Rede von
Will
Rasner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich sehe wirklich keine Veranlassung, Kollege Ritzel, zu den beiden klarsten Antworten, die es auf eine Frage gibt, nämlich Ja und Nein, hier und an dieser Stelle nun noch eine ausführliche Erklärung zu geben. Präziser konnte ich nicht antworten.
In der gleichen Debatte, wenn ich fortfahren darf, anläßlich der ersten Lesung, wurde gefragt, ob die Bundesrepublik die von amerikanischer Seite — ich komme Ihnen ja noch etwas entgegen, Herr Ritzel — zugesagten schweren Waffen zum Aufbau deutscher militärischer Einheiten auch sicher erhalten werde. In die Erfüllung dieser der Bundesrepublik gegebenen Zusage kann nicht der geringste Zweifel gesetzt werden; denn das schon früher in Washington gegebene Versprechen wurde, wie ich mich informiert habe, auch in London förmlich wiederholt.
Noch etwas anderes ist notwendig. Lassen Sie mich noch ein Wort an die deutsche Gewerkschaftsbewegung richten.
Über die Notwendigkeit, die innenpolitischen Konsequenzen des Pariser Vertragswerks gemeinsam zu bewältigen, habe ich aus anderer Sicht schon mehrfach gesprochen. In diese Gemeinsamkeit — das erkläre ich betont — beziehen meine politischen Freunde die deutsche Gewerkschaftsbewegung eindeutig mit ein.
Es ist doch selbstverständlich, daß die Tatsache, daß einige Hunderttausend Arbeitnehmer für eineinhalb Jahre zum Wehrdienst eingezogen werden sollen, die deutsche Gewerkschaftsbewegung zutiefst interessieren muß. Aber es gibt auch hier fruchtversprechende Ansätze, die — das lassen Sie mich ehrlich sagen - für uns auch nicht durch Resolutionen zunichte gemacht werden, Resolutionen, die zudem oft nur flüchtig gelesen werden und oft auch falsch interpretiert sind. Ich denke in diesem Augenblick an den verstorbenen Vorsitzenden ,des DGB, Böckler, der 1949 in München sinngemäß erklärt hat, daß auch für den deutschen Arbeiter und auch für die deutsche Gewerkschaftsbewegung die Freiheit verteidigungswürdig ist und daß auch der DGB seinen Beitrag zur Verteidigung dieser Freiheit leisten muß. Ich glaube einfach nicht daran, daß sich diese Auffassung im DGB irgendwie geändert hat.
Ich möchte darum hier sagen: wenn die deutschen Gewerkschaften die Freiheit weiterhin für verteidigungswürdig halten und gleichzeitig der Überzeugung sind, daß das Ziel, die Streitkräfte organisch in unseren Staat einzufügen, in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften erreichbar sei, wenn sie glauben, daß dieses Ziel ohne Zusammenarbeit mit der deutschen Gewerkschaftsbewegung gefährdet sei, dann nimmt das ganze Hohe Haus eine solche Feststellung ernst, sehr ernst, und wartet aufnahmebereit auf konkrete Vorschläge aus den Reihen der deutschen Gewerkschaften.
Nach allem, was ich über diese notwendige Gemeinsamkeit bei der Bewältigung der vor uns liegenden Aufgabe gesagt habe, ist es nicht mehr notwendig, das sinngemäß für andere Institutionen, für Jugendorganisationen, Heimkehrer- und Kriegsopferverbände, zu wiederholen, was ich sehr bewußt an die Adresse der deutschen Gewerkschaftsbewegung gesagt habe.
Jetzt ein abschließendes Wort. Ich habe sehr bewußt und im klaren Auftrag der Fraktion bei der ersten Lesung des Pariser Vertragswerks die innenpolitischen Konsequenzen der Ratifizierung zum Kern meiner Ausführungen gemacht. Warum? Aus zwei wesentlichen Gründen. Erstens weil ich weiß, daß die gleichberechtigte Einbeziehung der Bundesrepublik in den Kreis der freien Völker, in die Verteidigungsanstrengungen der freien Welt eine Art Vertrauensvorschuß der freien Welt an das deutsche Volk darstellt. Sicher — das räume ich ein — hat man das nicht nur um unserer schönen blauen Augen willen getan. Sicher spielen für die USA, England und Frankreich sowie die anderen Vertragspartner Nützlichkeits-, Zweckmäßigkeits-
und Sicherheitserwägungen dabei eine entscheidende Rolle. Aber gleichzeitig handelt es sich bei der Zulassung eines deutschen Verteidigungsbeitrages nach den Erfahrungen von 1933 bis 1945 — das wird niemand bestreiten können — um einen Vertrauensvorschuß der freien Welt an unser Volk. Auch unsere Vertragspartner fragen sich natürlich, ob die Bundesrepublik mit der innenpolitischen Hypothek der Aufstellung von Verteidigungsstreitkräften fertig werden wird. Schon aus diesem Grunde lag meiner Fraktion daran, gleich anläßlich der ersten Lesung wenigstens in großen Zügen einiges von den Vorstellungen deutlich zu machen, mit denen wir diese Frage meistern wollen. Wir hoffen, verdeutlicht zu haben, welchen Platz die künftigen Streitkräfte in unserem Staat einnehmen, Streitkräfte, die im übrigen — da will ich gerne einen Gedanken unseres Kollegen Professor Carlo Schmid aufgreifen — nicht eine starre, stählerne graue Drohung, eine furchtbare Maschine, roboterhaft und ein ständiger Alp sein sollen, sondern Streitkräfte, die als Streitkräfte des ganzen Volkes nichts anderes sind als die Garantie dafür, daß es nicht zum Kriege kommt, weil sie im Verein mit anderen Streitkräften der verbündeten freien Welt jene Verlockung beseitigen, die die Waffenlosigkeit nun einmal für jede totalitäre und zudem militante Diktatur darstellt.
Wir reden dabei aber auch gleichzeitig nicht der Verniedlichung dieser Streitkräfte das Wort, der „schimmernden Wehr", der spielerischen Protzerei, sondern wir wollen hier durchaus neue Wege finden, die in jedem Staatsbürger das Gefühl aufkommen lassen: Das sind die notwendigen Streitkräfte zu meinem Schutz, zum Schutz meiner Familie, das ist das notwendige Instrument zur Sicherung meiner Heimat, so sauber, daß ich ihm auch meine Söhne anzuvertrauen vermag.
Und das ist das zweite, daß dem Vertrauensvorschuß unserer ausländischen Partner ein Vertrauensvorschuß unseres Volkes und auch dieses Parlaments in die gemeinsame Fähigkeit, diese Dinge innenpolitisch zu meistern, entsprechen muß.