Ich habe damals gesagt, nachdem der Versöhnungsversuch des Herrn Ministers Hellwege gescheitert sei, stehe der Austragung der Partie nichts mehr im Wege; Mensurlokal sei der Vermittlungsausschuß.
Wenn ich das hier wieder in meinem studentischen Jargon weiterführen darf, dann hat der Bundesrat dem Bundestag bescheinigt, daß er ihn nicht für satisfaktionsfähig hält.
Der niedersächsische Finanzminister Kubel hat das in der Sitzung in andere Worte gekleidet, die ich mit der gütigen Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren darf:
Wir halten es geradezu für eine Brüskierung des direkt gewählten Parlaments, wenn dieses Parlament in monate-, ja im Grunde genommen jahrelanger Beratung nun zu einem mit großer Mehrheit gefaßten Beschluß kommt, darüber nicht einmal mit den Vertretern dieses Parlaments im Vermittlungsausschuß reden zu wollen.
Ich darf hier feststellen, daß der Vertreter des Landes Bayern, Herr Staatssekretär Ringelmann , in ausgezeichneter Weise sich für die Anrufung des Vermittlungsausschusses eingesetzt hat, weiß Gott doch der Vertreter des Landes, das als einziges, sehen wir mal von den beiden Hansestädten ab, den Anspruch darauf erheben kann, ein wirklicher Staat zu sein.
Ich bin dem Herrn Staatssekretär Ringelmann außerordentlich dankbar dafür, daß er sich in dieser Weise für den Friedensweg eingesetzt hat.
Nun ist es aber nicht uninteressant, wenn man einmal feststellt, wer am 3. Dezember im Bundesrat für den Friedensweg, also für den Vermittlungsausschuß gestimmt hat. Das sind: Berlin, Bayern, Hessen und Niedersachsen, wovon die beiden letzteren Länder von den Sozialdemokraten regiert werden. Das ist etwas schmerzhaft festzustellen.
Ich darf daraus wohl die Folgerung ziehen, daß die Gleichschaltungspolitik, die wir doch bei den Landtagswahlen tatkräftig betreiben, das Gebiet der öffentlichen Finanzen noch nicht erreicht hat.
Aber ich stelle zum wiederholten Male fest: nicht Bayern ist der Frondeur gegen die Bundesregierung, sondern ich habe den Eindruck, mein näheres Vaterland Nordrhein-Westfalen. Dort scheint mir auch der Souffleur der intransigenten Bundesratsmitglieder zu sitzen. Der Herr Kollege Niederalt hat von dem Streit der Ministerialdirigenten gesprochen. Ich habe da einen Mann im Auge, der ein ganz hochqualifizierter Beamter der ehemaligen preußischen allgemeinen inneren Verwaltung gewesen ist,
ein Mann mit einer gewissen inquisitorischen Begabung.
Fragen Sie mal den früheren Oberbürgermeister der Stadt Köln, Adenauer,
wie es um diese inquisitorische Begabung des Herrn T a p o 1 s k i aussieht! Ich kann mir solche Bemerkungen erlauben; denn ich bin nicht auf der Landesliste von Nordrhein-Westfalen gewählt,
und mein Bundeswahlkreis fühlt bundesunmittelbar.
Aber dieses Frondeurtum zeigt sich auch noch auf anderen Gebieten, z. B. auf einem Gebiet, das hier schon besonders besprochen worden ist. Das ist die nordrhein-westfälische Besoldungsreform. Nun, lieber Freund Niederalt, darf ich Ihnen mal an einem Beispiel darstellen, wie sich dieser Föderalismus auswirkt. Nehmen wir einmal unser benachbartes, liebes, altes, heiliges Köln. Der Regierungsrat oder meinetwegen auch Oberregierungsrat im Finanzamt, der die ausschließliche Bundessteuer, nämlich die Umsatzsteuer, bearbeitet, ist Landesbeamter und wird nach der nordrhein-westfälischen Besoldungsordnung besoldet. Der Mann, der bei der Oberfinanzdirektion, auch im heiligen Köln gelegen, die Umsatzsteuer bearbeitet, ist Bundesbeamter und wird nach der alten Reichsbesoldungsordnung besoldet. Ich weiß nicht, ob sich das Bundesverfassungsgericht diesen Zustand der gespaltenen Finanzverwaltung bei seiner Urteilsfassung vor Augen geführt hat.
Lieber Freund Niederalt, und wenn Sie mich steinigen sollten — aber das werden Sie ja nicht tun, nein, wir werden uns nachher drüben im Restaurant wieder zusammensetzen —,
Sie können es mir nicht übelnehmen, wenn hier der Stoßseufzer nach der Bundesfinanzverwaltung aufkommt.
-- Ja, aber es könnte ja mal, was weiß ich, — —
Der Unsicherheitsfaktor bleibt durch diese Unklarheit über den Anteil des Bundes und der Länder an der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Meines Erachtens ist diese Unklarheit vornehmlich durch die Intransigenz des Bundesrates geschaffen. Meine Damen und Herren, der Bundes-
rat — das ist vom Kollegen Eckhardt und anderen Kollegen, nicht zuletzt von meinem Freund Niederalt, trefflich hervorgehoben worden .— soll ein Bundesorgan sein.
Aber manchmal zeigt er Züge zu einem Verein zur Vertretung der Länderinteressen, zu einem der vielen corps intermédiaires, verwandt mit dem zur Wahrung der Interessen der Bleistiftfabrikanten usw.
Man kennt so etwas; man braucht ja nur in den Adreßbüchern und Telefonbüchern von Bonn und Umgebung nachzusehen. Meine Damen und Herren, ich habe manchmal den Eindruck, als wenn sich dieses corps intermédiaire bewußt gegen die volonté générale stellte, und das sind wir hier, das ist das unmittelbar vom Volk gewählte Parlament.
Ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen. Aber der Bundesrat kann sich nach der Tagung vom 3. Dezember nicht darüber wundern, wenn Auffassungen aufkommen, daß man ihn reformieren solle, vielleicht trotz Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes, und zwar im Sinne des amerikanischen Senats. Ich mache darauf aufmerksam, daß das Bild des amerikanischen Senats einen großen Freund in dem damaligen Präsidenten des Parlamentarischen Rates hatte. Ich hoffe, daß der damalige Präsident des Parlamentarischen Rates eines Tages doch Gelegenheit haben wird, sich nicht nur der Außenpolitik, sondern vielleicht auch mal wieder innenpolitischen und verfassungsrechtlichen Fragen zu widmen.
Meine Damen und Herren, was bleibt? Was müssen wir tun, wenn der Bundesrat die Dinge demnächst ablehnt? Wahrscheinlich doch den Termin des Art. 107 verlängern. Aber nun kommt noch etwas Besonderes. Der Bundeshaushaltsplan sieht auf der Einnahmenseite bereits die Ergänzungsabgabe vor. Was können wir tun? Mit der Ablehnung des Finanzverfassungsgesetzes allein ist es nicht getan. Dann werden wir wahrscheinlich für die Ergänzungsabgabe ein Spezialgesetz schaffen müssen, und wir werden auch wieder ein Spezial-Inanspruchnahmegesetz schaffen müssen, wiederum provisorische Arbeit, die nicht erfreulich ist. Ich habe den dringenden Wunsch, es möge mit diesen Provisorien doch einmal zu Ende gehen. Wir hatten im Bundestagsausschuß für Finanzen und Steuern und im Plenum des Bundestages einen ich glaube guten Weg zu einer endgültigen Lösung aufgezeigt. Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf, daß es doch noch dazu kommen möge.