Rede von
Peter
Horn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der gestrigen Debatte über den § 1 dieser Vorlage ist von verschiedenen Rednern mehrfach auf das Gleichheitsprinzip abgehoben worden. Die Redner haben der Meinung Ausdruck gegeben, daß die Regelung, wie sie in dieser Vorlage vorgesehen ist, gegen diesen Gleichheitsgrundsatz verstoße. Ich bin kein Jurist. Ich möchte aber doch sagen, daß ich sehr erhebliche Zweifel habe, ob die Mehrheit, die im Rechtsausschuß zustande gekommen ist — man bezieht sich nämlich auf die Beschlüsse des Rechtsausschusses —, bei dieser Auffassung wirklich richtig beraten war. Stellen wir uns einmal vor, der Satz „Alle Deutschen sind vor dem Gesetz gleich" müßte so angewandt werden, wie es hier gestern verlangt worden ist! Dann würden wir doch als Parlament in eine äußerst schwierige und unangenehme Lage geraten. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, was eigentlich mit dieser Vorschrift gemeint ist. Wenn sie aber so angewandt werden sollte, wie die verehrten Redner das hier gestern gefordert haben, dann müßten wir, glaube ich, in eine sehr tiefgreifende Nachprüfung der Gesetze eintreten, die in der Vergangenheit bis jetzt hier erlassen worden sind.
Es gibt so viele Unterschiede, meine Damen und Herren, die dann deutlich würden und die dann nicht aufrechtzuerhalten wären. Ich möchte mir deshalb erlauben, die sehr ernste Mahnung auszusprechen, diese Dinge doch nicht zu überspitzen. Ich will darauf verzichten, hier Einzelheiten aufzuzählen. Sie alle wissen, daß dann eine ganze Fülle von Einzeldingen erneut aufgegriffen und dieser sogenannten Gleichheit vor dem Gesetz angepaßt werden müßte.
Das bezieht sich auch in etwa auf den Änderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion zu § 2, wonach der letzte Satz des Abs. 2 gestrichen und ein neuer Abs. 3 eingefügt werden soll. Wir haben im Ausschuß immer wieder hervorgehoben, daß diese — ich will es einmal mit diesem Schlagwort bezeichnen — „Flurbereinigung", wie sie hier verlangt wird, in dieser Vorlage nicht zu machen ist. Wir haben auch immer wieder darauf hingewiesen, daß wir mit Nachdruck dafür sorgen werden, daß die Sozialgesetze, um die es sich hier handelt, bezüglich der Kinderzuschläge rechtzeitig an diese Regelung angeglichen werden.
Ich darf mich nun mit den einzelnen Ziffern — wenigstens mit einigen von ihnen —, die hier aufgezählt sind, kurz befassen. Die verehrlichen Fachleute aus der sozialdemokratischen Fraktion darf ich zunächst einmal darauf hinweisen, daß ihnen doch wohl bei der Ziffer 1 des beantragten neuen Abs. 3 des § 2 ein kleiner Irrtum unterlaufen ist. Sie sprechen hier von „Krankenpflege nach § 182 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung", wollten aber zweifellos sagen „Krankenhilfe nach § 182 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung". Wenn Sie „Krankenpflege" sagen, dann wird ja der Umfang, den Sie eigentlich erfassen wollen, nicht erfaßt. Für das Hohe Haus, das diese Einzelheiten vielleicht nicht kennt, darf ich diesen kurzen § 182 Abs. 1 einmal zitieren. Er lautet:
Als Krankenhilfe wird gewährt:
1. Krankenpflege vom Beginn der Krankheit an; sie umfaßt ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei sowie Brillen, Bruchbändern und anderen kleineren Heilmitteln und
2. Krankengeld in Höhe des halben Grundlohns für jeden Kalendertag, usw.
Auf diesen kleinen Irrtum wollte ich Sie hingewiesen haben, im übrigen aber
sagen, daß wir bei der Beratung im Ausschuß ja immer wieder deutlich gemacht haben, daß wir die Krankenversicherung in diesen Zusammenhang gar nicht einbezogen wissen wollen, weil ja die Kinderzuschläge, die dort gewährt werden, anderer Art oder jedenfalls ganz erheblich geringer sind und weil die Leute, die in der Krankenversicherung Krankengeld beziehen, solange ihr Beschäftigungsverhältnis nicht aufgelöst ist, ja ohnehin Anspruch auf Kindergeld haben. Für den Fall, daß jemand im Verlaufe seiner Krankheit das Beschäftigungsverhältnis verliert, haben wir ja in § 2 Abs. 2 Vorsorge getroffen, daß derjenige, der innerhalb von drei Wochen nach Beendigung des Beschäfti-
gungsverhältnisses krank wird und auf Grund des § 214 der RVO noch Anspruch auf die Regelleistungen der Krankenversicherung hat, für diese Zeit weiterhin anspruchsberechtigt für das in diesem Gesetz festgelegte Kindergeld ist. Aus diesem Grunde sehen wir keine Begründung dafür, daß es dieser Ziffer 1 des Abs. 3 unter allen Umständen bedarf, und wir werden diesem Antrag auch insofern nicht folgen.
Die Kollegin Döhring hat gestern bei der Begründung dieses Antrags erhebliche Zweifel daran geäußert, daß das von uns im Ausschuß gegebene
— ich möchte beinahe sagen — Versprechen auch wirklich eingelöst werden würde. Dazu kann ich Ihnen folgendes erklären: Der Herr Bundesarbeitsminister, der gestern daraufhin vom Herrn Kollegen Richter angesprochen wurde, hat in der Tat bei uns angeregt, dem Gesetz in einem besonderen Artikel noch die Regelung für die Arbeitslosen anzufügen. Wir haben dazu im Zusammenhang mit diesem Gesetz keine Möglichkeit mehr gesehen. Ich möchte Ihnen, meine verehrten Damen und Herren, aber erklären, daß wir den Entwurf vorliegen haben; ich habe ihn hier in der Hand. Dort ist vorgesehen, daß auch nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz die Beträge für das dritte und jedes weitere Kind auf 25 DM angehoben werden und daß, soweit die Arbeitslosenversicherung in Frage kommt, die dadurch anfallenden Lasten von der Arbeitslosenversicherung, also von der Bundesanstalt selber, getragen werden. Soweit die Arbeitslosenfürsorge in Betracht kommt, sollen die Lasten nach diesem Entwurf auf den Bundeshaushalt übernommen werden. Ich hoffe zuversichtlich, daß wir in der Lage sein werden, Ihnen bis zur dritten Lesung mit dieser Vorlage als Initiativantrag meiner Fraktion dienen zu können.
Was die übrigen Gesetze angeht, die hier nachgezogen bzw. angeglichen werden müssen, so darf ich auch dazu sagen, daß die Vorbereitungen dazu im Gange sind. Wir haben die Erwartung, daß wir auch mit diesen Gesetzentwürfen, sei es durch Regierungsvorlagen, sei es durch Initiativanträge, dem Hohen Hause rechtzeitig werden dienen können.
Einen Satz noch zu Ziffer 4 des neu beantragten Abs. 3 des § 2 dieses Änderungsantrages der sozialdemokratischen Fraktion - Umdruck 147 Ziffer 2
— der die Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz betrifft. Meine verehrten Damen und Herren, Sie werden doch im Ernst nicht vorhaben, auch diesen Punkt in noch ausstehende Regelungen mit einzubeziehen! Heute werden doch schon nach dem Lastenausgleichsgesetz bei der Unterhaltshilfe für jedes Kind 27,50 DM im Monat gezahlt, und der Lastenausgleichsausschuß hat erst in den letzten Tagen den Beschluß gefaßt, diesen Betrag auf 35 DM zu erhöhen.
— Einstimmig beschlossen! Also haben daran natürlich auch die an dieser Beratung beteiligten Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion Anteil; sie haben davon gewußt. Ich glaube, es kann im Ernst nicht daran gedacht sein, dieser Gruppe darüber hinaus auch noch Ansprüche aus diesem Kindergeldgesetz zuzuerkennen.
Aus den Gründen, die ich Ihnen dargelegt habe, sieht sich die Fraktion der CDU/CSU leider nicht in der Lage, diesem Änderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion zuzustimmen.