Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Geiger hat es in einem Teil seiner Ausführungen für notwendig gehalten, darauf hinzuweisen, daß der Bund nach Art. 75 des Grundgesetzes nur eine beschränkte Gesetzgebungsbefugnis hat. Im anderen Teil aber hat er .auf die Notwendigkeit einer großräumigen Regelung dieser Problematik hingewiesen. Er hat ja sogar von Europa, von kontinentalen Regelungen gesprochen oder hat diesen Gedanken wenigstens anklingen lassen. Man könnte hier zu der Aufforderung kommen: „Erkläret mir, Graf Örindur,
diesen Zwiespalt der Natur!" Aber da liegt ja die eigentliche Problematik; und ohne hier in die Sache näher einsteigen zu wollen, darf ich sagen, daß wir dann, wenn wir uns schon über den materiellen Inhalt eines Wasserrechts unterhalten, Wert darauf legen, daß ein funktionierendes Wasserrecht gestaltet wird.
Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt den uns vorliegenden Antrag. Wir bedauern, daß der Antrag überhaupt notwendig war. Es ist bezeiennend, daß der Herr Kollege Geiger hier gesagt hat: Dieser Antrag sagt ja eigentlich etwas Selbstverständliches aus, und er erhebt eine selbstverständliche Forderung. Meine Damen und Herren, wir beklagen, daß die Bundesregierung es bisher nicht für notwendig gehalten hat, diese hier für selbstverständlich erachtete Neuregelung dem Hohen Hause in Form konkreter Gesetzentwürfe zu unterbreiten. Wir müssen feststellen, daß die Bundesregierung Selbstverständlichkeiten — ich beziehe mich auf die Ausführungen des Kollegen Geiger — nicht zu erkennen vermag.
Wir bedauern auch, daß die Bundesregierung — das ergab sich aus dem Leidensweg der verschiedenartigen Anregungen, der von dem Kollegen Ruhnke geschildert worden ist — nun schon seit Jahren auf der Stelle tritt. Wir betrachten dieses Aufderstelletreten als symptomatisch, als einen charakteristischen Ausdruck der Indifferenz auch des Herrn Bundeskanzlers gegenüber den Problemen der Innenpolitik.
— Ja, meine Damen und Herren, Sie haben doch den Streit um die Koordinierung und die Federführung gehört, den kennen Sie ja alle. Derjenige, der auf Grund der Geschäftsordnung des Kabinetts einen derartigen Streit zu lösen hat, ist doch der Herr Bundeskanzler; und wenn da nichts geschehen ist, dann ist das nichts anderes als ein Ausdruck der Indifferenz des Herrn Bundeskanzler gegenüber den Problemen der Innenpolitik, auch wenn Sie „oho" rufen.
Diese Untätigkeit, dieses Aufderstelletreten ist gleichzeitig ein Ausdruck der bisherigen Saumseligkeit der gesamten Bundesregierung.
Diese Saumseligkeit ist zwar nicht entschuldbar, aber sie ist erklärlich. Es gibt dafür eine Erklärung. Die Regelungen, die hier getroffen werden müssen, berühren die verschiedenartigsten Interessen. Die verschiedenartigsten Gruppen sind hier interessiert, und es ist nun. einmal eine Realität der Politik in dieser Bundesrepublik, daß die Regierung und auch die Regierungsparteien Gefangene der verschiedenartigen sich bekämpfenden Interessengruppen sind.
Daher kommt es, daß dieser Knoten bisher nicht durchgehauen werden konnte. Schließlich verdanken Sie die politische Existenz Ihrer Parteien in starkem Maße der Tatsache, daß sie von irgendwelchen Interessentengruppen getragen sind.
- Das müssen Sie erst einmal näher darlegen!
— Dafür sind Sie den Beweis schuldig, Herr Kollege.
Meine Damen und Herren, diese Saumseligkeit hat ihre Erklärung weiterhin — das ging aus den Ausführungen hier hervor — im Kampf der verschiedenen Ressorts.
— Ich habe in der Richtung zu Beginn meiner Ausführungen eine Andeutung gemacht. Nun hat gestern das Bundeskabinett eine Entscheidung :getroffen. Es hat den Beschluß gefaßt, den Herrn Bundesminister für besondere Aufgaben — man Ist versucht, zu sagen: den Herrn Bundesminister ohne besondere Aufgaben — Kraft damit zu beauftragen, den Vorsitz in dem interministeriellen Ausschuß zu übernehmen. Es ist bezeichnend — und es ist vielleicht ein dem Grundsatz nach begrüßenswerter Effekt des vorliegenden Antrags —, daß sich das Kabinett gestern endlich zu einem Beschluß durchgerungen hat. Wir sind natürlich mit dem Inhalt dieses Beschlusses in keiner Weise einverstanden.
— Lachen Sie nicht! Ich werde Ihnen meine Gründe gleich nennen. Die Übertragung eines so wichtigen Aufgabengebiets auf den Herrn Bundesminister ohne besondere, — mit besonderen Aufgaben Kraft ist nichts anderes als ein Versuch, das Problem mit einem untauglichen Ministerium und mit einem untauglichen Minister zu lösen.
Es ist ein Versuch, — —
— Beruhigen Sie sich!
— Beruhigen Sie sich nur!
— Ich bleibe Ihnen die Begründung für diese Ausführungen in keiner Weise schuldig. Betrachten Sie doch einmal den Organisations- und Stellenplan des Bundeskabinetts. Vielleicht können Sie die Dinge dann etwas nüchterner beurteilen. Aus dem Organisations- und Stellenplan, diesem voluminösen Elaborat, das uns vor einiger Zeit dankenswerterweise zugegangen ist, ergibt sich, daß das Ministerium Kraft aus insgesamt vier Beamten, drei TOA-Bediensteten und einem TOB-Bediensteten besteht.
— Sie sagen: „Doch nicht für diese Aufgabe". Also unterstellen Sie, Herr Kollege — und das unterstellt auch die Bundesregierung —, daß hier nun
ein neuer Apparat aufgebaut wird, und wir sehen vor unserem geistigen Auge schon das große Verwaltungsgebäude eines Bundeswasserkraftministeriums,
das an irgendeiner Straße hier in Bonn aufgebaut wird.
— Dann sagen Sie mir einmal, wie Sie mit einem Ministerium, das aus acht Bediensteten besteht, diese so wichtige Aufgabe lösen wollen. Das sagen Sie uns einmal!
Der Kollege Geiger hat ja in dieser Richtung gewisse Befürchtungen angedeutet, indem er die Hoffnung und den Wunsch ausgesprochen hat, daß wir hier nicht — so habe ich ihn wenigstens verstanden — zu irgendeinem voluminösen Ministerium mit einem umfangreichen Verwaltungsapparat kommen. Wir sind der Auffassung, daß es im Bundeskabinett Ministerien gibt, die einen Gesetzgebungsapparat und einen fachlich qualifizierten Verwaltungsapparat haben, mit dem diese Aufgaben gelöst werden können.
Wir sind weiterhin der Auffassung — darüber haben .Sie sich ebenfalls so erregt, meine Damen und Herren —, daß es sich hierbei auch um einen Versuch mit einem untauglichen Minister handelt.
— Nun, der Herr Bundesminister Kraft hat vor einiger Zeit den Auftrag bekommen, sich in besonderer Weise um die Zonenrandgebiete zu kümmern. Der Herr Bundesminister ist dann auf Grund dieses Auftrages in die Zonenrandgebiete gereist. Er hat verschiedene Besprechungen geführt, und er hat bei den dort ansässigen Personen und Behörden, überhaupt bei der dort ansässigen Bevölkerung gewisse Hoffnungen erweckt. Und was ist dabei herausgekommen? Ein Mitglied dieses Hauses möge einmal sagen, in welcher Weise der Herr Bundesminister Kraft die ihm gestellte Aufgabe bisher gelöst hat!
Bisher können wir zwar ein Kreißen des Berges feststellen, aber wir können nicht das Gebären eines Mäusleins verzeichnen.
Meine Damen und Herren, wir hätten es begrüßt, wenn der Herr Bundesminister, dem nun eine besondere Aufgabe übertragen worden ist, und zwar nicht von einem Tag auf den andern, so etwa wie ein Blitz aus heiterem Himmel, sondern nachdem bereits seit Monaten das Gerücht im Umlauf war,
daß der Herr Bundesminister diesen Auftrag erhalten solle, uns einige konkretere Vorstellungen entwickelt hätte. Das hat er nicht getan. Er hat sich darauf beschränkt, einige ganz allgemeine Ausführungen zu machen. Ich nehme an, daß der Herr Bundeskanzler sich nicht von dem Scherzwort vom „Wasserkraftminister" hat leiten lassen, als er dem Herrn Bundesminister Kraft diesen Auftrag erteilt hat.
Ich will durchaus nicht die Möglichkeit ausschließen, daß dem Herrn Bundeskanzler von dem Herrn Bundesminister Kraft einige konkrete Ideen entwickelt worden sind. Es wäre deshalb begrüßenswert gewesen, wenn der Herr Bundesminister Kraft nun diesem Hohen Hause seine konkreten Gedanken dargelegt hätte.
Diese Frage, Herr Kollege Samwer, ist deshalb um so berechtigter, als wir ja alle in diesem Hohen Hause eine Erfahrung gemacht haben — neben vielen anderen, aber auf die eine kommt es mir jetzt an —, daß einfache Beschlüsse, sogenannte schlichte Beschlüsse, wie manche Kollegen sagen, bei der Regierung in der Vergangenheit keine allzu große Beachtung gefunden haben. Das gilt nicht nur für die einfachen Beschlüsse dieses Hohen Hauses, sondern auch etwa für die Beschlüsse des Bundesrats. Vorhin ist die Rede gewesen von einem Beschluß des Bundesrats aus dem Jahre 1952. Zwei Jahre später ist aus dem Kreis des Bundesrats ein Schreiben an den Herrn Bundeskanzler gerichtet worden mit der Anfrage: Wo bleibt denn die Vollziehung des Beschlusses aus dem Jahre 1952? Gerade da wir hier mit den einfachen Beschlüssen sehr schlechte Erfahrungen gemacht haben und feststellen mußten, daß sie von der Bundesregierung doch zu einem erheblichen Teil offensichtlich als Makulatur bezeichnet werden, wäre eine sachliche und konkrete Aufklärung über den Inhalt der Vorstellungen des Herrn Bundesministers sehr sachdienlich gewesen.
Im übrigen stimmen wir dem Antrag zu. Wir halten eine Überweisung an einen Ausschuß nicht für erforderlich, da hier eine Selbstverständlichkeit ausgesprochen wird, überdies eine Selbstverständlichkeit, die in zahlreichen Ausschüssen bereits hinlänglich diskutiert worden ist.