Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in Ausführung der Londoner Schlußakte auf der Pariser Konferenz abgeschlossenen Verträge sind dem Hohen Hause mit den entsprechenden Gesetzen zur Beschlußfassung zugegangen. Mit ihrer Begründung werde ich die Beantwortung der von der SPD-Fraktion gestellten, von Herrn Bundestagsabgeordneten Wehner begründeten Großen Anfragen und Anträge verbinden.
Meine Damen und Herren, ich werde länger sprechen, als es sonst meine Art ist. Das beruht einmal auf der Fülle des Stoffes. Ich halte mich aber auch für verpflichtet, Ihnen die Größe der Verantwortung, die Sie als die verantwortlichen Vertreter des deutschen Volkes tragen, in ihrer ganzen Bedeutung und Schwere darzulegen.
Bevor ich auf die Pariser Verträge selbst eingehe, möchte ich versuchen, die Situation der Bundesrepublik Deutschland und Europas bei der heutigen Weltlage klarzulegen, da es notwendig ist, bei allen wichtigen außenpolitischen Entscheidungen, die wir zu treffen haben, sie zu berücksichtigen.
Aus dem zweiten Weltkrieg sind zwei große Staatengruppen hervorgegangen, die kommunistisch geführten Staaten und die Länder der freien Welt. Die Demarkationslinie zwischen beiden Gruppen läuft mitten durch Deutschland und teilt es in zwei Teile. Drei der Besatzungsmächte gehören zur Gemeinschaft der freien Nationen; die Sowjetunion dagegen ist die führende kommunistische Macht.
Auch der von den Westmächten besetzte Teil Deutschlands, die Bundesrepublik, ist nicht frei. Das Besatzungsrecht überlagert noch immer unsere Souveränität. Ja, in einem bestimmten Sinn sind die Vereinbarungen der Vier Mächte die Grundlage für die Existenz des freien Berlins und für das bestehende Minimum von Verbindungen zwischen der Bevölkerung der Bundesrepublik und der Sowjetzone.
Die europäischen Völker haben eine bedeutungsvolle Konsequenz aus der Katastrophe des zweiten Weltkrieges gezogen; sie wollen den Nationalismus überwinden und die lockere Kooperation der Staaten früherer Zeit durch eine echte Gemeinschaft ersetzen. Deutschland gehört nach seiner Kultur, seiner Anschauung von Menschenwürde und Freiheit zu den freien Staaten und damit zu der in Europa im Entstehen begriffenen Gemeinschaft. Auf dem Wege in diese Gemeinschaft sind die freien Nationen Deutschland entgegengekommen. Die Sowjetpolitik hat aber bisher verhindert, daß ganz Deutschland in diese Gemeinschaft aufgenommen wurde. Sie versucht vielmehr, im klaren Gegensatz zu dem ausgesprochenen Willen des gesamten deutschen Volkes, ganz Deutschland in die unfreie, in die kommunistische Sphäre einzubeziehen.
*) Siehe Anlage 1.
Deutschland ist in der großen Auseinandersetzung, die unsere Jahre erfüllt, bisher in hohem Maße ein Objekt der Weltpolitik gewesen.
Infolgedessen war es eines der ersten Ziele der Bundesregierung, Freiheit und Selbstbestimmung für die Bundesrepublik zu gewinnen. Damit erlangt die Bundesrepublik auch die Freiheit ,des Handelns zugunsten ganz Deutschlands.
Die Wiedererlangung der deutschen Souveränität und die gleichzeitige Eingliederung Deutschlands in die Gemeinschaft der freien Nationen ist gefördert worden durch die Aggressivität der sowjetischen Politik. Bei der Verfolgung ihrer ideologischen und machtpolitischen Ziele hat die sowjetische Führung alle Mittel der subversiven Propaganda, der Unterminierung durch ihre Agenten und Organisationen, der Drohung und des Drucks eingesetzt, um ihre Nachbarstaaten zu Satellitenstaaten zu machen und um auch die freiheitliche Ordnung in den demokratischen Staaten zu erschüttern und zu beseitigen.
Sie ist, wie der Korea-Krieg beweist, auch vor dem offenen Angriff nicht zurückgeschreckt. Ihr Ziel ist die Beherrschung der Welt durch den Kommunismus.
Die besondere exponierte Lage Westeuropas und insbesondere Deutschlands hat alle verantwortlichen Politiker des Westens veranlaßt, die notwendigen Entschlüsse zu fassen, um die freiheitliche Ordnung in diesem Teil der Welt zu erhalten und den Völkern Sicherheit gegenüber aggressiven Tendenzen der Sowjetunion zu geben.
Dazu war es notwendig, dieser Zielsetzung dienende Organisationen aufzubauen.
Als dieser Vorgang mit der Behandlung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in den französischen Gremien kurz vor seiner Vollendung stand, hat die Sowjetunion nach dem Tode Stalins durch eine Änderung ihrer Taktik, indem sie nämlich eine Politik der Entspannung und der sogenannten Koexistenz propagierte, entscheidend dazu beigetragen, daß die Politik des europäischen Zusammenschlusses mit Hilfe der EVG durch die französische Nationalversammlung nicht genehmigt wurde.
Das Scheitern der EVG, meine Damen und Herren, war der größte Erfolg der Sowjetunion auf dem europäischen Schauplatz des Kalten Krieges.
Entgegen hier und da nach dem Tode Stalins geäußerten Erwartungen einer allgemeinen Entspannung mußten sich die Politiker in der westlichen Welt schon bald davon überzeugen, daß die Sowjets mit Stalins Tod zwar eine Änderung ihrer Taktik und Methode eingeschlagen hatten, daß sie aber in der Verfolgung des Zieles der Weltbeherrschung völlig unnachgiebig geblieben waren. Diese Erkenntnis war nicht zuletzt durch die Genfer Konferenz und die Entwicklung in Ostasien verstärkt worden. Die Einheit des Westens, meine Damen und Herren, war durch das Ergebnis der Genfer Konferenz und das Scheitern der EVG sehr
stark gefährdet. Es war zu befürchten, daß es nach dem Scheitern der EVG den Sowjets gelingen könnte, die Einheit der westlichen Welt für die Dauer aufzusprengen. In dieser schicksalhaften Stunde begriff aber die ganze freie Welt mit einem Schlage, daß sie in eine akute Krise geraten war. Die ersten, die — ich kann diesen Ausdruck gebrauchen — blitzschnell handelten, waren die Engländer und die Amerikaner. Es kam, wie Sie wissen, in dem außerordentlich kurzen Zeitraum von zwei Monaten zu dem Abschluß der neuen Verträge. Die Sowjetunion und ihre Freunde waren hiervon zunächst völlig überrascht. Inzwischen haben sie sich von der Überraschung erholt; sie versuchen offen und versteckt, die neue Einigung des Westens zu verhindern, und wir müssen bis zu ihrer Vollendung mit neuen, vielleicht gefährlichen Manövern rechnen. Deutschland kann, eben im Begriff, wieder ein Subjekt der internationalen Politik zu werden, wenn die Entwicklung unglücklich verläuft, sehr schnell wieder zu einem Objekt der internationalen Politik werden.
Das politische Klima wandelt sich schnell, und die Welt ist noch immer voller Gefahr. In diese Perspektive, meine Damen und Herren, möchte ich die Darlegung der Geschichte und des Inhalts der Verträge stellen.
Im einzelnen gestaltete sich der historische Ablauf folgendermaßen. Auf der Londoner Konferenz, zu der die britische Regierung eingeladen hatte und an der außer den Unterzeichnerstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft Großbritannien, die Vereinigten Staaten und Kanada teilnahmen, wurden vom 28. September bis 3. Oktober die neuen Lösungen entwickelt, und am 23. Oktober wurden in Paris die Unterschriften unter die neuen Verträge gesetzt.
Ich darf kurz darlegen, daß in London drei Gruppen von Fragen behandelt wurden, nämlich erstens die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland, zweitens die Erweiterung und Verstärkung des Brüsseler Paktes durch den Beitritt Italiens und Deutschlands und drittens die Aufnahme der Bundesrepublik in den Nordatlantikpakt. In der Londoner Schlußakte vom
3. Oktober sind die einzelnen Lösungen, obwohl sie jeweils einen verschiedenen Kreis von Staaten unmittelbar betrafen, als Teile eines Ganzen aufgefaßt und behandelt worden.
Nach den in der Londoner Akte niedergelegten grundsätzlichen Lösungen haben in der Zeit vom
4. bis zum 16. Oktober drei Gruppen von Experten die Texte der Abkommen entworfen. Die Neufassung des Deutschland-Vertrages und der mit ihm zusammenhängenden Abkommen ist in Bonn ausgearbeitet worden. Die notwendigen Änderungen und Ergänzungen am Brüsseler Vertrag wurden in London beraten. Die Aufnahme Deutschlands in die NATO und die Verstärkung der Vollmachten des obersten NATO-Befehlshabers in Europa wurden in Paris verhandelt. An all diesen Arbeiten hat die Bundesregierung mitgewirkt. Im allgemeinen konnten die Experten ihre Arbeiten gemäß den Direktiven der Londoner Akte termingerecht abschließen und die Texte fertigstellen.
In einigen Punkten war keine Einigung zu erzielen. Diese wurden den Außenministern selbst zur Entscheidung vorgelegt.
Inzwischen hatten sich aber die Gegenstände für die Pariser Konferenz um einen weiteren Fragenkomplex vermehrt. Bei einem Meinungsaustausch zwischen der französischen und der deutschen Regierung über die noch ausstehende Behandlung der Saarfrage war deutlich geworden, daß auf beiden Seiten der Wunsch nach einer Neugestaltung der deutsch-französischen Beziehungen in ihrer Gesamtheit bestand. Im Rahmen dieser Aussprache sollte versucht werden, Probleme, die dafür bereits jetzt reif waren, unverzüglich und konkret zu lösen, andere einer Lösung näherzubringen. Tatsächlich haben in Paris infolgedessen in der Zeit vom 19. bis 23. Oktober vier Konferenzen stattgefunden: eine deutsch-französische Konferenz über das deutsch-französische Verhältnis, eine Viererkonferenz über die Beendigung des Besatzungsregimes, eine Siebenmächtekonferenz über die Erweiterung des Brüsseler Pakts, eine 15- Mächte-Konferenz über die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO.
Ich möchte dem Hohen Hause zunächst über die Verwirklichung der Londoner Schlußakte berichten und dann auf die deutsch-französischen Verhandlungen eingehen.
Eines der bedeutsamsten Ergebnisse der Pariser Konferenz, das auch die Grundlage für alle weiteren Beschlüsse über die deutsche Beteiligung an der gemeinsamen Verteidigung Europas und der atlantischen Staatengruppe bildet, ist die Wiederherstellung der deutschen Souveränität im Bereich der Bundesrepublik.
Diese Souveränität, meine Damen und Herren, wird der Bundesrepublik nicht von den drei westlichen Besatzungsmächten „verliehen" oder „gewährt". Sie ist keine von fremden Mächten übertragene, sondern sie ist eine eigenständige deutsche Souveränität, die nur von der Besatzungsgewalt zeitweilig verdrängt und überlagert war und jetzt überall dort wieder wirksam wird, wo die Besatzungsgewalt erlischt.
Ich betone: sie ist deutsche Souveränität, die wieder effektiv wird, sie ist nicht eine neue, der Bundesrepublik verliehene Souveränität.
Die Bundesregierung weist nachdrücklich die Behauptung zurück, daß die Spaltung Deutschlands durch die Wiederherstellung der Souveränität für einen Teil Deutschlands vertieft oder verhärtet werde. Sie hat auch bei der Neuformulierung der Vertragstexte sorgfältig darauf Bedacht genommen, daß jene Elemente der Viermächte-Vereinbarungen von 1945 unberührt bleiben, die die Bewahrung der staatlichen Einheit Deutschlands und seine Wiedervereinigung betreffen. Nur aus diesem Grunde hat sie der Aufrechterhaltung der Verantwortlichkeiten der drei Westmächte für Berlin, die Wiedervereinigung und den Friedensvertrag und der Beibehaltung der damit verbundenen Rechte zugestimmt. Wenn darin eine Beschränkung der deutschen Souveränität liegt, dann handelt es sich jedenfalls um eine Beschränkung, die jeder einsichtige Deutsche im gegenwärtigen Zeitpunkt für unvermeidlich und notwendig halten muß, um die Lage Berlins nicht zu gefährden und die Wiedervereinigung Deutschlands nicht zu erschweren.
Die Bundesregierung glaubt daher, in der neuen Souveränitätsformel des geänderten Deutschland-Vertrages einen erfreulichen Fortschritt auch im Vergleich zu dem Verhandlungsergebnis von 1952 sehen zu dürfen. Sie ist aber — das möchte ich betonen — nach wie vor der Überzeugung, daß jede übersteigerte Form nationalstaatlichen Souveränitätsdenkens geschichtlich überholt und verderblich wäre.
Sie sieht in der wiedergewonnenen Souveränität eine erweiterte politische Selbständigkeit, Verantwortlichkeit und Handlungsfähigkeit, die ihr erlauben, mit größerer Wirksamkeit und Überzeugungskraft die schon bisher erstrebten Ziele zu verfolgen: die Wiedervereinigung Deutschlands und die Einigung Europas.
Bisher, meine Damen und Herren, werden wichtige militärische und politische Entscheidungen, die das Schicksal Deutschlands direkt berühren, zumindest formal in Abwesenheit der Bundesregierung getroffen, da wir die volle Souveränität und Gleichberechtigung noch nicht besitzen. In Zukunft werden auch diese formalen Hemmnisse wegfallen, und die Bundesregierung wird in der Lage sein, als Mitglied der westlichen Gemeinschaft die Rechte und Pflichten bei der Beschlußfassung in den großen Gremien und der Durchführung dieser Beschlüsse wie die anderen Staaten zu übernehmen.
Das im ersten Artikel des neuformulierten Deutschland-Vertrages ohne Einschränkung und ohne jede Verklausulierung ausgesprochene Anerkenntnis der Souveränität der Bundesrepublik ist zugleich der Leitfaden für die Umgestaltung des Vertragstextes von 1952 gewesen. Beseitigt oder geändert worden sind solche Bestimmungen, die geeignet waren, Zweifel an der Souveränität der Bundesrepublik zu erwecken, nämlich Bestimmungen über:
das Recht der Drei Mächte, nach eigenem Ermessen Streitkräfte in der Bundesrepublik zu stationieren;
das Recht der Drei Mächte, einen Notstand zu erklären und Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Ordnung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen und die Sicherheit der Streitkräfte zu gewährleisten;
die Befugnisse des vorgesehenen Schiedsgerichts, Maßnahmen auf den Gebieten der Rechtsetzung, Rechtsprechung und Verwaltung innerhalb der Bundesrepublik zu treffen;
ferner eine Reihe von Einzelbestimmungen in dem sogenannten Überleitungsvertrag.
Auf dem gleichen Grundgedanken beruht auch die jetzt vorgesehene Befristung des Truppenvertrages und des Finanzvertrages bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Abmachungen über den deutschen Verteidigungsbeitrag. Auf diesen Gebieten werden ganz neue Verträge ausgehandelt werden.
Der neue Truppenvertrag soll dem Modell des NATO-Truppenstatuts folgen. Wir werden dafür
Sorge tragen, daß die Kosten des deutschen Verteidigungsbeitrags so niedrig wie nur möglich gehalten werden.
Sie dürfen unter keinen Umständen eine Höhe erreichen, die uns daran hindern würde, die sozialen Verpflichtungen, die der Staat gegenüber der Gemeinschaft hat, in befriedigendem Umfang zu erfüllen.
— Ich dachte, da hätten Sie zugestimmt, meine Herren?!
Einige Vertragsbestimmungen, die neu formuliert worden sind, bedürfen der Erläuterung, sei es, um Mißverständnissen zu begegnen, sei es, um ihre Bedeutung in das rechte Licht zu rücken.
Die sogenannte „Notstandsklausel" des Vertragstextes von 1952 ist schon damals mißverstanden oder mißdeutet worden. Diese Klausel ist aus dem neuen Vertrag entfernt worden. Die drei Westmächte haben bei der Streichung dieser Klausel ausdrücklich ihr Vertrauen in die innere Stabilität der Bundesrepublik zum Ausdruck gebracht. Sie haben die Aufgabe, Störungen der freiheitlichdemokratischen Grundordnung abzuwenden, ausschließlich den deutschen Behörden überlassen. Deutsche Behörden sollen auch die Verantwortung für den Schutz der Sicherheit der fremden Streitkräfte übernehmen. Ob die gegenwärtig bestehende Rechtslage den deutschen Behörden erlaubt, dieser Verantwortung in allen Gefahrensituationen wirksam nachzukommen, wird allerdings von den drei Regierungen — mit Recht, wie ich hinzufüge — bezweifelt. Sie geben daher ihre Rechte zum Schutz der Sicherheit der Streitkräfte erst in dem Augenblick auf, in dem „die zuständigen deutschen Behörden entsprechende Vollmachten durch die deutsche Gesetzgebung erhalten haben und dadurch in Stand gesetzt sind, wirksame Maßnahmen zum Schutze der Sicherheit der Streitkräfte zu treffen, einschließlich der Fähigkeit, einer ernstlichen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu begegnen". Bis dahin werden diese Rechte jedoch nur nach Konsultation mit der Bundesregierung ausgeübt werden, soweit die militärische Lage eine solche Konsultation nicht ausschließt, und mit der Zustimmung der Bundesregierung, daß die Umstände die Ausübung derartiger Rechte erfordern.
Um allen Mißverständnissen zu begegnen, stellt die Bundesregierung ausdrücklich fest, daß sie nicht die Einführung einer fast unbeschränkten Gewalt nach dem Muster des Art. 48 der Weimarer Verfassung beabsichtigt. Was wir wollen, geht nicht über das hinaus, was auch andere NATO-Staaten in vergleichbarer strategischer Lage zum Schutze ihrer Sicherheit und der Sicherheit ihrer Streitkräfte gesetzlich vorsehen.
Es handelt sich demgemäß in erster Linie um Vollmachten für den Fall einer Bedrohung der Bundesrepublik von außen oder eines Angriffs auf die Bundesrepublik. Jeder demokratische Staat, der
sich in gefährdeter Lage befindet und der entschlossen ist, seine Freiheit zu verteidigen, muß sich die gesetzlichen Grundlagen schaffen, um in einer solchen Gefahrensituation voll handlungsfähig zu sein.
Ebenso wie die Beseitigung des Notstandsrechts der Drei Mächte bedeutet auch die Neuregelung des Rechtes der Drei Mächte zur Stationierung von Streitkräften in der Bundesrepublik einen großen Fortschritt über das 1952 Erreichte hinaus. Dieser Fortschritt kommt auch äußerlich sichtbar in dem Abschluß eines neuen Vertrages zum Ausdruck, den das Vertragswerk von 1952 nicht gekannt hatte: in dem „Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland". Während der Truppenvertrag die Rechtsstellung der fremden Streitkräfte regelt, bildet dieser Vertrag die Rechtsgrundlage für ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik. Es kommt darin zum Ausdruck, daß sich — den Beziehungen zwischen souveränen Staaten entsprechend — die Anwesenheit der fremden Streitkräfte vom Augenblick des Inkrafttretens der Abmachungen über den deutschen Verteidigungsbeitrag an im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und den Drei Mächten auf das vertragliche Einverständnis der Bundesrepublik gründet. Die amerikanischen, die britischen, die französischen Divisionen werden auf unserem Boden stehen, weil wir sie brauchen und weil wir ihre Anwesenheit wünschen. Ihre Zahl kann nur mit unserem Einverständnis erhöht werden.
Es liegt in unserem eigenen Interesse, daß diese Regelung nicht die aus den Vereinbarungen von 1945 entspringenden Rechte der drei Westalliierten gegenüber der Sowjetunion beeinträchtigt. Aus diesem Grunde bestimmt Art. 4 Abs. 2 des neuen Deutschland-Vertrages, daß die 1945 für ganz Deutschland begründeten Stationierungsrechte insoweit nicht berührt werden, als ihr Bestehen für die Ausübung der alliierten Rechte in bezug auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes unentbehrlich ist. Dieser Klausel mußte zugestimmt werden, wenn nicht die Sicherheit Berlins oder die Mitverantwortung der Drei Mächte für die Wiedervereinigung und den Friedensvertrag gefährdet werden sollte.
Auch jenseits der mit dem Souveränitätsprinzip zusammenhängenden Fragen sind einige wichtige Verbesserungen des Vertrages erzielt worden. Dazu gehören insbesondere die Streichung der in ihrer Bedeutung und Tragweite viel umstrittenen sogenannten Bindungsklausel in Art. 7 Abs. 3 des alten Vertragstextes und die Änderung der Revisionsbestimmungen in Art. 10.
In beiden Fällen handelt es sich um Änderungen, die von deutscher Seite vorgeschlagen wurden in dem Bestreben, mögliche Hindernisse für eine Politik der Wiedervereinigung Deutschlands aus dem Wege zu räumen. Art. 7 Abs. 3 hätte ein solches Hindernis bilden können, weil er zu widerspruchsvollen Auslegungen geführt hatte. Art. 10 in seiner alten Fassung hätte sich im Falle der bevorstehenden Wiedervereinigung als zu eng erweisen können. In beiden Fällen liegt die erzielte Verbesserung des Vertragstextes deutlich zutage, auch wenn manche erbitterten Gegner des Art. 7 Abs. 3 heute plötzlich seine Streichung beklagen und andere,
denen die Revisionsbestimmungen des Art. 10 nicht
weit genug gingen, heute plötzlich der Erweiterung dieser Bestimmungen mit Argwohn begegnen.
Die Bundesregierung verschweigt nicht, daß ihre Bemühungen um eine Neugestaltung und Verbesserung des Vertragswerkes von 1952 nicht auf allen Gebieten erfolgreich waren. Besonders auf dem Gebiete des „ Überleitungsvertrages" bleiben unseres Erachtens berechtigte Wünsche und Anliegen unerfüllt. Eine Versteifung auf diese Fragen hätte jedoch den Gesamterfolg der Konferenzen von London und Paris in Frage gestellt. Jede internationale Verständigung, meine Damen und Herren, erfordert Opfer von seiten aller Beteiligten.
Bei vernünftiger Abwägung wird jeder Deutsche erkennen, daß die erzielten Erfolge die Opfer rechtfertigen. Wenn die Bundesrepublik mehr als zwei Jahre auf das Inkrafttreten der Bonner Verträge warten mußte, so hat diese Zeit des Wartens doch in der Gestalt einer wesentlichen Verbesserung ihre Früchte getragen.
Ich komme jetzt zu den Verträgen über den Beitritt der Bundesrepublik zum Brüsseler Pakt und zur NATO. Der Brüsseler Pakt hat — im Gegensatz zu den vielfachen Kommentaren und Äußerungen — in erster Linie eine politische Bedeutung und Zielsetzung, während die Aufgaben der NATO gegenwärtig noch vorwiegend militärischer Natur sind.
Der Brüsseler Pakt in seiner ursprünglichen Form stellt einen frühen Versuch eines Zusammenschlusses europäischer Staaten zur Verwirklichung gemeinsamer politischer, wirtschaftlicher, kultureller und militärischer Ziele dar. Im Zeitpunkt seiner Entstehung — im Jahre 1948 — schloß er nicht nur nicht Deutschland ein, sondern er sollte der Wiederholung einer deutschen Angriffspolitik vorbeugen.
Die europäische Zielsetzung des alten Brüsseler Paktes ist dann zeitweise in den Hintergrund getreten. Inzwischen rückten die OEEC, der Europarat, die Montan-Union, die Europäische Verteidigungsgemeinschaft und die Politische Gemeinschaft in den Mittelpunkt des Interesses. Die EVG und damit zunächst auch die Politische Gemeinschaft sind u. a. deshalb nicht zustande gekommen, weil sich starke Widerstände gegen ihre supranationale Struktur erhoben. Aber, meine Damen und Herren, dieser Methodenstreit konnte nicht dazu führen, daß der europäische Gedanke überhaupt erlosch.
Wir werden niemals das Streben nach der Einheit Europas aufgeben. Wir müssen für die Einheit Europas eintreten, und sei es nur aus Gründen der Selbsterhaltung.
Unser Ziel war und ist die politische, die umfassende Gemeinschaft der europäischen Völker.
Ihre innere Struktur soll geschmeidig, kann wandlungsfähig sein, um sich den jeweilig vorherrschenden geistigen Konzeptionen vom Leben der Staaten anpassen zu können. In dieser Auffassung, die ich eben gekennzeichnet habe, liegen die Motive dafür, daß wir ohne Zaudern für die Erweiterung des Brüsseler Paktes eingetreten sind.
Wir haben damit nach den Worten von Außenminister Eden einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der europäischen Einigung erreicht.
Die Pläne für die Einheit Europas gehen bis in das 18. Jahrhundert zurück. Die besten europäischen Denker haben in Voraussicht der Notwendigkeit des Zusammenschlusses die Möglichkeiten einer Lösung gemäß dem geistigen Klima ihrer Zeit erörtert. Die beiden Weltkriege, die Europa bis hart an den Rand der Vernichtung geführt haben, ließen dann konkrete Pläne entstehen, um endlich mit den europäischen „Bürgerkriegen" Schluß zu machen.
Seit 1948 sind wir in die Phase der Verwirklichung eingetreten, und wir sind fest entschlossen, alles daran zu setzen, daß sie vollendet wird.
Europa wird ständig unterminiert durch die von Moskau ferngesteuerten kommunistischen Parteien
und mehr noch durch die Unzahl der kommunistischen Tarnorganisationen, die unter jedem erdenklichen Vorwand versuchen, kommunistisches Ideengut in alle Schichten der Bevölkerung zu tragen.
Gegen dieses Gift machten nur die Erkenntnis der Gefahr, die Erkenntnis des Wesens des Kommunismus, eine gute, soziale Ordnung, ein hoher Lebensstandard
und, meine Damen und Herren, die persönliche Freiheit immun.
Wir können in Europa diese Arbeit mit Aussicht auf Erfolg nur gemeinsam leisten.
Wir müssen auch unsere Verteidigung gemeinsam organisieren. Ein einzelner europäischer. Staat, der versuchen würde, auf sich allein gestellt einen ausreichenden • militärischen Schutz aufzubauen, müßte derartig hohe finanzielle Aufwendungen machen, daß sein soziales Gefüge ins Wanken geraten und er auf kaltem Wege eine Beute des Kommunismus werden würde, vor dem er sich gerade schützen wollte.
Die Westeuropäische Union, wie die offizielle Bezeichnung des Brüsseler Paktes nunmehr lautet, wird neben Belgien, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg und den Niederlanden auch Deutschland und Italien einschließen. Sie wird den Ausgangspunkt und den festen Kern der künftigen europäischen Politik bilden. Gerade um einen solchen Kern zu schaffen, hat man sich in London und Paris nicht damit begnügt, die Bundesrepublik in den Nordatlantikpakt aufzunehmen und die europäische Verteidigung ausschließlich im Rahmen der NATO zu organisieren. Vielmehr hat man, wie es in der Londoner Schlußakte heißt, um „einen wirksameren Kern der europäischen Integration" zu schaffen, den Brüsseler Vertrag zur Westeuropäischen Union ausgebaut.
Zu diesem Zweck ist die Zielsetzung des Brüsseler Vertrages verändert und erweitert worden. Die gegen Deutschland gerichteten Formulierungen sind weggefallen; statt dessen ist in der Präambel und in Art. VIII als wesentliches Ziel aufgestellt, „die Einheit Europas zu fördern und seiner fortschreitenden Integrierung Auftrieb zu geben."
Gleichzeitig sind die organisatorischen Umgestaltungen vorgenommen worden, die zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sind. Der Konsultativrat des früheren Brüsseler Paktes ist zu einem Rat mit wesentlichen Entscheidungsbefugnissen umgestaltet worden. In ihm gilt nicht mehr wie bisher allein der Grundsatz der Einstimmigkeit, sondern es sind jetzt dort auch andere Abstimmungsverfahren möglich und zum Teil schon vorgesehen.
Vor allem hat der Rat eine umfassende Organisationsgewalt, kraft deren er alle nachgeordneten Organisationen und Körperschaften schaffen kann, die ihm nötig erscheinen. Um die Bedeutung gerade dieser Bestimmung zu ermessen, braucht nur auf die NATO verwiesen zu werden, deren allgemeine Befugnisse erheblich eingeschränkter waren und die trotzdem kraft der Organisationsgewalt des Rates das gegenwärtige integrierte militärische System geschaffen hat. Ferner ist in der Westeuropäischen Union der Gedanke der demokratischen Kontrolle eingeführt und eine besondere parlamentarische Versammlung geschaffen worden, an welche der Rat zu berichten hat.
Manche Einzelheiten werden noch auszugestalten sein; doch steht schon jetzt fest, daß es sich um eine selbständige parlamentarische Versammlung handelt, welcher die zum Wesen solcher Versammlungen gehörenden Rechte zukommen, insbesondere also das Recht der eigenen Geschäftsordnung, des eigenen Budgets, der Ausschußbildung, der Interpellation und dergleichen. Schließlich ist eine Gerichtsbarkeit der Union vorgesehen. Die Möglichkeit ist bereits in Art. X des Vertrages selbst begründet. Baldige Besprechungen über ihre Ausgestaltung sind vereinbart. So sind schon jetzt sehr bedeutsame Ansatzpunkte der weiteren Entwicklung geschaffen. Sache der gemeinsamen weiteren Politik der Regierungen wird es sein, sie auszubauen und ständig weiterzuentwickeln. Die Beratende Versammlung des Europarates faßte am 11. Dezember mit großer Mehrheit eine Resolution, in der sie den Abschluß der Pariser Verträge begrüßte. Dieses Votum der großen Versammlung europäischer Parlamentarier ist uns eine Ermutigung und ein Ansporn, im Rahmen der neuen Gemeinschaft uns weiterhin mit allen unseren Kräften für die Einheit Europas einzusetzen.
Die neuen Lösungen der Verteidigungsfrage, die in London und Paris gefunden worden sind, verwirklichen auf neuen Wegen die Grundgedanken, die auch dem EVG-Vertrag zugrunde lagen: Sie errichten ein wirksames System der kollektiven Selbstverteidigung Westeuropas
gegen die Bedrohung aus dem Osten. Sie verknüpfen dieses System auf das engste mit der
schon bestehenden Verteidigungsorganisation des Nordatlantikpaktes. Sie gewährleisten die innere Befriedung Europas und machen kriegerische Konflikte der Mitgliedstaaten untereinander unmöglich. Sie fördern den weiteren Zusammenschluß Europas.
Das Mittel zur Verwirklichung dieser Ziele ist die Schaffung einer zweigliedrigen Verteidigungsorganisation, die aus der Umgestaltung und Erweiterung der beiden bestehenden Vertragssysteme — des Brüsseler Paktes und des Nordatlantikpaktes — hervorgehen soll.
Schon seit Jahren ist der Nordatlantikpakt das Kernstück der Verteidigungsorganisation der freien Welt. Die praktische Aufbauarbeit, die in dieser Organisation in hervorragendem Zusammenwirken aller Beteiligten vollbracht worden ist, stellt eine Organisationsleistung ersten Ranges dar, die durch keine andere Form der Zusammenarbeit ersetzt werden kann. Aus diesem Grund hatte schon der EVG-Vertrag eine enge Anlehnung und Verbindung mit dem NATO-System vorgesehen. Der Bundesrepublik waren zwar im EVG-Vertrag auf mittelbarem Wege die unerläßlichen Mitbestimmungsrechte in den obersten Führungsgremien eingeräumt worden, die mit Wirkung für NATO und EVG Entscheidungen zu treffen hatten. Indessen konnte man sich damals nicht entschließen, die Bundesrepublik auch formell als völlig gleichberechtigtes Mitglied in die NATO aufzunehmen. In London und Paris hat man diese früheren Bedenken fallen lassen und hat die allein logische Schlußfolgerung gezogen, die sich aus der Einbeziehung der Bundesrepublik in die westlichen Verteidigungsbemühungen ergab. Damit wurde ein entscheidend wichtiger Schritt auf dem Wege der Wiedereingliederung Deutschlands in die Gemeinschaft der freien Völker getan. Wir erkennen mit Dankbarkeit an, daß sämtliche Regierungen der Staaten des Nordatlantikpaktes diese notwendige Folgerung vorbehaltlos gezogen haben.
Der Nordatlantikpakt umfaßte bisher 14 Mitgliedstaaten: Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal, die Vereinigten Staaten, Griechenland und die Türkei. Die Bundesrepublik wird nach ihrem Beitritt der 15. Mitgliedstaat sein. Mit ihrem Beitritt erwächst ihr das Recht und die Pflicht zum Beistand gegenüber den übrigen Mitgliedern, wie dies indirekt auch schon im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft durch ein Zusatzprotokoll über die Verknüpfung von EVG und NATO vorgesehen gewesen war. Diese Beistandsverpflichtung beläßt ihr wie jedem anderen Mitgliedstaat der NATO das Recht, selbst darüber zu entscheiden, welche Maßnahmen sie für notwendig hält, um die Sicherheit im Vertragsgebiet wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten.
Gleichzeitig ist auch die militärische Organisation der NATO verbessert worden. Die Befugnisse des europäischen Oberbefehlshabers der NATO werden verstärkt, die Integration der Verbände, insbesondere auf dem Gebiete des Nachschub- und Versorgungswesens, weiter entwickelt. Man darf hoffen, daß durch diese Maßnahmen die Schlagkraft dieser Verteidigungsorganisation wesentlich erhöht werden wird.
Aber, meine Damen und Herren, der Beitritt der Bundesrepublik zum Nordatlantikpakt ist zugleich
mit wichtigen politischen Konsequenzen verknüpft. Sämtliche Mitgliedstaaten haben sich die von den drei Westmächten abgegebene Erklärung zu eigen gemacht, in der die Bundesregierung als einzige frei und rechtmäßig gebildete deutsche Regierung anerkannt wird, die berechtigt ist, für Deutschland als Vertreterin des deutschen Volkes in internationalen Angelegenheiten zu sprechen.
In dieser Erklärung wird die Schaffung eines völlig freien und vereinigten Deutschlands als ein grundlegendes Ziel ihrer Politik proklamiert.
Die Bundesregierung erkennt dies mit besonderem Dank an. Sie weiß, was es bedeutet, daß sich nunmehr die wichtigste Staatengruppe der freien Welt das grundlegende Ziel der deutschen Politik zu eigen gemacht hat.
Alle sieben Mitgliedstaaten des Brüsseler Paktes sind zugleich Mitglieder des Nordatlantikpaktes. Sie sind jedoch noch enger miteinander verbunden, als dies bei den übrigen Mitgliedstaaten des Nordatlantikpaktes der Fall ist. Sie sind eine verstärkte automatische Beistandsverpflichtung untereinander eingegangen. Sie haben sich zu einem besonderen System der Rüstungskontrolle verpflichtet. Sie fühlen sich berufen, die Politik des europäischen Zusammenschlusses fortzuführen. Der Nordatlantikpakt kennt keine automatische Beistandsverpflichtung, weil dieses System mit dem amerikanisehen Verfassungsrecht nicht vereinbar ist. Demgegenüber hatte der EVG-Vertrag eine automatische Beistandsleistung vorgesehen. Großbritannien hatte sich bereits damals in einem Zusatzvertrag zur EVG diesen automatischen Beistandsverpflichtungen angeschlossen. Es braucht nicht näher ausgeführt zu werden, welche Bedeutung gerade wir Deutsche einer solchen Beistandspflicht beimessen müssen. Es ist von größter Bedeutung, daß auch im Rahmen des neuen Verteidigungssystems die Beistandsklausel des Nordatlantikpaktes im Verhältnis der Mitgliedstaaten der Westeuropäischen Union zueinander noch durch besondere automatische Beistandsverpflichtungen ergänzt wird. Ihre praktische Bedeutung wird dadurch unterstrichen, daß sich Großbritannien nunmehr verpflichtet hat, vier Divisionen und die Taktische Luftflotte dauernd auf dem Festland zu stationieren, es sei denn, daß es durch den Rat der Westeuropäischen Union in einem Mehrheitsbeschluß von dieser Verpflichtung entbunden würde. Ich möchte mit besonderem Nachdruck in diesem Hause feststellen, daß diese grundlegende Entscheidung Großbritanniens eine der Hauptursachen des Erfolges der Londoner Konferenz war.
Großbritannien hat damit zu unser aller Genugtuung eine Jahrhunderte zurückreichende Tradition aufgegeben und sein Schicksal aufs engste mit dem des europäischen Kontinents verbunden. Es ist das historische Verdienst Sir Winston Churchill's und Sir Anthony Eden's, diese bedeutsame Entscheidung in der schicksalsschweren Epoche Europas getroffen zu haben.
Die Westeuropäische Union ist noch unter einem anderen Gesichtspunkt von großer Bedeutung. Sie setzt eine Beschränkung der Truppenstärke und der Rüstung fest. Die Festsetzung der Truppenstärke ist auf die Festlegung einer allgemeinen Höchstgrenze ohne Aufgliederung im einzelnen beschränkt. Eine Lizenzierung der Rüstungsproduktion ist nicht vorgesehen. Die Kontrollen erstrecken sich grundsätzlich nur darauf, ob die erzielten Bestände mit gewissen gemeldeten oder genehmigten Bestandsziffern übereinstimmen. Sie umfassen nicht mehr alle Waffen, sondern nur bestimmte Waffenarten. Die Kontrollen werden von einem Amt für Rüstungskontrolle ausgeübt, das dem Rat der Westeuropäischen Union unterstellt ist. Aus freiem Entschluß haben wir darauf verzichtet, gewisse massenvernichtende Waffen bei uns herzustellen. Es ist bekannt, daß auch dieser Entschluß eine wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen der Londoner Einigung gewesen ist.
Ich möchte die Behandlung dieser Fragen nicht abschließen, ohne das besondere Verdienst der Vereinigten Staaten von Amerika, insbesondere von Präsident Eisenhower und Außenminister Dulles, daran hervorzuheben, daß der europäische Gedanke auch in den neuen Verträgen wirksam ist.
Die Anteilnahme des amerikanischen Volkes an den Geschehnissen in Europa, die für die Aufrechterhaltung des Friedens in Europa und die Sicherheit der europäischen Völker unerläßlich ist, erstreckt sich in hohem Maße auch auf die Fortentwicklung der europäischen Integration. Die Amerikaner sehen gleich uns die Notwendigkeit der europäischen Zusammenarbeit und werden darin von den aus ihrer eigenen Geschichte gewonnenen Erfahrungen bestärkt. Dem amerikanischen Volk und seiner Regierung ist als der ersten Weltmacht eine hohe Verantwortung zugefallen. Wir müssen den leitenden amerikanischen Staatsmännern und Politikern dankbar dafür sein, daß sie bereit sind, diese Verantwortung im Hinblick auf Europa auf sich zu nehmen. Gerade die Überwindung der nach dem Scheitern der EVG ausgebrochenen Krise hat gezeigt, in wie hohem Maße Europa auf die Hilfe und das Verständnis der Vereinigten Staaten angewiesen ist.
Lassen Sie mich nunmehr, meine Damen und Herren, über unser Verhältnis zu Frankreich sprechen. Ich habe immer eines der wichtigsten Ziele unserer Außenpolitik darin gesehen, für die Dauer zu einem Verhältnis der guten Nachbarschaft mit Frankreich zu gelangen. An diesem Ziel muß trotz aller Schwierigkeiten, Rückschläge und Enttäuschungen festgehalten werden;
es verdient unablässige Mühe und rechtfertigt auch Opfer, weil ohne eine solche Gestaltung des deutsch-französischen Verhältnisses ein dauerndes Gedeihen Europas undenkbar ist, weil sonst der Westen nicht die Geschlossenheit erreichen kann, die er für seine Verhandlungen mit dem Osten dringend benötigt.
Von dieser Überzeugung haben Ministerpräsident Mendès-France und ich uns leiten lassen, als wir am 19. Oktober dieses Jahres in La Celle Cloud
die Gesamtheit der die deutsch-französischen Beziehungen betreffenden Fragen erörterten. In diesen Gesprächen haben sich die beiden Regierungen über die Behandlung politischer, wirtschaftlicher und kultureller Probleme geeinigt.
Auf politischem Gebiet eröffnen die. Westeuropäische Union, der Deutschlandvertrag und nicht zuletzt die Abmachungen über den deutschen Beitritt zur NATO, wie wir gesehen haben, Möglichkeiten auch für eine engere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich.
Auf wirtschaftlichem Gebiet haben der französische Ministerpräsident und ich eine neue Initiative ergriffen. Wenn man sagen kann, daß die beiden Völker sich in den letzten Jahren einander schneller genähert haben als nach dem ersten Weltkrieg, so gilt dies von der Wirtschaft in augenfälliger Weise. Der Gesamtumsatz des deutschfranzösischen Warenverkehrs wird sich in diesem Jahr der Vier-Milliarden-DM-Grenze nähern. Frankreich nebst den von ihm abhängigen Gebieten gehört zur Spitzengruppe unserer Außenhandelspartner, und wir, meine Damen und Herren, sind umgekehrt Frankreichs Außenhandelspartner Nr. 1 geworden.
So erfreulich die bisherige Entwicklung ist, so müssen wir alle erkennen, daß der gegenwärtige Zustand an einigen Mängeln krankt und die Möglichkeiten wirtschaftlicher Zusammenarbeit noch keineswegs ausgeschöpft sind. Wir brauchen handelspolitische Vereinbarungen, die auf wesentlich längere Fristen abgestellt sind als die bisherigen, um den am deutsch-französischen Wirtschaftsverkehr beteiligten Kreisen die Möglichkeiten langfristigen Disponierens zu geben, und müssen bei der Bemessung unseres Austauschvolumens marktwirtschaftlichen Überlegungen mehr noch als bisher den Vorrang vor anderen geben.
Die deutsch-französischen Abreden, wie sie auf wirtschaftlichem Gebiet in Paris getroffen wurden, bedeuten nicht Abschließung gegen andere. Sie sollen vielmehr zu einer allgemeinen Stärkung des wirtschaftlichen Austausches unter den europäischen Völkern beitragen. Auf dem Gebiet von Kohle und Stahl ist bereits die Grundlage für enge Zusammenarbeit gelegt. Der gemeinsame Markt für diese beiden entscheidenden Grundstoffe ist eine wirksame Sicherung gegen Rückfälle in die Konflikte der Vergangenheit.. Wir legen großen Wert darauf, daß diese bestehende Gemeinschaft weiter ausgebaut wird, und begrüßen es, daß die Assoziationsverhandlungen mit Großbritannien erfolgreich zu Ende geführt werden konnten.
Auf kulturellem Gebiet sind ebenfalls große Möglichkeiten gegeben, für eine gute deutschfranzösische Nachbarschaft zu wirken. Hierbei spielt der Austausch unserer jungen Menschen aller Schichten eine große, eine entscheidende Rolle. Nur wenn sich Deutsche und Franzosen kennenlernen, miteinander leben und arbeiten, nur dann wird es möglich sein, das überkommene Mißtrauen zu überwinden, das in der Vergangenheit immer wieder die furchtbarsten kriegerischen Konflikte verursacht hat.
Wenn wir die deutsch-französischen Beziehungen wirklich neu, wenn wir sie nachbarschaftlich gestalten wollen, war es unerläßlich, auch in der Saarfrage einen Weg nach vorwärts zu finden. Seit dem Bestehen der Bundesrepublik hat die Saarfrage wie ein Alp auf den deutsch-französischen Beziehungen gelastet. Die Gründe hierfür sind Ihnen, meine Damen und Herren, aus vielen Debatten, die hier stattgefunden haben, wohlbekannt.
In Paris ist versucht worden, eine sowohl für Deutschland wie für Frankreich annehmbare Lösung dieses sehr schwierigen Problems zu finden. Das Ergebnis dieser Versuche konnte nur ein Kompromiß sein, der für beide Seiten Vor- und Nachteile in sich birgt. Die Einzelheiten des Saarabkommens werden Gegenstand eingehender Prüfung in den Ausschüssen sein. Hier will ich nur die folgenden Ausführungen machen:
Das Abkommen garantiert die Gewährung und die Aufrechterhaltung der politischen Freiheitsrechte an der Saar.
— Also, meine Damen und Herren, erst müssen Sie es doch mal genehmigen.
Die Saarbevölkerung wird sich zunächst in einem Plebiszit für die Annahme oder die Ablehnung des Statuts entscheiden können. Die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands erfolgt durch einen Friedensvertrag, der damit auch über das endgültige Schicksal der Saar entscheidet. Nach Artikel IX des Saarabkommens — ich zitiere wörtlich —
unterliegen die Bestimmungen im Friedensvertrag über die Saar im Wege einer Volksabstimmung der Billigung durch die Saarbevölkerung, die sich hierbei ohne irgendwelche Beschränkungen aussprechen kann.
die sich hierbei ohne irgendwelche Beschränkungen aussprechen kann.
In der Zwischenzeit herrschen an der Saar die politischen Freiheitsrechte.
Daran ändert nichts die Bestimmung des Artikels VI, Absatz 2, der es untersagt, vor dem Friedensvertrag das Statut, also die Regelung, die bis zum Friedensvertrag gilt, in Frage zu stellen. Diese Bestimmung soll insoweit Ruhe an der Saar herstellen,
als nicht der Versuch unternommen werden darf, schon vor dem Friedensvertrag zu einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse an der Saar zu gelangen.
In diesem Zusammenhang steht auch die Bestimmung des Artikels VI, Absatz 3, wonach jede von außen kommende Einmischung, die zum Ziele hat, auf die öffentliche Meinung an der Saar einzu-
wirken, insbesondere in Form der Beihilfe oder der Unterstützung für politische Parteien, für Vereinigungen oder die Presse, untersagt wird. Die Bundesrepublik und Frankreich verpflichten sich durch diese Bestimmung, nicht einzugreifen.
Es soll vielmehr der Saarbevölkerung und den verschiedenen politischen Strömungen an der Saar überlassen bleiben,
in voller Freiheit den der Saar angemessenen Weg in die Zukunft selbst zu finden.
Das Statut ist in den Rahmen der Westeuropäischen Union gestellt. Der Rat der Westeuropäischen Union ernennt einen Saarkommissar, der ihm gegenüber verantwortlich ist. Dem Kommissar obliegt die Vertretung der Saarinteressen auf dem Gebiet der auswärtigen Angelegenheiten und der Verteidigung. Der Kommissar hat ferner die Innehaltung des Statuts zu überwachen. Damit ist ihm gleichzeitig die Verantwortung dafür übertragen, daß die politischen Freiheitsrechte in der Praxis auch wirklich gewährt werden.
Durch die Verknüpfung mit der Westeuropäischen Union und die besonderen in dem Abkommen vorgesehenen Garantien ruht das Statut auf europäischer Grundlage. Ein europäisches Territorium im Sinne des Naters-Planes wird nicht geschaffen. Das Abkommen schafft keine neue gebietliche Zugehörigkeit der Saar.
Diese Frage ist vielmehr einem Friedensvertrag vorbehalten.
Soweit nicht Befugnisse an der Saar dem Kommissar ausdrücklich übertragen sind, sind sie gemäß Art. V des Abkommens in die Hand saarländischer Organe gelegt.
Die Saar erhält also weitgehende innere Autonomie.
Ich sagte schon, daß das in dem Abkommen enthaltene Statut nur bis zu einem Friedensvertrag gilt. Über den Inhalt der Saarbestimmungen des Friedensvertrages sind keinerlei Vereinbarungen getroffen. Frankreich und Deutschland bzw. Gesamtdeutschland haben ebenso wie die übrigen Teilnehmerstaaten bei den Friedensverhandlungen freie Hand, welchen Vorschlag für die endgültige Regelung sie der Saarbevölkerung zur Billigung unterbreiten' wollen.
Über die wirtschaftlichen Bestimmungen des Saarabkommens möchte ich folgendes sagen. Die Einseitigkeit des bisherigen wirtschaftlichen Status der Saar hat dazu geführt, daß vom Handel der Saar mit anderen Ländern etwa 60 % auf Frankreich und nur 20 % auf die Bundesrepublik entfallen. Vor dem Kriege war es umgekehrt. In der Völkerbundszeit verteilte sich dieser Handel etwa gleichmäßig auf Frankreich und das übrige Deutschland. Man sieht also, daß die gegenwärtige Einseitigkeit keineswegs eine Naturgegebenheit ist, daß die Saar vielmehr bedeutende Möglichkeiten in beiden Richtungen besitzt und sie als Grenzland nur gedeihen kann, wenn ihr die Möglichkeit freiester Entwicklung nach allen Seiten gegeben wird. Das neue Abkommen trägt diesem Interesse der Saar Rechnung.
Die neue Regelung sieht vor, daß sich Frankreich aus der Verwaltung der Saargruben einschließlich der Warndt-Vorkommen schrittweise zurückziehen wird, daß die Sequestermaßnahmen, die namentlich auf der eisenschaffenden Industrie der Saar als ein Hemmnis weiterer Entwicklung lasten, noch vor dem saarländischen Referendum aufgehoben werden und daß deutsche Banken und Versicherungen ihre Zulassung an der Saar beantragen und im Sinne der Zielsetzung des Saarvertrages mit einer positiven Stellungnahme zu ihren Anträgen rechnen können.
Sämtliche wirtschaftlichen Vereinbarungen stehen unter dem Leitsatz, daß die beiden Regierungen gemeinsam alles in ihren Kräften Stehende tun werden, um der Saarwirtschaft Entwicklungsmöglichkeiten in weitestem Umfang zu geben. Ich komme damit zurück auf das, was ich zu Beginn meiner Ausführungen über unsere Beziehungen zu Frankreich sagte, daß die Saarregelung ein Teilgebiet des weiten Feldes der deutsch-französischen Zusammenarbeit darstellt.
Ich schließe mich den Worten des Herrn französischen Ministerpräsidenten an, der auf dem letzten Parteitag seiner Partei in Marseille am 18. Oktober erklärte, daß ihm die Saar als ein besonders geeignetes Gebiet dieser Zusammenarbeit erscheine.
Die Vielfältigkeit des Problems der französischsaarländischen Wirtschaftsbeziehungen einerseits und der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Saar und Bundesrepublik andererseits hat es unmöglich gemacht, die Gesamtheit der hierbei zu regelnden Fragen bereits im Abkommen über das Statut der Saar zu klären. Es konnten nur die Grundlagen kommender wirtschaftlicher Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik, Frankreich und der Saar gelegt werden. Es liegt in der Natur solcher Grundlagen, daß sie manches offenlassen müssen. Es scheint mir daher wichtig zu sein, daß auch diese Verhandlungen eingebettet sein werden in das große Werk der deutsch-französischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit und von dem in Art. XI ausgedrückten gemeinsamen Wunsch bestimmt sein werden, den wirtschaftlichen Status der Saar auf die Interessen der Saar selbst auszurichten.
Das Abkommen, dessen Inhalt ich Ihnen vorgetragen habe, legt nur die Grundlagen der Regelung, die bis zu einem Friedensvertrag gelten soll, fest. Es bedarf noch in der verschiedensten Richtung der Ausfüllung und der Ergänzung. Vordringlich werden insbesondere Vereinbarungen sein, die die Stellung des europäischen Kommissars genauer umschreiben, die bestimmen, wie bei auftretenden Streitigkeiten verfahren werden soll, und die die Modalitäten und die Garantien bei der Volksabstimmung festlegen.
Meine Damen und Herren! Mit den vorstehenden Ausführungen habe ich gleichzeitig im wesentlichen die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD erteilt. Das Saarabkommen stellt eine Vereinbarung über den Zustand an der Saar bis zum Friedensvertrag dar. Daher widerspricht dieses Abkommen nicht der Auffassung des Bundestags und der Bundesregierung, daß die Saar, vorbehaltlich der endgültigen Festlegung der Grenzen durch einen Friedensvertrag, zu Deutschland innerhalb der Grenzen von 1937 gehört.
Den Deutschen an der Saar werden die Bürger-und Menschenrechte gesichert.
Es kann nicht als eine Einschränkung angesehen werden, wenn sie verpflichtet werden, das Statut in seinem Bestand bis zum Friedensvertrag nicht in Frage zu stellen.
Hiermit möchte ich meine Ausführungen zum Saarabkommen schließen. Ich sagte anfangs schon, daß es einen Kompromiß darstellt. Als solcher bringt das Abkommen uns selbstverständlich nicht die Erfüllung all unserer Wünsche. Aber ich hoffe von ganzem Herzen, daß es wesentlich beiträgt zu der Erfüllung einer der Voraussetzungen für die Wiedervereinigung und den Frieden, nämlich zu einer echten und dauernden Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland.
Jedenfalls aber hält das Abkommen sich im Rahmen dessen, was die verschiedenen Parteien dieses Hohen Hauses bei der letzten außenpolitischen Debatte hier im Bundestag am 7. Oktober 1954 als ihre Zielsetzung in der Saarfrage verkündet haben.
— Ach, meine Damen und Herren, lesen Sie doch erst mal nach, was Sie gesagt haben!
— Meine Damen und Herren, ich habe es sehr genau gelesen, darauf können Sie sich verlassen!
— Es war so deutlich, was Sie gesagt haben, daß man es gar nicht zu interpretieren brauchte.
Ich habe, meine Damen und Herren, davon Kenntnis erhalten, daß die französische Regierung in diesen Tagen eine Begründung zum Saarabkommen an Mitglieder der Französischen Nationalversammlung herausgegeben hat, die in einigen bedeutsamen Punkten nicht nur vom Vertragstext abweicht,
sondern auch mit den allgemeinen Absichten und Zielen der beiden Vertragspartner nicht übereinstimmt.
— Ich weiß gar nicht, was Sie wollen! Ich meine, wenn ich mal so was sage, sollten Sie doch Bravo sagen!
— Ja, meine Damen und Herren, soll ich es denn nun nicht sagen, was ich gesagt habe? Mehr kann ich doch nun nicht tun. Ich habe es doch gesagt.
Meine Damen und Herren, diese offensichtlichen Meinungsverschiedenheiten — —
— Waren Sie dabei?
— Wir waren zusammen.
— Jawohl, und diese sieben Punkte sind mit einer einzigen Ausnahme sämtlich in diesem Abkommen enthalten!
— Bitte, ich habe diese Punkte da. Wir können in der Diskussion darauf zurückkommen.
— Da bin ich aber mal sehr neugierig drauf, wie Sie das machen werden!
Meine Damen und Herren, um diese offensichtlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der französischen Regierung und uns einer schnellen und wirksamen Klärung entgegenzuführen, scheint es mir angebracht, zunächst mit dem französischen Ministerpräsidenten Fühlung zu nehmen.
Für den Fall, daß diese Fühlungnahme nicht zu einer Übereinstimmung führt, werde ich dem französischen Ministerpräsidenten vorschlagen, die amerikanische und die britische Regierung zu bitten, in gemeinsamen Besprechungen mit der französischen Regierung und der Bundesregierung die Meinungsverschiedenheiten so zu bereinigen, daß sie einer Durchführung des Vertrags nicht im Wege stehen.
In diesen Besprechungen — —
— Passen Sie doch auf, Herr Schmid!
In diesen Besprechungen, meine Damen und Herren, würden auch zweckmäßigerweise die Funktionen des Saarkommissars, die Regelung des Plebiszits, das erforderliche schiedsgerichtliche Verfahren und die Sicherung der Freiheitsrechte der Bevölkerung erörtert werden.
Wenn ich, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang besonders von der amerikanischen und der britischen Regierung gesprochen habe, so deswegen, weil in dem Saarabkommen die Bestimmung enthalten ist, daß die amerikanische und die britische Regierung auf Wunsch von Frankreich und Deutschland die Garantie für das Saarabkommen übernehmen sollen.
Meine Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen einen Überblick über den Inhalt und die Bedeutung der in Paris unterzeichneten Verträge und Abkommen zu geben.
Der Deutsche Bundestag wird sich in den Ausschüssen und im Plenum noch im einzelnen mit den verschiedenen Abkommen beschäftigen. Ich halte es aber für notwendig, hier noch einmal abschließend den Blick auf das Ganze zu richten.
Ihnen allen ist die Entwicklung seit dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft noch in deutlicher Erinnerung. Die meisten von uns haben selbst planend und handelnd mitgewirkt, um aus dem Chaos den Weg zu einem demokratischen geordneten Staatswesen zu finden. Es ist gelungen, der Bevölkerung der Bundesrepublik eine sichere wirtschaftliche Existenz zu verschaffen. Trotz der riesigen Lasten, die der Krieg und seine Folgen dem Staat auferlegt haben, konnten wir sozial gesunde Verhältnisse herstellen,
konnten wir die wirtschaftlich Schwachen, die Opfer der Diktatur und des Krieges schützen.
— Ja, meine Damen und Herren, ich behaupte ja gar nicht, daß Sie dabei mitgewirkt haben.
— Nun, meine Damen und Herren — —
— Meine Damen und Herren, ich werde — —
— Meine Damen und Herren, ich werde — —
— Meine Damen und Herren, vielleicht kann man diese Zwischenrufe werten als eine Zustimmung zur sozialen Marktwirtschaft.