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ID0205001700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Oktober 1954 2463 50. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. Oktober 1954. Geschäftliche Mitteilungen 2464 B Nachruf für den verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Lübke 2464 C Bechlußfassung des Bundesrats zum Gesetz über die Lastenausgleichsbank 2464 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 49, 56, 105 und 111 (Drucksachen 416, 857; 500, 899; 801, 895; 826, 898) . . . 2464 D Mitteilung des Bundesministers der Finanzen über die vollzogene Bestellung des Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken des ehemaligen Artilleriearsenals und des ehemaligen Scheibenhofs in KielFriedrichsort 2464 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Dr. Kleindinst, Dr. Kihn, Klingelhöfer, Morgenthaler, Dr. Maier (Stuttgart), Ehren . 2465 A Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der Verordnung über Auskunftspflicht (Drucksache 861) 2465 B Hoogen (CDU/CSU) 2465 B Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht . . 2465 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Revision des GATT-Abkommens in bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) . 2465 C Muckermann (CDU/CSU), Antragsteller (Schriftliche Begründung) . . 2496 Beschlußfassung 2465 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Jugendfragen über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Bundesjugendplan (Drucksachen 755, 78) in Verbindung Mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD (C betr. Errichtung eines Instituts für Jugendfragen (Drucksache 883) 2465 C Wienand (SPD), Antragsteller . . 2465 C Frau Keilhack (CDU/CSU), Bericht- erstatterin 2468 B Dr. Seffrin (CDU/CSU) 2470 A Herold (SPD) 2471 A Kutschera (GB/BHE) 2473 A Hübner (FDP) 2474 C Pöhler (SPD) 2476 A Kemmer (Bamberg) (CDU/CSU) . . 2477 D Frau Schanzenbach (SPD) 2478 B Josten (CDU/CSU) 2478 C Gedat (CDU/CSU) 2479 B Annahme des Antrags Drucksache 755 2480 B Überweisung des Antrags 883 an den Ausschuß für Jugendfragen und an den Haushaltsausschuß 2480 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 22: Juli 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein- kommen (Drucksache 894) 2480 C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 2480 C Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Altersgrenze von Richtern an den oberen Bundesgerichten und Mitgliedern des Bundesrechnungshofes (Drucksache 897) 2480 C Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht und an den Rechtsausschuß 2480 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksache 412); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 885; Umdrucke 192, 193) 2480 D, 2495 B Becker (Pirmasens) (CDU/CSU), Berichterstatter 2480 D Frau Heise (SPD) . . 2481 B, 2483 D, 2485 B Sabel (CDU/CSU) 2482 A, B, 2483 B, 2484 C, 2485 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . . 2483 A Dr. Gille (GB/BHE) 2484 B Abstimmungen 2485 A, B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen zur Förderung und Festigung von Vertriebenenbetrieben und Flüchtlingsunternehmen (Drucksache 838) 2485 D Dr. Götz (CDU/CSU), Antragsteller 2485 D, 2491 C Reitzner (SPD) 2488 A Dr. Kather (GB/BHE) . . . 2490 B, 2491 D Dr. Preiß (FDP) 2493 D Sabaß (CDU/CSU) 2495 A Überweisung an die Ausschüsse für Heimatvertriebene, für Finanz- und Steuerfragen, für Geld und Kredit und für Wirtschaftspolitik 2495 C Nächste Sitzung 2495 C Anlage 1: Änderungsantrag des Abg. Sabel zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Umdruck 192) 2495 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Umdruck 193) 2495 B Anlage 3: Schriftliche Begründung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Revision des GATT-Abkommens in bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) 2496 Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 192 Änderungsantrag des Abgeordneten Sabel zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksachen 885, 412) Der Bundestag wolle beschließen: In Art. I Nr. 1 sind im § 87 Abs. 2 Satz 1 an Stelle des Wortes „auch" die Worte „im Falle des § 168 a" einzufügen. Bonn, den 20. Oktober 1954 Sabel Anlage 2 Umdruck 193 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksachen 885, 412) Der Bundestag wolle beschließen: In Art. I Nr. 2 erhält § 168 a folgende Fassung: „§ 168 .a Abweichend von § 168 können Arbeitslose, die vor Eintritt der Arbeitslosigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung befugt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder im Lande Berlin ausgeübt haben, ihren Wohnort außerhalb dieses Bereiches oder innerhalb des Gebietes des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 haben, den Antrag auf Arbeitslosenunterstützung bei dem Arbeitsamt stellen, das für den Beschäftigungsort vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zuständig war." Bonn, den 20. Oktober 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Muckermann zum Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Revision des GATT-Abkommens in Bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) 1. Anlaß. Am 28. Oktober 1954 beginnt in Genf die 9. GATT-Tagung. Im Rahmen dieser Tagung werden am 8. November die Verhandlungen über Änderungen des GATT-Abkommens aufgenommen werden. Es ist damit zu rechnen, daß auch die den Filmbetreffenden GATT-Bestimmungen in diesen Besprechungen mit dem Ziele einer Änderung beraten werden. So wird insbesondere die US-Delegation dem Vernehmen nach mit der Weisung versehen werden, eine schärfere Fassung des Art. IV, der die Einführung von Spielzeit-Quoten gestattet, zu verlangen. Der Artikel soll dahingehend geändert werden, daß künftig Spielzeit-Quoten nur noch in Ländern zulässig sein sollen, deren Filmindustrie noch im Aufbau begriffen ist. In gleicher Weise soll die US-Delegation die Änderung des Art. XII anstreben. Der Artikel sieht die Beschränkung von Importen von Filmen vor, falls die Devisenlage des betreffenden Landes es notwendig macht. Diese Bestimmung soll für Filme überhaupt in Fortfall kommen. Es ist unter Berücksichtigung dieser Umstände dringend angebracht, daß auch die deutsche Delegation mit konkreten Weisungen versehen wird, auf Änderung der den Film betreffenden GATT-Bestimmungen zu dringen, soweit diese Bestimmungen entweder diskriminierenden Charakter tragen oder der Entwicklung einer deutschen Filmproduktion mit marktkonformen Mitteln weitgehend hemmend oder einschränkend im Wege stehen. II. Bisherige Regelung. Nach den zur Zeit geltenden GATT-Bestimmungen können innere Maßnahmen zur Mengenkontrolle für belichtete Kino-Filme nur im Rahmen des Art. IV getroffen oder aufrechterhalten werden. Art. IV sieht hierfür die Form von Spielzeitkontingenten vor. Während diese Spielzeitkontingente in fast allen filmproduzierenden Ländern sehr erhebliche Quoten aufweisen — England 45 %, Frankreich 5 Wochen im Quartal, Italien 20 Tage im Quartal, Spanien auf je 6 Wochen eine Woche — und daneben noch weitere Maßnahmen zum Schutze der nationalen Filmindustrie in der Form von Synchronisationsabgaben oder Erstaufführungsabgaben bestehen und aufrechterhalten werden, hat sich die Bundesrepublik in den Zollzugeständnissen von Torquay dazu verpflichten müssen, im Falle der Einführung einer Spielquoten-Regelung gemäß Art. IV diese Quote nicht höher als 27 % anzusetzen. Dieses Zugeständnis trägt diskriminierenden Charakter, ganz abgesehen davon, daß es sich hier um eine handelspolitische Maßnahme und nicht um ein Zollzugeständnis handelt. III. Grundsätzlicher Standpunkt. Der Film, dessen Herstellung und Verbreitung sich nach allgemeinen wirtschaftlichen Gesetzen vollzieht und der dabei — wie jedes andere Wirtschaftsgut — den Charakter einer Ware trägt, befriedigt gleichwohl primär nicht materielle, sondern immaterielle Bedürfnisse. Er will unterhalten, entspannen, bilden, belehren. Unter Berücksichtigung dieses Charakters kann der Film auch im GATT nicht in vollem Umfange einem anderen Wirtschaftsgut gleichgestellt werden. Dies muß auch bei dem sonst allgemein gültigen Grundgesetz der Liberalisierung berücksichtigt werden. Auf jeden Fall aber ist zu verlangen, daß der deutsche Film nicht schlechter gestellt wird als der Film irgendeines anderen dem GATT beigetretenen Landes. Schlußfolgerung, Der Bundestag muß daher die Bundesregierung ersuchen, die deutsche Delegation auf der GATT-Konferenz mit bindenden Weisungen in dem Sinne zu versehen, daß sie bemüht bleibt, eine Beseitigung bzw. Abänderung all der Bestimmungen zu erreichen, die die Entwicklung des deutschen Films besonders erschweren, insbesondere a) Wegfall der diskriminierenden Einschränkung in den Zollzugeständnissen von Torquay oder, falls dies im Augenblick nicht erreichbar sein sollte, b) Eliminierung des Art. IV überhaupt, damit die Bestimmungen des Art. III des GATT auch für deutsche Filme in vollem Umfange wirksam werden können. Bonn, den 20. Oktober 1954. Muckermann
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    Rede von Heinz Pöhler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, daß bei dieser ersten grundsätzlichen Aussprache über die Probleme der jungen Generation, die. der 2. Bundestag heute abhält, das Interesse des Hauses etwas größer wäre, nämlich so groß, wie es der Bedeutung der Problematik um die junge Generation in diesem Lande entspricht.
    Ich bin mit Herrn Dr. Seffrin der Meinung, daß die Jugend natürlich als ein Teil des Volksganzen betrachtet werden muß; aber er wird mit mir der Auffassung sein, daß die Schäden, die der vergangene Krieg gerade in der jungen Generation hinterlassen hat, ganz besonders groß sind und eine besondere Fürsorge erforderlich machen. Die materiellen Schäden mögen dabei noch nicht einmal so hoch veranschlagt werden wie die geistigen Schäden, die der Trümmerhaufen von 1945 hinterließ. Deshalb meinen wir von ,der sozialdemokratischen Fraktion, daß die Beseitigung der verheerenden Kriegsfolgen in der Jugend nicht nur eine selbstverständliche Pflicht dieses Parlaments, sondern wohlverstanden, darüber hinaus auch ein Existenzproblem für die junge deutsche Demokratie ist. Wenn es uns nicht gelingt, diese Jugend zu einem tragenden Pfeiler unseres Staatswesens zu machen, dann ist, darf man wohl sagen, unsere neue Demokratie in Deutschland für die Zukunft keinen Schuß Pulver wert.
    Bei dieser grundsätzlichen Wertung und Beurteilung des Jugendproblems sind wir der Meinung, daß die Sorge und vor allem eine grundsätzliche und durchgreifende Hilfe für die Jugend dieses Volkes zu den ersten und vornehmsten Aufgaben der Bundesregierung gehören müßte. Nun, ich habe ein wenig den Eindruck, daß die bisherige Debatte schon einigermaßen hinreichend deutlich gemacht hat, daß die Regierung auf dem Gebiet der Jugendpolitik nicht im notwendigen Umfang initiativ geworden ist. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 20. Oktober 1953, in der der jungen Generation ganze zwei magere Sätze gewidmet sind. Es ist eine sehr bittere Erinnerung, aber ich muß sie hier vorbringen.

    (Abg. Kemmer [Bamberg]: Worte machen es ja nicht aus!)

    — Herr Kollege Kemmer, Sie werden doch von der Opposition nicht erwarten, daß sie zu diesem Problem sagt, was Sie gerne hören möchten.

    (Ironischer Beifall in der Mitte. — Abg. Frau Niggemeyer: Da haben Sie vollkommen recht! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    - Meine Damen und Herren, Sie werden sich damit abfinden müssen, daß wir zur Problematik der jungen Generation hier zum Ausdruck bringen, was ist, und zwar was wahr ist. Es ist nicht abzustreiten, auch nicht mit den Bemerkungen über die SbZ-Jugend, daß eben nicht alles Gold ist, was in der Bundesrepublik glänzt, gerade auf dem Jugendsektor. Aber dazu werde ich noch Stellung nehmen.
    Wie soll die junge Generation zu einem positiven Verhältnis zum demokratischen Staat und zu einer demokratischen Lebensgestaltung kommen, wenn
    der Staat in der Vergangenheit nicht bereit war, das Notwendige zur Lösung ihrer Probleme zu tun?!

    (Abg. Kemmer [Bamberg]: Die Arbeit war positiver als die Reden!—Lebhafte weitere Zurufe von der Mitte.)

    Was ist denn geschehen? Gewiß, wir haben ein Gesetz zum Schutze der Jugend, wir haben die Novelle zum Reichsjugendwohlfahrtgesetz verabschiedet — wobei der Finanzminister, wie schon erwähnt wurde, vergessen hat, die entsprechenden Mittel zur Durchführung bereitzustellen —, und gewiß, wir haben den Bundesjugendplan. Aber, meine Damen und Herren, haben Sie auch einmal überlegt, daß dieser Bundesjugendplan gerade etwa ein Promille des gesamten Etatsvolumens der Bundesrepublik ausmacht? Ich möchte auf Grund der Jugendarbeit draußen im Lande feststellen, daß er völlig unzureichend und zudem noch mit einer ganzen Reihe bürokratischer Hemmnisse behaftet ist.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Auf die Weise, wie das Problem ,der jungen Generation bisher angepackt worden ist, gibt es eben nur ein planloses Kurpfuschen an einzelnen Symptomen. Es ist nötig, das Übel an der Wurzel anzupacken. Ich brauche hier nicht zu wiederholen, was verschiedene Redner bisher schon über die tatsächliche Situation in der jungen Generation gesagt haben. Aber vielleicht darf ich einmal die Frage stellen, meine Damen und Herren von der CDU: Wann gedenken Sie denn — und zwar hier von der Tribüne dieses Hauses — den Menschen draußen zu sagen, wann ein echter Arbeitsschutz für die junge Generation geschaffen wird? Wann kommt das Berufsausbildungsgesetz, wann werden Sie den Kündigungsschutz für die junge Generation verwirklichen? Diese junge Generation draußen hat ein sehr feines Gespür für die Diskrepanz zwischen Versprechungen im Wahlkampf und der praktischen Arbeit dieser Regierung!

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Einige Probleme möchte ich noch ansprechen. Ein Stichwort ist hier schon gefallen. Wir werden in der nächsten Arbeitswoche hier in diesem Hause über die Fremdenlegion, den Menschenschmuggel mit jungen Deutschen in die Fremdenlegion zu reden haben. Ich möchte nichts von dem vorwegnehmen, was diese Debatte sicherlich zutage bringen wird. Aber der Menschenschmuggel für die französische Fremdenlegion ist nicht nur eine politische, er ist auch eine soziale Frage der jungen Generation. Da haben Leute, die es wissen müssen, in den Auffanglagern entlang der französischen Grenze einmal eine Statistik über die Aufgegriffenen gemacht. Da hört man, daß diesen bitteren Weg aus der Bundesrepublik in die Fremdenlegion junge Menschen zu 50 % wegen Heimatlosigkeit gehen, zu 19 % wegen Arbeitslosigkeit und dann erst 20 % wegen zerrütteter Familienverhältnisse und nur 8 % aus Abenteuerlust sowie 1 % aus Furcht vor Bestrafung. Auch hier zeigt sich wieder, daß wir vor der Notwendigkeit stehen, gesunde soziale Verhältnisse für die vom Krieg so geschlagene junge Generation zu schaffen. Es hat nicht viel Sinn, über diesen furchbaren Weg zu reden, wenn man nicht die Voraussetzungen beseitigt, die junge Menschen in die Werbebüros der Legion treiben. Das gehört mit zu diesem Komplex.

    (Widerspruch und Zurufe von der Mitte.)



    (Pöhler)

    Ich erinnere auch an die ausgesprochene Erziehungskatastrophe, die wir zu verzeichnen haben. Auf den mehrschichtigen Schulunterricht ist bereits hingewiesen worden.

    (Anhaltende Zurufe von der Mitte.)

    Das gleiche gilt für die körperliche Ausbildung, die Sportausbildung in den Schulen. Wie lange rufen die Sportverbände schon nach der täglichen Turn-und Sportstunde? All das sind Probleme, mit denen man sich beschäftigen muß; und man bringt sie nicht aus der Welt, wenn man sie zu verschweigen sucht.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist doch nicht Sache des Bundes! Das ist Ländersache!)

    In diesem Zusammenhang ein Wort zu dem Hinweis auf die andere Seite. Ich weiß nicht, ob Sie Grund hatten, unseren Redner bezüglich des Hinweises auf die Diktatur, auf die sowjetische Besatzungszone mißzuverstehen. Ich weise eine solche Unterstellung schärfstens zurück.

    (Zurufe von der Mitte.) Eines steht fest.


    (Zuruf von der Mitte.)

    — Was heißt denn das schon, Frau Kollegin? Wer fordert denn eine Staatsjugend? Das können Sie doch der sozialdemokratischen Fraktion auch nicht unterstellen! Aber wir wollen diese Jugend, die wir nicht zur Staatsjugend machen wollen, auch nicht auf die freie Wildbahn ,der bundesrepublikanischen Marktwirtschaft schicken, um sie dann ihrem Schicksal zu überlassen.

    (Fortgesetzte lebhafte Zurufe von der Mitte.)

    Ich komme noch einmal zurück auf das schon zitierte Pfingsttreffen der FDJ in Berlin, wo in Ihren Kreisen und Reihen soviel Entsetzen über die Auffassung der jungen Menschen aus der sowjetischen Besatzungszone entstanden war. Ja, sie haben sehr konkrete Fragen gestellt, und man konnte mit ihnen nicht mehr auf der Schokoladen-und Kreppsohlenbasis diskutieren. Allerdings, sie haben sehr konkrete Fragen gestellt über Fortbildungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik, über Schulgeldfreiheit — das wurde schon gesagt —, über Studiumsmöglichkeiten und dergleichen.

    (Fortgesetzte Zurufe von der Mitte.)

    Ich sagte schon, es ist nicht alles Gold, was in dieser Hinsicht hier glänzt. Aber es ist doch nur bedauerlich, daß die Diktaturen zu einem schlechten und verbrecherischen Zweck für die junge Generation wesentlich mehr Anstrengungen machen, als wir gemeinhin in der Gesamtheit zu tun bereit sind.

    (Wiederholte Zurufe von der Mitte.)

    Wenn ich diese Feststellung treffe, dann ist gar nicht gesagt, daß wir auch nur in etwa das System drüben verteidigen wollten. Ganz im Gegenteil! Aber wir meinen, daß wir hier auch im gesamtdeutschen Sinne die Aufgabe haben, in der jungen Generation das soziale Leben so attraktiv wie möglich zu machen.

    (Zuruf von der Mitte: „Attraktiv" ist gut!)

    Nun, wir leben ja in einer Zeit, wo sich die Mehrheit dieses Hauses anschickt, von der jungen Generation zu verlangen, daß sie neue Stahlhelme aufsetzt; das kann ja wohl nicht bestritten werden.

    (Andauernde Zurufe von der Mitte.)

    Aber die Frage ist noch nicht beantwortet, ob denn von dieser Regierung und den sie tragenden Parteien alles getan worden ist, in der gleichen jungen Generation die Folgen des vergangenen Krieges wettzumachen. Es ist eine große Frage, ob man das moralische Recht hat, jetzt schon neue Opfer von der jungen Generation zu verlangen. Es steht fest, daß die junge Generation, die in der Vergangenheit einen so schicksalschweren Weg gegangen ist, ein Recht auf durchgreifende Maßnahmen hat.
    In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis. Es wird gesprochen vom „deutschen Wunder" — nehmen wir an, es ist das Wunder dieses fleißigen Volkes und nicht einer Partei -; an diesem „deutschen Wunder" hat die junge Generation ihr gerüttelt Maß Anteil.

    (Zurufe von der Mitte: Wer hat denn das bestritten?!)

    Ich erinnere an die Zeit, wo die jungen Menschen auch mit einer trockenen Maisbrotschnitte zur Arbeit gingen. Aus diesem Grunde meinen wir, sie haben das Recht, daß man grundsätzlich Maßnahmen für sie trifft, nicht nur mit Versprechungen und Reden, sondern ganz konkret durch die praktische Tat hier. Das Parlament hat darüber hinaus die Pflicht, eine Jugendpolitik zu machen, die in den Herzen und Köpfen der jungen Generation die Demokratie für die Zukunft sichert.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Aber nicht mit demagogischen Reden!)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kemmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Emil Kemmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure diese Debatte sehr. Ich war der Meinung, daß heute eine Debatte über den Mündlichen Bericht des Ausschusses, der uns vorliegt, stattfindet. Statt dessen erleben wir eine Generaldebatte über alle möglichen Dinge und Fragen und Gesetze, die in ganz anderen Bereichen und zu einer ganz anderen Stunde hier zu behandeln wären.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bedaure die Ausführungen der SPD um so mehr, als wir bisher in all diesen Fragen, um die es heute geht, im wesentlichen — von einigen Punkten abgesehen — doch sehr einmütig zusammengearbeitet haben. Es ist sehr schade, daß diese Ausführungen vom Herrn Kollegen Herold und vom Herrn Kollegen Pöhler gemacht worden sind, die, wie ich schon sagte, nicht zum Thema des Mündlichen Berichts gesprochen haben, sondern leider ganz allgemein.

    (Zuruf von der SPD: Drucksache 883!)

    — Jawohl; aber der Mündliche Bericht steht heute zur Debatte, und in dem Antrag steht von Jugendarbeitsschutz, Ausbildung, Werbung für die Fremdenlegion, und was dazu gehört, kein Wort. Das müssen wir zu einer anderen Zeit beraten. Vielmehr haben die genannten Vorredner ganz allgemein — ich muß das leider sagen — Propagandareden gehalten

    (Beifall in der Mitte — Zuruf von der SPD)

    — nein, das tue ich wirklich nicht; ich will jetzt
    ganz sachlich zu diesen Fragen sprechen, insbesondere zu dem, was Sie gesagt haben —, Propaganda-


    (Kemmer [Bamberg])

    reden gehalten, die aber, das darf ich hinzufügen, bei der Jugend nicht ankommen,

    (Zuruf von der SPD: Doch!)

    weil die Jugend viel besser weiß, was Bundesjugendplan, was Aufgabe des Bundes, was Aufgabe der Länder, was Aufgabe der Gemeinden und was vor allem auch Aufgabe der Jugend selber ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich darf einmal ganz kurz darauf hinweisen, daß in den ersten fünf Jugendplänen immerhin die runde Summe von 130 Millionen DM für die deutsche Jugend ausgeschüttet worden ist, zusätzlich zu all dem anderen, was auf Grund der Kriegsfolgenhilfe und anderer gesetzlicher Maßnahmen an Leistungen und Krediten für die Jugend gegeben worden ist. Die Leistungen der Länder, der Gemeinden und der Trägergruppen der Jugend selbst vervierfachen diesen Betrag, sie sind nicht in diesen 130 Millionen DM enthalten. Gerade die Debatte im Ausschuß, bei der die Vertreter aller Jugendverbände, auch der Vertreter der sozialistischen Jugendverbände, zu Wort gekommen sind, hat gezeigt, wie positiv sie alle miteinander zum Bundesjugendplan in dieser Form und mit diesen Mitteln stehen. Sie haben dabei mehr Verständnis und Einsicht als der Herr Kollege Herold und der Herr Kollege Pöhler dafür gezeigt, was in den Zuständigkeitsbereich des Grundgesetzes, also in die Zuständigkeit von Bund und Ländern, gehört und was nicht in den Bundesjugendplan, sondern in andere Gesetze und Maßnahmen hineingehört. Der Bundesjugendplan — das möchte ich noch einmal ganz eindeutig sagen; darüber hat doch bisher auch zwischen der SPD und uns volle Einmütigkeit bestanden — war und soll auch weiter sein eine Initialzündung, die bisher viele Mittel und Kräfte frei gemacht hat und das auch in Zukunft tun wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)