Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehe ich zu meinen Ausführungen
komme, darf ich die unsachlichen Ausführungen C meines Herrn Vorredners gegen Herrn Minister Kraft ganz energisch zurückweisen.
Herr Minister Kraft hat seinerzeit den Auftrag erhalten, eine Denkschrift für die Zonenrandgebiete auszuarbeiten. Das ist geschehen, die Denkschrift ist vorgelegt worden. Damit ist keinesfalls etwa
— Sie ist dem Kabinett vorgelegt worden, auch dem Herrn Bundeskanzler. Ich darf hier feststellen: wenn daraus keine Folgerungen gezogen worden sind, so liegen die Gründe nicht darin, daß hier absolute Unfähigkeit vorliegt, wie das vorhin ausgeführt worden ist.
— Doch, das ist vorhin gesagt worden.
Ich glaube, in der Form werden wir die Aufgabe, die hier sachlich zur Debatte steht, nicht lösen.
Ich darf mich nun der sachlichen Aufgabe zuwenden. Der Antrag ist hier eingehend begründet worden. Auch über die Notwendigkeit des Antrags ist in überzeugender Weise gesprochen worden. Gestatten Sie mir nur wenige Sätze über die Lage in der Wasserwirtschaft. Die außerordentliche Bevölkerungszunahme seit 1945, die Ausweitung der industriellen und gewerblichen Wirtschaft und die Ballung der Industrien in großen Wirtschaftszentren haben in der Wasserversorgung und der Abwasserwirtschaft Probleme ausgelöst, die immer bedrohlichere Formen annehmen. Wenn dem trokkenen Frühjahr und Frühsommer des vergangenen Jahres nicht so regenreiche Monate gefolgt wären, hätten sich die Wasserengpässe in den großen Verbraucherzentren bereits zu einer Katastrophe auswirken müssen. Wenn wir die Schwierigkeiten des ständig steigenden Trinkwasserverbrauchs und des Werkwasserverbrauchs überwinden wollen, müssen wir zu einer umfassenden Wasserwirtschaft gelangen, die eine sorgsame Pflege und sinnvolle Nutzung unserer kostbaren Wasservorräte einschließt.
Die Lösung dieser Aufgabe ist allerdings nicht ohne eine großräumige Planung möglich. Noch größer als die Schwierigkeiten in der Wasserversorgung sind die Schwierigkeiten in der Abwasserbeseitigung. Die Schäden, die durch die Verschmutzung der Wasserläufe entstanden sind, haben kaum vorstellbare Ausmaße angenommen. Wer die Internationale Jagd- und Fischerei-Ausstellung im Oktober vorigen Jahres in Düsseldorf besucht hat, hat ein eindrucksvolles Bild über das Ausmaß dieser Verschmutzungsschäden in unseren Bächen und Flüssen bekommen. Viele einst fischreiche Gewässer sind zu toten schmutzigen Rinnsalen und Bächen geworden. Aber auch die Flüsse sind bereits im Oberlauf tot und haben im Mittellauf schwerste Schäden im biologischen Bestande aufzuweisen. Durch ungenügenden Schutz und mangelnde Pflege wird der natürliche Wasservorrat infolge dieser Verschmutzung für Trinkwasserzwecke unbrauchbar. Millionenschäden sind der Volkswirtschaft durch Vernichtung der Fischbestände in den Bächen und Flüssen entstanden und entstehen weiter in steigendem Umfang.
Darüber hinaus werden diese verschmutzten Wasserläufe zu einer ernsten Gefahrenquelle für die Volksgesundheit. Die Erreger von Paratyphus, Kinderlähmung, Typhus und ansteckender Gelbsucht haben in den verschmutzten Gewässern ihre natürliche Lebensgrundlage. Aber auch bakteriologische, chemische und giftige Einflüsse auf und in das Trink- und Flußwasser stellen eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar.
Mit den aufgezeigten wirklich äußerst schweren Problemen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung muß die Wasserwirtschaft fertigwerden. Dies ist nicht möglich ohne eine Neugestaltung des Wasserrechts. Die Neuregelung des Wasserrechts aber setzt auch in der Gesetzgebung eine großräumige Planung, wie ja vorhin bereits wiederholt ausgeführt worden ist, voraus. Deshalb ist die beschleunigte Vorlage des geforderten Rahmengesetzes notwendig, um die Schwierigkeiten, die bei der Neuregelung des Wasserrechts auftreten, zu beseitigen. Dieser Antrag ist praktisch eine Wiederholung früherer Forderungen, Empfehlungen und auch Beschlüsse, die von den Ländern, vom Bundestag und vom Bundesrat an die Bundesregierung herangetragen worden sind. Leider hat die Bundesregierung bis heute dieser Sachlage nicht Rechnung getragen. Wir glauben, die Ursache darin sehen zu können, daß an der Gesamtaufgabe vier Ressorts maßgeblich beteiligt sind und daß der zur Zeit bestehende interministerielle Ausschuß „Wasser" die Koordinierungsaufgabe nicht bewältigen konnte. Dies konnte er auch nach seiner ganzen Anlage und Konstruktion nicht. Einmal fehlte ihm jede Entscheidungsbefugnis über die Aufgaben der beteiligten Ressorts. Zum andern lag der Vorsitz jeweils bei einem der beteiligten Minister, und der Vorsitzende konnte als Beteiligter unmöglich die überparteiliche Haltung gewinnen, die für die Lösung dieser Aufgabe einfach Voraussetzung ist. Deshalb blieb in allen Fällen bei der Bearbeitung sich überschneidender Aufgabengebiete der Ressortegoismus Sieger.
Die Lösung der vorliegenden . so entscheidend wichtigen Aufgabe wird nur möglich sein, wenn der Ausschuß die erforderliche Organisation und die notwendigen Befugnisse erhält, ohne die ein Koordinierungsausschuß einfach arbeitsunfähig bleiben muß. Die Forderung der interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft, deren Mitglieder den Antrag Drucksache 561, hinter dem auch die Abgeordneten der Länder stehen, mit unterzeichnet haben, geht dahin, daß der Vorsitz einer Persönlichkeit übertragen werden sollte, die frei von Ressortegoismus über den Ressortaufgaben steht und nur der Sache verpflichtet ist. Dieser Forderung hat das Kabinett gestern entsprochen und Herrn Bundesminister Kraft mit dem Vorsitz beauftragt.
Wenn wir uns die Arbeit dieses interministeriellen Ausschusses in der Vergangenheit ansehen — und sie ist ja auch genügend behandelt worden —, dann müssen wir die Auffassung vertreten, daß der Vorsitzende gegenüber den Fachressorts hinreichende Unabhängigkeit gewinnen muß. Das wird nur möglich sein, wenn er sich auf einen kleinen erstklassigen Mitarbeiterstab stützen kann. Neben den laufenden Arbeiten, die der Ausschuß zu bewältigen hat, sollten auch die erforderlichen Voraussetzungen für eine großzügige und durchgreifende Planung aller wasserwirtschaftlichen Aufgaben geschaffen werden. Sonst wird die Arbeit wie bisher in Notlösungen hängenbleiben und Flickwerk werden. Ebenso muß im Rahmen einer Geschäftsordnung die Entscheidungsbefugnis des Ausschusses in Fragen der Zuständigkeit, die mehr als ein beteiligtes Ministerium berühren, gesichert sein. Die Entscheidungen, die der Ausschuß trifft, müssen für die beteiligten Ministerien auch bindend sein. Auch sollte Grundsatz sein: Keine Kabinettsvorlage in Wasserwirtschaftsfragen ohne vorherige Behandlung im interministeriellen Ausschuß Wasser. Zur Unterstützung der Ausschußarbeiten sollte ein Beirat aus bewährten und ersten Fachkräften berufen werden. Nur so werden der interministerielle Ausschuß Wasser und sein Vorsitzender in der Lage sein, die großen und brennenden Fragen .der Wasserwirtschaft und des Wasserrechts zu lösen.
Eine der vordringlichsten Aufgaben allerdings ist die Vorlage des geforderten Rahmengesetzes. Meine Fraktion unterstützt daher den vorliegenden Aptrag und empfiehlt dem Hohen Hause die unveränderte und unmittelbare Annahme.