Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorgesehene Berichterstatter, der Kollege von Merkatz, ist heute nicht da. Er kann ja nicht da sein; er hat sich auch entschuldigt. Ich springe für ihn ein als Vorsitzender des Ausschusses. Natürlich habe ich die Akten nicht so eingehend studiert wie er. Ich kann dem Hause natürlich nur einen einfacheren Bericht an Hand des Verhandlungsprotokolls erstatten.
Was das Verfahren gegen Donhauser anlangt, so heißt es hier:
Der Bundesminister der Justiz ersucht mit Schreiben vom 12. April 1954, eine Entscheidung über die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Donhauser wegen Meineids und Verleumdung herbeizuführen.
Der Berichterstatter
— heißt es hier, ich darf das zitieren —... führt aus, daß es sich um zwei Verfahren handelt, die noch im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Untersuchungsausschuß 44 — Spiegelausschuß — stehen:
a) ein Verfahren wegen Eidesverletzung und übler Nachrede im Zusammenhang mit Aussagen über den Rechtsanwalt Dr. Berthold in München und
b) ein Verfahren wegen übler Nachrede im Zusammenhang mit Aussagen gegen den Journalisten Hornauer.
Es handelt sich hierbei um Restverfahren im Zusammenhang mit dem Spiegelausschuß, alle anderen Verfahren seien inzwischen eingestellt worden.
Der Berichterstatter geht auf die Vorgeschichte ein und erklärt, daß in der Bayernpartei . . . drei widerstrebende Gruppen bestanden hätten. Die Konsequenz daraus sei eine innere schwere Auseinandersetzung . . . gewesen. In diesem Rahmen habe ein sogenanntes Gedächtnisprotokoll des Dr. Baumgartner eine Rolle gespielt, das an den Spiegel verkauft worden sei und dort veröffentlicht wurde. Insbesondere spielte die Behauptung in dem Protokoll eine Rolle, daß das Abstimmungsergebnis über den Sitz der obersten Bundesbehörden, Bonn oder Frankfurt, durch Geldzuwendungen erreicht worden sei.
Zu a): Der Abg. Donhauser habe unter Eid — der Eid umfaßte das ganze Protokoll — vor dem Untersuchungsausschuß über den Rechtsanwalt Dr. Berthold ausgesagt, daß er Gelder vermittelt habe in Höhe von 30 000 DM, wovon er 5 000 DM einbehalten habe. Berthold hingegen behauptet, er habe keine Provision genommen. Auf Grund dieser Aussagen hat Berthold Privatklage erhoben, die später als Offizialverfahren geführt wurde.
Die Immunität des Abg. Donhauser wurde in der 118. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages am 15. 2. 1951 aufgehoben.
Der Berichterstatter ist der Auffassung, daß das Vorliegen einer Eidesverletzung bei dem vorliegenden Komplex juristisch zweifelhaft sei. Die Aussagen hätten sich abgespielt wie vor einem politischen Forum. Es sei wenig Gelegenheit gewesen, sie nochmals durchzusehen, deshalb müßte man einen geringeren Maßstab anlegen als bei Aussagen vor Gericht. Eine Eidesverletzung komme nach seiner Ansicht aus subjektiven Gründen nicht in Frage. Hinsichtlich des Vorwurfs der üblen Nachrede beruft sich der Abg. Donhauser auf eine Abrechnung, die der Schatzmeister Schmitthuber der Bayernpartei ihm gezeigt habe. Danach seien für Berthold Gebühren abgezogen worden. Eine Liquidation liege jedoch nicht bei den Akten. Es liege weiterhin eine Zeugenaussage einer Sekretärin des Berthold vor, die bekundet, daß Betthold Provision genommen habe.
Das ist ungefähr der eine Tatbestand. Zu dem anderen Tatbestand heißt es:
Der Abg. Donhauser wird beschuldigt, vor dem Untersuchungsausschuß gegenüber dem Journalisten Hornauer ausgesagt zu haben, daß dieser sich an dem Verkauf des Gedächtnisprotokolls an den Spiegel beteiligt habe. Er habe Hornauer weiterhin vorgeworfen, daß dieser wegen NS-Umtriebe seinerzeit aus der Schule geflogen wäre und sich an Judenmißhandlungen beteiligt habe.
Der Berichterstatter hält diese Vorwürfe für belangloser Art und vor allem politischer Art, so daß auch hier im Interesse des Hauses die Aufhebung der Immunität nicht in Frage komme.
Der Auschuß hat schließlich, wenn ich mich recht erinnere, einstimmig, beschlossen, daß die Immunität im Falle Donhauser nicht aufgehoben werden soll. Ich bitte Sie, diesem Antrag zu entsprechen.
Ich darf dann gleich den Bericht zu Punkt 15 der Tagesordnung, Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Elsner, erstatten. Dazu heißt es in dem Protokoll des Ausschusses:
Der Bundesminister der Justiz hat auf Ersuchen des Oberstaatsanwalts in Braunschweig
mit Schreiben vom 11. Mai 1954 ersucht, eine
Entscheidung über die Genehmigung zum
Strafverfahren gegen den Abg. Elsner wegen
Beleidigung des Landtagsabgeordneten Büchler
herbeizuführen.
Ich betone das. Der Herr Justizminister hat nämlich nicht beantragt, die Immunität aufzuheben. Es handelt sich hier vielmehr um ein sogenanntes mitgebrachtes Verfahren. Der Herr Justizminister von Niedersachsen steht auf dem Standpunkt, bei einem mitgebrachten Verfahren — wie wir es hier
einmal formuliert haben — bedürfe es der Aufhebung der Immunität überhaupt nicht, sondern er könne da vorgehen, wie er wolle, nach Art. 46 Abs. 4 des Grundgesetzes hätten wir nur die Möglichkeit, zu verlangen, daß das bereits laufende Verfahren gestoppt würde. Das ist etwas ganz anderes als Aufhebung der Immunität. Ich komme am Schluß des Berichts darauf. Deshalb haben wir in der Drucksache auch zwei Ziffern vorgeschlagen.
Der eigentliche Tatbestand ist sehr einfach:
Aus den Akten ergibt sich, ... daß dem Abgeordneten Elsner vorgeworfen wird, er habe im Juli 1951 eine Beschwerdeschrift über den Landtagsabgeordneten Büchler an den Präsidenten des Niedersächsischen Verwaltungsbezirks Braunschweig und Vorsitzenden des BHE, Minister von Kessel, mit beleidigenden Äußerungen abgefaßt.
Insbesondere wird in dieser Beschwerdeschrift erklärt, in dem Büchlerschen Betrieb seien Pferde mißhandelt und schlecht gefüttert worden, so daß Büchler auf Grund einer Anzeige wegen Tierquälerei bestraft worden sein soll. Weiterhin habe Büchler für die Flüchtlinge bisher keine Leistungen aufzuweisen, außer hinreichenden Leistungen für die eigene Person.
Und so weiter, und so weiter!
Der Ausschuß ist der Meinung, daß wegen dieser Äußerungen die Immunität nicht aufgehoben werden sollte, weil sie damals im politischen Wahlkampf, also im politischen Raum, gefallen sind. Getreu den Grundsätzen, die der Ausschuß jetzt fünf Jahre lang entwickelt hat, glaubt er, auch hier nicht davon abgehen zu sollen.
Aber nun kommt das Besondere, was ich vorhin schon andeutete. Der Herr Justizminister von Niedersachsen ist mit dem zuständigen Oberlandesgericht — ich glaube, es ist das Oberlandesgericht in Celle, das sich mit diesem Verfahren befaßt und eine entsprechende Entscheidung gefällt hat — der Meinung, es bedürfe hier, da es um ein sogenanntes mitgebrachtes Verfahren geht, gar nicht der Aufhebung der Immunität, sondern das Verfahren laufe legal und könne bezüglich dieser Tat, die vor dem Zeitpunkt liege, zu dem der Abgeordnete die Abgeordneteneigenschaft erworben habe, gar nicht gestoppt werden, sondern es könne höchstens Art. 46 Abs. 4 des Grundgesetzes Platz greifen, wo es heißt, in einem solchen Fall könne der Bundestag verlangen, daß die Strafverfolgung ausgesetzt wird.
Der Bundestag hat sich früher schon einmal mit dieser Frage befaßt, und das Haus hat hier einstimmig einen anderen Standpunkt eingenommen. Der Bundestag steht auf Grund eines Gutachtens des Bundesministers der Justiz vom 21. Oktober 1949 und eines Beschlusses des Bundestages — Stenographischer Bericht vom 3. November 1949, Seite 331 — auf dem Standpunkt, daß bei Übernahme des Abgeordnetenmandats anhängige Strafverfahren, jede Haft, Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder sonstige Beschränkung der persönlichen Freiheit von Amts wegen auszusetzen sind; die Durchführung derartiger Maßnahmen bedarf der Genehmigung des Bundestags gemäß Art. Nr. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes.
Wir waren im Ausschuß der Meinung, daß wir diesen unseren Grundsatz, den wir damals in sehr eingehenden Untersuchungen und Diskussionen
entwickelt und hier einstimmig angenommen haben, auch gegenüber dem Herrn Justizminister von Niedersachsen und gegenüber der Entscheidung des Oberlandesgerichts vertreten sollten.
Deshalb schlägt Ihnen der Ausschuß vor, wie folgt zu beschließen:
1. Die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Elsner wird nicht erteilt.
2. Der Bundestag bestätigt die in der 14. Plenarsitzung vom 3. November 1949 — Stenographische Berichte der 1. Wahlperiode S. 331 D ff. und Gutachten des Bundesministers der Justiz vom 21. Oktober 1949 — vorgetragene Auffassung, wonach bei Übernahme des Abgeordnetenmandats anhängige Verfahren gegen einen Bundestagsabgeordneten von Amts wegen auszusetzen sind. Solche Verfahren können nur
– nun bitte ich den Herrn Präsidenten, hier einen
Druckfehler zu berichtigen; es muß nämlich heißen:
nach einem Genehmigungsbeschluß des Bundestages gemäß Art. 46 Abs. 2 des Grundgesetzes fortgeführt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte, diesem Antrage zuzustimmen, namentlich der Ziffer 2, weil das eine grundsätzliche Entscheidung und das Beziehen eines grundsätzlichen Standpunktes bedeutet, den wir meines Erachtens unter gar keinen Umständen verlassen dürfen.