Rede von
Dr.
Friedrich
Welskop
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Entwurf des Gesetzes zur Ergänzung der Strafprozeßordnung und des
Gerichtsverfassungsgesetzes, der von der SPD eingebracht worden ist, handelt es sich um drei Tatbestände, die für die Struktur dieser beiden Gesetze von Bedeutung sind. Es handelt sich zunächst darum, daß das Beschlagnahmerecht für periodisch erscheinende Drucksachen abgeändert werden soll. Durch verschärfte Bedingungen soll die Beschlagnahme nicht mehr in dem Umfange wie bisher möglich sein. Zweitens soll allein das Landgericht des Verlagsortes für die Beschlagnahmeverfügung zuständig sein. Schließlich sieht der Entwurf vor, daß eine besondere Beschlußkammer, eine Pressekammer, bei den Landgerichten für die Entscheidung dieser Fragen zuständig sein soll.
Wie bereits der Herr Justizminister ausgeführt hat, erhebt sich zunächst die Frage, ob dieser Gesetzentwurf als ein Flickgesetz überhaupt beschlossen werden soll. Der Kollege Dr. Arndt ist ja selber ebenfalls der Ansicht und hat verschiedentlich geäußert, daß man bei den Reichsjustizgesetzen möglichst keine Änderungen vornehmen soll, weil diese Gesetze aus einem Guß sind. Wir haben anläßlich des 75jährigen Jubiläums der Gesetze im vergangenen Jahr besonders darauf hingewiesen, daß die Reichsjustizgesetze insofern einmalige Gesetze sind, als sie aus einem Guß entstanden sind. Das hat zur Folge, daß jede Änderung dieser Gesetze Schwierigkeiten mit sich bringt, weil der ganze Aufbau des Gesetzes dadurch in Frage gestellt werden kann.
Auf der andern Seite sind wir aber auch der Ansicht, daß an den Bestimmungen über die Beschlagnahme etwas zu ändern ist. Nach Auffassung der CDU/CSU muß aber — das ist für uns ausschlaggebend — mit einer Änderung der Bestimmungen unbedingt der Ehrenschutz in Verbindung gebracht werden.
Eine Demokratie kann nicht ohne Pressefreiheit leben; davon sind wir alle überzeugt. Aber die Pressefreiheit hat ihre Grenzen,
wie es ausdrücklich in Art. 5 des Grundgesetzes festgelegt ist, in den Schranken der allgemeinen Gesetze und in dem Recht der persönlichen Ehre. Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, daß der Ehrenschutz bei uns nicht derartig ausgebaut ist, wie es in einer Demokratie notwendig wäre, und daß deshalb der Ehrenschutz unbedingt in Verbindung mit dieser Gesetzesänderung gesetzlich geregelt werden muß. Ich glaube, wir alle in diesem Hause sind darüber einig, daß der Ehrenschutz verstärkt werden muß. Diese Frage wird in den Beratungen über den Gesetzentwurf ganz in den Vordergrund gestellt werden müssen. Sobald der Ehrenschutz sichergestellt ist, wird auch darüber zu reden sein, daß das Beschlagnahmerecht eingeschränkt wird. Man kann daran denken, daß nicht ein Tatverdacht, sondern nur ein unbedingt dringender Tatverdacht genügt, wie das auch in anderen Bestimmungen, bei der Verhaftung durch den Amtsrichter, vorgeschrieben ist.
Nun zu den einzelnen vorgeschlagenen Bestimmungen.
Zu Art. 1 Ziffer 1 des Entwurfs wird in den Ausschußsitzungen unbedingt darüber zu beraten sein, wie der Relativitätsgedanke durchgeführt werden kann. Es wird nicht einfach sein, und wir werden sehr darüber zu beraten haben, wie wir ganz klare Bestimmungen für den Richter ausarbeiten können.
Zu Ziffer 2 ist darauf hinzuweisen, daß es nicht möglich erscheint, nur das Landgericht des Verlagsortes bzw. des Erscheinungsortes — ich könnte mir denken, daß Herr Kollege Dr. Arndt auch daran gedacht hat, nicht den Verlagsort, sondern den Erscheinungsort zu nehmen, weil der einfacher festzustellen ist — zuständig zu machen. Der Herr Justizminister hat mit Recht schon darauf hingewiesen, daß es nicht möglich erscheint, z. B. den Bundesgerichtshof auszuschließen. Meines Erachtens ist es aber auch nicht zweckmäßig, das Amtsgericht in kleineren Sachen auszuschließen, in denen das Amtsgericht in letzter Instanz bzw. als erkennendes Gericht zu entscheiden hat. Auch darüber wird also sehr zu debattieren sein.
Was die Schaffung von Pressekammern anlangt, so bin ich — auch da in Übereinstimmung mit dem Herrn Justizminister — der Ansicht, daß das nicht möglich erscheint. Ihre Schaffung würde unbedingt an dem Aufbau unserer Strafprozeßordnung rütteln. Die Strafprozeßordnung kennt keine Strafgerichte, in denen Angehörige des Berufs darüber zu entscheiden haben, ob ein Berufsangehöriger gefehlt hat oder nicht. Wir haben außer den Berufsrichtern Schöffen und Geschworene, die aber vom Volke selbst in dieses Amt berufen werden. Es wäre meines Erachtens ein Rückfall in vergangene Jahrhunderte, wenn man ein derartiges Ständegericht aufbauen würde. Die Hinzuziehung von Berufsgenossen ist gerechtfertigt bei Ehrengerichten. In Ehrengerichten ist sie auch allgemein üblich; da entscheidet der Berufsgenosse darüber, ob der Berufsgenosse gefehlt hat oder nicht. Hier handelt es sich aber um Straftatbestände nach dem Strafgesetzbuch, und darüber können nur der ordentliche Richter und auch die ordentlichen Laienrichter entscheiden.
Wie Sie sehen — ich will mich mit Rücksicht auf die Zeit kurz fassen —, enthält dieser Entwurf alle möglichen Probleme, die in der Ausschußberatung möglichst geläutert werden sollen.
Ich beantrage daher namens der CDU/CSU Verweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, an den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films und auch an den Ausschuß zum Schutze der Verfassung.