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ID0205903400

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Dezember 1954 3005 59. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Dezember 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . 3005 B, 3017 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 128 betr. kriminalpolizeiliche Durchsuchung der Wohnung des Senators a. D. Dr. Klein in Bonn (Drucksachen 968, 1065) 3005 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (Haushaltsgesetz 1955) (Drucksache 1100) 3005 C Schoettle (SPD) 3005 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 3017 B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . . 3028 D Dr. von Merkatz (DP) 3033 A Unterbrechung der Sitzung . 3038 B Dr. Eckhardt (GB/BHE) 3038 D Ritzel (SPD) 3043 D Niederalt (CDU/CSU) 3052 D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 3058 A Dr. Gülich (SPD) 3060 B, 3066 A Dr. Luchtenberg (FDP) . . 3064 A, 3066 A Krammig (CDU/CSU) 3067 B Bauknecht (CDU/CSU) 3069 C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3073 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 3075 D Nächste Sitzung 3076 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Rede von Bernhard Bauknecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    (Bauknecht)


    (Bauknecht)



    (Bauknecht)

    Wenn wir in dieser Beziehung einen Vergleich mit den Gegebenheiten im Ausland anstellen, so müssen wir sagen, daß wir hier aus öffentlichen Mitteln herzlich wenig getan haben. Ich bitte Sie darum, diesen Notwendigkeiten im kommenden Haushalt noch stärker Rechnung zu tragen.
    Zum Schluß wäre jetzt noch auf die Verbesserung der Agrarstruktur einzugehen, ein mannigfaches und weitreichendes Problem. Ich will es mir versagen, hier auf Einzelheiten einzugehen. Ich will nur eines vorbringen : Die Eingliederung der Heimatvertriebenen ist von diesem Gesamtproblem nicht zu trennen. Der Bundestag hat hier schon etliches getan. Aber wenn man daran denkt, welche Mittel einem jungen Bauern heute zur Verfügung stehen, der sich aus Liebe zur Landwirtschaft selbständig machen will und sieht, daß er so gut wie gar nichts bekommen kann, so kommt man, glaube ich, zu der Ansicht, daß man diesen Zustand nicht verewigen darf. Sicherlich, es ist richtig, wenn man in dem Bundesvertriebenengesetz dafür gesorgt hat, daß in erster Linie diejenigen, die vorher etwas besessen haben, wieder zu einem Hof und zu Eigentum kommen. Wir begrüßen das auch. Aber auf die Dauer kann die unterschiedliche Behandlung bei der Begünstigung nicht so weitergehen; sonst begehen wir hier Sünden, die nicht wiedergutzumachen sind. Man wird sich bei der Beratung des Haushalts auch mit dieser Frage noch beschäftigen müssen.
    Zur Flurbereinigung will ich eines sagen: Wenn die Dinge — und ,der Plan besteht ja — nicht stärker forciert werden, als es bisher der Fall war, so wird die Flurbereinigung ja wahrscheinlich so lange dauern, bis viele längst auf der Strecke geblieben sind. Dazu eine Bemerkung, Herr Minister! Kürzlich wurden mir Zahlen vor Augen gehalten, aus denen sich ergibt, daß die Leistung eines in der Flurbereinigung Beschäftigten sehr stark schwankend ist. Sie schwankt nämlich im Jahre und pro Kopf zwischen 16 und 56 ha. Da gibt es wahrscheinlich noch einiges zu korrigieren.
    Vielleicht wäre es zweckmäßig, wenn man gerade bei der Vergebung der Mittel des Bundes sorgfältig prüfte, wohin diese Mittel gegeben werden und wenn man sie nicht etwa nur in schematischer Weise — ich glaube nicht, daß das geschieht — ohne eine bestimmte Richtlinie an die Länder weitergäbe. Vielleicht könnte auch noch untersucht werden, ob nicht durch die Selbstinitiative in einem vereinfachten, freiwilligen, unbürokratischen Selbstumlageverfahren mehr erreicht werden könnte.
    Eine schwierige Frage ist die der Dorfauflockerung. „Wenn die Dorfauflockerung mit der Flurbereinigung nicht Hand in Hand geht", hat mir kürzlich ein alter Bauer geschrieben, „ist es besser, ihr hört gleich auf; denn dann sind alle Mittel zum Fenster hinausgeworfen". Und in der Tat ist es weitgehend so. Man muß allerdings vorher prüfen, wenn man draußen Einzelhöfe oder Weiler anlegt — und die Kosten eines 15 ha-Hofs schwanken heute zwischen 100- und 120 000 Mark —, ob eine Verkehrsmöglichkeit, eine Straße besteht, ob Wasser, Licht usw. leicht zuleitbar sind. Sonst könnten diese Kosten noch steigen. Man muß dann prüfen, ob eine an den Dorfrand zu legende Siedlung nicht billiger käme, zumal da die Weite der Fluren infolge der zunehmenden Motorisierung nicht mehr überall die große Rolle spielt.
    Ein anderes Kapitel bei diesem Problem ist die Frage der sogenannten Aufstockung kleiner, nicht lebensfähiger Betriebe. Das ist ohne Zweifel das schwierigste Problem. Wir sind der Auffassung, daß man hier unter keinen Umständen, aber auch unter gar keinen Umständen mit Zwang eingreifen sollte. Diese Dinge muß man weitgehend sich selber entwickeln lassen. Das heißt jedoch natürlich nicht, daß derjenige, der draußen in den Fluren Grundstücke hat, wo das Unkraut wächst und wo die Distel ihren Samen auf den Nachbargrundstücken verbreitet, etwa der Auffassung sein kann, daß ihm nichts geschehen dürfe.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich glaube, daß hier der letzte Weg, aber auch der erfolgreichste der der Zwangsverpachtung ist.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Da lachen ja die Hühner!)

    — Da lachen die Hühner nicht, mein lieber Herr Schmidt. Das haben wir bereits in meinem Heimatlande praktiziert. Wenn Sie in Niedersachsen noch nicht so weit sind, liegt es vielleicht an Ihrer Regierung.

    (Lachen und Zurufe bei der SPD.)

    Bei uns kommt es auf alle Fälle vor und wird auch gemacht.

    (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Viel Geschrei um wenig Wolle!)

    — Nein, nein, sondern Tatsachen, mein lieber Herr Schmidt!

    (Abg. Bausch: Er hat jetzt Niedersachsen gemeint!)

    — In Niedersachsen viel Geschrei? Das weiß ich nicht; das kann ich nicht kontrollieren. Das weiß er wahrscheinlich selber am besten.
    Der Wechsel von Land muß eben durch andere Mittel begünstigt werden, durch Zurverfügungstellung billiger Mittel und Prüfung, daß, wenn ein Land zum Verkaufe steht, es derjenige bekommt, der es a) selber bearbeitet und b) zu seiner Aufstockung braucht.

    (Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Es wäre auch noch etwas zu tun, um den Verkauf von solchen Höfen zu begünstigen, die Leuten gehören, die überaltert oder krank sind. Wenn für diese Leute eine Rente oder eine Sicherheit geschaffen würde, dann wäre oft die Möglichkeit einer Verpachtung oder eines Verkaufs gegeben.
    Ich will es mir versagen, nun noch auf andere Dinge einzugehen. Ich denke hier an die Raumordnung und an die Landesplanung. Aber Tatsache ist, daß heute oft mit dem Grund und Boden in unverantwortlicher Weise umgesprungen wird. Kürzlich erfolgte Berechnungen haben ergeben, daß in der Bundesrepublik seit dem Jahr 1939 376 000 ha landwirtschaftlich genutzter Grundfläche der Landwirtschaft verlorengegangen sind. Ob man das unter allen Umständen verantworten kann, möchte ich dahingestellt sein lassen. Ich glaube, daß man dieser Frage in Zukunft eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken sollte.
    Zur Wasserwirtschaft will ich hier nichts sagen. Es wurde schon viel darüber diskutiert. Wenn der Streit zwischen den einzelnen Ministerien so weitergeht, dann kommen wir in keiner Weise vorwärts, und niemand hat praktisch einen Nutzen, weder das eine noch das andere Ressort. Ich glaube doch,


    (Bauknecht)

    daß das Bundesernährungsministerium die Dinge in seinem Plan wirklich umfassend behandelt hat und daß man wahrscheinlich den besten Weg beschreiten würde, wenn man die gesamte Wasserwirtschaft in die Kompetenz des Bundesernährungsministeriums gäbe.
    Wenn bei den Fragen der Wasserwirtschaft auch der Küstenplan und das Problem der nassen Gebiete in den Marschen und an den Küsten angeschnitten werden darf, so möchte ich sagen, wir begrüßen es, daß hier höhere Mittel eingesetzt sind. Wer Gelegenheit hatte, diese Landstriche dort zu besichtigen, der ist gewiß zu der Auffassung gekommen, daß hier eine rasche Hilfe wesentlich mehr erreicht als eine solche auf lange Sicht. Denn die Verschlechterung der Böden durch den ständigen Anstieg des Grundwasserspiegels schreitet in schnellem Tempo fort. Wir können es nicht mehr verantworten, daß Tausende von Betrieben an den Rand ihrer Existenzmöglichkeit getrieben werden.
    Ich darf noch zur Zinsverbilligungsaktion einige Worte sagen. Ich möchte betonen, daß man den Dingen vielleicht insofern eine andere Wendung geben sollte, als es nicht tunlich ist, daß allein Betriebe, die bisher relativ leistungsfähig waren, davon profitieren; vielmehr müßte man sich bei der Vergebung zinsverbilligter Kredite in Zukunft mehr um die kleineren und mittleren Betriebe kümmern, die an und für sich leistungsschwach sind, heute aber zum Teil schon so beliehen sind, daß sie es nicht wagen, einen neuen Kredit aufzunehmen. So reizvoll zinsverbilligte Kredite sind, so muß man doch immer bedenken, daß nach der Bemessung der landwirtschaftlichen Rente die Kreditnehmer während der Abzahlung in Schwierigkeiten geraten können. Man muß also mit aller
    Vorsicht auch in der Kreditberatung dafür sorgen, daß die Verschuldung kein gefährliches Ausmaß annimmt. Ich darf darauf hinweisen, daß 1939 das Verhältnis zwischen Personal- und langfristigen Krediten 23 : 77 betrug, heute dagegen 50 : 50 beträgt und dadurch ' die Lage wirklich gefährlich geworden ist.
    Zum Schluß möchte ich die grundsätzliche Frage aufwerfen: Warum braucht die Landwirtschaft Hilfsmaßnahmen der öffentlichen Hand? Ich glaube, wer es noch nicht gewußt hat, dem ist es durch die Ereignisse dieses Jahres klargeworden. Ihre Abhängigkeit vom Wetter kann nicht dem Schuldkonto der einzelnen Landwirte zugeschrieben werden. Und die Schäden, die allein durch Schädlinge bei uns auftreten, gibt es in der gewerblichen Wirtschaft überhaupt nicht. Die Produktionsbedingungen sind wirklich völlig andere. Wenn diese Dinge in Deutschland besonders brennend sind, so können die jetzigen Eigentümer der Betriebe nicht dafür verantwortlich gemacht werden, daß sie in den traditionsgebundenen Dörfern wohnen. Daß heute die durchschnittliche Größe eines Betriebs bei uns 6,7 ha ist und in den USA genau das Zehnfache beträgt, wobei dort alle Betriebe arrondiert sind, während sie bei uns vielfach zersplittert sind, beleuchtet die Situation in genügendem Maße. Vor allen Dingen kann die jetzige Landwirtschaft nicht dafür verantwortlich gemacht werden, daß man damals nicht wie beispielsweise in Holland und Dänemark eine echte Landbefreiung durchgeführt, die Betriebe arrondiert und die Dörfer aufgelöst hat. Deshalb ist es eine Verpflichtung des Staates, für diese Dinge zu sorgen, damit sie in ihrer Entwicklung anders werden.
    Das sind meine Wünsche in konkreter Form zum Haushaltsplan. Ich bitte Sie, diese Momente in den Ausschußberatungen zu berücksichtigen. Ich bitte Sie aber auch, sich mit aller Energie dafür einzusetzen, daß die Landwirtschaft möglichst bald ein grundlegendes Gesetz bekommt. Dieses Gesetz muß die Regierung an Hand von laufenden Feststellungen verpflichten, durch eine Reihe von Maßnahmen — die kann man nicht auf einen Nenner bringen — dafür zu sorgen, daß auch die Landwirtschaft an der ständigen Aufwärtsentwicklung der allgemeinen Wirtschaft teilnehmen kann. Sonst würde eine Entvölkerung des Landes, eine Verminderung und schließlich ein starker Mangel an Arbeitskräften zu einer Extensivierung führen. Eine extensive Bebauung des Landes hat noch immer in der Geschichte bei einem volkreichen Lande zu dessen Untergang geführt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser vorgerückten Stunde bitte ich, mir zu erlauben, nur einige wenige und ganz einfache Bemerkungen zu machen und Antworten auf hier gestellte Fragen zu geben, soweit sie nicht ausgesprochen auf der politischen Ebene liegen, einer Ebene, die zu besteigen mir nicht zukommen würde.

    (Heiterkeit.)

    Ich darf mich zunächst für die vielerlei Anregungen, die die Verwaltung hier erhalten hat, bedanken und gehe dann zu den Ausführungen über, die die Haushaltsfragen im engeren Sinne betreffen.
    Herr Abgeordneter Schoettle hat die Reform der Haushaltsordnung angesprochen. Diese erscheint auch uns dringend erwünscht, und trotz der großen Belastung, die auf meiner Haushaltsabteilung gerade auch in den nächsten Monaten liegen wird, möchten wir doch hoffen, daß wir einen Entwurf etwa im Frühjahr 1955 vorlegen können. Das ist aber nur ein Vorentwurf, Herr Abgeordneter Schoettle, der also nur eine Unterlage für eine gemeinsame Beratung insbesondere mit den Herren des Haushaltsausschusses bilden soll, die sich dieser Frage gerne besonders widmen. Ich kann Ihnen also zusagen, daß eine solche gemeinsame Erarbeitung stattfinden soll, ehe der endgültige Entwurf des Ministeriums abgeschlossen wird. Wir werden dabei auch die Anregungen von Herrn Abgeordneten Professor Gülich berücksichtigen.
    Wegen der Reisekosten werde ich in wenigen Tagen an die Bundesressorts ein Rundschreiben im Sinne dessen schicken, was hier gesagt wurde, mit der Bitte, uns nach Kräften in der Verringerung und Beschränkung der Reisekosten zu unterstützen.
    Nun komme ich zu der Frage der Bedienung des außerordentlichen Haushaltes in den letzten beiden Jahren. Ich glaube, über die Rechtsfrage, ob das Bundesfinanzministerium befugt war, die Einnahmen des ordentlichen Haushalts hierfür zu verwenden, wird man sich im Haushaltsausschuß un-


    (Staatssekretär Hartmann)

    terhalten. Der Standpunkt des Bundesfinanzministeriums ist ja bekannt.

    (Abg. Schoettle: Herr Staatssekretär, als die Reichshaushaltsordnung entstand und mehrmals geändert wurde, gab es das Problem noch nicht, das durch den Fortfall der EVG entstanden ist!)

    — Herr Abgeordneter Schoettle, dieses Problem ist in zwei Jahren aktuell geworden. Es handelt sich wahrscheinlich um einzigartige Fälle.

    (Abg. Schoettle: Eben, und dafür war die Reichshaushaltsordnung nicht gedacht!)

    — Gut, dann darf ich bitten, daß wir das Gespräch im Haushaltsausschuß fortführen.
    Ich möchte aber zwei Dinge hier betonen. Das erste ist nicht besonders erwähnt worden, aber es ist sicher jedem der Redner präsent gewesen. Wenn wir den außerordentlichen Haushalt bedient haben, so sind doch alle Positionen des außerordentlichen Haushalts von dem Hohen Hause in den jeweiligen Etatgesetzen bewilligt gewesen. Es sind also nur ausdrücklich bewilligte Posten von uns bedient worden, und zwar auf die bestmögliche Weise. Wir konnten doch wirklich in diesen beiden Jahren nicht an den Kapitalmarkt herangehen, während wir eine Milliarde, später noch viel mehr, in der Kasse hatten. Wenn sich der Kapitalmarkt so gut erholt hat — darauf durfte ich gestern schon hinweisen —, so vielleicht auch, weil der Bund zwei Jahre lang nicht an den Kapitalmarkt gegangen ist.
    Und dann noch etwas. Ich glaube, man stellt sich die Abwicklung dieser Dinge nicht ganz richtig vor. Es ist ja nicht so, daß der Bundesfinanzminister nach einer sorgenvollen Nacht eines Morgens beschließt, nun den außerordentlichen Haushalt aus ordentlichen Einnahmen zu bedienen,

    (Abg. Mellies: Nach sorgenvollen Nächten sind solche Beschlüsse überhaupt schlecht!)

    sondern diese Entwicklung verläuft doch ganz allmählich. Wenn Sie das tadeln, dann muß ich bemerken, daß wir uns schon jetzt wieder einer solchen Sünde schuldig gemacht haben. Wir haben nämlich Vorwegbewilligungen gegeben für den Wohnungsbau des Jahres 1955. Wir mußten diese Vorwegbewilligungen geben, damit der Herr Bundeswohnungsbauminister und die Wohnungs- und Wiederaufbauminister der Länder diese Beträge verplanen konnten. Natürlich sind die Beträge von uns noch nicht gezahlt worden; das kommt erst im Laufe des nächsten Haushaltsjahres.

    (Abg. Mellies: Das ist doch eine ganz andere Ebene!)

    — Nein, der gesamte außerordentliche Haushalt bis auf ganz geringe Ausnahmen beruht doch auf solchen Investitionstiteln, die einfach bedient werden müssen. Jetzt war schon der Moment — wir haben erst Dezember 1954 —, in dem wir die Verpflichtungserklärungen für den Wohnungsbau im Jahre 1955 abgeben mußten. Es wird sich dann im Laufe des Rechnungsjahres 1955 herausstellen — wir wollen ja die Anleihe nach Möglichkeit erst im ersten Kalendervierteljahr 1956 herausbringen —, aus welchen Mitteln wir diesen außerordentlichen Haushalt, z. B. hier für den Wohnungsbau, bedienen werden. Aber bedient werden muß er, und alles andere wird sich hinterher finden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich kann hier auch gleich eine weitere Frage behandeln, nämlich die Frage der Gleichsetzung von Haushaltsjahr und Kalenderjahr. Es ist den Damen und Herren bekannt, daß sich das Bundesfinanzministerium sehr dafür eingesetzt hat; die Länder waren nicht alle dafür. Wir werden diese Frage zusammen mit der Reform der Haushaltsordnung in Angriff nehmen. Sie hat aber etwas an Aktualität verloren eben durch diese Vorwegbewilligungen. Einer der Gründe dafür, das Kalenderjahr als Haushaltsjahr zu wählen, waren ja die Sorgen der Bauwirtschaft, weil häufig und lange Zeit hindurch die Mittel zu spät zur Verfügung gestellt wurden.

    (Abg. Dr. Vogel: Und der Straßenbau!)

    — Ja, da müssen wir eben auch nach einem Weg suchen, wie wir das neben dem Wohnungsbau einbeziehen. — Wenn wir das System der Vorwegbewilligungen in dieser Weise weiter praktizieren dürfen, dann kommt man, glaube ich, über die Frage der rechtzeitigen Anhebung der Bautätigkeit zur Saison hinweg. Inzwischen werden wir hoffentlich auch dazu kommen, das Kalenderjahr zum Haushaltsjahr zu machen.
    Dann hat Herr Abgeordneter Ritzel hier eine Reihe von Zahlen genannt über die Kosten der Verwaltungsbauten und der Wohnungen in Bonn. Ich kann ganz schlichtweg sagen, daß die Zahlen absolut in Ordnung sind, die er hier genannt hat. Aber ich darf hinzufügen, daß die Beträge für die Verwaltungs- und die Wohnungsbauten in Bonn seit Jahren von dem Hohen Hause in den einzelnen Haushaltsplänen bewilligt worden sind. Insofern ergäbe sich also aus einer Zusammenstellung der Bewilligungen schon ein gewisses Bild der hier verausgabten Summe. Das Endbild kann natürlich immer erst die Rechnung bringen.
    Dann ist sehr stark und für uns besonders dankenswerterweise auf eine Popularisierung der Fragen der Finanzpolitik hingewiesen worden. Wir glauben, daß hier noch sehr viel zu tun ist. Auch unsere Allgemeinen Vorbemerkungen mit den über 550 Seiten werden ja kein populäres Werk sein. Wir wollen also versuchen, in irgendeiner Weise, über die man im Haushaltsausschuß noch einmal sprechen könnte, vielleicht wie im letzten Jahr, vielleicht auch in einer anderen Weise, eine übersichtliche, knappe und doch ausreichende Darstellung des Haushalts und seiner Fragen zu geben.
    Ich darf hier anfügen, daß wir bezüglich der Einkommensteuer nach einem amerikanischen Vorbild — da gibt es solche Büchlein „My income-tax" —
    auch ein Büchlein „Meine Einkommensteuer" herausbringen und darin besonders darauf hinweisen wollen, welche Steuervergünstigungen für die verschiedenen Gruppen in Frage kommen. Man hat uns ja mehrfach gesagt, daß diese Fragen in den Steuererklärungsformularen entweder so knapp oder-so rein fachlich gefaßt sind, daß jemand, der nicht von einem Steuerberater beraten ist, manchmal gar nicht weiß, daß er eine Steuervergünstigung hätte in Anspruch nehmen dürfen. Wir wollen überhaupt das nächstemal die Einkommensteuererklärung durch einen sehr stark vereinfachten Vordruck für die mittelständischen Kreise erleichtern, aber dabei ist dann eigentlich ein solcher kleiner Führer notwendig, denn in den vereinfachten Vordruck können wir nicht alle Eventualfragen aufnehmen, die vielleicht für irgendeinen von Interesse sind.


    (Staatssekretär Hartmann)

    Danach komme ich zu einigen weiteren Fragen, die über das engere Haushaltsgebiet hinausgehen. Von verschiedenen Seiten sind hier Fragen der Aufrüstung, und zwar über das Jahr 1955 hinaus, aufgeworfen worden. Ich möchte, da das über das rein fachliche Gebiet hinausgeht, empfehlen, dies in der nächsten Woche im Rahmen der großen Debatte über die Pariser Verträge mit zu behandeln. Die hier gestellten Fragen sind von uns vorgemerkt worden.
    Weiter ist nach dem Verkehrsfinanzgesetz gefragt und gesagt worden, daß die Mittel, die daraus für die Autobahn, für den Straßenbau und für die Bundesbahn zu erwarten seien, zu gering seien. Ich habe mir nun erlaubt, gestern einen Satz zu sagen, den ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten der Einfachheit halber vorlesen darf: „Sollte dieser Schritt Ihnen als zu klein erscheinen, so wird sich die Bundesregierung einer vernünftigen weiteren Steigerung der Einnahmen aus dem Verkehrsfinanzgesetz sicher nicht widersetzen."

    (Abg. Dr. Vogel: Das haben wir sehr wohl bemerkt!)

    — Das haben Sie bemerkt, dann hätte ich es nicht zu verlesen brauchen. Sollte es also möglich sein, daß sich eine breite Mehrheit in diesem Hause für einen Ausbau des Verkehrsfinanzgesetzes findet, so wären wir, wie ich jetzt schon erklären kann, entgegen allen geheiligten Etatprinzipien mit einer Zweckbindung für Straße, Autobahn, Bundesbahn einverstanden. Es liegt dann in der Entscheidung des Hohen Hauses, wieviel es für diese Zwecke aus dem Verkehrsfinanzgesetz noch herausholen zu können glaubt.

    (Abg. Dr. Vogel: Also nur im Falle einer Erhöhung?)

    — Nein, Herr Dr. Vogel, es ist im Haushalt jetzt schon ein Zusatz — ich bitte, das nachzusehen, er ist sogar fett gedruckt —: daß die Einnahmen, die aus dem Verkehrsfinanzgesetz kommen, zweckgebunden sind. Wenn die Erhöhung käme, würde ich sagen, könnten sie auch zweckgebunden werden, also sicher für diese von Ihnen als vordringlich bezeichneten Zwecke Verwendung finden. — So weit zum Verkehrsfinanzgesetz.
    Der Herr Abgeordnete Eckhardt hat kurz die Frage einer Änderung des Umsatzsteuerrechts gestreift. Auch ich möchte das Thema nicht vertiefen und nur darauf verweisen, daß uns das Hohe Haus in der vorigen Woche den Auftrag gegeben hat, das gesamte Umsatzsteuerrecht zu prüfen und nach einer angemessenen Frist dem Hohen Hause Vorschläge in dieser Richtung zu machen. Wir werden selbstverständlich auch die Vorschäge, die früher unter dem Namen „von Siemens'sche veredelte Umsatzsteuer" liefen und die kürzlich ein guter Sachkenner des Umsatzsteuerrechts wieder aufgegriffen hat, in unsere Prüfung einbeziehen.
    Über die Frage der industriellen Bundesunternehmen ist hier nur kurz gesprochen worden. Ich möchte daher in diesem Moment nicht auf den Streitpunkt der Privatisierung eingehen, darf aber sagen, daß das Bundesfinanzministerium — und ich darf dasselbe für das Bundeswirtschaftsministerium sagen — es außerordentlich begrüßen würde, wenn der oder die Ausschüsse, der oder die Unterausschüsse bald gebildet werden könnten.
    Es liegt uns viel daran. Die hohen Beamten, die manchmal zitiert werden und die „so viele Aufsichtsratssitze" haben — es sind ja nicht viele Beamte dieser Art —, möchten gern mit ihrer Verantwortung und mit ihren Sorgen in diesen Ausschuß gehen, sich dort aussprechen und ihre Probleme darlegen. Es ist eine sehr große Verantwortung, die auf diesen Beamten wegen ihrer Tätigkeit in den Aufsichtsräten, manchmal sogar als Vorsitzende dieser Aufsichtsräte, ruht. Wir haben es bisher als eine Lücke empfunden, daß diese Möglichkeit uns noch nicht gegeben war. In diesem Ausschuß wird man dann auch dem hier geäußerten Wunsch entsprechen können, die rechtlichen Fragen, die noch offen sind bezüglich der Beteiligung des Hohen Hauses und des Bundesrats an den Veräußerungen und sonstigen Transaktionen, zu klären und die rechtliche Form dafür festzulegen. Aber über das rein Rechtliche hinaus — Sie erinnern sich an den Fall Emscher-Lippe, der im Sommer den Haushaltsausschuß beschäftigt hat — möchten wir gern mit vielerlei Anliegen und auch mit manchen Sorgenkindern in diesen Ausschuß oder Unterausschuß kommen und die Dinge in aller Offenheit darlegen.
    Zur Finanzreform brauche ich, glaube ich, dem nichts hinzuzufügen, was hier von den verschiedensten Seiten des Hohen Hauses mit solchem Ernst und mit solchem Nachdruck gesagt worden ist. Ich möchte nur namens der Bundesregierung hoffen, daß es am nächsten Dienstag im Vermittlungsausschuß doch zu einer Verständigung kommt. Ich meine, bei allseitigem gutem Willen wäre es wirklich noch Zeit genug, im Monat Dezember vor Ablauf der Frist des Art. 107 zu einer vernünftigen Einigung zu kommen.
    Damit bin ich am Ende dieser einzelnen Ausführungen. Ich werde die Wünsche, die so manche der Redner des heutigen Tages meinem Herrn Minister für seine Genesung gewidmet haben, ihm gern übermitteln. Ich glaube, Herr Schäffer wird dankbar sein dafür, daß hier von allen Seiten unterstrichen worden ist, wie notwendig die Stabilität des Haushalts und damit die Stabilität der Währung ist. Das bedeutet natürlich angesichts der beschränkten und jetzt noch verminderten Einnahmen ein Anpacken der Ausgabenseite. Darüber darf kein Zweifel sein. Die Debatte gibt mir den Eindruck, ,daß sich in diesem Hohen Hause in den Finanzfragen im weitesten Sinne — Haushalt, Steuern und Finanzreform — in großem Maße eine gemeinsame Grundlage für die sachliche Erörterung der Fragen gebildet hat.

    (Abg. Dr. Vogel: Sehr richtig!)

    Bei manchen Einzelheiten werden sicher noch Vorbehalte zu machen sein. Ich darf sagen, daß das Bundesfinanzministerium seinerseits, wie das seine Pflicht ist, weiterhin alle Anstrengungen machen wird, um die Entscheidungen des Hohen Hauses über die Finanzfragen nach Kräften vorzubereiten und zu unterstützen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der SPD.)