehr, weil dann die Hauptglieder daraus fehlen, dann hat es keinen Zusammenhang.
    Wenn Sie mich fragen, was wir erwarten, dann kann ich bloß einiges wiederholen, was ich schon gesagt habe, und einiges ergänzen. Wir erwarten
    eine Miete, die nicht von der zufälligen Miethöhe an einem Stichtag abhängig ist. Wir erwarten vielmehr eine Miete, die im Verhältnis zum Wert der Wohnung steht. Darüber, wie wir uns das denken, können wir uns im Ausschuß unterhalten. Aber auch in der Marktwirtschaft, glaube ich, gilt der Grundsatz, daß der Wert der angebotenen Ware den Preis bestimmen soll und nicht ein zufälliger Stichtag, der noch dazu aus einer Zwangswirtschaftszeit herausgenommen ist. Sonst ist nämlich der gut dran, der es zufällig fertiggebracht hat, in den letzten Jahren durch mehrfachen Mietwechsel seine Miete heraufzutreiben, während derjenige, der das Pech hat, daß er seinen Mieter 20 oder 30 Jahre in der Wohnung hat, und der bloß einmal den gesetzlichen Zuschlag bekommen hat, den kürzeren zieht. Deswegen ist die Stichtagmiete nicht das richtige Verhältnis, noch dazu, wenn sie lange genug anerkannt ist und dann keine Einspruchmöglichkeit mehr besteht, weil sie eben nachher rechtlich einwandfrei anerkannt werden soll.
    Zu der wirklichen Hilfe für den Hausbesitz gehört also, daß mehr geschaffen wird als eine Mieterhöhung, die zur Bestreitung der Kosten, die der Hausbesitz nicht tragen kann, als Hilfestellung gewährt wird. Ich glaube, wenn wir diese Grundsätze bei der Beratung im Ausschuß zugrunde legen, dann werden wir ein Gesetz zustande bringen, das brauchbar ist, das aber wirklich anders aussehen wird als das, das wir heute als formelle Grundlage an den Ausschuß überweisen. Es ist notwendig, daß der Entwurf, da doch finanzielle Dinge in der Vorlage angesprochen sind, auch dem Haushaltsausschuß zugewiesen wird.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Heise.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margarete Heise


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nur zur Besprechung eines Paragraphen will ich Ihre Geduld noch in Anspruch nehmen, und zwar zu dem letzten, zu § 33, der sogenannten Berlin-Klausel. Im Referentenentwurf war sie nicht enthalten, im Gesetzentwurf ist sie wieder da. — Ich hatte vorhin gehofft, daß der Herr Bundesminister für Wohnungsbau auf den Zwischenruf meines Kollegen Neumann antworten würde. — Ich möchte dafür plädieren, daß wir die Berlin-Klausel wieder aus dem Gesetz herausnehmen. Dabei hoffe ich auf einflußreiche Verbündete; denn der Berliner Senat, der heute morgen schon zitiert wurde, der also aus SPD und CDU besteht, hat am Montag, dem 14. Februar, einen Beschluß gefaßt, worin er den Senator für Bau- und Wohnungswesen und den Senator für Bundesangelegenheiten beauftragt, sich bei den maßgebenden Stellen der Bundesrepublik dafür einzusetzen, daß das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts in Berlin zunächst keine Anwendung findet. Darüber hinaus beauftragte der Senat den Senator für Bau- und Wohnungswesen, eine Vorlage über Sicherungen des Althausbesitzes zu machen.
    Wir haben in Berlin vor, dem wirklich notleiden-den Teil des Althausbesitzes zu helfen, und zwar wirksamer zu helfen, als es durch die 10 % Mieterhöhung, die in dem Gesetz für Berlin vorgesehen sind, geschehen kann. Die Anwendung dieses Gesetzes auf Berlin soll sich nämlich nach der Vorlage der Regierung nur auf einige Paragraphen beschränken. Es heißt darin, daß 13 Paragraphen entfallen, 9 verändert werden und nur 12 unverändert übernommen zu werden brauchen.
    Nun bietet sich in der nächsten Zeit dem Haus eine Möglichkeit, dem Berliner Hausbesitz zu helfen. Der Ausschuß für Lastenausgleich hat in seinem Beschluß am 10. dieses Monats festgelegt, die Hypothekengewinnabgabe für Berlin um 33 1/3 % zu senken. Wir begrüßen idas sehr, und wir hoffen, daß hier ein Teil dessen, zu dem der Senat den Anstoß gegeben hat, erfüllt wird.
    Der augenblickliche Stand in Berlin ist hier gestern von meiner Kollegin Schroeder schon einmal angesprochen worden. Ich muß Sie um Entschuldigung bitten, wenn wir immer wieder mit denselben Zahlen kommen; ich wollte, es wären niedrigere. Wir haben zur Zeit, wie sie sagte, 180 000 Arbeitslose und rund 450 000 Rentner. Darüber hinaus unterscheidet sich auch unsere Bevölkerungsstruktur wesentlich von der des Bundesgebiets. Nun haben wir 970 000 Haushaltungen und 700 000 Wohnungen. Im Gegensatz zu dem, was der Herr Bundesminister vorhin hier für den Bund vorgetragen hat, haben wir in Berlin 500 000 Wohnungen, die vor 1918 gebaut sind, und 170 000, die in der Zeit von 1918 bis 1945 gebaut worden sind. Also fallen unter diese Erhöhung wesentlich mehr Mieten als im Bund, nämlich zusammen 670 000 Wohnungen von '700 000. Das bedeutet natürlich, daß in Berlin ein viel größerer Personenkreis von der Mieterhöhung betroffen würde. Das ist nicht nur für die Rentner und Arbeitslosen besonders schmerzlich. Vielmehr liegen, wie Sie wissen, auch unsere Löhne längst nicht so wie hier im Bund. Ich will Ihnen ein Beispiel dafür nennen. Nach der Zählung von 1950 haben wir 360 000 Frauen, die Haushaltungsvorstände sind,


    (Frau Heise)

    die also für alles aufzukommen haben, die für ihre Kinder zu sorgen haben, die ihre Miete zu zahlen haben. Das ist natürlich ein Personenkreis, den man nicht gesondert neben die Arbeitslosen und Rentner stellen kann. Das wäre eine Milchmädchenrechnung, denn die sind zum Teil in diesen Gruppen enthalten. Aber sie sind sehr oft unter den wenig Verdienenden zu finden. Gestatten Sie mir, Ihnen ein paar Spitzenlöhne der Berliner Frauenentlohnung zu nennen. Ich komme darauf, weil gerade heute morgen nach Pressemeldungen der Bundeswirtschaftsminister den Unternehmern geraten hat, den Gewerkschaften dort Lohnerhöhungen anzubieten, wo der erreichte Produktivitätsgrad der Wirtschaft es zuläßt. Wir haben z. B bei den Frauenlöhnen in der Berliner Metallindustrie einen Stundenlohn von 123 Pfennig, im Gartenbau von 114 Pfennig, in der Süßwaren- und Schokoladenindustrie von 94 Pfennig und in der Lebensmittelindustrie von 90 Pfennig. An diesen Löhnen können Sie sehen, wie schwer es für einen großen Kreis der in Arbeit Stehenden sein wird, Mieterhöhungen in Kauf zu nehmen.
    Nun hat uns der Bund im Gesetz auch einen Ausgleich, d. h. eine einmalige Beihilfe zugesagt. Diese einmalige Beihilfe soll 2 445 000 DM betragen. Wenn wir annehmen, daß von den Gruppen, die ich Ihnen aufgezählt habe, nur 400 000 diese Mietsteigerungen nicht vertragen können, also in den Bereich derjenigen fallen, die eine Mietbeihilfe bekommen müssen, so würde das pro Haushalt einmalig 6 DM ausmachen, ganz abgesehen davon, daß in der Folge ,das Land Berlin die zusätzliche Belastung zu tragen hätte; denn wir müssen die Mietbeihilfen ja nachher übernehmen. Diese Bundesvorlage sagt, daß der Bund die Mietbeihilfen an die Länder nur einmalig zahlt. Solange aber nun der Produktionsindex der Berliner Industrie mit 79 % noch dem der Bundesrepublik mit 176 % nachhinkt — 1936 gleich 100 —, solange kann Berlin die Mieterhöhung, die hier vorgesehen ist, nicht übernehmen, ohne neuen Schaden zu nehmen.
    Wir wollen in Berlin einen anderen Weg gehen. Er ist hier auch schon von dem Kollegen Hauffe angedeutet worden. Wir wollen den Weg gehen, durch Zinsverbilligung und, wenn nötig, durch zinslose Kredite den Hausbesitz wieder in die Lage zu versetzen, seine Objekte in Ordnung zu bringen und instand zu halten. Wenn wir also dem Hausbesitz auf dem Wege der Senkung der Hypothekengewinnabgabe und auf dem Wege der zinsverbilligten Kredite helfen können, dann, glaube ich, ist es sowohl für den Mieter wie den Vermieter angebracht und besser. Unser Wunsch geht also dahin, im Ausschuß ihre Unterstützung dafür zu finden, daß die Berlinklausel wieder aus dem Bundesmietengesetz verschwindet, weil das Gesetz für Berlin zur Zeit einfach noch nicht tragbar ist.

    (Beifall bei der SPD.)