Rede von
Hans-Egon
Engell
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wetter wird immer freundlicher, und auch die Stimmung hier im Hause wird bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs immer freundlicher.
Ich begrüße diesen Vorgang als ein gutes Omen für die Behandlung der Dinge im Ausschuß,
Herr Jacobi hat viele kritische Bemerkungen vorweggenommen, die ich hatte machen wollen. Ich stehe auch nicht an, zu erklären, daß wir uns auch hier, nicht nur im Ausschuß, der Ansicht derjenigen anschließen sollten, die nach unserer Meinung etwas Richtiges sagen, ganz unabhängig davon, auf welchen Bänken sie sitzen.
Meine Fraktion ist in dieser Sache nicht initiativ geworden. Sie ist auch nicht in einem Umfang konsultiert worden, daß man uns als für diesen Entwurf mitbestimmend bezeichnen könnte. Nur einmal, im vergangenen Jahr, bin ich zusammen mit dem Kollegen Lücke bei dem Herrn Bundesfinanzminister gewesen, um mit ihm die Frage der Mietbeihilfen zu besprechen. Dabei haben Sie, Herr Kollege Lücke, wenn ich mich recht erinnere, von Miet-bezeichnen. Damals haben wir erklärt, daß wir einem neuen Mietpreisrecht bzw. einem neuen Bundesmietengesetz nur zustimmen könnten, wenn darin die Frage des Miet- und Lastenausgleichs in befriedigender Weise gelöst werde. Ich glaube, Herr Kollege Lücke, Sie waren es, der diese Forderung dort zu meiner großen Freude ganz energisch vertreten hat.
und Lastenbeihilfen gesprochen, Lastenbeihilfen für diejenigen Hausbesitzer, die unter den hier vielfach geschilderten Verhältnissen leiden. Diese Forderung beinhaltet doch die Anerkennung, daß wir nicht einseitig nur die Schwierigkeiten für den Mieter sehen dürfen, sondern feststellen müssen, daß es auch unter den Hausbesitzern einen erheblichen Prozentsatz von Menschen gibt, die durch die Entwicklung nach 1945 nun selbst zu denjenigen gehören, die wir allgemein als sozial schwach
Meine Damen und Herren, wir sehen die hier zur Erörterung stehenden Probleme weder vom Standpunkt des Hausbesitzers noch von dem des Mieters an. Wir neigen auch nicht aus irgendwelchen Gründen, weil vielleicht ein Teil unserer Anhänger oder Freunde Mieter wären, zu der Auffassung, daß man die Dinge überhaupt vom Interessentenstandpunkt aus lösen könnte. Wir glauben vielmehr, daß ausschließlich die Marktlage, wie sie heute nun einmal ist, und die sozialen Verhältnisse, d. h. die Einkommensverhältnisse, für unsere Entscheidungen maßgeblich sein sollten.
Die Erhaltung des Bestandes an Altwohnungen ist sicher eine Sorge, die der Herr Bundesminister für Wohnungsbau hat und über die er sich auch seine Gedanken machen soll. Ob aber mit der Mieterhöhung, von der man hier sagt, daß sie im Schnitt nur 3 bis 4 DM im Monat erbrächte, die Probleme der erforderlichen Reparaturen, der Instandsetzung und der Erhaltung dieser Wohnungen, die im Laufe der Jahrzehnte doch teilweise sehr abgewertet sind, zu lösen sind, erscheint mir durchaus fraglich. Es bleibt zu überlegen, ob für diese sicherlich notwendige Aufgabe nicht andere Wege gefunden werden können als der Weg über die Erhöhung der Mieten, die doch — und darin liegt der Widerspruch — praktisch eigentlich gar nichts bedeutet, wie hier gesagt worden ist.
Der Markt, den wir augenblicklich haben, zwingt uns leider, hier noch Maßnahmen zu treffen, die an sich niemand begrüßt. Ich gehöre nicht zu den Optimisten, die glauben, daß dann, wenn der Wohnungsbau einmal frei von allen Hemmungen und ausschließlich der privaten Initiative überlassen wäre — dem freien Spiel der Kräfte, dem laissez faire, laissez passer —, alles wunderschön und herrlich sein würde. Die freie Wirtschaft muß es sich sagen lassen, daß auf diesem Sektor in den vergangenen Jahrzehnten vieles geschehen ist, was nun nicht gerade dazu beitragen konnte, in uns die Meinung zu festigen, daß allein von dieser Seite das Heil komme. Ich will das nicht weiter aufrühren; ich möchte es aber angedeutet haben.
Die Unwirtschaftlichkeit des Hausbesitzes muß sicherlich beseitigt werden. Wenn Herr Kollege Wirths hier sagt, eigentlich müßte man die Kostenvergleichsmiete zugrunde legen, denn das sei das Einfachste und Vernünftigste, so ist das an sich richtig. Wenn man aber von der Kostendeckung ausgeht, dann muß man auch berücksichtigen, ob nun diejenigen, die dazu beitragen sollen, diese Kosten tragen können. Dabei spielen nun einmal hier bei uns die Lebenshaltungskosten eine Rolle, und gerade sie wirken da gravierend, wo es sich um schwache Einkommensempfänger handelt, bei dem großen Kreis der Rentner und sozial Schwachen, für die jede 3 oder 5 Mark von entscheidender Bedeutung sind. Wenn man hier soviel mit Statistiker und Kostenvergleichen arbeitet, dann sollte man vielleicht auch einmal ausrechnen, wie eine Familie mit 100 oder 120 DM heute überhaupt ihre Lebenshaltungskosten decken kann. Ich glaube, wenn wir ehrlich sind, wundern wir uns alle, wie die Leute
das machen. Wir sollten also bedenken, daß hier ein notwendiger Ausgleich erfolgen muß. Der für uns entscheidende § 11 scheint uns keinerlei Gewähr zu geben, daß diese Fragen gelöst werden und daß dort, wo die nicht zumutbaren Härten auftreten, das Gesetz jenen Ausgleich schafft, der uns zur Zeit dringend erforderlich erscheint. Die Angaben über den einmaligen Betrag von 15 Millionen DM, die der Bund gibt, und über die Verteilung dieses Betrages — das sind zwei Absätze des § 11 — geben noch nicht die Klarheit, daß hier nun wirklich das Erforderliche geschieht. Nun sollen letzten Endes die Länder diese Ausgleichsbeträge zahlen; ob sie das tun, in welcher Höhe und für welche Zeit, ist völlig offengeblieben.
Der allerwichtigste Paragraph der ganzen Vorlage aber scheint mir der § 3 zu sein. Ich glaube, Herr Minister, mit diesem Paragraphen haben Sie einen Fenstersturz in die Freiheit vor. Hier können Sie formal sagen, es sei so und so gedacht und es könne nur das und das geschehen. Hier spielen aber noch sehr viele Momente mit, die außerhalb einer formalen Betrachtung liegen. Jeder, der eine Wohnung hat und sie behalten will, ist gerade in der heutigen Zeit in einer gewissen Abhängigkeit. Wer hindert einen Hausbesitzer — verständlicherweise, wenn es ihm gar nicht einmal gut geht und wenn es dem Mieter besser geht —, zu sagen: „Wir haben doch in diesem Gesetz auch die Möglichkeit, eine frei vereinbarte Miete abzuschließen. Wir waren gute Freunde, und es gefällt dir bei mir gut. Also machen wir das, erhöhen wir die Miete, lassen wir den ganzen Streit mit den Ämtern und all diesen Paragraphen und kommen wir hier von Mann zu Mann miteinander überein!" Der eine wird es tun, und der andere wird folgen; und ich glaube, daß diese Dinge dann nicht nur in zumutbarer Weise und in gegenseitigem Einverständnis geregelt werden, sondern daß es dann— wie die Menschen nun einmal sind — viele geben wird, die versuchen werden, unter Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten auch zu höheren Mieteinnahmen zu kommen.
Es ist hier in diesem Hause — und mit Recht — gesagt worden, daß das Gesetz voraussichtlich ja ganz anders aussehen wird, wenn es zur zweiten und dritten Lesung kommt, und daß die entscheidenden Abänderungen oder Verbesserungen im Ausschuß erfolgen werden, und zwar in sehr schwierigen und langwierigen Beratungen. Die Materie ist deswegen so schwierig, weil die Verhältnisse unerhört differenziert liegen. Auch wir werden also — bei den Bedenken, die wir haben — in Anerkennung der Notwendigkeiten, die hier vorliegen, im Ausschuß alles tun, um zu einer Lösung zu kommen, die für alle Teile befriedigend ist.