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ID0205903000

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    2. Deutscher Bundestag — 59. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Dezember 1954 3005 59. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Dezember 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . 3005 B, 3017 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 128 betr. kriminalpolizeiliche Durchsuchung der Wohnung des Senators a. D. Dr. Klein in Bonn (Drucksachen 968, 1065) 3005 C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1955 (Haushaltsgesetz 1955) (Drucksache 1100) 3005 C Schoettle (SPD) 3005 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 3017 B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . . 3028 D Dr. von Merkatz (DP) 3033 A Unterbrechung der Sitzung . 3038 B Dr. Eckhardt (GB/BHE) 3038 D Ritzel (SPD) 3043 D Niederalt (CDU/CSU) 3052 D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 3058 A Dr. Gülich (SPD) 3060 B, 3066 A Dr. Luchtenberg (FDP) . . 3064 A, 3066 A Krammig (CDU/CSU) 3067 B Bauknecht (CDU/CSU) 3069 C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3073 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 3075 D Nächste Sitzung 3076 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Rede von Dr. Paul Luchtenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Man kann diesem Hinweis, für den ich Ihnen sehr dankbar bin, Herr Kollege Gülich, noch folgendes hinzufügen. In den Ländern bestehen Akademien. Kein Mensch wird leugnen wollen, daß diese Akademien überregionale Bedeutung haben. Tatsache ist aber, daß die Akademien nicht leben und nicht sterben können, wenn ihnen ,der Bund nicht hilft. Infolgedessen sollte man überlegen, ob nicht auch diese Akademien der Länder — ich weiß, daß ich jetzt sehr ketzerisch spreche — in die Betreuung des Bundes zu überführen sind. Wenn man sich aber vor Augen hält, daß die Länder es expressis verbis ablehnen, daß der Bund ihnen z. B. bei der Betreuung der MaxPlanck-Gesellschaft hilft, dann weiß man wirklich nicht mehr, was man zu dieser Art von föderalistischer Kulturautonomie sagen soll.
    Nun hat man noch in anderer Form versucht, die Abgrenzungen der Kompetenzen zwischen den Ländern und dem Bund herzustellen; man meinte, den Ländern allein sei die Grundlagenforschung anzuvertrauen; der Bund könne sich dagegen auf die Zweckforschung beschränken, weil in allen seinen Ministerien die angewandte Forschung zwangsläufig im Vordergrund stehe. Aber diese Abgrenzung zwischen Grundlagenforschung und Zweckforschung oder 'angewandter Forschung ist nicht aufrechtzuerhalten; sie ist unrealistisch. Auch das könnte hier in einer wissenschaftstheoretischen Darlegung ausführlicher erörtert werden. Ich darf mich aber darauf beschränken zu erklären: die Wissenschaftler sind 'sich darin einig, daß es hier fließende Grenzen gibt, so daß man nicht so scharf Grundlagenforschung und Zweckforschung zu trennen vermag, wie das vorgeschlagen worden ist. Nun, das sind Hinweise darauf, daß es notwendig geworden ist, das Problem des Königsteiner Abkommens vom Bunde aus anzugehen. Diese Anregung möchte ich nachdrücklich unterstreichen.
    Bei den bisher ins Auge gefaßten Forschungseinrichtungen nehmen Naturwissenschaft und Technik eine bevorzugte Stellung ein. Es ist selbstverständlich, daß im Zeitalter der Naturwissenschaften und der Technik die geisteswissenschaftlichen Disziplinen in der Gefahr stehen, einer Unterbewertung in der öffentlichen Meinung anheimzufallen. Aber man mache sich doch einmal klar, daß wir in Zeiten des Umbruchs stehen, in denen es um geistesgeschichtliche Zusammenhänge geht und in denen vor allen Dingen auch eine politische Existenzerhellung notwendig wäre. Deswegen versteht man nicht, daß z. B. ein Institut wie das in München beheimatete Institut für Zeitgeschichte, an dem außer dem Bunde nur Bayern, Hessen und Baden-Württemberg beteiligt sind — als ob alle anderen Länder der politischen Existenzerhellung entbehren könnten —, nicht als ein Institut des Bundes betrieben wird. Man könnte den Eindruck gewinnen, als ob gewisse Länder aus einem Ressentiment dem Bunde gegenüber sich sagten: Damit wollen wir nichts zu tun haben. Meine Damen und Herren, wenn man sich klargemacht, was ein Institut für Zeitgeschichte an wissenschaftlichen Grundlagen für das erarbeiten kann, wonach wir alle rufen, nämlich für die politische Bildung, dann sollte man meinen, es könne über die Vordringlichkeit geisteswissenschaftlicher Forschungsförderung nicht mehr gestritten werden.
    Sobald aber, wie gesagt, der Bund irgendeine wohlwollende Geste in dieser Richtung macht, wird ihm seine „Dotationspolitik" unter die Nase gerieben, weil man zu glauben sich berechtigt hält, der Bund wolle bewußt einen Gegensatz zu den Ländern heraufbeschwören. Was uns daher hier beschäftigen muß, ist dies, dafür zu sorgen, daß die Waage der Kompetenzen in ein sinnvolles Gleichgewicht gebracht wird.
    Die Forderung, daß man neben der naturwissenschaftlichen und technischen Forschung auch die geisteswissenschaftliche Forschung nicht unter den Tisch fallen läßt, möchte ich noch durch den Hinweis ergänzen, daß im Bunde ein Minister damit betraut worden ist, sich den Schichten der geistig Schaffenden zuzuwenden und dort Klärungen vorzunehmen, die zwar im sozialpolitischen Bereiche liegen —darüber ist nichts zu sagen —, die aber nichtsdestoweniger sehr stark auch in kulturpolitische Bereiche hineinragen.
    Meine Damen und Herren, die Probleme können hier nur 'angerissen werden. Wenn man sie ins Auge faßt, ist nicht recht begreiflich, warum der Unterausschuß zur Förderung der Forschung, der hier in der ersten Legislaturperiode arbeitete, nicht mehr besteht. Man hat mir gesagt, der Ältestenausschuß habe beschlossen, es sollten keine Unterausschüsse mehr gebildet werden. Nach einer Mitteilung des Kollegen- Ritzel aber scheint es, daß dieser Standpunkt unterdessen wieder verlassen worden ist. Aber unterstellen wir einmal, es sei nicht so; auch dann würde ich meinen, daß ein Fachausschuß vorhanden sein sollte, weil die Förderung .der Forschung nach Art. 74 Ziffer 13 des Grundgesetzes eine legitime Aufgabe des Bundes ist. Einer der Herrn Vorredner — ich glaube, es war Dr. Martin Blank — hat darauf hingewiesen, daß die Fachausschüsse in enger Verbindung mit dem Haushaltsausschuß arbeiten müßten. Hier muß man leider konstatieren, daß überhaupt kein Fachausschuß vorhanden ist. Ich würde also den Ältestenrat freundlich bitten zu überlegen, ob er zu


    (Dr. Luchtenberg)

    den vielleicht zu vielen Ausschüssen noch diesen einen zur Förderung der Forschung einzurichten sich gedrängt sehen sollte.
    Die zweite Anregung, die ich bereits hinreichend begründet habe, ist die, baldigst eine Revision des Königsteiner Abkommens einzuleiten. Es geht nicht an, daß die Länder Einfluß nehmen auf Höhe und Verteilung von Mitteln des Bundes für wissenschaftliche Forschung, andererseits aber in keiner Form geneigt sind, den Bund bei der Finanzierung von Forschungseinrichtungen ihrer „Ländergemeinschaft" — das schöne Wort ersetzt auch in den Vorbemerkungen ,das, was ich lieber mit „Bund" bezeichnen möchte — mitwirken zu lassen.
    Als dritte Anregung möchte ich bei den weiteren Beratungen über die Zuwendung von Forschungsmitteln berücksichtigt sehen, daß auch den Geisteswissenschaften wie den Naturwissenschaften und der Technik geholfen werde, damit auch sie ihren Gegenwartsaufgaben gerecht werden können. Der Bund hat ganz zweifellos Mittel und Wege, um hier und da auch landeseigene Universitäten mit geisteswissenschaftlichen Aufgaben zu beauftragen; er sollte diese Möglichkeit nach Kräften wahrnehmen. Wie notwendig dies ist, zeigte ich an dem einen Beispiel der Erhellung der politischen Existenz unserer Gegenwart im Institut für Zeitgeschichte.
    Angesichts der verpflichtenden Erkenntnis, daß das geistige Kapital, das wir hier zu betreuen haben, nicht verwirtschaftet werden darf, daß es bei der Forschungspflege und der Wissenschaftsförderung vielmehr um die Sicherung und die Steigerung ,des sozialen Niveaus und der kulturellen Substanz des gesamten Volkes geht, sollten wir uns einig sein, alles zu tun, was einer planvollen Konzentration aller Förderungsmittel dient und die deutsche Forschung befähigt, etwas anderes und sehr viel mehr als nur eine Summation der Länderforschungen zu sein.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.

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    Rede von Karl Krammig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schoettle hat heute morgen in der offiziellen Oppositionsrede zum Bundeshaushaltsplan zwei Probleme angeschnitten, zu denen ich kurz Stellung nehmen möchte. Das eine war die Frage nach einem Funktionenhaushaltsplan und das andere die nach einer Aufwands-und Leistungsrechnung im Haushaltsplan. Meine Damen und Herren, der Kaufmann stellt einen Dispositionsplan auf, um für das kommende Wirtschaftsjahr vorzuplanen. Dieser Dispositionsplan kann jederzeit geändert werden je nach den Marktverhältnissen. Beim Staat aber liegen die Dinge wesentlich anders. Der Haushaltsplan stellt die Vollzugsanweisung der Legislative an die Exekutive dar und ist insoweit Bestandteil eines Gesetzes, nämlich des Haushaltsgesetzes. Für jede Ausgabe wird jede einzelne Summe festgestellt, und jede Einnahme ist im voraus berechnet. Beides muß nach dem Grundgesetz summa summarum im Gleichgewicht sein. Die Verwaltung muß jede Abweichung von diesem Plan nachweisen und begründen, und zwar die Institution bzw. der Verwaltungszweig oder, noch besser gesagt, das Ressort, das abweicht. Das setzt aber voraus, daß ein Haushaltsplan institutionell, d. h. also nach Verwaltungszweigen gegliedert ist.
    Man muß sehr wohl erwägen, ob man einen reinen Funktionenhaushalt fordern kann, wenn die Übersichtlichkeit und damit auch die Vollziehbarkeit des Haushalts durch die einzelnen Verwaltungszweige gewährleistet bleiben sollen. Ein solcher Haushaltsplan, also ein Funktionenhaushaltsplan, wäre nur noch für Experten verständlich. Er wäre noch schwieriger zu lesen als der jetzige Haushaltsplan. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn eine Übersicht zum Haushaltsplan gegeben oder in einem eigenen Nebenplan eine Gliederung nach Funktionen nachgewiesen würde, ließe sich doch hiervon am besten ablesen, wie und mit welchen Summen sich die Regierungspolitik im Haushalt niederschlägt und realisiert wird. Unser Haushaltsrecht ist gewiß reformbedürftig, aber auf diesem Gebiete empfielt sich größte Vorsicht und Bedachtsamkeit. Man sollte zunächst einmal die Erfahrungen kleinerer Gebietskörperschaften mit einer Revision des Haushaltsrechts abwarten, bevor man an die größte Gebietskörperschaft, nämlich den Bund, herangeht.
    Herr Kollege Schoettle hat ein Zweites gesagt. Ich denke hierbei an die Bemerkungen, die aus dem Haushaltsplan eine Art Aufwands- und Leistungsrechnung machen wollen. Damit wird die Aufgabe eines Haushaltsplans einfach überfordert. Er kann kein Nachweis des Verhältnisses von Aufwand und Leistung sein; das gehört, meine ich, nicht in den eigentlichen Haushaltsplan, sondern in das Nebenwerk.
    Meine Damen und Herren, wenn beide Vorschläge nicht im Haushaltsplan, sondern im Nebenplan bzw. in einer Nachweisung zum Haushaltsplan verwirklicht würden, trüge das sicher dazu bei, das Verständnis für das Wesen des Schicksalsbuchs eines Volkes, wie es Popitz ausgedrückt hat, nämlich des Haushaltsplans, zu erleichtern.
    In der Debatte ist auch die Besoldungsreform angesprochen worden. Ich möchte das Bundesfinanzministerium bitten, dafür Sorge zu tragen, daß, wenn der Expertenausschuß zusammentritt, nicht nur an eine Besoldungsreform herangegangen, sondern zu gleicher Zeit eine Dienstpostenbewertung durchgeführt wird, die einmal die Besoldungsgesetze von 1909, 1920 und 1927 nebeneinanderstellt, damit man sieht, inwieweit einzelne Verwaltungsaufgaben in der Dienstpostenbewertung zurückgeblieben und andere über Gebühr hervorgehoben worden sind. Ich denke da insbesondere an eine Verwaltung, die im Bundesfinanzministerium ressortiert.
    Herr Kollege Ritzel hat einen Beitrag zur Debatte geleistet, der, wie schon bemerkt worden ist, eigentlich in die zweite Lesung gehörte. Seine Ausführungen stachen aus den übrigen auch dadurch hervor, daß er darin Dinge ansprach, die mit dem Bundeshaushaltsplan nichts zu tun haben. Wenn z. B. Ländern eine parteiische Justiz vorgeworfen wird, so ist das eine Sache, die mit dem Haushaltsplan weiß Gott nichts zu tun hat.
    Herr Kollege Ritzel war der einzige Redner, der bekannte, daß er die Vorbemerkungen ganz gelesen habe. Ich habe sie nur teilweise studiert, weil die Zeit nicht reichte, sie ganz zu lesen. Aber ich habe im Gegensatz zum Herrn Kollegen Ritzel festgestellt, daß die Sozialaufwendungen im kommenden Jahr nicht niedriger sind als im vergangenen, sondern daß das Gegenteil der Fall ist, und zwar, daß sie sich in der Schlußsumme um 977,5


    (Krammig)

    Millionen DM erhöhen. Der Herr Kollege Ritzel kann das auf Seite 144 der Vorbemerkungen nachlesen.

    (Abg. Ritzel: Sie können an anderer Stelle das prozentuale Verhältnis zu den Gesamtausgaben nachlesen!)

    — Das kann nicht ganz stimmen, denn der jetzt laufende Haushalt hatte ein Volumen von rund 27 Milliarden, und der kommende wird eines von 27,8 Milliarden haben. Wenn wir im Sozialhaushalt ein Mehr von 977,5 Millionen feststellen, dann muß sich der prozentuale Anteil nicht ermäßigt, sondern erhöht haben.

    (Abg. Ritzel: Rechnen Sie das noch einmal nach, dann kommen Sie auf mein Ergebnis!)

    — Ja, bitte, ich werde es nachrechnen; aber wir werden uns darüber auch im Haushaltsausschuß noch einmal unterhalten können.
    Sie haben in diesem Zusammenhang gesagt, daß die Kriegsgefangenenentschädigung lediglich mit mit 150 Millionen DM verplant sei, und Sie haben der Bundesregierung vorgeworfen, sie habe wider besseres Wissen zusätzliche 100 Millionen DM nicht verplant, obwohl ihr bekannt sei, daß diese Mittel benötigt würden, um die Kriegsgefangenenentschädigung voll wirksam werden zu lassen. Diese Behauptung, Herr Kollege, steht zunächst im Raum; den Beweis dafür sind Sie schuldig geblieben. Ich hoffe, daß Sie das im Haushaltsausschuß nachholen.
    Auch hinsichtlich des Wohnungsbaues muß ein Wort gesagt werden. Sie behaupten, daß für den Wohnungsbau im kommenden Haushaltsjahr weniger Bundesmittel zur Verfügung gestellt würden als im jetzt laufenden Haushaltsjahr bzw. in den vergangenen Jahren. Auch das ist unzutreffend. Wenn Sie sich den außerordentlichen Haushaltsplan ansehen, werden Sie feststellen, daß genau wie in diesem und im vorigen Rechnungsjahr wieder 500 Millionen DM eingestellt sind. Ja, ich darf Ihnen sagen, daß die zweite Novelle zum Wohnungsbaugesetz auch für das Jahr 1957 noch 500 Millionen DM für den sozialen Wohnungsbau vorsieht.
    Auch bezüglich der Bundesbauten ist es erforderlich, einige Ihrer Angaben nicht unwidersprochen zu lassen. Auf Seite 174 der Allgemeinen Vorbemerkungen, die Sie selber als sehr vorbildlich zusammengestellt bezeichnet haben, ist klar herausgestellt, daß seit 1949 für Dienstgebäude im Bonner Raum 86,15 Millionen DM verplant worden sind, von denen für die nächsten zwei Jahre noch 20 Millionen DM zu verbauen sind. Das ist die Gesamtsumme, und es ist dort gesagt, daß nach diesem Zeitpunkt die Bautätigkeit für Dienstgebäude im Bonner Raum als abgeschlossen betrachtet werden kann. Sie, Herr Kollege Ritzel, wissen als Mitglied des Haushaltsausschusses genau so gut wie ich, daß ein Teil der Bauten erforderlich geworden ist, weil Diensträume, die mietweise zur Verfügung gestellt waren, gekündigt wurden und weil Diensträume, die mietweise zur Verfügung gestellt werden, auf die Dauer gesehen, viel mehr an Mieten gekostet hätten, als es kostet, die Dienstbauten zu erstellen. Auch das sollte man berücksichtigen.
    Dann sind im Bonner Raum 6000 Wohnungen für Bundesbedienstete gebaut worden. Dafür ist ein Gesamtbetrag von 101 Millionen DM aufgewandt worden, wie auf Seite 175 der Vorbemerkungen zu lesen ist. Nun wollen Sie ja wohl nicht sagen, daß diese Wohnungen unnötigerweise gebaut würden; das haben Sie auch nicht gesagt. Wenn wir nach Berlin hätten gehen können, hätten wir die gleichen Mittel in Berlin aufwenden müssen, denn schließlich müssen ja die Bediensteten der Bundesbehörden auch einmal untergebracht werden.

    (Abg. Ritzel: Das ist aber ein großer Unterschied!)

    Im übrigen werden ja die Wohnungen im Bonner Raum aller Voraussicht nach nicht leerstehen, wenn wir das Glück haben sollten, in absehbarer Zeit nach Berlin umzuziehen. Das nehme ich jedenfalls nicht an. Aber selbst wenn sie hier leerständen, hätten wir die Wohnungsnot überwunden, und das sollte uns, glaube ich, in eine solch glückliche Stimmung versetzen, daß wir sogar das Leerstehen dieser Wohnungen ertragen könnten.
    Im gleichen Zeitraum sind außerhalb des Bonner Raums für Bundesbedienstete 127 Millionen DM für insgesamt 10 300 Dienst- und Mietwohnungen verbaut worden.
    Herr Kollege Ritzel hat auch von den Investitionen gesprochen und hat in diesem Zusammenhang erwähnt, daß die Wirtschaft vermöge der Entwicklung in der Lage gewesen sei, unverhältnismäßig hohe Kapitalien zu investieren. Herr Kollege Ritzel, Sie lesen genau so wie ich Bilanzen, die veröffentlicht werden. Wenn Sie sich die Bilanzen einmal ansehen, dann werden Sie auf der Passivseite dieser Bilanzen feststellen, woher zum Teil die Mittel für Investitionszwecke gekommen sind, nämlich durch eine Schuldenaufnahme. Wenn Sie in dieser Hinsicht eine Wirtschaftsbilanz ziehen, werden Sie feststellen, daß unsere Wirtschaft außerordentlich verschuldet ist. Wenn ich das hier sage, der ich mich selber zu den Arbeitnehmern rechne und mitten in der Gewerkschaftsarbeit stehe, sage ich das nicht, weil ich nun vor den Wirtschaftsleuten Kotau machen will, sondern weil es einfach die Wahrheit ist und weil es auch einem Arbeitnehmer zu Gesicht steht, die Wahrheit zu sagen und nicht die Dinge so darzustellen, als ob die Wirtschaft hier etwas Besonderes für sich in Anspruch genommen hätte.

    (Beifall in der Mitte. — Zuruf des Abg. Ritzel.)

    Meine Damen und Herren, was bewirken denn Investitionen? Doch nichts anderes als eine bessere Produktionsmittelausstattung, als eine Rationalisierung in ,den Betrieben, als ein höheres Sozialprodukt, das wir doch alle erstreben, um daraus einen besseren Lebensstandard zu haben. Wenn in den ersten Jahren der Stabilisierung nach 1948 überreichlich investiert worden ist, so ist das schließlich nicht denen allein zugute gekommen, die investiert haben, sondern insbesondere denen, die dort Arbeitsplätze gefunden haben.
    Ich möchte es mir versagen, auf Einzelzahlen einzugehen. Ich werde Ihnen eine Aufstellung aus „Wirtschaft und Statistik" und aus den „Vierteljahresheften für Wirtschaftsforschung" zur Verfügung stellen, aus denen die Anteile der Löhne und der Investitionen usw. usw. am Volkseinkommen, nämlich dem Nettosozialprodukt zu Faktorkosten, ganz einwandfrei hervorgehen. Da werden Sie feststellen, daß der Lohnanteil sich bei ,dem Steigen des Sozialprodukts von 63,1 Milliarden DM im Jahre 1949 auf 103,7 Milliarden DM im Jahre 1953


    (Krammig)

    etwa auf 63 % gehalten hat; ein Prozentsatz, der auch in der Schweiz — Sie kennen dieses Land besser als ich, Herr Kollege Ritzel — üblich ist.
    Sie haben in Ihren Ausführungen auch vom Wahlgesetz gesprochen und gesagt, daß Sie eine Initiative der Bundesregierung erwarten. Ich meine, der Initiative der Mitglieder dieses Hauses sind überhaupt keine Grenzen gesetzt. Warum wollen Sie nicht selber einen Entwurf vorlegen? Warten wir doch gar nicht ab, bis die Bundesregierung damit kommt. Wir können das ja selbst machen und werden dann das richtige Wahlgesetz schon zustande bringen.
    Meine. Damen und Herren, noch eine kurze Bemerkung — ich möchte die Zeit, die ich dem Herrn Präsidenten genannt habe, nicht überschreiten — zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Professor Gülich. Herr Kollege Professor Gülich sprach im Zusammenhang mit Verwaltungsvereinfachungen von der Mitzeichnung und dem Referatslauf in den Ministerien. Ich habe im vergangenen Jahr in den Haushaltsberatungen des Haushaltsausschusses schon darauf hingewiesen, die Kleinheit der Referate in den einzelnen Häusern sei zum Teil mit schuld daran, daß zu viele Referate an der Mitzeichnung beteiligt werden. Das Bundesfinanzministerium selbst, zu seinem Lobe muß das gesagt werden, hat eine Reorganisation in dieser Hinsicht durchgeführt. Ich möchte wünschen, daß das in anderen Häusern auch geschieht. Wir müssen dahin kommen, daß ein Referat wirklich einen Überblick über ein Teilgebiet des ganzen Aufgabengebietes eines Ressorts besitzt. Es geht nicht an, daß ein Referat — um ein Beispiel zu nennen — sich nur mit der Zündwarensteuer oder der Leuchtmittelsteuer beschäftigt; die gesamten Verbrauchsteuern sollten zusammengefaßt werden, damit auch einmal der Initiative auf 'diesen Einzelgebieten etwas gesteuert wird und der Referatsleiter aus der Übersicht über diese Dinge sagen kann: „Es ist nicht erforderlich, daß wir hier oder dort etwas tun, wir müssen das große Ganze im Auge haben." Wenn wir solche Referate schaffen, dann werden wir auch dazu kommen, daß wir in der Referatsbeteiligung und Mitzeichnung zu einem vernünftigen Maß kommen. Aber wie notwendig es ist, daß mitgezeichnet wird, zeigt das Beispiel einer Veröffentlichung im „Bulletin". Das Bundesministerium des Innern hatte zu der Besoldung der kriegsgefangenen Beamten einen Erlaß bekanntgegeben, der nicht vorn Bundesminister der Finanzen gegengezeichnet war und der insoweit widerrufen werden mußte. Bei der Überschneidung der Kompetenzen

    (Abg. Dr. Gülich: Ich sprach von zuviel Mitzeichnung! Fünfzehn Mitzeichnungen sind zuviel!)

    — in Besoldungsfragen Bundesfinanzministerium, Mitberatung im Bundesministerium des Innern — ist ein Lauf der Akten von Ministerium zu Ministerium erforderlich. Wir dürfen bei dieser Gelegenheit auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Ich bin ganz Ihrer Meinung, daß man das vernünftig regeln kann.

    (4 Legislaturperiode zu verwirklichen sich vorgenommen hat. Das Wort hat der Abgeordnete Bauknecht. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist Sitte, bei der ersten Lesung des Haushalts einen gewissen Bogen zu spannen und nicht in die Einzelheiten der Probleme einzusteigen. Ich möchte es mir daher versagen, wenn ich zur Landwirtschaft spreche, mich mit den Einzelheiten zu beschäftigen; das wird Aufgabe der Ausschüsse sein. Ich möchte aber grundsätzlich folgendes sagen. Wenn Herr Staatssekretär Hartmann gestern davon gesprochen hat, daß der Agrarhaushalt in diesem neuen Etat insgesamt um 100 Millionen erhöht worden ist, so möchte ich davor warnen, etwa zu der Meinung zu kommen, es handele sich hier um ein zusätzliches Geschenk. Diese Auffassung wäre falsch. Nicht etwa deswegen, weil die Einnahmen in diesem Haushalt durch die bekannten Abschöpfungen der Einfuhrund Vorratsstellen gestiegen sind, hat man wohl dieses Mehr eingesetzt, sondern ich bin der Auffassung, daß Sie, Herr Bundesminister, auch wenn diese Einnahmen nicht gleichzeitig gestiegen wären, sich veranlaßt gesehen hätten, für unabänderliche Dinge, die auf uns in der Landwirtschaft zukommen und bei denen sich die Landwirtschaft selber wirklich nicht helfen kann, darüber hinaus einiges zu tun. Die Einfuhrund Vorratsstellen, über die in diesem Hause kürzlich nahezu einen halben Tag lang debattiert worden ist, sind immer wieder ein t Stein des Anstoßes. Es darf auch an dieser Stelle gesagt werden, daß sie ja nicht etwa nur für die Landwirtschaft geschaffen wurden, sondern gleichermaßen für die Erzeuger und Verbraucher. Niemand hat es in der Hand, daß sich die Verhältnisse eines schönen Tages nicht wieder wandeln. Wer hat denn soviel Einfluß auf den Weltmarkt, um das sagen zu können? Eine gewisse Sicherheit für die Ernährung, glaube ich, müßte man auch in diesem Hause und nicht etwa nur in den Parlamenten anderer Länder für notwendig halten. Die Weltmarktpreise sind heute meist sogenannte Zweckmäßigkeitsmaßnahmen, und es existiert praktisch gar kein echter Weltmarktpreis. Ich darf vielleicht nur an Weizen erinnern, für den bei den exportierenden Ländern verschiedenartige Preise gelten, je nachdem, wie sie gerade in die Handelspolitik der einzelnen Länder passen. Wir alle in diesem Hause, glaube ich, sind wie die Verbraucher daran interessiert, daß in die Landwirtschaft eine gewisse Stabilität und Kontinuität hineinkommt. Ich glaube, daß die Hausfrau an nichts ein größeres Interesse haben kann als an möglichst gleichmäßigen Preisen während des ganzen Jahres. Ich darf vielleicht auch daran erinnern, daß kürzlich einer der liberalsten Professoren hier in Bonn eine Rede gehalten hat, von dem die meisten glaubten, er sei ein totaler Gegner etwa eines im Bundestag zur Debatte stehenden Paritätsgesetzes, und daß dieser dann expressis verbis gesagt hat: Wer das Paritätsgesetz nicht haben will, muß sich darüber klar sein, daß für die Landwirtschaft etwas geschehen muß. Bei dieser Gelegenheit hat Professor Brandt — dieser war es nämlich — auch davon gesprochen, daß man ohne Vorratsstellen und ohne saisonalen Ausgleich nicht auskommen könne. Diese Erkenntnis haben alle Länder der Welt im Laufe der Zeit gewonnen. Herr Staatssekretär Hartmann, ich möchte Ihnen aber folgendes sagen. Wenn etwa in Ihrem Hause die Auffassung herrschen sollte, daß diese Ausgaben, die im neuen Etat zusätzlich für die Landwirtschaft vorgesehen sind, an entsprechende Abschöpfungen der Vorratsstellen gekoppelt wären, dann wären Sie schlecht beraten; denn Ihr Herr und Meister, der Herr Bundesfinanzminister, ist anderer Auffassung. Als wir dieser offenbar in seinem Sinne falschen Auffassung waren und bei Anträgen für zusätzliche Zuwendungen darauf hingewiesen haben, daß die Einnahmen bei den Einfuhrund Vorratsstellen auch gestiegen seien, hat er im letzten Jahr bei der Haushaltsberatung gesagt, diese Dinge hätten nichts miteinander zu tun, das laufe in den allgemeinen Finanzhaushalt, und man könne die Dinge nicht koppeln. Mit anderen Worten: Wenn durch eine Umkehr der Weltmarktpreise die Situation entsteht, daß die Abschöpfungen kleiner werden, so dürfen die Maßnahmen des sogenannten Lübke-Programms dadurch nicht tangiert werden. Abschließend darf ich zu diesem Punkt noch sagen, daß trotz der Fortschritte der Technisierung in der Feldwirtschaft und einer steigenden Leistungskurve sich die Erzeugungskosten in der deutschen Landwirtschaft leider nicht haben senken lassen und daß wir andererseits die Entwicklung der Auslandspreise nicht in der Hand haben. Deshalb begrüßen wir den Beschluß des Kabinetts, der Delegation zu den GATT-Verhandlungen in Genf eine Marschroute mit auf den Weg zu geben. Ich stehe nicht an, hier irgend jemanden zu loben. Herr Bundesernährungsminister, Sie haben das Ihrige getan, um im Kabinett den Standpunkt durchzusetzen, daß die Marktgesetze und die Importkontingente nach Menge und Zeit durch die GATT-Beratungen in Genf nicht berührt werden dürfen. Im Augenblick wird auch sehr viel davon gesprochen — ich erinnere an die Debatte über den Eierzoll —, ob das Zollsystem in der augenblicklichen Lage richtig ist oder nicht. Sie wissen, daß man früher die sogenannten Gewichtszölle hatte und dann später unter dem Druck ,des Auslands zu den Wertzöllen übergegangen ist. Ob diese richtiger sind, lasse ich dahingestellt sein, auf alle Fälle haben sie sich bei verschiedenen Produkten nicht bewährt; denn wenn die Preise steigen, steigt der Zoll mit, und der Verbraucher hat den Schaden. Sinken die Preise, dann nützen die Zölle dem Erzeuger auch nichts, da gleichzeitig mit dem Preis der Ware der Zoll heruntergeht. Wenn man nun aber auf ein anderes System übergehen will, so glaube ich meinerseits und auch für meine Fraktion sagen zu dürfen, daß man diese Dinge vorher sorgfältig prüfen muß. Sicherlich hat sich der sogenannte gleitende Mischzoll bei Braumalz hervorragend bewährt, aber man kann nicht unbedingt sagen, daß er für andere Produkte gleich wertvoll ist. Ich darf vielleicht noch ganz wenige Worte zur Milchwirtschaft sagen. In dem Haushalt ist ein Posten von 17 Millionen DM für den übergebietlichen Ausgleich zwischen Trinkmilchpreis und Werkmilchpreis enthalten. Hier handelt es sich nicht um eine Ausgabe für den Bund, sondern um einen durchlaufenden Posten; denn diese Summe wird ja vorher auf Grund des Milchund Fettgesetzes dem Erzeuger abgezogen. Wir sind nach wie vor der Auffassung, daß gerade auf dem Gebiete der Milchwirtschaft die bisher bestens bewährte Marktordnung nicht gestört werden darf, wenn auch geprüft werden kann, ob nicht da und dort durch die Entwicklung der Zeit kleinere Änderungen vorgenommen werden können. Aber diese Marktpolitik darf auch von außen her nicht gestört werden. Die Politik der. Bundesregierung in den hinter uns liegenden Jahren 1953 und 1954 hat sich im Hinblick auf die Butterpreise ganz gut bewährt, wenn auch die Presse manchmal anderer Auffassung war. Tatsache ist, daß es in diesen beiden Jahren gelungen ist, den Butterpreis stabil zu halten. Die saisonalen Schwankungen sind durchaus in Ordnung und dienen einer gesteigerten Erzeugung. Daß die Milchpreise und Butterpreise während der Monate der Hauptproduktion etwas niedriger sind als in den anderen Monaten, in denen die Produktion sinkt, ist selbstverständlich. Wenn für die Wintermonate ein Anreiz gegeben wird, so ist das durchaus in Ordnung, und wir bejahen es. Wenn sich in diesem Herbst gezeigt hat, daß es vielleicht wünschenswert gewesen wäre, von seiten der staatlichen Einfuhrund Vorratsstelle zu Zeiten des Überschusses mehr aus dem Markt zu nehmen, so glaube ich, daß es richtig ist, wenn man bei der Beratung dieses Haushaltes die gegebene Lage sorgfältig prüft. Dann wird man wahrscheinlich feststellen, daß über die jetzt vorgesehenen Mittel hinaus noch zusätzliche Mittel notwendig sind, um den Markt noch besser ausgleichen zu können. Auf einen Posten möchte ich hier aber besonders hinweisen. Das Haus hat sich dankenswerterweise beim letzten Etat bereit erklärt, den dort erstmals erscheinenden Posten in Höhe von 5 Millionen DM für die Restmilchverwertung einzusetzen. Er dient im wesentlichen zur Festigt ng des Marktes von Trockenmilch, von Magermilchpulver und zur Entlastung des damals darniederliegenden Käsemarktes. Es hat sich erfreulicherweise gezeigt, daß durch den Einsatz dieser 5 Millionen DM sofort eine Beruhigung und eine Festigung des Marktes hervorgerufen wurde. Man kann diese 5 Millionen DM ruhig mit der englischen Flotte vergleichen: die Tatsache, daß sie da waren, hat den Markt während des ganzen Jahres stabilisiert. Ich möchte darum heute schon das Haus ersuchen, daß auch in zukünftigen Haushalten dieser Posten erhalten bleibt, wenn er auch, wie gesagt, in den abgelaufenen neun Monaten noch nicht gebraucht wurde. Allerdings müßte man daran denken, daß diese Stützung neben dem Milchpulver auch auf das Nährkasein und auf andere Produkte ausgedehnt wird. Grundsätzlich darf aber noch gesagt werden, daß das deutsche Preisniveau, wie der Herr Bundesernährungsminister kürzlich gesagt hat, unter dem Europas liegt. Von den Bauern kann aber nicht verlangt werden, daß sie ihre Erzeugnisse, also die Produkte ihrer Arbeit wesentlich billiger zur Verfügung stellen als andere Zweige unserer Gesamtwirtschaft, deren Betriebe und Wirtschaftsmethoden angeblich sogar erheblich mehr durchrationalisiert sind als die der sogenannten rückständigen Landwirtschaft. Wäre nämlich diese Behauptung von der fortschrittlicheren Rationalisierung in der übrigen Wirtschaft wirklich richtig, so müßten doch die natürlichen Folgen umgekehrt sein: die Erzeugnisse dieser rationelleren Wirtschaftszweige müßten er heblich billiger sein als die der Landwirtschaft. Die Obstpreise lagen im Monat Oktober, um nur ein Beispiel zu nennen, bei 108 % des Vorkriegsstandes. Im letzten Monat sind sie weiter gefallen. Frage: Wo gibt es — mit Ausnahme des Sektors der zwangsbewirtschafteten Wohnungen — noch einen Wirtschaftszweig, der bei einem solchen durchschnittlichen Preisstand existieren könnte? Der Durchschnitt der industriellen Fertigprodukte liegt heute immer noch bei 217, der Index von Kohle bei 323 und der von Roheisen bei 459 des Preises des Jahres 1939. Deswegen ist der Schutz, der unserer Landwirtschaft gegenüber der ausländischen Konkurrenz auch im Rahmen der Marktordnung eingeräumt ist, in seiner praktischen Auswirkung durchaus nicht etwa überhöht, sondern er geht in keiner Weise über das hinaus, was der übrigen Wirtschaft, der Industrie, zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze durch die Zölle gewährt wird. Weil eben in der Landwirtschaft das Angebot leider nur stoßweise erfolgt, deswegen genügen bei ihr Zölle, die ihre Funktion bei der gewerblichen Wirtschaft sehr wohl erfüllen können, nicht. Darum haben wir die Einfuhrstelle mit dem Totalembargo bei Zukker und Getreide, und deshalb können wir auch auf die Regelung der mengenmäßigen Beschränkung der Einfuhr bei Vieh, Fleisch, Milch und deren Produkten nicht verzichten. Zur Standardisierung möchte ich mit ein paar Worten darauf hinweisen, daß die in diesem Hause beschlossene Senkung der Umsatzsteuer für das Sortieren und die Standardisierung gewisser Produkte durch Handel und Genossenschaften noch nicht genügt, weil ein Teil der noch nötigen Waren hierbei ausgenommen ist. Die zur Standardisierung beim Reifelagern von Käse und beim Präparieren I von Hopfen notwendige Abschaffung bzw. Senkung der Umsatzsteuer ist noch nicht beschlossen. Dies gilt auch für die Einkühlung der Eier. Wenn etwa im Frühjahr das Umsatzsteuergesetz neu umgebildet werden muß, sollte man auf diese Dinge Rücksicht nehmen. Zu einer Qualitätsförderung gehört bekanntlich auch eine bessere Milch. Wir haben mit Betrübnis festgestellt, daß die Ansätze ides letzten Jahres zur Tierseuchenbekämpfung insgesamt gekürzt worden sind. In dieser Beziehung hat das Ausland, das uns dauernd sosehr als Spiegel vorgehalten wird, wesentlich mehr getan, und zwar von staatlicher Seite, vor allen Dingen in der Schweiz, in Dänemark und in Holland, unseren Nachbarländern, die heute mit ihren Produkten bei uns erscheinen und die ihre Produkte mit dem Hinweis propagieren, daß sie aus völlig tbc-freier Milch hergestellt sind. Es darf auch hier nicht verkannt werden, daß die Tbc-Freimachung der Rinderbestände der Landwirtschaft einige Milliarden kostet. Wenn der Bund glaubt, mit diesen bescheidenen Mitteln das letzte getan zu haben, dann nimmt ihm diese Auffassung niemand ab. Ich möchte aber noch betonen — das wird oft zuwenig hervorgehoben —, daß es sich dabei um eine freiwillige Maßnahme der Landwirtschaft handelt. Es wäre eine schlechte Quittung, wenn man die im Haushaltsplan vorgesehenen Kürzungen, sozusagen als Dank für das, was sie von sich aus geleistet hat, wirklich wahrmachte. Wenn man noch einige andere Punkte des Haushaltsplans betrachtet, stößt man auf 20 Millionen DM zur Kraftstoffverbilligung. Diese wurden zu einer Zeit eingesetzt, als die Zahl der Schlepper und damit wohl der Verbrauch an Kraftstoff halb so groß waren wie heute. Diese Mittel reichen in keiner Weise aus. Eine Senkung des Preises ist möglich, wenn man daran denkt, daß die Verteuerung der Kraftstoffe nicht auf den Erzeugungskosten allein beruht, sondern auf Finanzzölle und Steuern zurückzuführen ist, wenn man weiß, daß das Ausland uns hier in der Konkurrenzfähigkeit meilenweit voraus ist. Auch darauf wurde kürzlich hingewiesen. Ich erinnere nur an Holland, wo es ja keine Kunst ist, zu mechanisieren. Die Maschinen und Traktoren sind dort billiger, und der Treibstoffpreis erreicht nicht einmal die Hälfte des hiesigen Preises. Das alles muß man berücksichtigen. Es wäre also außerordentlich begrüßenswert, wenn Sie, Herr Bundesminister, mit Ihrem Kostensenkungsplan künftig mehr Erfolge hätten als bisher. Wahrscheinlich sind die Aussichten dafür recht kümmerlich. Ich denke an Maschinen und Düngemittel. Aber wenn man 'die für unabdingbar notwendig erachtete Mechanisierung vorwärtstreiben will, muß man irgendwie beginnen. Daß man ohne Mechanisierung nicht weiterkommen kann, ist ein klarer Fall, obwohl sie noch lange kein Segen für den einzelnen Bauern ist, weil sie sich zum Teil sehr teuer stellt. Aber sie ist unabdingbar, weil sie eine Arbeitszeitverkürzung und eine Arbeitserleichterung bringt. Sie ist auch deshalb unabdingbar, weil die Kräfte auf dem Lande immer rarer werden, weil sich namentlich vom nächsten Frühjahr ab der stark ins Auge springende Rückgang der Zahl der Schulentlassenen auch auf dem Lande auswirken und weil der Sog der Industrie immer stärker wird. Bereits heute ist die Zahl der Arbeitslosen in Nordrhein-Westfalen — das war der Tiefstand vor wenigen Wochen — unter 3 % gesunken. Wir müssen feststellen, daß die Industrie bereits Werber auf das Land hinausschickt, um Arbeitskräfte zu bekommen. Angesichts dieser Tatsachen ist es eine Verpflichtung für den Staat, dafür zu sorgen, daß durch Mechanisierung Arbeitskräfte eingespart werden. Die Mechanisierung kann allerdings nicht allein im Wege der Fremdfinanzierung vollzogen werden, sondern sie muß durch Eigenfinanzierung erfolgen, weil nur auf diese Weise ein günstigeres Ergebnis erzielt werden kann. Man berät im Augenblick die Verkehrsgesetze und denkt daran, die Kosten für den Bau der Straßen mehr, wenn nicht ganz, auf den Treibstoff zu legen. Meine Damen und Herren, das haut nicht hin! Man kann nicht sagen, daß alle Verkehrsteilnehmer gleichmäßig von dem Straßenbau profitieren; die Landwirtschaft bestimmt nicht mit ihren Schleppern, die unter 40 km in der Stunde fahren, nur teilweise eine öffentliche Straße benutzen und von der Benutzung der Autobahnen ausgeschlossen sein sollen. Da wäre es ein Nonsens, an eine Verteuerung des Kraftstoffs für die landwirtschaftlichen Schlepper überhaupt nur zu denken. Aber noch etwas zu diesem Problem! Damit berühre ich die Ausgaben, die im Bundeshaushalt für die Prüfung von Landmaschinen stehen. Es kann dem einzelnen Bauern nicht zugemutet werden — da reichen seine Kenntnisse absolut nicht aus —, daß er von sich aus weiß, welche Maschine nun für ihn paßt. Die Zahl der Maschinentypen, die heute ungeprüft auf dem Markt erscheinen, geht in die Hunderte. Das ist ein Zustand, der nicht länger geduldet werden kann. Diese Maschinen müssen vorher durch eine amtliche Stelle genauestens daraufhin geprüft werden, a)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)