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ID0205305300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. November 1954 2601 53. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 4. November 1954. Geschäftliche Mitteilungen . 2603 A, 2612 C, 2627 B Nachruf für den verstorbenen Präsidenten D. Dr. Ehlers: Vizepräsident Dr. Schmid 2603 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Ehrenbegräbnis für den Präsidenten D. Dr. Ehlers (Drucksache 934) 2603 D Einstimmige Annahme 2603 D Unterbrechung der Sitzung . . 2603 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Etzenbach, Lermer und Dr. Conring . . 2603 D Änderungen der Tagesordnung 2604 A Nächste Fragestunde 2604 A Zurückgestellte Fragen der Fragestunde der 51. Sitzung (Drucksache 890): 13. betr. durchschnittliche Kosten der Errichtung und Bedienung von Schrankenanlagen an unbewachten Bahnübergängen bzw. Entschädigungen für tödlich verlaufene Unfälle: Ritzel (SPD) 2604 C, 2605 A, B Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 2604 D, 2605 A, B 14. betr. Familientarife für kinderreiche Familien bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel: Brück (CDU/CSU) 2605 B Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 2605 C 15. betr. Heraufsetzung der Altersgrenze der Kinder für Freifahrt und für 50%ig ermäßigte Fahrt bei der Deutschen Bundesbahn: Brück (CDU/CSU) 2605 D, 2606 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 2605 D, 2606 A 20. betr. Telefongespräch des Bundesministers für besondere Aufgaben Strauß aus Paris mit dem Bundeskanzleramt: Dr. Bucher (FDP) 2606 B Strauß, Bundesminister für besondere Aufgaben 2606 B 21. betr. Bundesstraße 9 zwischen Koblenz und Andernach: Josten (CDU/CSU) 2606 B, D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 2606 C, D, 2607 A 24. betr. Jahresabschlüsse der Deutschen Bundesbahn für die Geschäftsjahre 1952 und 1953: Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 2607 A, D, 2608 A, B Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 2607 A, D, 2608 A, B Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 2604 A Mitteilung über Zurückziehung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Kontrollratsdirektive Nr. 50 (Drucksache 506) und der Kleinen Anfrage 113 der Fraktion der FDP betr. Äußerung des Staatssekretärs Dr. Sonnemann über staatliche Einfuhrplanung (Drucksache 834) 2604 B Mitteilung über Vorlage des Entwurfs einer Verordnung Z Nr. 1/54 über Preise für Zuckerrüben der Ernte 1954 2604 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 110 (Drucksachen 825, 921) . . . 2604 B Mitteilung über Vorlage der Abrechnung über die den Trägern der Invaliden- und Angestelltenversicherung für Rentenzulagen zuzuteilenden Schuldbuchforderungen usw. 2604 B Beratung des Antrags der Fraktion des GB/BHE betr. Landwirtschaftliche Einfuhr- und Vorratsstellen (Drucksache 732) 2608 B Bender (GB/BHE), Antragsteiler 2608 B, 2626 B Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) (CDU/CSU) 2612 C, 2627 A Kriedemann (SPD) 2615 B, 2626 C Dr. Horlacher (CDU/CSU) 2617 C Müller (Wehdel) (DP) 2621 B Dannemann (FDP) 2621 C Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2623 C Antrag für erledigt erklärt 2627 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen (Drucksache 666); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 875) 2627 B Geiger (München) (CDU/CSU), Berichterstatter 2627 B Beschlußfassung 2627 B Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Überleitung der Beteiligung des ehemaligen Landes Preußen am Grundkapital der Deutschen Pfandbriefanstalt auf den Bund (Drucksache 466); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 874) 2628 A Kirchhoff (CDU/CSU), Berichterstatter 2628 A Mellies (SPD) 2629 C Weiterberatung vertagt 2629 C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft (Drucksache 750); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 880) 2629 C Dr. Pohle (Düsseldorf) (CDU/CSU), Berichterstatter 2629 D Beschlußfassung 2630 B Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifgesetzes (Drucksache 910) 2630 B Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2630 B Beratung des Entwurfs einer Zweiundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 922) 2630 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2630 C Beratung des Entwurfs einer Dreiundzwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 888) 2630 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 2630 C Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Achtzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksachen 891, 633) 2630 C, 2632 Margulies (CDU/CSU), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) 2632 Beschlußfassung 2630 D Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Zwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksachen 893, 763) 2630 D, 2632 Birkelbach (SPD), Berichterstatter (Schriftlicher Bericht) . . ... . 2632 Beschlußfassung 2631 A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über die Fünfte Verordnung über Zolltarif ände-rungen aus Anlaß der Errichtung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksachen 911, 456) 2631 A Griem (CDU/CSU), Berichterstatter 2631 A Beschlußfassung 2631 B Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrechnungshofes betr. Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr 1952 — Einzelplan XX — (Drucksache 920) 2631 B Überweisung an den Haushaltsausschuß 2631 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP betr. Zündwarensteuer (Drucksache 917) 2631 B Dr. Lindrath (CDU/CSU), Antragsteller 2631 B Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 2631 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Protokoll vom 22. November 1952 über den Handel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ceylon betreffende allgemeine Fragen sowie zu dem Ergänzungsprotokoll vom 29. Januar 1954 zu diesem Protokoll (Drucksache 896) . . 2631 C Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 2631 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise (Drucksache 918) 2631 C Überweisung an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung . . 2631 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Übereinkommen Nr. 62 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 23. Juni 1937 über Unfallverhütungsvorschriften bei Hochbauarbeiten (Drucksache 913) 2631 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 2631 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Übereinkommen Nr. 17 der In- ternationalen Arbeitsorganisation vom 10. Juni 1925 über die Entschädigung bei Betriebsunfällen (Drucksache 914) . . . 2631 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit 2631 D Nächste Sitzung 2631 D Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Achtzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 891) 2632 Anlage 2: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Zwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 893) 2632 Die Sitzung wird um 11 Uhr 2 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Anlage 1 Drucksache 891 Schriftlicher Bericht *) des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Achtzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 633) Berichterstatter : Abgeordneter Margulies Der Entwurf einer Achtzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen hat zum Inhalt eine Änderung der Zollnomenklatur. Kleie usw. fällt jetzt unter die Tarifnr. 2302, für die ein vertragsmäßiger Zollsatz von 18 % vereinbart ist. Hiervon ausgenommen wird Reisfuttermehl, für das der Zollsatz 12 % beträgt und das von den übrigen unter Tarifnr. 2302 fallenden Warenarten zolltechnisch abgegrenzt werden kann. Der Ausschuß empfiehlt die Annahme der Vorlage. Bonn, den 12. Oktober 1954 Margulies Berichterstatter Anlage 2 Drucksache 893 Schriftlicher Bericht **) des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) über den Entwurf einer Zwanzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 763) Berichterstatter : Abgeordneter Birkelbach Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat sich in seiner Sitzung vom 12. Oktober mit dem Inhalt dieser Verordnung befaßt. Wie in der schriftlichen Begründung der Verordnung bereits dargelegt wurde, dürfen von der Jahreskontingentsmenge von 6000 t Rohaluminium, das als Gegenlieferung für ausgeführtes Aluminiumoxyd zollfrei eingeführt werden kann, monatlich nicht mehr als 500 t ausgenutzt werden. In den einzelnen Kalendermonaten nicht beanspruchte Teilmengen können in den folgenden Kalendermonaten bis zum Ende des Kalenderjahres angerechnet werden. Die Bestimmung sollte verhindern, daß durch Einfuhr von 6000 t Rohaluminium in einem kurzen Zeitabschnitt der Inlandsmarkt gestört wird. Diese Befürchtung besteht heute nicht mehr. Der Aluminiumverbrauch ist in der Zwischenzeit derart angestiegen, daß ein marktgefährdender Überhang an Rohaluminium durch die Einfuhr *) Vgl. Seite 2630 **) Vgl. Seite 2630 der 6000 t auch ohne mengenmäßige Aufteilung auf die einzelnen Kalendermonate nicht entstehen kann. Außerdem hat die einschränkende Bestimmung zu ernsten Schwierigkeiten für die beteiligten Wirtschaftskreise geführt. Der Ausschuß hat einstimmig beschlossen, der Verordnung zuzustimmen. Darüber hinaus kam zur Sprache, in welchem Ausmaß gegebenenfalls eine Erhöhung des auf 6000 t jährlich begrenzten Kontingentes in Aussicht genommen werden sollte. Auf Grund der vom Bundeswirtschaftsministerium erteilten Auskünfte sprach sich der Ausschuß einstimmig dafür aus, der Bundesregierung zu empfehlen, mit größter Beschleunigung durch eine weitere Verordnung die Heraufsetzung des Kontingentes auf 9500 t vorzunehmen. Bonn, den 12. Oktober 1954 Birkelbach Berichterstatter
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Keine Frage mehr. Damit ist der Rest der letzten Fragestunde erledigt.
    Ehe ich in der Tagesordnung fortfahre, teile ich mit, daß sich die Fraktion der CDU/CSU um 14 Uhr versammeln will, anschließend die Landesgruppe der CSU.
    Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
    Beratung des Antrags der Fraktion des GB/BHE betreffend landwirtschaftliche Einfuhr- und Vorratsstellen (Drucksache 732).
    Das Wort hat der Abgeordnete Bender.
    Bender (GB/BHE), Antragsteller: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist das traurige Schicksal von Agrardebatten, daß sich das Haus bereits am Anfang leert oder daß das Interesse im Laufe der Debatte wesentlich nachläßt. Ich betrachte es als eine besonders glückliche Fügung, daß unser Antrag schon zu einem Zeitpunkt behandelt wird, in dem das Haus noch zu einem großen
    Teil da ist. Es kann, wie ich hoffe, für den parlamentarischen Anfänger als tröstlich angesehen werden, soviel Zuhörer zu haben, wenn er auch nicht glaubt, daß es alles Freunde sind.

    (Heiterkeit.)

    Ich darf der Begründung unseres Antrags einige Bemerkungen vorausschicken. Der Antrag meiner Fraktion hat mehrere Vertagungen erleben müssen, die aus sehr triftigen Gründen beschlossen worden sind. In diesem Zusammenhang muß ich der Presse mein uneingeschränktes Lob sagen. Die Presse hat den wesentlichen Inhalt meiner Begründung schon vor etwa einem Monat bekommen. Sie hat mit einer geradezu beispiellosen Fairneß die Sperrfristverlängerungen immer wieder ertragen und ist bis zum heutigen Tage dicht geblieben. Ich danke ihr dafür.

    (Heiterkeit beim GB/BHE.)

    Weniger dicht sind andere Stellen gewesen, die den Inhalt meiner Begründung dem Hause des Herrn Bundesernährungsministers ausgeliefert haben. Das schadet aber nichts. Die Maschine des Bundesernährungsministeriums, zumindest die Vervielfältigungsmaschine, ist auf ganz hohen Touren gelaufen. Es gibt, glaube ich, kaum einen Angestellten oder Beamten in den Einfuhr- und Vorratsstellen, der meine Begründung nicht schon seit Wochen hat; es sind auch nur wenige maßgebliche Herren in diesen Stellen, die nicht schon um Reformvorschläge gebeten worden sind. Hätten noch einige Vertagungen stattgefunden, dann bräuchte ich zu Ihnen, meine Damen und Herren, gar nicht mehr zu sprechen; denn was bisher schon an Reformen auf dem Gebiete der Einfuhr- und Vorratsstellen im Bundesernährungsministerium geschaffen worden ist, ist so beispielhaft, daß ich auch Ihnen, Herr Bundesminister, meinen Dank sagen möchte.

    (Abg. Dr. Horlacher: Aber nicht das, was Sie da in Ihrem Aufsatz geschrieben haben!)

    – Das wissen Sie ja gar nicht!

    (Abg. Dr. Horlacher: Das habe ich ja gelesen!)

    — Herr Kollege Horlacher, ich bin Ihnen für den Zwischenruf dankbar. Es gäbe ja nichts Törichteres, als wenn ich mich heute zur Grünen Front in Gegensatz stellen wollte. Das will ich nicht. Ich weiß, die Grüne Front ist in diesem Hohen Hause ein so fest geschlossenes Ganzes, daß ich von links nach rechts oder von rechts nach links schauen kann und doch überall dieselbe Meinung vertreten finde. Wenn ich meinen Antrag durchbringen will — und das möchte ich selbstverständlich —, muß ich ja um ihre Freundschaft werben.

    (Abg. Dr. Horlacher: Erst umarbeiten!)

    Ich hoffe, Sie werden sie mir am Ende meiner Ausführungen schenken, die Sie sicher noch nicht kennen; denn die Presse hat ja wie gesagt dichtgehalten.
    Ich will die Agrarbevölkerung und den Stand des ehrbaren Landmannes in Westdeutschland wirklich nicht ärgern. In einem Jahr der Hochwasser- und sonstigen Agrarkatastrophen stünde es niemandem gut an, unseren Landwirten Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Ich will das auch nicht. Was ich will, ist, einen Weg zu zeigen, der aus der Versteinerung des jetzigen Organisationsgefüges herausführt. Ich will, daß die fortschrittsfreudigen Kräfte in der Landwirtschaft, die nichts geschenkt haben


    (Bender)

    wollen, die keine unverdiente Pfründe haben wollen, die Möglichkeit der Bewährung haben und daß bei den weniger Fortschrittlichen das Gesetz der Trägheit vielleicht dann doch allmählich überwunden wird.
    Nun zu dem Antrag selbst. Die Marktordnungsgesetze für Getreide, Vieh, Fleisch, Fette und Zukker und die durch diese Gesetze geschaffenen Institutionen, die Einfuhr- und Vorratsstellen, stammen aus dem Jahre 1951. Gedanklich und auch institutionell sind diese Gesetze und Einrichtungen irgendwie noch Kinder oder Enkel des selig verflossenen Reichsnährstandes. Sie stammen also aus einer Zeit, haben zum mindesten ihre Wurzeln in einer Zeit, in der das Autarkiedenken, das Denken an Vaterlandsverteidigung, das Denken an die Drosselung der Importe maßgebend sein mußte, um eben Kanonen statt Butter herstellen zu können.
    Der Wille des Gesetzgebers war es, die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die Grundnahrungsmittel, vor dem Einfluß der schwankenden und nicht übersehbaren internationalen Märkte im Interesse der deutschen landwirtschaftlichen Erzeuger und Verbraucher zu schützen. Die Lage der Bundesrepublik — erst drei Jahre nach der Währungsreform — rechtfertigte uneingeschränkt die damaligen Maßnahmen. Die Handelsverträge, die einzelnen großen Abkommen wie das Weizenabkommen und das Zuckerabkommen waren noch nicht geschlossen. Wir mußten uns allmählich in eine neue Zeit der Agrarpolitik hineintasten, und dafür waren diese Gesetze und Einrichtungen durchaus angemessen.
    Aber schon im Sommer 1952 und fast im ganzen Jahr 1953 beschäftigte sich ein aus Kollegen des Ernährungs- und Außenhandelsausschusses zusammengesetzter Arbeitskreis des Bundestages damit, ob die Einfuhr- und Vorratsstellen, ihre Funktionen und ihr Aufgabengebiet, noch berechtigt wären. Im Mitelpunkt der damaligen Untersuchung stand die Tätigkeit der Einfuhrstelle für Getreide. Der Arbeitskreis des Bundestags faßte das Ergebnis seiner Untersuchungen in eine Empfehlung an die Bundesregierung zusammen. Das Ergebnis dieser Empfehlung kann niemanden befriedigen, der verfolgt, was daraus geworden ist.
    Seit der damaligen Untersuchung ist wiederum über ein Jahr mit neuen Erfahrungen und allgemeinen Erkenntnissen vergangen. Die wichtigsten Erkenntnisse — um das gleich vorauszuschicken — sind folgende: Das Schutzbedürfnis der deutschen Landwirtschaft bezüglich der Produktion von Getreide und Zucker besteht nach wie vor. An diesem Schutz soll im Grundsatz auch festgehalten werden. Ob dagegen die Preishöhe, auf die Getreide und Zucker heraufgeschleust werden, ehe beides für uns Normalverbraucher eßbar wird, heute noch zu rechtfertigen ist, wage ich anzuzweifeln. Für Vieh und Fleisch besteht ein Schutzbedürfnis, das über die Zölle hinausgeht, nicht mehr. Für Fette gilt das gleiche.
    Das deutsche Preisniveau für Agrarerzeugnisse liegt in Europa fast an der Spitze aller Länder.

    (Abg. Dr. Horlacher: Was?! Das ist ein großer Irrtum!)

    Westdeutschland stellt gegenüber den angrenzenden und mit ihm konkurrierenden Agrarländern eine überhöhte Preisinsel dar. Von besonderer Bedeutung ist hierbei das außergewöhnlich hohe Getreidepreisniveau. England, Holland, Belgien, Dänemark basieren auf internationalen Getreidepreisen,
    die für Brot- und Futtergetreide um zirka 100 DM pro Tonne unter den deutschen Getreidepreisen liegen. Das werden Sie nicht bestreiten können, Herr Kollege.

    (Abg. Dr. Horlacher: Vorher waren sie um 100 DM höher!)

    Wir müssen also prüfen: Ist diese Diskrepanz zwischen internationalem und deutschem Getreidepreis, die zu einer Versteinerung des Kostengefüges führt, in dieser Höhe weiterhin aufrechtzuerhalten? Zweitens: Ist die starke Überhöhung der deutschen Getreidepreise für die deutsche Landwirtschaft tatsächlich noch notwendig und zweckmäßig, wenn man berücksichtigt, daß der Marktanteil aus Getreide im Vergleich zu den Verkaufsprodukten der deutschen Landwirtschaft, die aus der Veredelungswirtschaft der bäuerlichen Betriebe dem Markt zugeführt werden, denkbar gering ist? Diese Frage erscheint von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die angestrebte europäische Integration und die Bemühungen auf dem Gebiet der Konvertibilität der Währungen, die mir als Vorsitzendem des Außenhandelsausschusses in diesem Hause natürlich besonders am Herzen liegt. Ich weiß, daß diese Frage selbst denjenigen, die von Berufs wegen uneingeschränkte Agrarfreunde sind, bereits seit langem größte Sorge bereitet.
    Im einzelnen ist festzustellen: der deutsche Getreidepreis liegt — ich wiederhole es — um rund 80 bis 100 Mark je Tonne über dem internationalen Getreidepreis. Bei einer Einfuhr von zirka 4 Millionen Tonnen im Jahr können im Augenblick etwa 400 Millionen DM netto cif deutscher Hafen abgeschöpft werden. Die Höhe der festgesetzten deutschen Getreidepreise soll jetzt nicht diskutiert werden; aber durch die Heraufschleusung des Getreidepreises, die einem Gleitzoll gleichkommt, wird dem deutschen Landwirt der Schutz gewährt, auf den er glaubt Anspruch zu haben.
    Daneben hat man sich aus politischen Gründen noch entschlossen, bei Getreide eine Reserve für einen Bedarf von etwa drei Monaten in Höhe von 1,5 bis 1,7 Millionen Tonnen zu erhalten. Die Durchführung dieser beiden allein entscheidenden Maßnahmen erfordert eine kleine, schlagkräftige, staatlich beaufsichtigte Organisation. Bis heute wird aber das Getreide in Deutschland, verbunden mit der Getreideeinfuhr, von der Einfuhr- und Vorratsstelle Getreide nach einem System bewirtschaftet, das dem des Reichsnährstandes zum Verwechseln gleicht. Die Getreidebewirtschaftung, so wie sie jetzt durchgeführt wird, verschlingt ungeheuere Beträge. Allein die reine Verwaltung der Einfuhr- und Vorratsstelle Getreide mit 450 Angestellten erfordert einen Verwaltungsaufwand von zirka 5,2 Millionen DM. Die Kosten der Vorratshaltung für Getreide sind im Haushaltsplan 1954 mit etwa 95 Millionen DM angegeben, — alles Gelder des Staates, alles Gelder des Steuerzahlers, die hier investiert werden!
    Von Experten der Wirtschaft und der Wissenschaft liegen seit Jahren wohldurchdachte Gutachten vor, aus denen hervorgeht, daß das augenblickliche System der Getreidebewirtschaftung von A bis Z reformbedürftig ist und daß der Staat allein hierbei Beträge von 100 bis 200 Millionen DM einsparen könnte. Es ist sehr erfreulich, daß die Frachtsubvention vor einigen Monaten zu Fall gekommen ist. Schon dadurch können Millionenbeträge eingespart werden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Horlacher.)



    (Bender)

    Weiter kann man Millionenbeträge einsparen, wenn die Lagerhaltung der Einfuhr- und Vorratsstelle vermindert wird und ein Teil der aus politischen und sonstigen Gründen notwendigen Vorratshaltung durch eine Auflockerung der gesamten innerdeutschen Getreidebewirtschaftung auf die Wirtschaft verlagert wird. Die Wirtschaft ist es doch, die sich mit diesen Konsumgütern, mit diesen Agrarprodukten abzugeben hat, und nicht primär der Staat. Die Gutachten sagen weiter, daß der deutschen Landwirtschaft bei einer Reform der Bewirtschaftung ohne jede Schwierigkeit politisch festgesetzte Getreidepreise mit Sicherheit garantiert werden können. Es geht nicht um das Schutzbedürfnis des Bauern, es geht um das Beharrrungsvermögen von Dienststellen,

    (Zustimmung beim GB/BHE) mit dem sich unser Antrag beschäftigt.

    Ein Teil der Reformvorschläge wurde von den Vertretern des Bundesernährungsministeriums und der Einfuhr- und Vorratsstelle Getreide, wenn überhaupt, dann nur sehr zögernd verwirklicht. An die festgestellten grundsätzlichen Fehler wird nicht gerührt. Der mangelnde Wille zur grundlegenden Reform ist auf einen primitiven Nenner zu bringen: die Bürokratie will ihre Stühle festhalten, und es ist ganz egal, was der Verbraucher dazu sagt oder ob dieses Festhalten an den Stühlen der Landwirtschaft nutzt.
    Den Bauern wird mit beachtlichem Geschick dauernd beigebracht, daß eine Reform der Bewirtschaftung den Getreidepreis als Ganzes in Gefahr bringt. Das ist nicht wahr. Man könnte sich diesen Spaß leisten, wenn die Getreidebewirtschaftung nur ein paar Millionen kostete. Sie kostet aber Hunderte von Millionen, und es ist staatspolitisch nicht mehr zu verantworten, dieses Spiel weiterzutreiben.
    Bei Zucker liegen die Verhältnisse wesentlich einfacher als bei Getreide. Der innerdeutsche Zukkerpreis ist stabilisiert, und die Differenz zwischen dem Einfuhrpreis und dem deutschen Preis wird durch den Finanzminister abgeschöpft. Die deutsche Zuckerproduktion war bei ungewöhnlich guter Ernte des Jahres 1953 so groß, daß sie fast den gesamten Inlandsbedarf deckte. Aus der letzten Ernte und den Einfuhren ergibt sich im Augenblick ein Überschuß von 200 000 t. Die Entwicklung dieser Sparte wird maßgeblich bestimmt werden durch das Ergebnis der Zuckerernte 1954. Man hat deshalb für die Zuckerwirtschaft auch keine Vorrats-, sondern nur eine Einfuhrstelle geschaffen. Der zwischendurch einmal von dem verehrten Kollegen Dr. Müller eingereichte Antrag auf Errichtung einer Vorratsstelle ist wohl heute nicht mehr so aktuell.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Müller [Bonn]: Er ist schon längst verabschiedet!)

    — In der Durchführung aber wohl nicht mehr so aktuell, daß man daran denken oder befürchten müßte, daß diese Vorratsstelle Zucker zum Entstehen käme.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Doch! — Sie haben ja keine Ahnung!)

    Die Einfuhr- und Voratsstelle — wie ich jetzt sagen muß — Zucker hat zwar auch einen Verwaltungsaufwand von rund 400 000 DM im Jahr, da sie nicht nur die Abschöpfung bei der Einfuhr durchzuführen, sondern auch noch den innerdeutschen Frachtenausgleich zu bearbeiten hat. Sie nimmt praktisch rein hoheitliche Befugnisse wahr, und es ist nicht erkennbar, weshalb hier eine Körperschaft des öffentlichen Rechts geschaffen wurde.
    Bei Vieh und Fleisch sieht die Sache so aus, daß die deutsche Produktion in etwa den deutschen Bedarf deckt. Der von wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Seite errechnete Einfuhrbedarf als Ergänzung zur deutschen Produktion schwankt zwischen 3 und 4 % d. h. es werden ca. 80- bis 100 000 t Rind- und Schweinefleisch für den deutschen Markt importiert. Zu diesen Importen kommen noch Importe hinzu, die für den Reexport bestimmt sind. Außerdem werden auch Exporte aus der deutschen Produktion durchgeführt. Der Tagesbedarf der deutschen Bevölkerung liegt ungefähr bei 6000 t. Als Lieferländer kommen Dänemark, Schweden, Holland, Belgien, Frankreich, Polen und Jugoslawien in Frage, Länder, die als Abnehmerländer für deutsche Industrieerzeugnisse von zum Teil entscheidender Bedeutung sind. Die Ausfuhrwünsche und Möglichkeiten dieser Länder decken sich in etwa mit unserem Fehlbedarf von 3 bis 4 %. Wir haben also auf diesem Gebiet eine selten glücklich ausgewogene Versorgungslage innerhalb Europas.
    Wozu also die Einfuhr- und Vorratsstelle? Die Einfuhr- und Voratsstelle für Vieh und Fleisch hat außer einer künstlich konstruierten formalistischen Betätigung bei der Einfuhr — Abschluß sogenannter Übernahmeverträge — überhaupt nicht die geringste Funktion. Sie ist bisher, von geringen Ausnahmen abgesehen, bei der Abnahme von Vieh oder Fleisch in Zusammenhang mit der Einfuhr überhaupt kaum tätig geworden. Das Bundesernährungsministerium und die Einfuhr- und Vorratsstelle sehen die Aufgabe dieser Stelle in erster Linie darin, aus dem deutschen Markt dann Vieh herauszunehmen, wenn die Gefahr besteht, daß durch zu starken Viehauftrieb der Preis sinken könnte. Es handelt sich hier in erster Linie um die Fälle, wenn der Weideabtrieb in Schleswig-Holstein stattfindet und auf dem Husumer Markt zu viel Ochsen erscheinen oder wenn das gleiche beim Almabtrieb in Bayern geschieht. Man muß bei Würdigung dieser Funktion der Einfuhr- und Vorratsstelle einmal fragen: Der Verbraucher bekommt doch Preissteigerungen auf jedem Gebiet promptestens zu spüren; wenn nun mal das Glück es will, daß ein reichlicheres Angebot an Grundnahrungsmitteln vorhanden ist, warum will man den Verbraucher dann davor „schützen", daß ihm auch mal eine Preisermäßigung zugute kommt? Es ist vollkommen unverständlich, warum in einem Land, das sich der Marktwirtschaft in gewissem Umfang verschrieben hat, auf diesem Gebiet der Käufermarkt nicht Platz greifen soll. Die Preisermäßigungen, die bei den Husumer und bayerischen Märkten unter Umständen einmal möglich wären, werden hermetisch vom Verbraucher abgehalten. Was tut die Einfuhr- und Vorratsstelle für Fleisch und Vieh noch? Sie verwendet das Fleisch, das sie aufgekauft hat, zur Herstellung von Konserven oder von Gefrierfleisch, die sie dann meistens zu Unterpreisen an Kantinen oder sonstige Verbraucher absetzt, da bei dem sonstigen gedeckten Frischfleischbedarf der Bundesrepublik Fleischkonserven kaum mehr gekauft werden. Im Haushalt 1954 ist vorgesehen, daß der Einfuhr- und Vorratsstelle Vieh und Fleisch ein Betrag von 47 Millionen DM


    (Bender)

    zur Verfügung gestellt wird, damit sie diese Aufgaben erfüllen kann. Es sollen nach diesem Plan rund 20 000 t Fleisch und 20 000 t Konserven eingelagert werden. Das ist der Bedarf von 6 Tagen des Jahres. Für 47 Millionen DM wird diese Sisyphusarbeit geleistet, deren Produkte dann niemand haben will. Wir meinen, daß es Zeit wäre, mit dieser Arbeit aufzuräumen. Es muß geradezu als lächerlich angesehen werden, wie uns weiter plausibel gemacht werden soll, daß wir diese rund 50 Millionen DM wieder bewilligen sollen.
    Bei Fetten ist die Lage wie folgt. Die deutsche Butterproduktion beträgt in diesem Jahre etwa 300 000 t. Der deutsche Butteranfall von 300 000 t deckt also praktisch bei einer mittleren Preislage den deutschen Bedarf bereits. Was tut die Einfuhr- und Vorratsstelle?
    Der Margarinebedarf liegt im Augenblick bei 50-bis 55 000 t pro Monat, das sind rund 600 000 t im Jahr, und wird fast ausschließlich aus der Einfuhr von Rohstoffen gedeckt, die wieder zu 70 % liberalisiert sind und über die EZU abgewickelt werden. Die Einfuhr- und Vorratsstelle nimmt auf diese Einfuhr, Verarbeitung und Vorratsbildung überhaupt keinen Einfluß. Es werden Ölsaaten eingeführt, die über die deutschen Ölmühlen laufen, und flüssige Ole, die direkt an die Margarineindustrie gehen. Seit etwa drei Jahren zeigt sich mit unwesentlichen Schwankungen etwa folgendes Bild. Die Ölmühlen und die Margarineindustrie verfügen über einen Loco-Bestand für eine Bedarfsdeckung von etwa zwei Monaten und über einen weiteren kontinuierlich ergänzten Kontraktbestand von weiteren zweieinhalb bis drei Monaten. Mehr ist doch nicht nötig. Wozu mischt sich die Einfuhr- und Vorratsstelle noch in dieses Geschehen ein? Ich habe allerdings gehört, daß seit einigen Wochen im Bundesernährungsministerium die Absicht bestehen soll, hier nicht mehr zu intervenieren. Das wäre ein weiterer erfreulicher Fortschritt auf dem Wege, den ich Ihnen zu zeigen versuche.
    Im Haushalt 1954 ist vorgesehen, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle Fette 6300 t Butter, 20 000 t Schmalz, 40 000 t Margarine-Rohstoffe und 7500 t Kondensmilch einlagert. Hierfür sind Haushaltsmittel von rund 20 Millionen DM vorgesehen.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, ich habe Ihnen schon nachweisen können, daß bei Butter und bei Margarine eine staatliche Tätigkeit nicht notwendig ist. Auf den übrigen Gebieten ist es nicht wesentlich anders. Es sei denn, man denkt an die Mengen, die auf Anordnung der Alliierten von uns insbesondere für Berlin auf Lager gehalten werden müssen. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Dem können wir uns nicht entziehen, wenigstens im jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Die Erfahrungen haben allerdings gezeigt, daß die Schmalzreserve von Berlin selten einmal angegriffen worden ist; sie ist dann aber in einem für den menschlichen Genuß nicht mehr geeigneten Zustand an die Seifenfabriken gegangen. Bitte, wenn die Alliierten das wollen und wir ihnen folgen müssen, dann können wir nichts dagegen sagen. Wir wollen uns aber dagegen wehren, daß unsere eigenen Agrarprodukte, die wir früher einmal hochgeschätzt haben — ich denke insbesondere an die Butter —, uns in einem Zustand verabreicht werden, in dem sie mit der früheren Qualität kaum mehr etwas gemeinsam haben. Diesen Zustand haben sie nur erreicht durch die segensreiche Tätigkeit der Einfuhr- und Vorratsstelle für Butter und für Fette.

    (Zurufe von der Mitte: Na, na! — Abg. Dr. Dr. h. c. Müller [Bonn]: Sie übertreiben aber gar nicht!)

    — Nein, ich übertreibe nicht! Herr Kollege Müller, wenn Sie das Glück hätten, in einer Großstadt zu leben wie ich, und wenn Sie erleben würden, was uns dort unter dem Namen Butter angeboten wird, diese merkwürdige, weiße Schmiere mit einigen gelblichen Einsprengseln,

    (Iebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU)

    dann würden Sie mir sehr leid tun, wenn Sie das, was ich vorhin sagte, als Übertreibung ansehen würden.
    Zusammenfassend muß man bei einigermaßen objektiver Betrachtung, um die ich mich bemühe, zu dem Ergebnis kommen, daß die bestehenden Marktgesetze und die hierfür geschaffenen Körperschaften, die Einfuhr- und Vorratsstellen, einer dringenden Überholung bedürfen, und zwar, um es nochmals zu wiederholen, aus folgenden Gründen:
    Im Haushaltsplan 1954, Einzelplan X, Seite 38, sind Zuschüsse an die Einfuhr- und Vorratsstellen in Höhe von 181 350 700 DM vorgesehen. Nach der späteren Fassung des Haushaltsplans ist das dann um 10 Millionen DM billiger geworden; es sind nur noch 171 185 800 DM. Diese Kosten sind viel zu hoch und müssen durch organisatorische Maßnahmen und durch die grundsätzliche Entscheidung, volkswirtschaftlich wirkungslose Maßnahmen einzustellen, um 80 bis 100 Millionen DM verringert werden.
    Die Zuschüsse zu den Verwaltungskosten der Einfuhr- und Vorratsstellen, die der Bund trägt, sind mit 6,9 Millionen DM angegeben. Die effektiven Verwaltungskosten der Einfuhr- und Vorratsstellen liegen aber noch wesentlich höher, da diese Stellen noch Gebühren von der Wirtschaft erheben. die bei zirka 2 Millionen DM liegen sollen. Außerdem darf nicht vergessen werden, daß in Frankfurt am Main im gleichen Hause mit den Einfuhr- und Vorratsstellen — mit ähnlichen Aufgaben betraut wie diese — die Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft sitzt, die auch noch einen Aufwand von 4 Millionen DM erfordert, der aus Gebühren der Wirtschaft gedeckt wird.
    Wie sieht es mit der Einnahmeseite aus? Im Haushaltsplan 1954, Einzelplan X, Seite 22, Tit. 67, ist eine Einnahme aus Abschöpfung von Preisunterschieden bei Lebensmitteleinfuhren in Höhe von 198 200 000 DM in Ansatz gebracht. Auch dieser Ansatz ist später geändert worden. In der jetzt gültigen Fassung des Haushaltsplans beträgt der Abschöpfungsbetrag 225 800 000 DM. Meine Damen und Herren, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß jedes Jahr ungefähr 4 Millionen t Getreide importiert werden und der Preis je t Getreide um 100 DM hinaufgeschleust wird, erkennen wir, daß allein aus der Getreideeinfuhrenschleusung 400 Millionen DM als Einnahme ausgewiesen werden müßten. Wenn man erst nur 198 Millionen DM ausgewiesen hat und jetzt 225 Millionen DM ausweist, dann ist zu fragen, wo denn der Rest bleibt. Es ist doch nicht zulässig, daß man saldiert und sagt: soundso viel nehme ich ein, soundso viel gebe ich aus, und den Saldo setze ich in den Haushalt. In den Haushalt gehört die Bruttoeinnahme, und diese


    (Bender)

    kann niemals 225 Millionen DM betragen haben, sondern sie beträgt schätzungsweise 400 Millionen DM.
    Ich habe hier vor mir den Bundesanzeiger vom Donnerstag, dem 16. September, wo die Haushaltseinnahmen und -ausgaben des Bundes im ersten Rechnungsvierteljahr 1954, also für die Zeit von April bis Juni 1954, angegeben sind. Da steht unter der Position „Abschöpfung von Preisunterschieden bei Lebensmitteleinfuhren" eine Einnahme von 125 938 000 DM. Das in einem Vierteljahr! Meine Damen und Herren, man geht wohl nicht fehl, wenn man diese Zahl mindestens mit drei multipliziert, um zum endgültigen Ergebnis zu kommen. Man könnte sie auch mit vier multiplizieren. Dann kämen etwa 600 Millionen heraus, oder milde gesprochen, wenn wir sie mit drei multiplizieren, etwa 375 Millionen DM, aber niemals 225 800 000 DM, wie sie im heutigen Haushaltsplan drinstehen; diese Ansätze müssen auf jeden Fall falsch sein.
    Neben den Kosten für die öffentliche Vorratshaltung bzw. Bewirtschaftung von Nahrungsgütern, die den Bundeshaushalt belasten, darf nicht unerwähnt bleiben, daß noch für die Finanzierung der Vorräte Beträge von 700 Millionen DM bis zu einer Milliarde DM — Kredite, die durch den Bund verbürgt werden — bereitgestellt werden müssen. Nach dem Geschäftsbericht der Landwirtschaftlichen Rentenbank für das Geschäftsjahr 1953 wurden folgende Kredite bereitgestellt: für Getreide und Futtermittel 617 Millionen DM, für Fette 41 Millionen DM, für Fleisch- und Fleischwaren rund 78 Millionen DM.

    (Abg. Dr. Horlacher: Das kommt doch der Landwirtschaft zugute!)

    — Im Verhältnis zu diesen Zahlen sind die Kredite, die der Landwirtschaft zugute gekommen sind, Herr Horlacher, nämlich die Kredite für die Ernteeinbringung, Beschaffung von Düngemitteln, Geräten und Maschinen, von besonderem Interesse. Für die Aufnahme der inländischen Ernte und die Beschaffung von Düngemitteln wurden insgesamt 62 Millionen DM bereitgestellt, für die Beschaffung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten rund 6 Millionen DM. Bitte, vergleichen Sie diese Beträge, die wirklich der Landwirtschaft zugute kamen, mit den erstgenannten.

    (Zuruf des Abg. Dr. Horlacher.)

    Ich darf wiederholen: Es ist nicht meine und nicht die Absicht meiner Fraktion, durch meinen Antrag eine grundsätzliche Agrardebatte in Gang zu setzen; diese scheint allerdings am Horizont heraufzudrohen. Es ist auch nicht meine Absicht, die Marktordnungsgesetze generell als überflüssig abzuurteilen. Ich habe nur das Empfinden und glaube mich in diesem Punkte mit vielen Kollegen dieses Hauses einig, daß die Anwendung der Marktordnungsgesetze und die dabei praktizierten Methoden einer dringenden Überholung bedürfen. Der Arbeitskreis des vorigen Bundestags ist bereits vor Jahresfrist zu gleichen kritischen Ergebnissen gekommen, ohne daß sich in der tatsächlichen Handhabung etwas geändert hätte. Ich bezweifle nicht, daß die Landwirtschaft auf den verschiedensten Gebieten gegenüber der internationalen Konkurrenz geschützt werden muß. Wenn dies aber geschehen soll, so müssen die Methoden und die Verwaltungsmaßnahmen, die zu diesem Zweck angewandt werden, einer laufenden Prüfung unterzogen werden.
    Im übrigen ist mir bekanntgeworden, daß sich der Herr Bundesminster für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten damit befaßt, die ihm nachgeordneten Dienststellen in Frankfurt am Main, die Einfuhr- und Vorratsstellen und die Außenhandelsstelle, grundlegend zu reformieren, und ich glaube, daß der Bundestag nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, vom Bundesernährungsministerium zu erfahren, wann und in welchem Umfang er die Reform oder Reorganisation dieser Dienststellen durchführen will, um die zweifelsfrei nicht mehr vertretbaren Kosten, die durch die Verwaltung und Bewirtschaftung entstehen, auf ein Mindestmaß herabzudrücken.
    Ich darf Sie bitten, dem Antrag meiner Fraktion zuzustimmen.

    (Beifall beim GB/BHE.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ehe ich das Wort zur Besprechung des Antrags erteile, eine Mitteilung: Die FDP-Fraktion will eine Stunde nach Schluß der Plenarsitzung zusammentreten.
Das Wort zur Besprechung des Antrags hat der Abgeordnete Dr. Müller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Bender und seine Fraktion haben hier einen sogenannten Antrag vorgelegt. Ich sage ausdrücklich „sogenannten Antrag",

    (Abg. Dr. Horlacher: Sehr richtig!)

    weil die Drucksache 732 nach Form und Inhalt einer Großen Anfrage und nicht einem Antrage entspricht. Es werden Auskünfte erbeten, die der Herr Bender sich zum Teil durch ein Telefonat mit dem Ministerium oder bezüglich des ersten Punktes dadurch hätte verschaffen können, daß er sich die ersten Paragraphen der Marktordnungsgesetze angesehen hätte.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Und materiell: Der Herr Abgeordnete Bender redet davon, daß der Zweck seiner Übung sei, die ganze Wirtschaft der Einfuhr- und Vorratsstellen aus der Versteinerung herauszuholen. Ich darf jedoch, nachdem man die Ausführungen gehört hat, feststellen, daß er aber auch nach keiner Richtung hin einen positiven Vorschlag gemacht hat, wie er sich die Neuordnung der Einfuhr- und Vorratsstellen denkt.

    (Abg. Bender: Abschaffung!)

    — Die Abschaffung, jawohl, darauf komme ich noch zu sprechen, Herr Bender!
    Ich darf mich jetzt einmal mit der Vorlesung des Herrn Bender im einzelnen etwas beschäftigen. Dabei will ich mich auf grundsätzliche Dinge beschränken. Kollegen dieses Hauses aus den verschiedensten Fraktionen werden noch zu Einzelheiten Stellung nehmen.
    Herr Bender behauptet, gedanklich und auch institutionell seien diese Gesetze und Einrichtungen noch in der Zeit der Bewirtschaftung verwurzelt und stellten abgewandelte Formen von Reichsnährstand-Einrichtungen dar.

    (Abg. Dr. Horlacher: Geschichtsfälschung!)

    Er sagt ferner, daß Zielsetzungen und Form der Gesetze auf dem Erfahrungsschatz des damaligen


    (Dr. Dr. h. c. Müller [Bonn] )

    Reichsnährstandes sowie auf den Notwendigkeiten der Kriegszeit und der Nachkriegsentwicklung basierten. Herr Bender, Sie sind Syndikus eines Industrieverbandes, und Ihre Ausführungen haben bewiesen, daß Sie von landwirtschaftlichen Dingen wirklich nicht viel verstehen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Sonst hätten Sie das, was Sie hier gesagt haben, nicht ausführen können. Sie wissen anscheinend nicht, wie die Landwirtschaft seitens des Reichsnährstandes im „Tausendjährigen Reich" praktiziert worden ist. Meine Herren, das Ganze war doch auf Autarkie, auf Vorbereitung des Krieges ausgerichtet. Da wurde dann die berühmte Erzeugungsschlacht angeordnet und erneuert. Da wurde vorgeschrieben, was man zu bauen hatte. Ich selber habe in dieser Zeit einen großen, vielseitigen Betrieb geleitet. Da wurde befohlen, Gemüse und Raps zu bauen. Als ich das ablehnte, wurde ich politisch noch unzuverlässiger, als ich es vorher schon gewesen war, und sogar wehrunwürdig. Alles war bei dieser Bewirtschaftung mit Höchstpreisen versehen. Das Strafrecht war im Dritten Reich der Garant der Wirtschaftsordnung und der Wirtschaftsführung. Der Bauer hatte nicht die Freiheit, durch Rechtsakt über sein Eigentum zu verfügen. „Blubo" war das Schlagwort, nach dem diese Dinge behandelt wurden. Der Bauer hatte auch nicht die Freiheit, seinen Betrieb nach seiner Kenntnis und nach seinem Willen zu führen.
    Nun kam die Zerschlagung des Vaterlandes. Millionen strömten nach Westdeutschland ein. Da stand vor dem 1. Bundestag die Aufgabe, die landwirtschaftliche Erzeugung so rasch und so umfassend wie möglich zu steigern, um uns so bald wie möglich selber ernähren zu können und von den Hilfsaktionen der Alliierten frei zu werden. Es war Aufgabe und Pflicht von Parlament und Regierung, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, auf denen eine Stabilisierung der landwirtschaftlichen Produktion und des landwirtschaftlichen Marktes erfolgen konnte. Was wir hier gemacht haben, sind Dinge, die in allen Kulturländern schon längst vor dem Jahre 1950 gemacht worden sind. Ich brauche nur auf die USA hinzuweisen, wo der Staat die Getreidepreise garantiert und die Ausfuhr, die zu geringeren Preisen als den Inlandspreisen erfolgt, subventioniert, um dem Farmer den gerechten Preis zahlen zu können. Schon seit 1934 haben die USA ein Zuckergesetz, das bis 1956 verlängert ist; sie regeln damit Erzeugung, Preis und über den Preis Einfuhr. Großbritannien hat 1924, als es begann, die ersten Zuckerrüben zu bauen, mit einer Ordnung auf dem Zuckermarkt begonnen. Frankreich, Holland und auch Belgien haben ähnliche Einrichtungen, ohne daß sie etwa vom Reichsnährstand gewußt haben. Herr Bender, bezüglich Zukker kann ich Ihnen sagen, daß schon 1926 die Vereinigung für Verbrauchszuckerverteilung geschaffen wurde, die dann im Jahre 1929 das Freigabesystem geschaffen hat, das heute noch das Kernstück des Zucker-Marktgesetzes ist.
    Diese marktwirtschaftlichen Gesetze — das darf man auch hier noch einmal wiederholen — sind im Bundestag verabschiedet worden: das Getreidegesetz gegen sechs Stimmen bei vier Stimmenthaltungen, das Vieh- und Fleischgesetz einstimmig, das Zuckergesetz bei zwei Enthaltungen.

    (Abg. Dr. Gille: 19511)

    Alle Parteien dieses Hauses erkannten trotz ihrer
    verschiedensten politischen und wirtschaftspolitischen Auffassungen die Notwendigkeit an, daß eine Marktordnung geschaffen und der innere Markt durch Einfuhrschleusen geschützt wurde. Herr Bender, das hatte mit Drittem Reich und Reichsnährstand wirklich nichts zu tun,

    (Sehr gut! in der Mitte)

    sondern diese Auffassung ist allen Parteien dieses Hauses geworden aus den Erfahrungen, die man in anderen Ländern gesammelt hat, und aus der Notwendigkeit, vor die wir nach dem Zusammenbruch gestellt waren.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Herr Bender, wenn Sie sich berufen fühlen, als Schatzgräber und Prähistoriker nach Schätzen, Ruinen und Petrefakten des Dritten Reiches zu graben, warum suchen Sie sich dann die Einfuhr- und Vorratsstellen aus? Herr Bender, warum in die Ferne schweifen? Die Dinge liegen Ihnen doch in Ihrem Kreise so nahe, da haben Sie doch Gelegenheit genug, nach solchen Dingen zu graben!

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Gille: Unerhört! Andere Argumente hat er wohl nicht!)

    Meine Damen und Herren, unter dieser Marktordnung hat sich die deutsche Landwirtschaft in einem ungeahnten Maße entwickelt. Schon nach sieben Jahren hatte sie die Vorkriegsproduktion überschritten, während sie nach dem ersten Weltkriege mit viel weniger Zerstörungen dafür zehn Jahre gebraucht hat. Die deutsche Landwirtschaft hat •im Jahre 1952/53 — ich will das nicht im einzelnen aufzählen — für 976 Millionen DM künstlichen Dünger gebraucht, 1938/39 für 404 Millionen DM. Sie hat an Landmaschinen und Traktoren ohne Molkereimaschinen für 1060 Millionen DM gekauft, die Zahl der Ackerschlepper ist von 89 000 auf 304 000 gestiegen, und ihre Betriebsausgaben betrugen im Jahre 1952/53 über 9 Milliarden DM. Ich gebe zu, daß in diesen Zahlen auch Preiserhöhungen stecken. Aber in ihnen stecken auch starke mengenmäßige Steigerungen der Bezüge, die die Landwirtschaft im Innern aus Industrie und Gewerbe übernommen hat.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Diese Marktordnungsgesetze darf man auch einmal zu unserem Export in Beziehung setzen. In den Kreisen, denen Herr Bender nahesteht, gibt es ja immer noch sogenannte Freihändler; denn Ideologen und Idioten sterben in einem Volke nie aus.

    (Heiterkeit in der Mitte. — Abg. Samwer: Das scheint so!)

    Unsere Ausfuhr hat sich von mehr als 8 Milliarden DM im Jahre 1950 auf mehr als 18 1/2 Milliarden DM in 1953 gesteigert, und wir werden in diesem Jahre auf mehr als 20 Milliarden DM kommen. Die Marktgesetze sind also nicht ein Hindernis einer expansiven Exportpolitik gewesen, sondern sie sind meines Erachtens die besten Träger dieser Exportpolitik geworden, weil sie geholfen haben, daß dieser Kunde, der über 9 Milliarden DM auf dem Inlandsmarkt hat ausgeben können, Gewerbe und Industrie eine Unterlage gegeben hat, die den Export leichter und ungefährlicher macht.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Die Einfuhr- und Vorratsstellen haben auch etwas anderes fertiggebracht. Im Rahmen des jährlich aufzustellenden Versorgungsplanes hat das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft


    (Dr. Dr. h. c. Müller [Bonn])

    bei Handelsvertragsverhandlungen verbindliche Erklärungen zur Übernahme von gewissen Agrarprodukten abgeben können, und es hat sogar, wenn es erforderlich war, plötzlich helfen können. Ich brauche nur an Argentinien und die Türkei zu erinnern.
    Nun zu der Kritik und den sogenannten Besserungsvorschlägen des Herrn Bender ein paar Worte. Er sagte, die Zielsetzung und die Form der Gesetze basierten — das habe ich eben schon gesagt — auf dem Reichsnährstand und auf den Notwendigkeiten der Kriegszeit und der Nachkriegsentwicklung. Meine Herren, die Gesetze sind 1950/51 entstanden. Da ist der Krieg vorbei gewesen, soweit ich mich erinnere. Von Notwendigkeiten der Kriegszeit kann also bei diesen Gesetzen wirklich nicht die Rede sein!

    (Abg. Bender: Ist auch nicht so gesagt worden!)

    Herr Bender erkennt ein vorläufiges Festhalten am Schutzbedürfnis für Getreide und Zucker an. Aber er erklärt in einem Atemzug dazu, ob dagegen die Preishöhe für Getreide und Zucker innerdeutsch gehalten und geschützt werden müsse, bedürfe einer besonderen Untersuchung und werde weitgehend von politischen Erwägungen beeinflußt. Er verweist in diesem Zusammenhang auf England, Holland, Belgien und Dänemark, die den Getreidepreis nach dem internationalen Marktpreis ausrichten. Ich möchte Herrn Bender darauf aufmerksam machen, daß die Preise für Getreide und Zucker nicht in den Marktgesetzen geordnet sind, sondern daß vom Bundestag jedes Jahr durch ein besonderes Preisgesetz für Getreide für das eine Jahr die Getreidepreise geregelt werden. Herr Bender, glauben Sie, dieser ganze Bundestag, der diese Preisgesetze immer einstimmig beschlossen hat, ist so doof, daß er nicht die rechte Höhe der Getreidepreise abschätzen und festsetzen kann? Herr Bender, dazu braucht er Sie nicht!

    (Heiterkeit in der Mitte. — Abg. Bender: Aber Sie! — Abg. Samwer: Darum geht es doch gar nicht!)

    Der Zuckerpreis wird jedes Jahr festgesetzt durch eine Verordnung, die vom Bundesrat genehmigt werden muß.
    Aber stellen wir uns doch einmal auf den Standpunkt des Herrn Bender, wir sollten uns mit Getreide und Zucker zum billigen Weltmarktpreis eindecken. Meine Damen und Herren, wohin muß das führen? Herr Bender sagt, Getreide spiele in der Gesamteinnahme der Landwirtschaft nur eine geringe Rolle. Mein verehrter Lehrer, Geheimrat Dietzel, bei dem ich acht Semester im volkswirtschaftlichen Seminar gesessen habe,

    (Zuruf von der Mitte: Mit Erfolg!)

    hat eine Definition der Statistik gegeben, die ich in diesem Hohen Hause nicht wiederholen kann, weil Zuhörer und Damen anwesend sind. Sie war vernichtend! Die Statistik bringt Zahlen; aber diese Zahlen richtig lesen und auswerten, das muß gelernt sein. Herr Bender sagt — ich wiederhole es —, in der Gesamteinnahme der Landwirtschaft spiele die Einnahme aus Getreide eine geringe Rolle. Das stimmt. Aber Herr Bender scheint nicht zu wissen, daß hinter diesen Zahlen ein großes wirtschaftliches Geschehen steht, das man in die Rechnung einsetzen muß.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Samwer: Alles Phrasen!)

    Nehmen wir einmal an, wir folgten ihm und kauften das Getreide in den USA, in Kanada, in Argentinien oder in der Türkei. Meine Herren, dann wird bei uns der Getreidebau verschwinden; denn zu d e n Preisen kann der deutsche Bauer aus Gründen, die ich hier nicht anzuführen brauche, nicht produzieren. Mit dem Getreidebau wird dann auch der Hackfruchtbau verschwinden, d. h. der Zuckerrübenbau. Was sollen dann diese armen Leute machen? Dann sollen sie sich wahrscheinlich dem feldmäßigen Gemüsebau zuwenden und den vergrößern. Dann essen wir statt Brot viel Kappes und Salat.

    (Heiterkeit.)

    Aber mit diesem gesteigerten Gemüsebau, den wir in der Nachkriegszeit, Gott sei Dank, stark eingeschränkt haben, werden zum Schluß auch die Klein- und Mittelbetriebe, die sich speziell mit Gemüsebau beschäftigen, mit in die Mühle kommen. Grünlandwirtschaft kann man auf diesen Böden nicht treiben, weil der Boden das nicht durchhält und weil vor allem die Niederschlagsmengen zu gering sind. Also muß man Feldfuttermittel bauen; aber dann kommen wir allmählich in das Land, in dem Milch fließt, in dem aber der Honig fehlt, und dann wird die Milchwirtschaft der ganzen mittleren und kleineren Bauern mit vor die Hunde gehen. So geht es nicht, meine Herren! Man muß die landwirtschaftliche Produktion den Naturgegebenheiten anpassen. Da kann man nicht ausweichen, und weil man nicht ausweichen kann, muß man auch in der Gesetzgebung dafür sorgen, die Landwirtschaft in allen ihren Teilen so zu gestalten, daß der Bauer einen angemessenen Ertrag hat. Wir können ja auch wieder einmal in Schwierigkeiten im Rahmen der Weltwirtschaft geraten. Wir wissen nicht, ob nicht wieder einmal ein Korea entsteht. Dann kommt Schiffsraumnot und kommen andere Dinge, und dann führt Herr Bender Klage darüber, daß wir Getreidevorräte für ganze drei Monate liegen haben! Meine Herren, ich muß erklären: Soviel an agrarpolitischer Naivität wie heute ist diesem Hause noch nicht geboten worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich habe dazu zu sagen: Meine Freunde und ich halten an den Grundsätzen der Marktordnungsgesetze fest und lehnen es ab, unsere wirtschaftspolitischen Maßnahmen nach der jeweiligen Marktlage einzurichten, indem man sich in Zeiten des Mangels zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion aufrafft und in Zeiten des Überschusses, die ja nach Herrn Bender durch die Weltmarktlage gegeben sind, grundsätzlich die ganzen Förderungsmaßnahmen einstellt. Dabei soll diese Marktordnung nicht ein Deckmantel für wirtschaftlichen Rückschritt sein, und sie hat bewiesen, daß sie es auch nicht ist. Dieses Festhalten am Grundsätzlichen soll aber nicht Verbesserungen und Verfeinerungen in der Technik der Einfuhr- und Vorratsstellen ausschließen.

    (Zuruf vom GB/BHE: Na also!)

    — Nun Herr Bender, was haben Sie dazu an Vorschlägen zu sagen gehabt? Nichts! Kein einziger positiver Vorschlag ist über Ihre Lippen gekommen, und wenn man Ihren Aufsatz durchliest, so muß man sagen, daß auch da nichts drinsteht. Ich kann wenigstens nichts finden.

    (Abg. Dr. Gille: Das liegt vielleicht an Ihnen!)



    (Dr. Dr. h. c. Müller [Bonn])

    Meine Damen und Herren, auf eines muß ich noch hinweisen. Diese Naivität haben Sie nun auch mit einer gründlichen Spritze aus der Streubüchse Frechheit versehen. Jawohl, Herr Bender,

    (Abg. Bender: Ist dieser Ausdruck angemessen?)

    das werde ich Ihnen beweisen. Sie behaupten, den Vertretern des Bundesernährungsministeriums und der Einfuhr- und Vorratsstelle Getreide mangele es an Willen zur grundlegenden Reform, weil die Bürokratie mit allen Mitteln die Stühle festhalte, auf denen sie sitze.

    (Abg. Bender: Herr Präsident, ist das Wort „Frechheit" parlamentarisch?)

    Sie werfen diesen Beamten und Angestellten des Ministeriums und der Einfuhr- und Vorratsstelle vor, daß sie aus persönlichem Interesse pflichtwidrig handeln.

    (Zuruf von der Mitte: Sehr wahr!). Da ist doch kein Strich vorbei!


    (Zuruf vom GB/BHE: „Frechheit" ist doch kein parlamentarischer Ausdruck!)

    — Ich habe ja nicht gesagt, daß er frech sei. Ich habe gesagt: „aus der Streubüchse Frechheit". Bitte, da muß man aufpassen!

    (Abg. Samwer: Sie vor allen Dingen!)

    Verehrter Herr Bender, für diese Dinge ist doch letzt- und höchstverantwortlich Herr Minister Dr. Lübke. Also hält der sich auch an den Stühlen fest!

    (Zuruf vom GB/BHE: Das ist eine Verdrehung!)

    — Herr Bender, wenn Sie das ablehnen, gut, aber dann sage ich Ihnen: Gott verzeihe Ihnen, denn Sie wissen nicht, was Sie tun!

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Wenn Sie nämlich den Herrn Minister ausnehmen, dann bescheinigen Sie ihm, daß er schwach auf der Brust ist und keine Ordnung und Disziplin in seiner Verwaltung halten kann. Herr Bender, mit solchen Auffassungen können Sie vielleicht in einer Versammlung von politischen Analphabeten landen, aber nicht hier in diesem Hause.

    (Oho-Rufe vom GB/BHE.)

    Meine Damen und Herren, ich habe dazu zu sagen: der Herr Minister arbeitet seit Jahr und Tag zusammen mit sachverständigen Vertretern auch aus diesem Hause an der Verfeinerung und Ordnung der Arbeit. Dabei soll man ihn nicht stören. Jeder, der positive Vorschläge zu machen hat, ist uns willkommen.
    Ich habe eingangs darauf hingewiesen, daß es sich hier nicht um einen echten Antrag, sondern um eine Anfrage handelt. Ich stelle mit meinen Freunden den Antrag:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Der Antrag der Fraktion des GB/BHE Drucksache 732 wird für erledigt erklärt.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Samwer: Sehr billig!)