Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In der Begründung des Antrags Drucksache 845
bat die sozialdemokratische Fraktion, in diesem Jahr die Weihnachtsbeihilfe für Unterstützungsempfänger und Rentner, wie sie unser Antrag vorsieht, zu einem Anliegen ,des gesamten Bundestages zu machen. Mit allem Ernst haben wir gewünscht, uns in der Forderung, mehr als bisher zu tun, in den zuständigen Ausschüssen zu unterstützen.
Was ist nun aber tatsächlich aus unserem Antrag geworden? Herr Kollege Arndgen hat eben als Be-
richterstatter gebeten, sich der Mehrheit des Sozialpolitischen und des Haushaltsausschusses anzuschließen. Das bedeutet, genau wie im Vorjahr nur 25,— DM zu verrechnen. Unser Antrag soll als durch den Erlaß der zuständigen Minister des Innern, der Finanzen und für Arbeit an die Länder vom 2. September 1954 erledigt erklärt werden. Alle Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion bedauern diese Beschlüsse sehr. Unsere politischen Freunde haben dieser Regelung bereits im Ausschuß widersprochen.
Nun möchte auch ich Ihnen noch einmal sagen, worum es sich dabei handelt. Wir wollten mit unserem Antrag den sozial Schwächsten unseres Volkes helfen, damit sie mit einer angemessenen Beihilfe das Weihnachtsfest wenigstens ohne äußerste Not begehen können. Es sind besonders die alten und hilfsbedürftigen Menschen — die sowieso sehr dürftig und anspruchslos leben müssen, weil sie nur ein kärgliches Einkommen haben —, denen wir mit einer einmaligen Zahlung von 50,— DM einigermaßen spürbar helfen würden.
Herr Schüttler von der CDU-Fraktion hat hier am 15. Oktober davon gesprochen, den Bedürftigen solle im angemessenen Rahmen geholfen werden, damit auch sie wie die übrigen Schichten unseres Volkes das Weihnachtsfest begehen könnten. Um das zu erreichen, meine Damen und Herren, müßte man mehr tun, als jetzt vorgesehen ist. Herr Schüttler hat auch gesagt, wir sollten uns bescheiden und die Finanzen nicht nach allen Seiten überfordern, denn man könnte auch Dinge tun, die sich nachher 'an den Hilfsbedürftigen selbst vielleicht bitter rächten. Diese Sorge, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben wir wirklich nicht. Wir haben uns kürzlich mit den Steuergesetzen beschäftigt. Großzügig sind riesige Steuergeschenke gemacht worden, die allerdings fast überwiegend den Beziehern hoher Einkommen zugute gekommen sind. Die in unserem Antrag erwähnten Menschen müssen in sehr bedrückenden Verhältnissen leben, weil ihre finanziellen Mittel sehr beschränkt sind und die Rente oder die Unterstützung sowieso kaum zum Nötigsten reicht. Diesen Menschen ist durch die sogenannte Steuerreform kein Pfennig zugute gekommen, obwohl unseres Erachtens in eine echte Reform auch die Entlastung von ungerechten Verbrauchsteuern gehört.
Herr Staatssekretär Hartmann sprach vorgestern über die Gesamtlage des Bundeshaushalts und von einer neuen Epoche, in die die Finanzmänner nicht ohne große Beklemmung hineinträten. Soweit die Verteidigungswirtschaft gemeint ist, ist das a auch sehr verständlich. Aber, meine Damen und Herren, wegen des Geldes, das nötig ist, um unseren Antrag zu verwirklichen, braucht niemand in diesem Hause Beklemmungen zu haben.
Dann ist gesagt worden, es werde ja auch in diesem Jahr etwas gezahlt. Das ist doch nicht entscheidend. Es kommt vielmehr darauf an, wieviel gezahlt wird und daß es einheitlich gemacht wird. Wie wirkt sich denn nun die von Ihnen empfohlene Regelung aus? Wir halten es nicht für vertretbar, für die bedürftigen Menschen, nur weil sie z. B. in Bayern leben, 25 DM festzusetzen, während anderen Menschen in der gleichen Lage, nur weil sie etwa in Nordrhein-Westfalen wohnen, 50 DM bewilligt werden. Soviel ich weiß, hat sogar das finanzschwache Niedersachsen 40 DM vorgesehen. Diejenigen, denen man 50 DM zugesteht, erhalten nicht zuviel, sondern die anderen erhalten zuwenig.
Gewiß, die Weihnachtsbeihilfe ist in erster Linie eine Sache der Länder. Wenn aber schon von der Bundesregierung gewisse Empfehlungen hinsichtlich der Höhe und Verrechnung gegeben werden, dann sollten wir die Notwendigkeit einer angemessenen und auch gleichmäßigen Beihilfe anerkennen. Bereits im vergangenen Jahr wurde von uns darauf hingewiesen — ich möchte es hier wiederholen —, daß der krasse Unterschied bei den Einwohnern der Länder, die nur die von der Bundesregierung festgesetzte und verrechnungsfähige Beihilfe zahlen konnten, eine erhebliche Verbitterung hervorrief. Gerade nach der ersten Lesung des Haushalts besteht weder bei uns noch bei denen, für die ich hier spreche, Verständnis dafür, daß man unseren Antrag praktisch ablehnt, indem man ihn durch Runderlaß für erledigt erklären will.
Lassen Sie doch nicht immer nur finanzielle Gesichtspunkte gelten, sondern denken Sie vielmehr daran, daß es sich hier um Menschen handelt, die von uns Hilfe erwarten! Gehen Sie nicht zur Tagesordnung über, wie es vorgestern mit dem Entwurf eines 'Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld geschehen sollte, und lassen Sie sich nicht bei jeder Gelegenheit vergeblich bitten, wenn es sich um-die Anliegen der Kriegsopfer, der Rentner und Arbeitslosen handelt! Meine Damen und Herren. Sie haben es auch heute wieder in der Hand, mit Ihrer Mehrheit unser Anliegen zu verwirklichen.
Deshalb bitten wir Sie herzlich, den Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache 1001 abzulehnen und stattdessen unserem ursprünglichen Antrag Drucksache 845 zuzustimmen.