Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Herr Abgeordneter Baade hat heute vormittag, ich glaube, als ein anderer Redner sprach, diesen Redner gefragt, ob ihm nicht bekannt sei, daß General Gruenther erklärt habe, die Deutschen würden als Schild für die anderen gebraucht. Ich habe das Stenogramm nicht hier, aber ich glaube, ich habe die Frage des Herrn Professor Baade damit richtig wiedergegeben.
Ich habe hier eine telephonische Mitteilung des Generals Gruenther über das, was er gesagt hat. Herr General Gruenther hat etwas völlig anderes gesagt,
und ich bedauere außerordentlich, daß hier in diesem Hause eine derartige Behauptung gerade gegen Herrn Gruenther aufgestellt worden ist.
In einem am 7. Juni dieses Jahres in der amerikanischen Zeitschrift „News Week" veröffentlichten Interview mit General Gruenther wurde folgende Frage gestellt:
Welche Mängel auf seiten der NATO geben den Sowjets die Möglichkeit, am Anfang Erfolge zu erzielen?
Darauf hat Gruenther wie folgt geantwortet:
Unsere Luftverteidigung benötigt dringend der Verstärkung. Unsere Landstreitkräfte sind noch nicht stark genug, um einen sicheren Schild zu schaffen, hinter dem wir unsere Reserven mobilisieren können. Dieses ist einer der Gründe, weshalb ein deutscher Beitrag notwendig wird.
Dieselben Äußerungen hat General Gruenther in einem Rundfunkvortrag am 9. Juni dieses Jahres gemacht. Er hat sie wiederholt am 22. September, und er hat sie wiederholt am 19. Oktober.
Ich stelle also folgendes fest. General Gruenther hat niemals gesagt, daß die deutschen Truppen als Schild für die anderen benötigt würden, sondern General Gruenther hat gesagt: Unsere Truppen sind noch nicht stark genug, um einen Schild aufzustellen, hinter dem wir unsere Reserven mobilisieren können; deshalb brauchen wir zur Verstärkung dieses Schildes die deutschen Truppen.
— Wie man da sagen kann „na also", das verstehe ich nicht, meine Herren.
Meine Damen und Herren, ich möchte dann, ehe ich zu den Ausführungen des Herrn Kollegen 011enhauer komme, einige Worte zu Ausführungen des Herrn Kollegen Erler sagen. Herr Erler hat in einer sehr eindrucksvollen Weise von Gewissensnot gesprochen. Ich möchte demgegenüber sagen, Herr Erler, und ich bitte Sie, das genau so gut zu glauben, wie ich Ihre Ausführungen glaube, daß die gleiche Gewissensnot auf mir lastet,
wenn ich Ihnen eine solche Vorlage mache.
Glauben Sie denn, meine Damen und Herren, daß ich, der ich doch bei Gott nicht in dem Verdacht stehe, ein Militarist oder irgendein Anhänger einer großen militärischen Aufwendung zu sein, nicht tief darunter gelitten habe, Ihnen ,diese Vorlage machen zu müssen?
Und ich muß Ihnen diese Vorlage machen, weil ich allerdings der Auffassung bin, daß, wenn wir das nicht tun, wir unsere gesamten 50 Millionen Deutscher und die 18 Millionen in der Sowjetzone der
Sklaverei hingeben und daß, wenn ein Krieg zwischen den zwei einander gegenüberstehenden Mächten kommen sollte, dann dieser Krieg sich in unserem Lande abspielen wird und daß unser e Männer, unser e Frauen, unsere Kinder, unsere Städte, unsere Dörfer, unsere Felder verwüstet werden, wie Korea verwüstet worden ist.
Ich bitte also, mir zu glauben, meine verehrten Damen und Herren, daß ich genau dieselbe Gewissensprüfung angestellt habe wie andere und genau so unter Gewissensnot gelitten habe wie andere, ehe ich mich zu diesem Schritt entschlossen habe.
Und nun, meine Damen und Herren, möchte ich Herrn Erler auf seine finanziellen Fragen eine Antwort geben. Sie wird ihn wahrscheinlich nicht befriedigen; aber sie wird vielleicht manchen anderen befriedigen.
Meine Damen und Herren, ich bin wirklich nicht in der Lage, Ihnen hier vor der gesamten Öffentlichkeit den zukünftigen Aufbau und die zukünftige Bewaffnung der deutschen Wehrmacht klarzulegen,
und zwar aus dem sehr einfachen Grunde: weil man das eben nicht tut.
Das sind außerordentlich vertrauliche Angelegenheiten, die nur in einem Ausschuß erörtert werden können.
Deshalb werden Sie auch in diesem Ausschuß die Antworten auf die finanziellen Fragen bekommen, die Herr Erler gestellt hat.