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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juli 1954 1773 38. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Juli 1954. Geschäftliche Mitteilungen 1773 D, 1821 A, 1834 C, 1843 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 74 und 78 (Drucksachen 605, 680; 619, 679) 1774 A Änderungen der Tagesordnung . . 1805 D, 1820 C, 1842 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FPD betr. Nahzonenregelung in grenznahen Gebieten nach § 2 Abs. 4 Güterkraftverkehrsgesetz (Drucksachen 392) 1774 A, 1821 A, 1828 D Rademacher (FDP), Anfragender . . 1774 A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1774 C Erste Beratung des Entwurfs eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 (Drucksache 573) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs durch Entlastung der Straßen (Straßenentlastungsgesetz) (Drucksache 574), mit der Ersten Beratung des von den Abg. Müller-Hermann, Donhauser u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr (Drucksache 611), mit der Ersten Beratung des von den Abg. MüllerHermann, Donhauser u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 612), mit der Ersten Beratung des von den Abg. Müller-Hermann, Donhauser u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Verkehrswege (Drucksache 613), mit der Ersten Beratung des von den Abg. MüllerHermann, Donhauser u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 (Drucksache 614), mit der Beratung des Antrags der Abg. Müller-Hermann, Donhauser u. Gen. betr. Koordinierung der Verkehrsträger (Drucksache 615), mit der Beratung des Antrags der Abg. Müller-Hermann, Donhauser u. Gen. betr. Maßnahmen im Verkehrswesen (Drucksache 616) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) (Drucksache 678) 1776 A, 1805 D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1776 B, 1829 A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1789 C Müller-Hermann (CDU/CSU), Antragsteller 1793 B Dr. Leiske (CDU/CSU) 1805 D Schmidt (Hamburg) (SPD) 1811 D Rademacher (FDP) 1821 A Donhauser (CDU/CSU) 1832 C Jahn (Frankfurt) (SPD) 1837 A Weiterberatung vertagt 1842 D Hochwasserkatastrophe in Südbayern, Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/BHE, DP (Drucksache 693), Antrag der Fraktion der SPD (Drucksache 694), Antrag der Fraktion der CDU/CSU (Drucksache 695): Vizepräsident Dr. Jaeger 1820 C Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern . . 1828 C Vizepräsident Dr. Schneider . 1828 D, 1843 A Anträge Drucksachen 693 und 694 durch Erklärung der Bundesregierung für erledigt erklärt 1828 D Nächste Sitzung, — zur Geschäftsordnung: Vizepräsident Dr. Schneider . . . 1843 B, D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . . 1843 C Dr. Krone (CDU/CSU) 1843 C Die Sitzung wird um 9 Uhr 6 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Helmut Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich darf zu der Frage zurückkehren, wieweit die Straße wirklich entlastet wird. Die Leute gehen also in den Nahverkehr, sie verlegen ihre Standorte. Wenn man sich seinen Standort z. B. im Ruhrgebiet richtig aussucht, irgendwo in der Mitte, kann man auch als Nahverkehrsunternehmer das ganze Ruhrgebiet mit seinem 40-Tonnen-Zug bestreichen.
    Nun kommt der Punkt, der bei der ganzen Angelegenheit eigentlich der entscheidende ist. Ich habe immer das Gefühl, daß dieses Gesetz der Eisenbahn helfen soll. Die Eisenbahn setzt sich ja auch sehr für dieses Gesetz ein. Ich persönlich wäre bereit, ganz entscheidende und scharf durchgreifende Maßnahmen zu ergreifen, um der Eisenbahn zu helfen.

    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm nimmt auf den Abgeordnetenbänken Platz. — Zuruf von der SPD: Er kommt zu dir! — Weiterer Zuruf: Das ist nett! — Beifall.)

    — Ja, das ist nett. Ich konnte den Blick nicht von Ihnen wenden, Herr Bundesverkehrsminister.

    (Heiterkeit.)

    Ich bin Ihnen sehr dankbar.

    (Abg. Rümmele: Alte Liebe rostet nicht!)

    Ich habe also das Gefühl, der eigentliche Grund ist nicht sosehr der, die Straße zu entlasten — die Straßenentlastung könnte man mit anderen Mitteln sehr viel radikaler durchführen, auf die ich zu sprechen kommen werde —, sondern der eigentliche Grund ist, der Bundesbahn zu helfen. Wenn man sich nun fragt, inwieweit hier der Bundesbahn geholfen wird, dann stellt man fest, wenn man etwa das vorhin hier zitierte Presseinterview des Herrn Präsidenten Schelp von der Bundesbahn liest, daß es '70 Millionen DM Mehreinnahmen für die Bundesbahn gibt. Ich will einmal annehmen, es sei das Doppelte, es seien 140 Millionen oder gar 170 Millionen DM. Was ist das, wenn man es mit dem Defizit von 800 Millionen DM vergleicht! Nehmen wir an, es seien 170 Millionen. Das ist ein


    (Schmidt [Hamburg])

    Tropfen auf den heißen Stein, das ist keine wirkliche Hilfe für die Bundesbahn.
    Ich komme nachher noch auf die Hilfe für die Bundesbahn zurück. Ich möchte mich jetzt einmal mit der Frage beschäftigen, wie man denn die Straßen wirklich entlasten kann.
    Meine Damen und Herren, bei uns liegt keinerlei weltanschauliche Feindschaft gegen Verbote vor.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Ich habe heute morgen in einer sehr angesehenen deutschen Tageszeitung gelesen, ich persönlich würde mich hier in die liberale Front einreihen, die gegen Verbote ist. Nein, ich bin nicht grundsätzlich gegen Verbote; aber sie müssen zweckmäßig sein und müssen auch wirklich etwas erreichen.
    Sie verbieten also den Transport von Kohle, Zucker und Getreide. Damit bringen Sie die schweren Ungetüme nicht von der Straße! Ich bin dafür, daß Sie, um die Straße wirklich einschneidend zu entlasten, jetzt in diesem Herbst wenigstens von 40 auf 32 t

    (Zuruf von der Mitte: Das reicht nicht!) und auf 18 m Länge heruntergehen müßten.

    Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist notwendig, hier einmal an die Ausführungen zu erinnern, die der leider verstorbene Herr Abgeordnete von Rechenberg hier vor anderthalb Jahren gemacht hat.

    (Sehr richtig! rechts. — Zuruf von der FDP: Besten Dank, Herr Schmidt!)

    Wir müssen doch heute alle einsehen, daß er die kommende Entwicklung richtig vorausgesehen hat. Aus diesen zwei Jahren seit der damaligen Debatte können wir — eigentlich mit nur sehr wenig Phantasie — voraussehen, daß wir womöglich in abermals zwei Jahren wieder vor der gleichen Situation stehen. Ich meine, es hat wirklich keinen Zweck, der Katze den Schwanz immer so in Scheiben abzuhacken.

    (Heiterkeit.)

    — Ja, alle zwei Jahre so ein Scheibchen, mal zwei Meter, dann wieder drei Meter!

    (Erneut große Heiterkeit.)

    — Meine Damen und Herren, das Beispiel von der Katze bringt zwar Humor und Freude, in Wirklichkeit handelt es sich für die Industrie um eine sehr schwierige Sache. Die Industrie soll sich alle anderthalb Jahre auf neue Maße umstellen. Einmal baut sie 40-t-Züge, dann 32-t-Züge, vielleicht muß sie in zwei Jahren 28-t-Züge bauen. Einmal darf sie 22 m lange Züge bauen, dann Züge von
    20 m, dann Züge von 18 m usw. Meine Fraktion ist der Meinung, daß in diesem Jahr mit allem Ernst geprüft werden muß, ob man hier nicht eine grundsätzliche Entscheidung treffen kann, und wir wollen die grundsätzliche Abschaffung des Anhängers überhaupt im Ausschuß mit allem Ernst geprüft wissen.

    (Zustimmung. — Abg. Dr. Horlacher: Aber der Kater war unmöglich! — Heiterkeit.)

    — Es mag sein, daß es auf der Welt unmögliche Kater gibt, Herr Kollege. Das trifft aber nicht meinen Kater, sondern ehe Ihren Kather!

    (Erneute Heiterkeit. — Abg. Dr. Horlacher: Nein, Sie haben ja von 7 km Schwanzlänge gesprochen!)

    Wir möchten also ernsthaft prüfen, ob man nicht bereits in diesem Jahr den Anhänger endgültig abschafft, natürlich mit einer wirtschaftlich angemessenen Auslauffrist, das ist selbstverständlich. Ich weise darauf hin, daß es in England, Frankreich, USA keine Anhänger gibt. Als Äquivalent gehört natürlich dazu, daß man sich in bezug auf die Besteuerung des Sattelschleppers etwas vernünftiger einstellt und daß die bisherigen Fehler bei der Sattelschlepperbesteuerung ausgemerzt werden.
    Wenn man sich nun fragt, ob die Gesetze ausreichen, die verschiedenen großen Probleme, die anstehen, zu lösen, dann wird man sagen müssen: Wir hören nichts davon, daß nun wirklich der Bundesb ahn die betriebsfremden Lasten abgenommen werden. Vor fünf Monaten haben wir von allen Fraktionen gehört, das sei notwendig. Herr Rademacher hat gesagt, das Kabinett komme nicht darum herum. Aber offenbar kommt es doch darum herum, denn wir haben noch keinerlei Zusicherung in dieser Richtung gehört. Selbst wenn das ganze Steueraufkommen aus dem Verkehrsfinanzgesetz bis auf 80 Millionen DM an die Bundesbahn geht, selbst wenn das Straßenentlastungsgesetz in dieser Form 100 Millionen DM bringt, würde das zusammen gerade eben ausreichen, zwar die betriebsfremden Lasten der Bundesbahn zu decken, aber nicht ausreichen, der Bundesbahn auch nur einen Pfennig zusätzlich zur Finanzierung des großen Investitionsnachholbedarfs, der unterlassenen Unterhaltung und Erneuerung, zuzuführen, und es würde auch kein einziger Pfennig für ein Straßenbauprogramm übrigbleiben, von dem hier dauernd die Rede ist.
    Wo ist, meine Herren von der Regierung, der Finanzierungsplan für die Sanierung der Bundesbahn? Wo ist die Regelung der Altschulden der Bundesbahn? Wo ist der geringste Versuch, die Bundesbahn emissionsfähig zu machen, wenn Sie ihr schon keine Mittel direkt zur Verfügung stellen wollen, wenn Sie schon die Bahn auf den Anleiheweg verweisen wollen?
    Also ich muß sagen: dies sogenannte Gesamtkonzept ist in diesem Punkte überaus unbefriedigend. Daß selbst dann, wenn wir das ganze Mehraufkommen an Steuern in die Bahn stecken würden, um dort die politischen Lasten abzudecken, für die Straße nichts nachbleibt, habe ich schon ausgeführt. Es nützt nichts, daß man hier in freundlichen Worten von den Gemeindestraßen und von den Kreisstraßen spricht; es müßte auch etwas für diese Straßen geschehen. Ich habe darüber aber nicht viel gehört.
    Und wo ist wirklich eine Maßnahme für die Erhöhung der Straßensicherheit? Hier sind freundliche Worte über den Radfahrer und über den Fußgänger gefallen, und der Herr Bundesverkehrsminister hat gesagt, er habe an den Fußgänger gedacht, und er habe auch die Radfahrer nicht vergessen. Aber wo geschieht in diesem Gesamtprogramm wirklich etwas zu ihren Gunsten? Was geschieht beispielsweise auf dem Gebiet der Radfahrwege?
    Und die nächste Frage: Wo ist eigentlich die Regelung des Wettbewerbs zwischen Schiene und Straße, von der hier wohl einmal die Rede sein müßte? Nur damit, daß Sie 70 Millionen DM Mehreinnahmen von der Straße auf die Schiene verschieben, ist der Wettbewerb nicht auf die Dauer geregelt. Das ist eine nur vorübergehend wirksame


    (Schmidt [Hamburg])

    und noch dazu unzureichende, weil geringfügige Maßnahme. Wo ist das tarifpolitische Konzept? Herr Dr. Hilpert, der Präsident der Deutschen Bundesbahn, der vorhin zitiert worden ist, hat in jenem Interview auf die Frage eines Journalisten gesagt, die Deutsche Bundesbahn habe keinerlei Tarifpläne in der Schublade. Haben Sie sie denn in der Schublade, Herr Bundesverkehrsminister? Warum wurden sie hier nicht ausgebreitet? Wir haben heute eine kurze, zwei Seiten umfassende Darlegung zu den tarifpolitischen Plänen gehört. Die enthält aber nichts als Beschlüsse des Bundesrates, nichts als die Ankündigung, man wolle einen Ausschuß beauftragen. Was dabei herauskommen soll, bleibt schleierhaft.
    Das Ganze ist eben kein Gesamtkonzept, das ist kaum ein Torso, möchte ich sagen, und es trifft leider der Vers von Eugen Roth auf diesen Torso nicht zu, der Vers, der lautet:
    Arm und Bein fehlt den Gestalten;
    worauf es ankommt, blieb erhalten.
    Das, worauf es ankommt, fehlt in diesem Gesamtkonzept.
    Mich persönlich kann diese Unvollständigkeit allerdings nicht erstaunen; denn der verkehrspolitische Kurswechsel des Herrn Bundesverkehrsministers kam mir viel zu schnell und plötzlich, um überlegt und durchdacht zu sein, und auch zu schnell, um zu überzeugen.
    Hier ist von dem Abgeordneten Freiherrn von Rechenberg und von der damaligen Debatte die Rede gewesen. Ich habe zu der Zeit, als jene Debatte in diesem Hohen Hause stattfand, eine Rede des Herrn Bundesverkehrsministers gehört. Das war in Bremen. Ich bitte mir zu erlauben, Herr Präsident, aus dieser Rede einige Sätze vorzulesen, um einmal deutlich zu machen, was hier eigentlich für ein Wechsel in der Verkehrspolitik uns — na, ich will nicht sagen, vorgegeben wird, aber: uns glaubhaft gemacht werden soll, der einfach nicht glaubhaft ist. Hören Sie einmal die folgenden Sätze. Da sagt der Herr Bundesverkehrsminister:
    Ich weiß, was das Gewerbe für ein Opfer gebracht hat, als ich ihm in der Straßenverkehrszulassungsordnung die Länge der Fahrzeuge verkürzt habe. Ich bin nicht bereit, dem Gewerbe ein weiteres Opfer auf diesem Wege zuzumuten, und ich bitte Sie, gemeinsam mit unserem Freund Rademacher
    — Sie kommen auch darin vor, Herr Kollege — (Abg. Rademacher: Ich war dabei!)

    — Sie .waren dabei, ich erinnere mich —
    alles zu tun, damit, wenn irgend möglich, diese Anträge überhaupt nicht zur Diskussion kommen.
    — Nämlich die Anträge des Freiherrn von Rechenberg. — So geht es weiter, und zum Schluß heißt es:
    Wenn Sie das Gesetzgebungswerk des Bundes-
    verkehrsministeriums
    — damals war ein ganz anderes Gesetzgebungswerk gemeint, an das heutige dachte man noch nicht; damals waren die Straßenverkehrszulassungsordnung und das Güterkraftverkehrsgesetz gemeint —
    als ein gemeinsames Ganzes ansehen und die Dinge wirklich miteinander in Beziehung bringen, dann gewinnen Sie erst ein Bild von dem verkehrspolitischen Willen, der das Bundesministerium für Verkehr, meine Mitarbeiter
    und mich auszeichnet. Dieser Wille ist stets und immer darauf gerichtet, Ihren Interessen Rechnung zu tragen, und ich als der strenge, aber gerechte Vater aller Verkehrsträger muß dafür sorgen, daß alle Kinder brav und ordentlich sind und dann auch ihre Belohnung erhalten.

    (Hört! Hört! — Bundesminster Dr. Seebohm: Aber nicht, wenn sie unartig sind!)

    — Ich will nicht gehässig sein, Herr Minister; aber wenn Sie der Vater aller Verkehrsträger sind, wie kann man dann erwarten, daß sie sich brav und ordentlich verhalten!

    (Heiterkeit und Beifall. — Bundesminister Dr. Seebohm: Meine Kinder sind sehr gut erzogen!)

    — Ich bin ja kein Kind des Herrn Bundesverkehrsministers!

    (Bundesminister Dr. Seebohm: Eben, eben! Sie sind nicht einmal angenommen! — Heiterkeit.)

    — Ich würde diese Vaterschaft auch nicht anerkennen,

    (erneute Heiterkeit)

    genau wie die Verkehrsträger heute diese Vaterschaft nicht anerkennen und wie auch die gegenwärtig recht freundlichen Beziehungen — jedenfalls nach außen — zwischen der Bundesbahn und dem Herrn Bundesverkehrsminister keine Liebesheirat, sondern eine auf kurze Zeit geschlossene Zweckehe darstellen, die dann sofort wieder zerbricht, wenn die Bundesbahn einsehen wird, daß diese Maßnahmen ihr keineswegs helfen. Diese Maßnahmen aber — wenn wir sie zum Gesetz erhöben — würden bedeuten, daß wir die einmalige psychologische Situation, die in der Öffentlichkeit und auch hier im Parlament in Deutschland vorhanden ist, wirklich etwas Durchgreifendes zu tun, mit halbem oder, ich möchte sagen, Drittel-Maßnahmen verscherzen, die weder der Bahn helfen noch der Straßensicherheit effektiv nützen. Womöglich werden sie aber auch dazu führen — wenn wir in zwei Jahren erneut vor der Tatsache stehen, daß sich in Wirklichkeit nichts geändert hat —, daß die Öffentlichkeit und das Parlament nicht wieder geneigt sein werden, experimentelle Vivisektionen zu beschließen in der Hoffnung, daß es dann vielleicht doch einmal für die Bahn reichen wird.
    Ich möchte noch einige Bemerkungen zur Praxis der Tarifpolitik machen, von der ich vorhin schon gesprochen habe. Sehen Sie, diese Tarifpolitik ist in Wirklichkeit noch gar nicht vorhanden. Der Herr Verkehrsminister hat schon gesagt, er habe nunmehr einen Ausschuß von 25 unabhängigen Sachverständigen beauftragt. Man hat auch im Bulletin lesen können, daß dieser Ausschuß nunmehr — so wörtlich — das „Kernstück" für das verkehrspolitische Gesamtkonzept der Bundesregierung erarbeiten soll. Dieser Ausschuß wurde — wenn ich es richtig erinnere — im Mai eingesetzt. Im Februar bereits hat uns der Herr Bundesverkehrsminister hier vorgetragen, es sei ein großes verkehrspolitisches Gesamtkonzept, und die Tarifpolitik spiele eine entscheidende Rolle darin. Auch der Herr Bundeskanzler schreibt heute im "Rheinischen Merkur" von der Rolle, die die Tarifpolitik im Gesamtkonzept spielen sollte. Der Herr Bundeskanzler kann natürlich nicht wissen, daß auch der Herr Bundesverkehrsminister nicht weiß, wie diese Tarifpolitik aussehen soll.

    (Lachen in der Mitte.)



    (Schmidt [Hamburg])

    Das wird man also dem Herrn Bundeskanzler nicht übelnehmen müssen.
    Aber man wird Sie fragen müssen, Herr Bundesverkehrsminister: Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, als Sie diesem Ausschuß eine Reihe von Fragen vorlegten, deren erste lautete: Soll das gemeinwirtschaftliche Tarifsystem beibehalten werden, oder sollen die Tarife auf Selbstkosten abgestellt werden? Dabei hatten Sie vier Monate vorher hier von dieser Bank aus im Namen der Bundesregierung auf unsere Große Anfrage erklärt, die gemeinwirtschaftliche Tarifgestaltung bleibe aufrechterhalten .

    (Abg. Dr. Seebohm: Bleibt sie auch!)

    Wenn Sie das hier erklärt haben, wieso kommen Sie dann dazu, diesem ad hoc eingesetzten Ausschuß, der dieses Kernstück erarbeiten soll, diese Frage noch einmal vorzulegen? Ich denke, sie war bereits entschieden!
    Und zum zweiten: Wieso sind eigentlich diese Herren, die Sie benannt haben — ich will hier keine Namen nennen —, eigentlich unabhängig? Es handelt sich bei der größten Zahl von ihnen um sehr namhafte Vertreter von Interessentengruppen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich sage das nicht mit einem negativen Akzent. Ich bin durchaus der Meinung von Herrn Leiske, daß es das gute Recht von gewissen Gruppen ist, ihre Interessen zu vertreten. Aber wieso setzen Sie die zu Richtern und Schiedsrichtern ein und bezeichnen sie als unabhängig? Herr Dr. Seebohm, es sind eine ganze Reihe von Herren da, die ich persönlich hochschätze, von denen ich aber genau weiß, daß sie in ihrem ganzen Leben noch keine tarifpolitische Überlegung angestellt haben, die Sie nur hineingenommen haben, um hinterher zeigen zu können, daß in dem Ausschuß nichts zustande kommt. Das war die Taktik, die Sie in den Verhandlungen mit der Wirtschaft und mit der Bundesbahn in Niederbreisig und in Hamburg verfolgt haben. Ich könnte — ich sehe, es wird hier etwas skeptisch gelächelt — eine Reihe von höchst namhaften deutschen Wirtschaftsführern zitieren, führende Leute, die öffentlich gesagt haben, was sie über diese Verhandlungstaktik denken. Ich will das nicht tun; ich will nicht Außenstehende in die Debatte ziehen, die sich hier in diesem Saale nicht wehren könnten.
    Sie haben diesem 25er-Ausschuß eine Reihe von Fragen vorgelegt, auf die der Wissenschaftliche Beirat des Bundesverkehrsministeriums in zweijähriger Arbeit bereits Antworten gegeben hat, d. h. man legte dieselben Fragen in etwas anderer Verpackung und etwas anderer Formulierung nochmals vor. Und weswegen trägt man uns heute vor, der Wissenschaftliche Beirat habe mit seinem Gutachten nur einen Baustein geliefert? Was sagen eigentlich Ihre Herren Professoren dazu, daß sie hier noch einmal von den sogenannten unabhängigen Sachverständigen nachgeprüft werden? Wie stellen die sich dazu, und wie soll eigentlich diese Nachprüfung stattfinden, wenn Sie Ihrem 25 erAusschuß überhaupt kein statistisches Material gegeben haben, wenn die Bundesbahn ihre tarifpolitischen Pläne, von denen Herr Dr. Hilpert sagt, sie existierten gar nicht, dort nicht vorlegt? Wie soll überhaupt Ihre Gesamtkonzeption zum Zuge kommen, Herr Minister, wenn die Herren dieses 25er-Ausschusses bereits jetzt erklären, daß ihre Arbeit frühestens in anderthalb Jahren wird abgeschlossen sein können?
    Sie haben.heute tarifpolitische Sofortmaßnahmen angekündigt. Es ist hier nicht der Ort, sich über die Einzelheiten der Tarifmaßnahmen zu unterhalten. Das ist vielleicht etwas zu diffizil. Aber ich glaube, Sie verstehen alle, hier handelt es sich um sehr entscheidende preispolitische Regulierungsmöglichkeiten und Notwendigkeiten in diesem System, und darum müssen zumindest die Fachleute klaren Wein eingeschenkt bekommen, was man da eigentlich will. Wie kann ich Steuersätze im Verkehrsfinanzgesetz beschließen, wenn ich nicht weiß, welche Tarife Sie machén wollen?
    Sie haben neben diesem 25er-Ausschuß auch noch direkte, bilaterale tarifpolitische Gespräche geführt. Sie haben beispielsweise den Vorstand einer großen Interessentengruppe unter Druck gesetzt und haben diesen Herren erklärt: Wenn ihr mir nicht Vorschläge macht, wie ihr euren Straßentarif erhöht haben wollt, dann werde ich im Parlament sagen, es kann diesen Leuten gar nicht so schlecht gehen bei diesem Gesetz, denn sie haben keine Tariferhöhungsvorschläge gemacht. Ich bin sehr gut darüber im Bild. Sie können das nicht dementieren, Herr Bundesverkehrsminister; ich würde das nicht empfehlen. So ist es gewesen!

    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm: Ich habe ja gar keinen Versuch dazu gemacht! — Heiterkeit.)

    — Ja, Sie haben ausnahmsweise keinen Versuch eines Dementis gemacht.

    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm: Ausnahmsweise? Das ist sehr häufig der Fall!)

    — Nein, nein, Sie machen jede Woche mindestens zwei Dementis. Ich erinnere mich mit besonderer Freude des letzten Dementis, das Sie an den „Spiegel" — eine Ihnen offenbar sehr nahestehende politische Wochenschrift, denn jede zweite Woche stehen Sie drin —

    (Heiterkeit)

    geschrieben haben. Da haben Sie eine Leserzuschrift gemacht, und die hat der „Spiegel" abge. druckt. Darin steht, der „Spiegel" sei offenbar eine Zeitschrift, die die Flöhe im Dunkeln husten höre.

    (Heiterkeit.) Das fand ich sehr apart.


    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm: Mal was anderes!)

    — Das war etwas anderes? Herr Bundesverkehrsminister, den Artikel, auf den sich Ihr Dementi bezog, haben Sie nur zur Hälfte dementiert. Da stand noch etwas anderes drin. Lesen Sie das mal nach! Ich fordere auch Sie, meine Damen und Herren, auf, das andere nachzulesen. Das bezog sich auf eine Bemerkung des Herrn Bundeskanzlers. Die ist einstweilen nicht dementiert. Herr von Merkatz hat mir erklärt, sie sei ihm gegenüber nicht gefallen. Ich habe den zweiten Herrn, dem gegenüber sie laut „Spiegel" gefallen sein soll, noch nicht selber fragen können. Aber vielleicht wäre es gut, sie auf alle Fälle vorher zu dementieren.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Lesen Sie das einmal nach, meine Damen und Herren! Vielleicht ist der „Spiegel" in Ihren Augen kein seriöses Blatt. Ich will darüber nicht streiten. Aber da der Herr Bundesverkehrsminister jede zweite Woche darin vorkommt und auch Leser-


    (Schmidt [Hamburg])

    briefe dorthin schreibt, kann das Blatt nicht ganz unseriös sein.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich darf nun aber zur Tarifpolitik zurückkehren; diese Ausflüge kosten zuviel Zeit.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Herr Bundesverkehrsminister, die unbefriedigende Entwicklung des Wettbewerbs zwischen Schiene und Straße ist doch weitgehend eine Folge dieser Schaukelpolitik des Tarifs; fünf- oder sechsmal haben Sie sie geändert, einmal zusammen, einmal auseinander die Ziehharmonika. Man weiß heute noch nicht, was Sie nun tun wollen. Die Tarifpolitik, die Sie weitgehend durch Rechtsverordnungen von sich aus machen können und die gegenwärtige Praxis, tarifpolitische Vorschläge zu erarbeiten, führen uns eigentlich zu der Frage, ob es nicht notwendig ist, sich zu überlegen, daß für grundlegende tarifpolitische Entscheidungen die Zustimmung des Parlaments erforderlich sein müßte. Das werden wir uns wohl auch im Ausschuß überlegen müssen.
    Wir werden auch klarmachen — das haben andere Herren schon ausgeführt —, daß man für tarifpolitische Entscheidungen Unterlagen braucht, Kostenunterlagen, statistisches Material, Erfolgs-und Ertragsunterlagen. Sie haben in dieser Richtung damals und auch heute wieder Ihren Selbstkostenausschuß gelobt. Sie erinnern sich, meine Damen und Herren, daß die Arbeiten dieses Selbstkostenausschusses auf die Deutsche Revisions- und Treuhand-AG übertragen worden sind. Diese Revisions- und Treuhand-AG hat vor einigen Tagen ihren ersten Vorbericht erstattet. Sie sagt dort, daß die ihr vom Bundesverkehrsministerium und dessen Selbstkostenausschuß gelieferten Unterlagen höchst lückenhaft sind.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Sie sagt das in vornehmer Ausdrucksweise. Lediglich die Bundesbahn verfüge über eine verwertbare Kostenrechnung. Dann sagt der Bericht wörtlich folgendes:
    Zum Schluß müssen wir darauf hinweisen, daß auf Grund der von uns vorgefundenen Tatbestände bis Mai 1955 keinerlei Ergebnisse vorgelegt werden können, die für verkehrspolitische Entscheidungen verwertbar sind.
    Das ist also die großartige Vorarbeit in bezug auf die Unterlagen, die in diesem Ministerium geleistet worden ist! Deswegen glaube ich, man kann mit Recht sagen, daß dieser verspätete Kurswechsel nicht überzeugt und auch in Motivierung und innerem Aufbau sehr wenig glaubwürdig erscheint.
    Ich darf jetzt noch einige Bemerkungen zu den Entwürfen des Herrn Kollegen Müller-Hermann machen, die sich durch eine gewisse Seelenverwandtschaft oder Wahlverwandtschaft mit den Ansichten des mehrfach zitierten Professors Röpke auszeichnen. Der Herr Kollege Müller-Hermann hat ja auch dem Herrn Professor Röpke öffentlich eine gute Zensur erteilt, was nun dazu geführt hat, daß er seinerseits vom Herrn Bundeskanzler eine schlechte Zensur bekommen hat. Das ist die ausgleichende Gerechtigkeit auf Erden.

    (Heiterkeit.)

    Aber ich will nicht ableugnen, Herr Müller-Hermann, daß in Ihren Entwürfen einige Einzelheiten
    enthalten sind, die ich persönlich für gut halte, z. B. der Gedanke eines Verkehrswegegesetzes, dem die Vorstellung einer einheitlichen Finanzierungsgrundlage sowohl für Wege der Eisenbahn als auch für Wege des Kraftverkehrs zugrunde liegt. Das ist eine Vorstellung, die an und für sich akzeptabel und richtig ist. Falsch finde ich nun allerdings die Schwergewichtsverteilung in Ihrem Verkehrswegegesetz. Sie möchten bis 1962 der Bahn ganze 1,1 Milliarden DM geben, dafür aber 3 Milliarden DM in die Straßen stecken, Ich glaube, das muß gerade umgekehrt dimensioniert werden, wenn man den gegenwärtigen Notwendigkeiten gerecht werden will. Ich bin auch etwas skeptisch in bezug auf die Aufbringung der Anleihen, von denen Sie sprachen, zumal da in Zukunft nach dem Willen der Mehrheit des Hauses die steuerliche Begünstigung öffentlicher Anleihen wesentlich abgebaut werden soll.
    Ich würde demgegenüber in allem Ernst zu erwägen geben, ob nicht der sogenannte FriedrichPlan für eine breitere Finanzierungsbasis in den Beratungen des Ausschusses in Betracht gezogen werden muß. Jenseits aller wohlberechtigten Polemik gegen das Verkehrsforum der Reifenindustrie — das übrigens einen guten Vorgänger in den Waage-Anzeigen der Koalitionsparteien hat — sollte man sich mit dem Vorschlag des Herrn Friedrich wirklich ernsthaft auseinandersetzen. Da steckt etwas drin, dem liegt eine Überlegung zugrunde, die etwa davon ausgeht, daß die ganze verladende Wirtschaft durch gewisse Zuschläge zu den Frachten dazu beitragen muß, die bisher unterlassenen Verkehrsinvestitionen wieder aufzuholen. Ich würde meinen, daß man das überlegen sollte.
    Die Vorschläge, die Sie zur Organisation der Bundesbahn gemacht haben, sind recht interessant, sie sind zum Teil auch aktuell, aber ich glaube, daß sie rein zeitlich, was die Dringlichkeit unseres Problems angeht, einstweilen zurückstehen müssen.

    (Ab. Müller-Hermann: Einverstanden!)

    Ebenso ist der tarifpolitische Antrag, den Sie gestellt haben, sehr interessant. Es ist sehr viel mehr Konsistenz darin, die Sache hat viel mehr Kontur als das, was der Herr Verkehrsminister zur Tarifpolitik vorgetragen hat. Aber ich glaube nicht, daß das wirklich ausreicht. Wenn wir tarifpolitische Sofortmaßnahmen ins Auge fassen wollen, muß man hinsichtlich des Gefälles zwischen Eisenbahntarif und Kraftwagentarif sehr viel drastischer vorgehen. Auch die Aufhebung der Ab-tarifierung der obersten Wertklassen ist, glaube ich, im Augenblick ohne weitere Voraussetzungen nicht durchführbar; da bin ich sehr skeptisch.
    Ihre Vorschläge zur Unfallbekämpfung finde ich zum Teil sehr interessant. Ich möchte — sicherlich haben die Damen und Herrn nicht alle diese dicken Wälzer von Gesetzentwürfen durchgelesen — auf einen sehr interessanten Gedanken, der dort enthalten ist, hinweisen, nämlich daß die Kraftfahranfänger ein ganzes Jahr lang noch keinen richtigen, sondern einen Anfängerführerschein kriegen und sich hinterher noch einmal zur Prüfung vorstellen müssen, ob sie nun die Fahrpraxis erworben haben. Vielleicht könnte man hinzufügen: gebt doch den Leuten ein Schild „L" oder ein anderes Zeichen hinten auf das Nummernschild, damit jeder im Verkehr schon von weitem sieht, daß das ein etwas vorsichtig zu betrachtender Verkehrspartner ist. Ich finde, dieser Vorschlag ist sehr erwägenswert.


    (Schmidt [Hamburg])

    Aber eines muß ich sagen — und da kommt der entscheidende Einwand, Herr Müller-Hermann —: das Wichtigste fehlt auch in Ihrem ansonsten vollständigeren Gesamtkonzept, die Grundkonzeption fehlt. Ich sehe nicht, wie Sie auf die Dauer den Wettbewerb zwischen Schiene und Straße mit diesen Gesetzen wirklich lenken wollen.

    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm: Wo bleibt die Binnenschiffahrt?)

    — Ja, Herr Minister, die Binnenschiffahrt! Ich würde so sagen: dies ist im Augenblick nicht das schwierigste Problem; und wenn der Herr Müller-Hermann in bezug auf die Binnenschiffahrt auch nichts ausgeführt hat, so ist er sicher genau so vorsichtig wie Sie, da Sie in Ihren Gesetzentwürfen, ja auch nichts über die Binnenschiffahrt gesagt haben.

    (Heiterkeit.)

    Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Das würde ich an Ihrer Stelle Herrn Müller-Hermann nicht vorwerfen.
    Dem Herrn Müller-Hermann ist etwas anderes vorzuhalten. Wenn er schon einmal die berühmte Koalitionsdisziplin durchbricht und Ihren Gesetzentwürfen eigene Gesetzentwürfe gegenüberstellt, dann ist zu fragen: warum hält er sich dann nicht an die erklärte verkehrspolitische Programmatik seiner Partei? Was soll man eigentlich von Parteiprogrammen und parteiprogrammatischen Erklärungen halten, meine Damen und Herren, wenn Sie sich dann hier, wenn Sie schon einmal in die Opposition gehen, nicht einmal danach richten?

    (Abg. Müller-Hermann: Wo ist denn ein Widerspruch!)

    — Ja, den Widerspruch will ich gerade aufdecken, Herr Müller-Hermann. Sie haben zwar die verkehrspolitischen Richtlinien des Verkehrspolitischen Ausschusses der CDU zitiert und haben dann gesagt: Wir wollen aber keinen Zwangsverband, wir wollen keine solchen Kolchosen. Damit sind Sie sehr in die Nähe der propagandistischen Beeinflussungsmethode des Herrn Bundesverkehrsministers geraten, der uns hier schon wieder mal Sozialisierungsabsichten anhängen wollte. Ich möchte wissen, wen Sie eigentlich damit gemeint haben, als Sie von Sozialisierungsabsichten in bezug auf den Straßenverkehr und in bezug auf die Binnenschiffahrt sprachen, die angeblich im Parlament und in der Öffentlichkeit vertreten würden. Ich habe wirklich in den ganzen letzten Jahren nichts davon gelesen. Wo kommt das eigentlich her?

    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm: Von früher!)

    Ich weiß es nicht. Aber Sie haben das Wort „Kolchose" gebraucht, Herr Müller-Hermann. Ich will Ihnen einmal vorlesen, was Ihre eigene Partei dazu sagt:
    Mit einer Organisation des Kraftverkehrs in Form des vorgeschlagenen Bundes-Kraftwagen-Betriebsverbandes und mit Hilfe der vorgesehenen Ausgleichsabgabe mit der Maßgabe, daß diese Ausgleichsabgabe nach gesetzlicher Bestimmung an diese Organisation abzuführen und von ihr wieder zu verteilen wäre, wird die Voraussetzung dafür geschaffen, den Betrieb von Eisenbahn und Kraftwagen auch im Verhältnis des eisenbahneigenen und privaten Verkehrs enger zu verzahnen, einen Straßen- und Flächenverkehr
    mit durchgehenden Frachtberechnungen einzuführen, einen gemeinsamen Stückgutsammelverkehr und Verteilerverkehr, gemeinsame Abrechnungsbetriebsstätten ... usw. Das ist ein sehr dankenswertes und ein recht gutes Dokument, in dem diese Vorstellung von einem Bundes-Kraftwagenbetriebsverband sehr ausführlich entwickelt wird. Sie werden sich erinnern, daß ich diese Vorstellung hier vor fünf Monaten vertreten habe.

    (Abg. Müller-Hermann: Zu dem Konzept stehen wir auch!)

    — Ja bitte, warum schreiben Sie es dann in Ihren Gesetzentwurf nicht hinein? Nur so kriegen Sie doch eine endgültige Wettbewerbsregelung zwischen Schiene und Straße.

    (Abg. Müller-Hermann: Wir wollen aber nicht einen sozialisierten Zwangsverband!)

    — Sozialisieren wollen wir gar nicht. Es bleibt alles Privateigentum. Wir machen das gern nach diesen Vorschlägen. Das ist wirklich eine Brücke, auf der man sich verständigen könnte. Hier ist ja keine Parteitaktik, auch keine weltanschauliche Frage. Hier könnte man sich zwischen den verschiedenen Fraktionen des Hauses verständigen zum Nutzen der Verkehrswirtschaft. Warum übernehmen Sie das nicht in Ihre Gesetzentwürfe?
    Es gibt zwei fundamentale Grundsätze, die für die Ordnung des Verkehrswesens Geltung haben müssen. Der eine ist der, daß die Verkehrspolitik, nicht nur der Bahn, sondern überhaupt, gemeinwirtschaftlich erfolgen muß, nach den Kriterien, die Herr Dr. Leiske vorhin aufgezeigt hat. Der zweite Grundsatz ist der, daß für beide Verkehrsträger die Verwirklichung gleicher Startbedingungen anzustreben ist. Das heißt die Sache mit den Wegekosten, das heißt die Sache mit der Verzinsung des Straßen- u n d Eisenbahnkapitals — das muß man hinzufügen, das ist in den Ausführungen von Herrn Dr. Leiske vergessen worden —, und das heißt eben auch, daß hinsichtlich der gemeinwirtschaftlichen Belastung beide unter gemeinwirtschaftlichen Tarifen zu stehen haben und beide die gleiche Beförderungspflicht haben. Die Beförderungspflicht ist eine Sache, die auf der anderen Seite einen internen Kostenausgleich notwendig macht. Beides kriegen Sie nur durch diese Selbstverwaltungsorganisation des Güterfernverkehrs, die es ja auch früher in Deutschland schon gegeben hat. Bitte, meine Damen und Herren, es spricht nicht gegen diesen Gedanken, daß er erstmalig von den Nationalsozialisten in Deutschland verwirklicht wurde. Das war nur die logische Konsequenz der ganzen Deroutierung des Verhältnisses Schiene—Straße, die nach 1930 schon einmal eingetreten war. Der Gedanke ist auch schon sehr viel früher aufgetaucht als etwa erst 1933.

    (Abg. Müller-Hermann: Wir wollen nur den Zusammenschluß auf privatvertraglicher Basis!)

    — Wissen Sie, mit dem Privatvertrag ist das genau so wie mit der Handwerkskammer. Entweder Sie wollen sie alle hineinhaben, dann müssen Sie eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bilden. Oder Sie machen es auf privatvertraglicher, freiwilliger Basis, dann kriegen Sie aber die Außenseiter nicht mit hinein. Ich will die Namen derer nicht nennen, die dann draußen bleiben. Aber die würden dann die Sahne dabei abschöpfen, das ist doch ganz klar.


    (Schmidt [Hamburg])

    Nein, ohne eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist das nicht zu machen.
    Ich zitiere mit besonderer Freude ein Schriftstück, das mir vor zwei Tagen zugeschickt wurde und das noch sehr jung ist. Es handelt sich um die Stellungnahme des Wirtschaftsbeirates der CSU vom 16. Juni 1954 zu den Verkehrsgesetzen. Ich halte diese Ausarbeitung für wirklich ausgezeichnet, und ich wundere mich eigentlich, meine Damen und Herren: Wenn Sie soviel Opposition gegenüber den offiziellen Plänen des Kabinetts haben und hier eigene Ideen und Entwürfe vorbringen, warum bringen Sie dann nicht die Sache, die unter Ihrer Firma in die Welt geschickt worden ist? Das kann ich nicht verstehen. Für wen haben Sie denn diese Ausarbeitung gemacht, wenn nicht für Ihre parlamentarische Arbeit?

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Augenpulver für die Wähler!)

    Das ist doch eine Stellungnahme, das ist doch — —

    (Zurufe von der SPD: Das ist die Zweigleisigkeit! — Das ist die Doppelgleisigkeit! — Weitere Zurufe von der SPD. — Gegenrufe von der Mitte.)

    — Ich bitte einen Moment um Entschuldigung. Ich möchte ja hier von mir aus die Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion gar nicht herausfordern. Im Gegenteil, ich hoffe ja wirklich, daß wir uns in der sachlichen Abstimmung im Ausschuß womöglich über diese Brücke einigen können. Ich weise nochmals darauf hin, daß der Deutsche Industrie- und Handelstag immer wieder die gleichen Vorstellungen verfolgt hat; und das sind doch nun wirklich keine Leute, die bei Ihnen, Herr Müller-Hermann, oder bei Ihnen, Herr Bundesverkehrsminister, in dem Geruch stehen könnten, Kolchosen errichten zu wollen oder Sozialisierungsabsichten zu verfolgen. Das sind doch auch in der CSU keine Leute, die Kolchosen errichten wollen, sondern das sind Leute, die in einem peripheren Land sitzen, in einem weit vom Zentrum des Wirtschaftsgebietes entfernten Land, und deshalb aus eigener Erfahrung seit 1948 sehr wohl wissen, was gemeinwirtschaftliche Verkehrsbedienung — ja oder nein — für dieses Land und für diese peripheren Gebiete bedeutet. Deshalb setzen sie sich expressis verbis für denselben Vorschlag ein, den ich hier im Februar gemacht habe, die gemeinwirtschaftliche Verkehrsbedienung, den Tarifzwang, die Beförderungspflicht und den internen Kostenausgleich genau so auf den Güterkraftverkehr zu übertragen, wie es bei der Eisenbahn heute schon der Fall ist. Ich meine, meine Herren von der CDU/CSU, Sie sollten sich das wirklich überlegen. Es könnte auch in der Öffentlichkeit eigentlich nicht recht verstanden werden, wenn Sie hier, ohne ein Wort der Begründung zu sagen, von diesen, wie mir scheint, ausgezeichneten Gedanken abrückten.

    (Abg. Dr. Orth: Im Ausschuß erarbeiten!)

    Die Ausschüsse haben eine immense Aufgabe vor sich, und es ist nach wie vor eine Kette von auch noch nicht andeutungsweise gelösten Problemen vorhanden, gerade in bezug auf die Koordination, auf die Regelung des Wettbewerbs, auf die Ordnung des Verkehrsmarktes. Aber es besteht durch die Anteilnahme der Öffentlichkeit eine einmalige psychologische Chance, etwas Durchgreifendes zu tun. Der Herr Bundeskanzler schreibt heute im „Rheinischen Merkur": „Es muß etwas Durchgreifendes geschehen im Verkehrswesen". Was das Straßenentlastungsgesetz uns bringt, ist eben nichts Durchgreifendes. Ich wiederhole, ich habe nichts gegen Verbote. Aber wenn Verbot, dann muß es auch etwas bringen. Verbieten wir den Anhänger, sorgen wir für eine anständige, vernünftige, wirtschaftliche Organisation des Güterkraftverkehrs, machen wir ihn zu einem Verhandlungspartner für die Bahn und für die Wirtschaft, sorgen wir dafür, daß dort ein interner Kostenausgleich stattfinden kann, daß er seine Mitglieder in den Flächenverkehr hineinrücken kann und nicht in den Knotenpunktverkehr. Das wäre wirklich zu etwas nütze.
    Ich glaube schon, daß man dieses Problem in mehreren Stufen lösen muß; das geht vielleicht nicht alles auf einmal. Aber es ist eben notwendig, daß der erste Schritt, den wir in diesem Jahre tun, nicht von vornherein in eine falsche Richtung führt. Ich darf 'noch einmal versichern — damit wende ich mich an die Kollegen im Verkehrsausschuß von den anderen Fakultäten —: wir sind offen für jede sachliche Auseinandersetzung und Zusammenarbeit auf diesem Gebiet und würden es sehr begrüßen, wenn die Vorschläge, die aus Ihren eigenen Reihen kommen, vielleicht eine Brücke dabei bilden könnten.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, ich darf die Verhandlungen einen Augenblick unterbrechen. Während das Hohe Haus hier tagt, laufen in immer größerem Umfang Meldungen aus dem Lande Bayern ein, das von einer großen Hochwasserkatastrophe bedroht ist. Anscheinend sind die Folgen dieser Katastrophe wesentlich größer, als sie bisher bei ähnlichen Anlässen gewesen sind. Ich glaube feststellen zu dürfen, daß das Hohe Haus in allen seinen Parteien und in den Abgeordneten aller Länder an dem Schicksal der Bevölkerung Anteil nimmt, und möchte das hier ausdrücklich feststellen.
In diesem Zusammenhang sind mir seitens sämtlicher Fraktionen des Hohen Hauses Anträge mit der Bitte zugegangen, sie heute noch auf die Tagesordnung zu setzen. Ich darf diese Anträge hier verlesen:
Antrag der Fraktion der SPD*):
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, angesichts der Überschwemmungen in Südbayern, die durch die anhaltenden Regenfälle katastrophale Formen angenommen haben, vor dem Bundestag umgehend eine Erklärung abzugeben, ob sie sich über das Ausmaß der Katastrophe bereits unterrichtet hat und welche Hilfsmaßnahmen vorgesehen sind.
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, GB/ BHE, DP**):
Die Bundesregierung wird ersucht, noch heute den Bundestag über das Ausmaß der Hochwasserkatastrophe in Südbayern und die von ihr eingeleiteten Hilfsmaßnahmen zu unterrichten.
Außerdem darf ich bekanntgeben, daß der Herr Bundesinnenminister mir mitgeteilt hat, daß er noch heute von sich aus — auch ohne daß diese Anträge vorlagen — bereit ist, eine Erklärung vor
*) Drucksache 694 **) Drucksache 693.


(Vizepräsident Dr. Jaeger)

diesem Hohen Hause abzugeben. Ich darf sie deshalb bitten, daß wir sämtliche genannten Anträge heute noch auf die Tagesordnung setzen und dann behandeln, wenn der Herr Bundesinnenminister oder sein Vertreter eingetroffen ist. Besteht darin Einverständnis? — Das ist der Fall.
Ich darf noch etwas anderes Geschäftsordnungsmäßiges bekanntgeben. Der Abgeordnete Dr. Lindrath bittet, bekanntzugeben: Der Unterausschuß für Fragen der Gewinnermittlung des Ausschusses Finanzen und Steuern tritt um 15 Uhr 30 in Zimmer 210 Süd zusammen.
Dann hat als nächster Redner der Abgeordnete Rademacher das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willy Max Rademacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor Eintritt in die Debatte darf ich zunächst kurz den Antrag begründen, den meine Fraktion mit Ihrer Genehmigung noch überreicht hat.*) Wir waren uns im Jahre 1952 bei der Verabschiedung des Güterkraftverkehrsgesetzes darüber klar, daß wir auf verschiedenen Gebieten Neuland beschreiten. Wir wollten gewisse Erfahrungen sammeln, um dann die notwendigerweise auftretenden Lücken auszugleichen. Das soll nun im wesentlichen mit diesem Antrag erfolgen. Es geht darum, im Interesse einer besseren Kontrolle durch die Bundesanstalt eine Trennung derjenigen Betriebe vorzunehmen, die einerseits Fernverkehr betreiben und andererseits beispielsweise mit Baustoffhandel, Kohlenhandel, Spedition usw. verknüpft sind. Wir sind auch der Meinung, daß bessere Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um das Auftreten von Scheintatbeständen im Werkfernverkehr und in der Abfertigungsspedition zu verhindern. Schließlich müssen wir dafür sorgen, daß das die Ordnung störende ungesetzliche Maklerwesen bei der Vermittlung von Ladegut und Laderaum beseitigt wird. Ich darf das Hohe Haus bitten, diesen Antrag dem Verkehrsausschuß zu überweisen.
    Meine Damen und Herren, man fühlt es heraus: 6 Stunden Verkehrsdebatte! Ich könnte auch sagen: Die letzten beißen die Hunde. Aber vielleicht gelingt es mir doch noch, das eine oder andere Wesentliche zu dieser Verkehrsdebatte beizutragen.
    Als der Herr Minister heute früh seine Gedanken entwickelte — ich glaube, seine Rede umfaßte 39 Seiten —, war ich darüber eigentlich sehr froh, daß endlich einmal die letzte Tarnkappe, die bisher auf den Absichten lag, die mit diesen Gesetzen verfolgt wurden, heruntergezogen wurde. Damit sind wir — d. h. meine Fraktion — vollkommen einverstanden. Wir wollen wissen, welche endgültige Zielsetzung diese beiden Gesetze haben, und wir stimmen sogar mit dieser Zielsetzung überein. Auch wir erkennen an, daß auf der einen Seite der Bundesbahn geholfen werden muß und daß auf der andern Seite das Straßennetz ausgebaut werden muß, damit die Sicherheit auf der Straße erhöht wird. Damit sind wir vollkommen einverstanden.
    Die Diskussion geht ja schließlich und endlich nur darum, meine Damen und Herren: Sind die Methoden richtig, oder sind andere Methoden, wie sie heute morgen von verschiedenen Rednern entwickelt wurden, besser? Darum geht es. Das „Wirtschaftswunder" oder der Wirtschaftsaufstieg, von dem soviel gesprochen wird, ist doch zweifelsohne an zwei Dingen vorübergegangen: einmal an der Deutschen Bundesbahn und auf der andern Seite an dem Zustand auf den Straßen, aber nicht beim Straßenverkehr, nicht bei den StraßenverkehrsmitS) Drucksache 678. teln, sondern auf der Straße selbst, und an ihrer Sicherheit.
    Der Herr Bundesverkehrsminister ist kürzlich in diesem Zusammenhang zu der gewaltigen und großen Erkenntnis gekommen, daß Geld dazu gehört, diese beiden Dinge in Ordnung zu bringen, und er hat Gelegenheit genommen, im Südwestdeutschen Rundfunk einige Äußerungen zu machen, die ich nicht alle anführen möchte. Ich habe nämlich dem Herrn Minister versprochen, daß ich dort, wo ich kritisieren muß, ihn glimpflich behandeln werde. Ich kann die Dinge natürlich auch sagen, Herr Minister; aber ich glaube, Sie wären nicht sehr erfreut. Er hat jedenfalls gesagt, er und die Regierung seien keine Dukatenmännchen. Er hat zwar noch etwas hinzugefügt; das will ich aber verschweigen. Würde ich es nennen, so würde es ein reizvolles Bild für ihn und seine Herren heraufbeschwören. Sie können es, meine Damen und Herren, wenn Sie Interesse dafür haben, nachlesen.
    Die entscheidende Frage war die Beschaffung des Geldes; sie soll nun mit diesem Verkehrsfinanzgesetz in erster Linie für diese beiden Aufgaben gelöst werden. Wir müssen in dieser kritischen Debatte — und auch die FDP nimmt zu den Dingen kritisch Stellung, ich sage das im ausdrücklichen Auftrage meiner Fraktion — untersuchen, ob in der Vergangenheit genügend und alles geschehen ist, um insbesondere der Bundesbahn zu helfen und das Straßenverkehrsnetz dem wachsenden Verkehr anzupassen.

    (Vizepräsident Dr. Schneider übernimmt den Vorsitz.)

    Man kann in der Verkehrspolitik zwei Wege gehen. Man kann sagen — und das hörten wir leider in den Ausführungen des Herrn Bundesverkehrsministers —: wir müssen den Verkehr dem Straßennetz anpassen. Ich glaube, wenn man eine fortschrittliche Verkehrspolitik betreiben will, muß man genau das Umgekehrte tun. Man muß das Straßennetz dem gewachsenen Verkehr anpassen. Ob das sofort und in dem ganzen Umfange möglich ist, darüber kann man sich unterhalten. Man muß aber auch ebensosehr feststellen, daß in dieser Beziehung in der Vergangenheit eben zuwenig geschehen ist.

    (Abg. Rümmele: Man muß beides tun!)

    Die Situation bei der Deutschen Bundesbahn ist doch nicht erst seit gestern bekannt. Wir kennen ja die Ziffern ihrer Unterbilanz in den abgelaufenen Jahren: 150 Millionen DM, 400 Millionen DM, 600 Millionen DM; heute sind wir bei 900 Millionen DM angelangt. Es ist eben die Frage, ob im Rahmen des Gesamtetats von 27 Milliarden DM und unter Rücksicht darauf, was vom Verkehr an Beförderungsteuer, Mineralölsteuer, Kfz.-Steuer usw. dazu beigesteuert worden ist, für diese beiden großen Aufgaben genügend zweckgebundene Mittel verwendet werden. Nach meiner Kenntnis — und ich glaube, man kann das sogar, wenn man will, wissenschaftlich beweisen — bestreite ich, daß die Notlage der Deutschen Bundesbahn primär daraus entstanden ist, daß Binnenschiffahrt und Straßenverkehr in ihren Bereich eingedrungen sind. Der Kollege Schmidt hat hierfür einige Zahlen angeführt. Er hat dem Bundesverkehrsminister vorgerechnet, daß, wenn er die Erfolge oder die Mißerfolge oder die mittleren Erfolge der Verbotsgesetzgebung und noch einiges mehr nähme, das alles nicht genügen werde, um die Situation der Bundesbahn wesentlich und entscheidend zu bes-


    (Rademacher)

    sern. Wir haben doch mindestens schon im Jahre 1950, spätestens aber 1951 gewußt, welche Last auf die Bundesbahn zukommt und mit welchen Lasten sie aus dem verlorenen Kriege dasitzt. Die höheren Gehälter, die Löhne, die Verpflichtungen aus dem 131er-Gesetz, den ständig steigenden Kostenindex, alle die Dinge, die von dem Minister in seiner Denkschrift richtig erwähnt wurden, haben wir gekannt, und es ist uns nicht gelungen, trotz der Bemühungen derjenigen, die vielleicht einiges von den Dingen verstehen, ein Bundesbahngesetz zu schaffen, das von vornherein die Grundlagen dafür legte, das also den Bundesfinanzminister verpflichtete, für den Nachholbedarf, für die Erneuerung des rollenden Materials usw. entsprechende Mittel bereitzustellen. Der Herr Bundesfinanzminister — er ist nicht mehr da — erinnert sich vielleicht, wie sehr er noch im Jahre 1950 bei der ganzen Situation der Deutschen Bundesbahn, wie sie Einsichtige heraufkommen sahen, um eine Konzessionsabgabe von 50 Millionen DM unabhängig von Gewinn oder Verlust gekämpft hat. Da haben wir ihn allerdings überstimmt. Aber es war dicht dran, daß er trotz der heraufkommenden Situation diese 50 Millionen DM bei der Bundesbahn pro anno auch noch abgeschöpft hätte.
    Wenn heute eine völlig neue Verkehrspolitik betrieben werden soll, wie es in den Worten der beiden Herren Minister ja sehr deutlich zum Ausdruck gekommen ist, darf man in einer kritischen Betrachtung doch wohl die Frage stellen: Mußte es so weit kommen? War es nicht die Pflicht der Ressortminister, war es nicht überhaupt die Pflicht eines führenden Mannes in der Politik — und das soll ja ein Minister sein —, Die Dinge ein wenig vorauszusehen und die entsprechenden Dispositionen zu treffen und die entsprechende Politik zu betreiben?

    (Beifall rechts.)

    Ich glaube, es ist der Staatsmann Churchill gewesen, der mal irgendwo gesagt hat, es sei das Recht eines Mannes, seine Meinung auch einmal zu ändern. Aber ich fürchte: wenn man das zu oft tut, wird man in der Öffentlichkeit etwas unglaubwürdig. Ich will hier nicht untersuchen, ob es zu oft geschehen ist, glaube aber, daß wir mindestens in der Gefahr stehen.
    Der Kollege Schmidt hat nach meiner Ansicht rechtzeitig auf die Bremer Äußerungen, bei denen ich persönlich anwesend gewesen bin, hingewiesen. Mich hat nur eins gewundert. Nachdem ich mir erlaubt hatte, den Herrn Bundesverkehrsminister an diese seine Äußerungen zu erinnern, ist im Bulletin der Bundesregierung eine Mittel-lung erschienen, daß auch nicht eine einzige Erklärung in Bremen den Schluß zulasse, der in der Öffentlichkeit gezogen worden ist und den der Kollege Schmidt hier verlesen hat.
    Jetzt haben wir die neue Verkehrskonzeption; so etwas Ähnliches soll es doch sein. Sie fängt mit einer Verbotsgesetzgebung an. Ich glaube, diesmal ist es Bismarck gewesen, der einmal zum Ausdruck gebracht hat — ich werde mich hüten, den Satz zu Ende zu sprechen, sondern werde ihn nur andeuten —: Mit Verboten kann jeder ... regieren. Ich glaube, so etwas Ähnliches hat er gesagt.
    Wir sollen gleichzeitig untersuchen. Unterstellen wir einmal diese Verbotsgesetzgebung! Sie widerspricht ja der ganzen Wirtschaftspolitik dieser Regierung. Wir sollen nun untersuchen: Wird diese Verbotsgesetzgebung den beiden großen Zwecken genügen, einerseits der Bundesbahn mehr Ladung zuzuführen, andererseits die Straßen zu entlasten? Ich bestreite, daß das erreicht wird. Ich sage das unabhängig von der Einstellung meiner Freunde, da wir, wie ich hier ausdrücklich zu erklären habe, eine Verbotsgesetzgebung grundsätzlich ablehnen, weil es andere Mittel gibt. Nehmen wir jedoch an, sie käme zustande. Ich glaube dann mit einigen meiner Vorredner sagen zu können, daß die beiden Ziele nicht erreicht werden.
    Ich komme zunächst zur Frage der Entlastung der Straße. Der Herr Bundesverkehrsminister hat im voraus die Gegenargumente gekannt und sich in seiner Denkschrift darauf eingestellt. Aber das ist nicht die Praxis; es ist eine ausgesprochene Theorie. Herr Minister, es sind leider nur vierzig Jahre im deutschen und internationalen Verkehrsgeschehen, die bescheiden zu Ihnen hinaufsehen. Ich glaube aber, einige Erfahrungen auf diesem Gebiet aus diesen Jahrzehnten zu haben, um Ihnen mit aller Deutlichkeit sagen zu können, daß Sie mit dieser Verbotsgesetzgebung keine Entlastung der Straße erzielen.

    (Beifall rechts.)

    Das ist doch ganz klar. Stellen Sie sich einmal die Dinge vor. Gleichzeitig soll eine Verkehrsteilung erreicht werden. Ein Teil des gewerblichen Verkehrs bekommt eine Ausnahmebestimmung. Diese läuft übrigens in nicht allzu ferner Zeit aus. Ein anderer Teil ist von vornherein frei. Was wird der denn machen? Er wird sich mit Gewalt auf das hochtarifierte Gut der Deutschen Bundesbahn stürzen.

    (Zuruf von der Mitte.)

    — Ja, Sie haben vollkommen recht! Die Rosinenpickerei gibt es gar nicht mehr. Bahn, Schiffahrt — die Schiffahrt weniger — und Straßenverkehr fahren, was sie bekommen, sogenannte Massengüter und Stückgüter, was sie wollen. Es gibt in dieser Beziehung überhaupt keine Rosinenpickerei mehr. Wer das nicht weiß, hat von der Praxis überhaupt keine Ahnung. In dieser Beziehung wird nicht die geringste Entlastung entstehen. Glauben Sie etwa, daß die Werkverkehre, die ja hier ganz besonders zum Prügelknaben gemacht werden, ihre Laster, die sie sich auf Grund der Erhardschen Wirtschaftspolitik angeschafft haben — der haben ja die meisten von Ihnen zugestimmt —, auf den Schrotthaufen werfen? Ich glaube das nicht. Diese Wagen werden sich — leider, kann man meinetwegen sagen, und ich bin mit dieser Ausdrucksweise sogar einverstanden — auf diesen engeren Raum konzentrieren. Darüber ist nicht der leiseste Zweifel. Sie werden den Teil, den sie nebenher auf der Bundesbahn in diesem engen Kreis befördert haben — der ja nicht 50 km beträgt, sondern 100, 110, 120 km —, dann selber fahren. Selbst bei einem absoluten Erfolg einer Verbotsgesetzgebung wird von der Bundesbahn gesagt: Was kommt dabei heraus? 70 Millionen DM, wobei — die Bahn soll ja eigentlich kaufmännisch rechnen — auch noch Selbstkosten in diesem Mehrfrachtaufkommen mutmaßlich darin sein werden.
    Genau so ist es mit der Frage der Sicherheit. Es wird gesagt, es sei doch nur dasselbe Gut, das sich in demselben Raum bewegt. Nein! Ich habe Ihnen eben schon klarzumachen versucht, wie dann notwendigerweise die Konzentration innerhalb der Nahverkehrsgebiete — in denen ja leider 80 % unserer Unfälle sich ereignen — noch einmal größer wird. Dann kann man das erleben, was Herr


    (Rademacher)

    Dr. Leiske bereits sehr richtig genannt hat: die Notwendigkeit des Fernhaltens der Fahrzeuge aus den großen Städten. Diese Entwicklung geht ja Gott sei Dank immer weiter. Man sagt, auch der schwere Lastwagen hat einen Terminus vor den Toren wie die Bahn, und man hat von dort aus mit kleineren Fahrzeugen abzufahren. Aber eine Güterabfertigung der Bundesbahn — hier spricht eben auch wieder ein Mann der Praxis — können Sie nicht darauf beschränken, etwa morgens von 6 bis 8 Uhr oder abends bis 10 Uhr abzufahren. Dann kommt der ganze Betrieb in Unordnung. Hier müssen Waggons und Stückgut zügig von morgens bis abends abgefahren und angeliefert werden. Das geht wiederum nur zu Lasten der Sicherheit, die mit diesem Gesetz angeblich erhöht werden soll.
    Meine Damen und Herren, wer soll die Dinge eigentlich bewältigen und wer soll sie kontrollieren? Seitens des Vorstandes der Bundesbahn ist gesagt worden: Wir sind durchaus in der Lage, das Mehr an Ladung — das ist ja kein Mehr an Fracht, das wird nämlich wieder durch die hochtarifierten Güter abgeknabbert — bequem zu bewältigen, selbst in den Spitzen, d. h. im Herbst- und im Winterverkehr. Der Herr Bundesverkehrsminister hat leider nicht gesagt — wahrscheinlich nimmt man es im Hause der Bundesbahn wieder übel, aber ich muß es diesem Hause leider sagen —, daß dieses Mehr an Ladung nur bewältigt werden kann, wenn die Bundesbahn ihr Material nicht nur erneuert, sondern es auch vergrößert. Das steht fest. Das heißt: neue Investitionen statt der Modernisierung des vorhandenen Parks, der ich aus vollem Herzen zustimme und in der ich ausschließlich die Zukunft und die bessere Situation der Deutschen Bundesbahn sehe.
    Nun die wirklich ernste Frage: Wer soll diese Dinge kontrollieren? Es ist schon gesagt worden: Der Bundesrat verlangt Ausnahmen, aber nur immer in Fällen von Notständen. Soeben haben wir die tiefbetrübliche Mitteilung aus Bayern bekommen. Das ist schon so ein erster Fall, ein Notstand, in dem, soweit ich die Dinge im Augenblick übersehen kann, nun aber auch tatsächlich alle Verkehrsmittel eingesetzt werden müssen, um den bedauernswerten Menschen zu helfen und das Nötigste an Leib und Gut zu retten. Wer aber soll diese Ausnahmen kontrollieren? Da wird z. B. gesagt: Die in Berlin ansässigen Fernverkehrsfahrzeuge dürfen hin- und herfahren, was sie wollen. Die anderen, die aus der Bundesrepublik kommen — diese brauchen wir neben den Zügen der Deutschen Bundesbahn auch zur Versorgung von Berlin —, fahren nun also in einer Richtung mutmaßlich voll hin — oder umgekehrt —, und in der anderen Richtung dürfen sie dann auf Grund des Verbots das Massengut nicht nehmen, es sei denn, sie kriegen wieder einmal eine Ausnahmegenehmigung; so werden die Dinge ja kommen. Da ist dann die arme Bundesanstalt, die wir zur Überwachung des Güterfernverkehrs geschaffen haben. Man weiß nicht, wie diese Leute das überhaupt noch kontrollieren sollen. Wir haben den Apparat relativ klein gehalten, wir wollten ihn nicht übertakeln. Man wird nicht einmal mit der jetzigen Formulierung des Gesetzes etwas anfangen können. Denn die Nomenklatur der dreizehn Artikel in dieser Verbotsliste ist in dem Deutschen EisenbahnGütertarif und in dem Reichskraftwagentarif überhaupt gar nicht exakt unterzubringen. Es steht noch völlig offen, ob das nun auch für Stückgüter oder nur für Ladungsgüter gilt usw.
    Zusammenfassend glaube ich, daß mit dem Verbotsgesetz eher ein Schaden angerichtet wird — das ist eine sehr vorsichtige Ausdrucksweise —, als daß ein Gewinn erzielt wird. Ich wäre dem Herrn Bundesverkehrsminister, der sich doch seiner ehemaligen Landsleute aus dem Sudetenland usw. sehr annimmt, sehr dankbar, wenn er sich einmal mit den betreffenden Gebieten in Verbindung setzte. Es genügt z. B., einfach den Brief zu lesen, den die Industrie- und Handelskammer von Bayreuth geschickt hat, um zu erkennen, welche Konsequenzen aus sOlchen unübersehbaren Maßnahmen entstehen können. Sie brauchen gar kein Praktiker zu sein. Fahren Sie doch einmal durch die bayerischen Täler und durch die Schwarzwaldtäler und sehen Sie sich dort einmal die Situation der Sägemühlen und der sonstigen Fabriken an. Wollen Sie das alles aufladen und wieder umladen und am Empfangsort dieselbe Geschichte noch einmal machen? Ich will nicht einmal von der Verteuerung sprechen. Sie können ja auf dem Standpunkt stehen: Schön, das muß eben aus Gründen der Sicherheit sein, das muß die Wirtschaft eben tragen. Aber es ist nicht möglich, in dem gleichen Atemzuge noch von einer zügigen Abwicklung der gesamten Wirtschaft und von der Erfüllung der Bedürfnisse der Volkswirtschaft zu sprechen.
    Herr Minister, Sie werden mir nicht böse sein, wenn ich jetzt folgendes sage: vielleicht wäre es ganz gut, meine Herren vom Bundesverkehrsministerium, wenn Sie einmal eine Zeitlang in die Praxis gingen, vielleicht einen Monat zu der Deutschen Bundesbahn, einen Monat zu einem Lastwagenbetrieb und dann zu der Krone der Verkehrsschöpfung, nämlich dem internationalen Spediteur. Dort würden Sie einmal sehen, wie diese Dinge sich eigentlich in der Praxis auswirken. Dabei haben Sie, Herr Minister, in der Leitung Ihrer Abteilung Straße einen so hervorragenden Mann wie Herrn Straulino, der, glaube ich, sogar aus der Spedition kommt. Er ist, glaube ich, jahrelang in Hamburg und in München tätig gewesen. Aber entweder hat er es vergessen oder — verzeihen Sie! — er mußte es vielleicht vergessen.
    Damit komme ich zum Verkehrsfinanzgesetz. Ich sage noch einmal mit aller Deutlichkeit, die Zielsetzung und den Inhalt des Verkehrsfinanzgesetzes begrüßen wir und werden wir in jeder Weise unterstützen, ohne uns allerdings schon im Plenum auf die Zahlen usw. festzulegen. Nach meiner Ansicht ist eine wirklich genaue Untersuchung unterblieben, wieweit diese Dinge tragbar sind. Das werden wir leider in den verschiedenen Ausschüssen, insbesondere auch im Verkehrsausschuß, nachzuholen haben. Ich darf einige Dinge herausgreifen, die auch wieder nicht mit den ganzen Zielen der Verkehrspolitik übereinstimmen, wie sie uns heute als Novum vorgetragen wurde. Da werden z. B. die Anhänger genau so belastet wie der Motorwagen,. Einige Zeilen weiter erzählt Ihnen der Herr Bundesverkehrsminister: Wir wollen die rollende Landstraße. Ich glaube, daß in der Zukunft in der rollenden Landstraße etwas drinliegt, wenn die Sache ordnungsgemäß organisiert ist. Aber wenn Sie von vornherein den dafür geeigneten Behälter — das ist nämlich der Anhänger, der Motorwagen kommt dafür weniger in Frage — in einer solchen Höhe belasten, möchte ich als Praktiker gern wissen, was Sie eigentlich für einen Tarif schaffen wollen, der auf der einen Seite der Bundesbahn einen Ver-


    (Rademacher)

    dienst gibt — sie soll doch an den Dingen verdienen und nicht immer nur zu Selbstkosten fahren — und der auf der anderen Seite auch für den Betreffenden die Sache interessant macht. Ich weiß nicht, Herr Bundesverkehrsminister, ob man in Ihrem Hause auch einmal untersucht hat, wie man mit einem Verkehrsfinanzgesetz in dieser Höhe die treuesten Erfüllungsgehilfen der Deutschen Bundesbahn belastet, nämlich die bahnamtlichen Rollfuhr- und Expreßunternehmer, die bei 2000 Betrieben aus diesem Gesetz, wenn es in dieser Erhöhung zustande kommt, insgesamt mit 2 Millionen DM belastet werden und die dann gar nicht mehr in der Lage sind, ihre Aufgaben für die Deutsche Bundesbahn, also für die Schiene, zu erfüllen.
    Wir sind einverstanden mit der Gewichtsumstellung, wir sind einverstanden mit der Beseitigung des Knicks von unten; aber wir stocken schon wieder, ohne über die Höhe zu sprechen, über die Progression ab 15 t. Ich weiß sehr wohl, daß damit ein verkehrspolitisches Ziel erreicht werden soll. Ich möchte aber fragen, was Herr Minister Erhard dazu sagt, der ja von der Wechselwirkung weiß — wahrscheinlich besser weiß als andere Ministerien —, die es nun einmal zwischen Inlandabsatz und Export gibt. Wenn man Exportartikel, die auch im Inland abzusetzen sind, mit prohibitiven Sätzen belegt, so muß die Ausfuhr selbstverständlich zwangsläufig darunter leiden. Mir scheint manchmal, daß wir bei den Maßnahmen noch zu sehr unter dem Eindruck einer ewigen Auslandskonjunktur stehen. Ich glaube, das Segel schlägt langsam herum, und ein scharfer Sturm weht aus der Ecke der Weltkonkurrenz, so daß wir uns auch im Inland jeden Schritt sehr eingehend überlegen müssen, damit wir um Gottes willen nicht die bisher so gut verlaufene Wirtschaftspolitik stören.
    Ich will Ihnen einmal an einem anderen Beispiel zeigen, wie komplex die ganze Verkehrspolitik ist. Wir haben unsere Meinung noch nicht genau darüber ausgemacht, ob wir im Nahverkehr die Beförderungsteuer einführen wollen oder nicht. Wenn sie eingeführt wird, dann kann sie jedenfalls nur pauschal eingeführt werden; denn wir haben nicht die Absicht, wie bei der Kfz.-Steuer nun noch wieder eine große Bürokratie in den Ländern, Gemeinden usw. hochzuziehen. Nun kommen aber zu uns Leute, die sagen: Wenn Sie jetzt den Werkverkehr in einer solchen Höhe belasten — es brauchen nicht unbedingt die 5 Pf zu sein, es können auch 3 oder 21/2 Pf sein, oder was weiß ich, worauf wir abkommen —, dann werden wir über einen bestimmten Aktionsradius hinaus überhaupt nicht mehr absetzen können, weil innerhalb des Aktionsradius mit einem Durchmesser von, sagen wir, 100 km, nunmehr ausschließlich die konkurrierenden Fabriken, weil sie ja weder die Werkverkehrsbelastung noch eine Beförderungsteuer im Nahverkehr haben, die dort ansässigen Abnehmer beliefern, während wir in diese Gebiete überhaupt nicht mehr eindringen können. Das Beispiel betraf in diesem Fall, damit Sie es vielleicht einmal durchdenken können, Hüttenzement, Portlandzement dort irgendwo im Westfälischen.
    Ich will die Sache nicht vertiefen, ich wollte Ihnen aber bei dieser Gelegenheit einmal zum Ausdruck bringen, wie komplex und wie emfindlich die ganzen Dinge des Verkehrs und Ihre Maßnahmen sind.
    Ich vergaß hinzuzufügen, daß wir keine Trennung zwischen dem Pkw. und dem Lkw. möchten. Wir sind der Meinung, daß es diesmal eigentlich gelingen müßte, durch einen entsprechenden Länderausgleich nicht nur die Kfz.-Steuer zur Bundessteuer zu machen, sondern sie vollkommen zu beseitigen; denn diese Bürokratie mit allem, was drum und dran hängt, ist doch einfach unerträglich.

    (Abg. Rümmele: Das ist mit Diesel nicht so leicht!)

    Der letzte Punkt des Verkehrsfinanzgesetzes ist bekanntlich die Mineralölsteuer. Wir fragen uns wirklich, warum man, wenn man die Aufgabe, die man zu erfüllen hat, durchführen will, auf der einen Seite mit 7 Pf sehr großzügig war — ich verstehe, das ist auch ein verkehrspolitisches Ziel —, während man sich nun beim Vergaserstoff mit dem einen Pfennig so schüchtern gezeigt hat. Das haben wir, offen gestanden, nicht ganz begriffen. Es sollen doch, was immer wieder betont werden muß, für diese beiden großen Aufgaben Mittel gewonnen werden. Es gibt eine Arbeitsgemeinschaft Deutsche Autobahnen. Darin arbeitet Herr Schmidt mit, darin arbeitet Herr Dr. Leiske mit. Ich muß leider sagen, Herr Dr. Leiske, daß das, was Sie hier heute ausgeführt haben, sich ja nicht mehr ganz mit unserer so schönen, harmonischen Arbeit in dieser Arbeitsgemeinschaft Deutsche Autobahnen in eine Linie bringen läßt. Jedenfalls haben wir damals gesagt und haben es vorgerechnet: 2 Pf Vergaserkraftstoff, 2 Pf Diesel — wobei wir natürlich nur an den Autobahnbau gedacht haben, zugegeben! —, und haben dann ein sehr bescheidenes Opfer von dem Herrn Bundesfinanzminister verlangt, ein Opfer, das er in seinem Gesetzentwurf auch nicht errechnet, jedenfalls vorläufig einmal verschwiegen hat, nämlich die Progression im Verkehr auf der Straße überhaupt. Wenn insgesamt 360 Millionen DM errechnet werden, dann sind wir der Meinung, daß in Wirklichkeit — wie es immer in den vergangenen Jahren gewesen ist — durch die Steigerung des Verkehrs 400 bis 450 Millionen, vielleicht oder wahrscheinlich sogar 500 Millionen DM herauskommen werden. Es ist sehr bedauerlich, daß der Herr Bundesverkehrsminister jetzt von seinem eigenen Plan, was den Umfang des Autobahnnetzes anbelangt, selbst wieder heruntergegangen ist. Wahrscheinlich — er hat es, glaube ich, auch zum Ausdruck gebracht — hat ihn der Herr Bundesfinanzminister dazu, na, sagen wir einmal: bewogen, daß er nun auf 586 km oder so etwas Ähnliches heruntergegangen ist.
    Die Ergebnisse des Finanzgesetzes sollen in der Tat verteilt werden, sollen verteilt werden auf die notwendige Unterstützung der Bundesbahn und den Bau des Autobahnnetzes und des Straßennetzes überhaupt, insbesondere dann, wenn man andere Mittel findet, um genügend jährliche Quoten bereitzustellen, wie beispielsweise die Bürgschaft, die das Finanzministerium in Höhe von 500 Millionen DM geben will. Aber bevor wir diesen Kuchen aufteilen, müssen wir uns jetzt wirklich eingehend überlegen: Kommen wir mit den 80 Millionen DM aus? — Der Bundesrat hat ja Gott sei Dank eine Änderung eingebracht, die die Bundesregierung akzeptiert hat. Nachdem es jetzt heißt: „mindestens 80 Millionen DM", werden wir uns in den Ausschüssen sehr genau darüber zu unterhalten haben, welche Mindestmittel wir nun wirklich zur Hebung der Sicherheit, zum Ausbau des Straßennetzes usw. bereitstellen müssen; und dann werden, wenn man VK bei dieser Gelegenheit noch etwas anhebt, auch noch genügend Mittel herauskommen, um der Bundesbahn einen entsprechenden Betrag für ihre gegenwärtige Situa-


    (Rademacher)

    tion zukommen zu lassen. Allerdings, ganz aus Eigenem und ganz aus dem Verkehrsfinanzgesetz wird es nicht gehen. Die Regierung und insbesondere der Herr Bundesverkehrsminister muß sich nun wirklich erinnern, daß in den abgelaufenen Jahren viel zu wenig getan worden ist und daß für die Entlastung der Bundesbahn von den politischen Lasten — wie wir sie hier mit einem Generalnenner bezeichnen — nun etwas getan werden muß.
    Meine Damen und Herren, beide Gesetze haben die Zustimmung des Bundesrats gefunden. Ich könnte darüber auch noch einige Bemerkungen machen. Mein Kollege Schmidt hat das schon außerordentlich geschickt getan. Da gibt es allerlei Wünsche in den Ländern, da gibt es Seehafentarife, da gibt es den Ausbau eines Binnenhafens, da gibt es die Trassierung einer Autobahn, Bau eines Kanals, und was weiß ich alles. Ich glaube natürlich nicht — ich weise es weit von mir, auch im Auftrage meiner Freunde —, was so allgemein gesagt wird: der Herr Bundesverkehrsminister habe diese Dinge ein wenig bei den Verhandlungen mit den Ländern vertreten. Das glaube ich einfach nicht. Aber daß die Länder von selbst auf diese Ideen kommen, das mag schon sein. Wenn Sie heute landauf, landab reisen und sich mit den Länderministern und vor allen Dingen mit den Chefs der obersten Verkehrsbehörden unterhalten, dann will es keiner gewesen sein, und alle sagen sie: Na ja, wir sehen die Gefahren dieser beiden Gesetze, insbesondere der Verbotsgesetzgebung, für unsere Wirtschaft ein; aber, ihr seid ja die klugen Frauen und Männer im Bundestag, ihr werdet schon dafür sorgen, daß die Dinge eine vernünftige Lösung finden! Das ist jedenfalls das, meine Damen und Herren, was ich in diesem Zusammenhang festgestellt habe.
    Ich darf mich einmal kurz den Gesetzentwürfen von Müller-Hermann zuwenden. Meine Damen und Herren, wir haben in der Fraktion der FDP einen Augenblick geschwankt und haben uns gesagt: Im großen und ganzen sind es gute Ideen, die dort entwickelt sind, in vielem sind wir anderer Meinung; sollen wir uns vielleicht diesen Gesetzen anschließen? Meine Damen und Herren, wir haben es nicht getan, wir haben es bewußt nicht getan, weil wir in dieser Beziehung mit Äußerungen übereinstimmen, die hier vorher schon gemacht worden sind. Wir sind nämlich der Meinung, daß die wesentlichen Änderungen und Ergänzungen mindestens an dem Verkehrsfinanzgesetz aufgehängt werden können und daß man entsprechende Ergänzungsanträge, so wie ich es heute z. B. getan habe, zum Güterkraftverkehrsgesetz einbringen kann.
    Meine Damen und Herren! Das sieht doch nun jeder an Hand dieser vier Gesetzentwürfe, daß sie unmöglich die Arbeit eines einzelnen Mannes sein können; das übersteigt dessen Kraft. Wir wollten uns auch nicht ganz mit den Kräften identifizieren, die vielleicht — ich werde mich vorsichtig ausdrücken — hinter diesen Gesetzentwürfen stehen. Sicherlich, die Gedanken, die dort zu den Verkehrsunfällen niedergelegt sind, sind gut. Bedarf es dazu aber eines Gesetzes? Ich bin überzeugt, diese Gedanken haben sich im Hause des Bundesverkehrsministeriums längst niedergeschlagen. Messen Sie, meine Damen und Herren, jedoch diesen etwaigen Änderungen der Straßenverkehrs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Zulassungs-
    Ordnung keine übermäßige Bedeutung bei! Es gibt nur eine Möglichkeit, die Zahl der Toten und- Verletzten wirklich herunterzubringen, und das ist: Straßen zu bauen und das Straßennetz auszubauen. Sie können noch so viele Polizeiverordnungen erlassen, — solange Sie nicht zu dieser Grunderkenntnis kommen und diese Dinge wirklich großzügig anfassen, werden Sie mit dieser Kulturschande in Deutschland nicht aufräumen.
    Meine Damen und Herren! Die Vorschläge zur Änderung des Bundesbahngesetzes werden von uns nicht unsympathisch aufgenommen. Der Fraktion der FDP gehören ja einige Herren an, die die Dinge im Hause der Bundesbahn laufend und sehr eingehend beurteilen können. Aber ich möchte bei dieser Gelegenheit auch einmal auf eins hinweisen. Ich möchte den in der vorigen Legislaturperiode von mir geleiteten Verkehrsausschuß ein wenig in Schutz nehmen. Wir haben in der ersten Lesung dieses Präsidialprinzip fertig gehabt. Welche Kräfte dann hinter den Kulissen auf die Dinge eingewirkt haben, vermag ich nicht zu beurteilen; ich kenne mich in dieser Beziehung nicht so genau aus. Ich habe nur festgestellt, daß wir dieses Prinzip nachher wieder umwerfen mußten.
    Wenn man das Bundesbahngericht schaffen will, muß man ihm allerdings auch größere Aufgaben geben. Es ist ein unhaltbarer Zustand — und solche Beschwerden laufen täglich bei mir ein —, daß auf der einen Seite die Leute scharf bestraft werden
    — und sie sollen scharf bestraft werden; das war der Wille des Güterkraftverkehrsgesetzes —, wenn sie Tarifunterbietungen und sonstige Verstöße begehen. Aber dann muß man den Leuten auf der andern Seite auch die Möglichkeit schaffen, daß nunmehr ein gewisser Schutz gegenüber dem andern Verkehrsträger eintritt, der sich leider
    — ich kann das aus meiner Kenntnis der Dinge heraus wohl sagen — in diesem entscheidenden Augenblick, wo wir mit einer wirklich gut arbeitenden Bundesanstalt für den Güterverkehr im Begriff sind, die Dinge aufzufangen, das Recht nimmt — das Recht ist es eigentlich nicht; es ist das Unrecht —, nach kaufmännischen Grundsätzen, ohne Beachtung der Bestimmungen und der Tarife, auf die freie Wildbahn zu gehen. Meine Damen und Herren, man kann das sogar noch verstehen, wenn es im Rahmen des Kaufmännischen bleibt; aber in meiner Praxis kommen so viele Dinge an mich heran, daß ich frage: Du lieber Gott, wie ist so etwas möglich? Wenn man nämlich auf dem freien Markt operiert, dann hat man dafür ein sehr feines Gefühl — wenn man das Geschäft versteht —, wie weit man herunter- oder heraufgehen muß, und man macht keine Angebote, die gegenüber der Konkurrenz nicht einmal nötig sind und die außerdem noch sehr viel Geld kosten. Da kommt es nun so, daß diejenigen, die von den obersten Verkehrsbehörden und von der Bundesanstalt bestraft werden, Ihnen schwarz auf weiß einen Brief bringen und sagen: Ich habe doch nur unterboten, weil ich von der Konkurrenz schwarz auf weiß das gleiche Angebot bekommen habe. Also ich bin der Meinung, wenn wir — und dieser Auffassung sind wir alle, trotz Röpke — sagen: der Verkehr muß seine Ordnung haben, und es kann keinen ruinösen Tarifwettbewerb geben, wohl allerdings einen Leistungswettbewerb, daß wir dann auch dafür sorgen müssen, daß diese Ordnung von allen daran beteiligten Verkehrsträgern eingehalten wird; denn sonst kriegen wir niemals Ordnung in diese Geschichte hinein.


    (Rademacher)

    Den Wegeplan, Müller-Hermann, will ich im einzelnen nicht behandeln. Ich fürchte aber eins. Wenn man in diesen Wegeplan nun auch noch wieder die Deutsche Bundesbahn hineinnimmt und das Bundesverkehrsministerium etwa der Bundesbahn einen Wegeplan oktroyieren oder mit ihr abstimmen soll, dann seien wir doch lieber direkter und stellen wir der Bundesbahn die notwendigen Mittel auf die verschiedenste Weise zur Verfügung. Sie wird schon wissen, wie sie den Oberbau zweckmäßigerweise und in bezug auf die Sicherheit anlegt.

    (Abg. Müller-Hermann: Einverstanden!)

    — Vielen Dank, Müller-Hermann!
    Meine Damen und Herren! Die Schwierigkeit liegt in der Tatsache, daß wir außer den beiden Gesetzen — von dem einen hoffe ich, daß es nach dem ganzen Klima in diesem Hause wirklich nicht mehr ernstlich zur Debatte steht, nämlich die Verbotsgesetzgebung, weil durch sie nichts erreicht wird — bzw. neben dem eigentlichen Verkehrsfinanzgesetz, mit dem wir dann sehr schnell fertig werden könnten, noch eine Reihe von Gesetzen haben. Viele von Ihnen, die auch in den Ausschüssen mit mir zusammengearbeitet haben, erinnern sich des Bundesbahngesetzes, des Güterkraftverkehrsgesetzes und wissen, was es für einen Ausschuß bedeutet, zwei Initiativgesetze aneinander anzugleichen. Das bedaure ich im Interesse der Sache, weil ich fürchte, daß dadurch die Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird.
    Das Positive an den Müller-Hermannschen Vorschlägen ist eigentlich etwas anderes; Sie werden überrascht sein, was ich dazu zu sagen habe. Das Positive scheint mir in erster Linie zu sein, daß hier tatsächlich in genauer Überlegung und hoffentlich auch auf Grund genauer Untersuchung — ich bin davon überzeugt — eine positive Kritik gegenüber den Absichten der Bundesregierung zum Ausdruck kommt. In diesen Gesetzentwürfen ist ja an sich schon die Tatsache enthalten, daß Müller-Hermann und seine Freunde die Verbotsgesetzgebung als solche ablehnen. Nun hat man in den letzten Wochen und Monaten in der heißen Auseinandersetzung manchmal leider das Gefühl gehabt, Kritik sei nicht erlaubt. Deswegen begrüße ich gerade Ihre Gesetze, obgleich ich der Meinung bin, wir hätten innerhalb der Koalition eine andere Form finden sollen. Schmidt war ja sehr vorsichtig, als er vorhin von gewissen Äußerungen in der „Welt" sprach. Da kam ja auch das berühmte „Augenrollen" vor. Ich weiß jetzt nicht genau, ob dieses Augenrollen dementiert worden ist; es könnte sein. Das wäre aber nicht nur eine Eigenschaft von unserem verehrten Minister Seebohm; es kommt auch bei anderen Ministern vor, daß am nächsten Morgen dementiert wird. Bei dieser Bemerkung über das Augenrollen denke ich an die Äußerung meines Freundes Thomas Dehler, der von dem Herrn Bundeskanzler aus Überzeugung sagte, er sei ein großer Liberaler.

    (Lachen bei der SPD.)

    Infolgedessen kann es sich nur um ein sanftes Augenrollen handeln, das bis auf ganz geringfügige Ausnahmen innerhalb der CDU ja keinen großen Erfolg und Effekt gehabt hat, und Herr Müller-Hermann und die anderen Herren könnten sich damit trösten. Wir hatten eine ähnliche Betrachtung im ersten Weltkriege bei meinem Regimentskommandeur, der auch immer gern mit den Augen rollte. Dann sagten wir immer: Denke nicht, daß er dir grollt, wenn er mit den Augen rollt. So scheint es ja wohl auch in diesem Falle — hoffentlich, meine Damen und Herren — zu sein.

    (Abg. Müller-Hermann: Früher rollten die Räder für den Sieg, heute die Augen!)

    Dann wird so viel von Interessenten gesprochen. Das war auch heute morgen der Fall. Ich weiß nicht, an wen sich die Betroffenen denn eigentlich wenden sollen, wenn nicht an ihre Volksvertreter. Das ist doch für sie die einzige Möglichkeit, ihre Kritik anzubringen. Der Begriff Interessenten umfaßt die privaten wie auch die staatlichen Einrichtungen, die Deutsche Bundesbahn mit einer halben Million Menschen, die noch über eine halbe Million Menschen in der öffentlichen Wirtschaft beschäftigt, und das Kraftfahrzeuggewerbe, dessen Beschäftigtenzahl auch bei etwa einer bis eineinviertel Millionen liegt. Hinter diesen Betrieben und hinter diesen Männern stehen doch Schicksale und Menschen. Dürfen sie sich denn nicht an die Öffentlichkeit wenden, wenn sie glauben, daß ihre Betriebe und die Menschen bei ihnen in ihrer Existenz in Gefahr sind? Ich glaube, sie dürfen es. Ich gebe zu: es war ein bißchen viel; wir sind ein bißchen mit diesen Dingen überschwemmt worden. Aber wir sind doch alle denkende Abgeordnete, die sich diese Dinge überlegen werden, die eingehende Untersuchungen anstellen werden — das ist nämlich das, was meine Fraktion in erster Linie verlangt — und die dann auch in der Lage sind, eine selbständige Entscheidung zu treffen, die nicht dem einzelnen, sondern dem Ganzen oder, besser gesagt, dem Gesamten zu dienen hat. Das ist auch der Grund gewesen, warum ich in den letzten Tagen noch einmal den Herrn Bundesverkehrsminister gebeten und aufgefordert habe — ich bin damit bewußt in die Öffentlichkeit gegangen —, doch noch einmal den Versuch zu unternehmen, mit all diesen verschiedenen Gruppen usw. eine Einigung herbeizuführen, allerdings unter der Voraussetzung, daß über die Verbotsgesetzgebung nicht gesprochen wird; denn darüber ist auch draußen eine Einigung aus den von mir erwähnten Gründen nicht zu erzielen. Ich bin auch heute noch der Meinung, daß diese Einigung möglich gewesen ist. Es ist nicht so, Herr Dr. Leiske, daß wir dann ausgeschaltet sind. Wir schön wäre es, wenn wir am 6. oder 8. September anfangen und sagen könnten: Hier ist die Einigung. In drei oder vier Sitzungen würden wir dann das Verkehrsfinanzgesetz über die Runden bringen. Hier ist eine große Chance verpaßt worden, weil man überfordert hat. Es wäre aber durchaus möglich gewesen, zu einer Einigung zu kommen.
    Meine Damen und Herren, Sie werden sagen: Sie haben die Gesetze kritisiert, Sie haben Betrachtungen über Müller-Hermann und über den weiteren Gang der Dinge angestellt, Sie haben aber kein Wort darüber gesagt, wie die Dinge denn nun eigentlich werden sollen, d. h. Sie haben keine positive Kritik geübt. Man kann ja hier nicht seine Gedanken über die Zukunft der Deutschen Bundesbahn entwickeln. Eines möchte ich nur, obwohl immer verkehrte Meinungen über diese Dinge in die Öffentlichkeit ausgestreut werden, mit aller Deutlichkeit sagen: die Deutsche Bundesbahn wird auch in aller Zukunft, mindestens in den nächsten hundert Jahren, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa der Kern des Landverkehrs bleiben. Darüber besteht nicht der leiseste Zweifel. Aber dazu muß natürlich irgend etwas geschehen, und es muß


    (Rademacher)

    eine gewisse geistige Wandlung zu den Dingen hinzukommen. Man soll nicht alten monopolistischen Gedanken noch nachhängen, man soll sich im Technischen und im Organisatorischen zu modernisieren versuchen, aber man soll etwa den Gedanken einer Restauration, der Hereinnahme — Herr Schmidt!
    — durch einen zunächst organisierten RKB, .der dann nachher entsprechend von dem Institut der Schiene übernommen wird, — —

    (Abg. Schmidt [Hamburg]: Nein!)

    — Ja, solche Dinge werden geträumt. Deswegen sind wir dagegen, allein schon aus diesem Grunde.

    (Abg. Schmidt [Hamburg]: Herr Rademacher, Sie kennen mich doch! Ich bin doch kein unanständiger Mensch, der so etwas sagt und so etwas denkt!)

    — Sie nicht, Herr Schmidt! Sie auf keinen Fall! Das möchte ich ausdrücklich betonen. Wir haben uns über die Dinge lange genug unterhalten. Meine Damen und Herren, das ist ja die tragische Situation der Deutschen Bundesbahn: Wenn Sie einmal Vergleiche des technischen, des modernisierten oder nicht modernisierten Zustandes der Deutschen Bundesbahn mit dem Zustand anderer europäischer Bahnen anstellen, dann ist es doch so: mit der Modernisierung ist die Deutsche Bundesbahn weit, weit im Rückstand.
    In diesem Zusammenhang muß man aber auch einmal den Mut haben, über die Frage des Personals zu sprechen, dessen Unkosten ja 70 % der gesamten Ausgaben der Deutschen Bundesbahn darstellen. In vielen anderen Ländern sieht es genau so aus, manchmal aber wesentlich anders. Ich möchte hoffen, daß Herr Jahn mir diesmal einen Augenblick Gehör schenkt. Es ist ein soziales und gleichzeitig ein menschliches Problem, darüber ist nicht zu diskutieren. Es ist ein zusammengewachsenes Organ, mit dessen 500 000 Menschen man nicht so handeln kann wie etwa in einem Privatbetrieb. Hier muß eine sehr vorsichtige und allmähliche Ablösung und Verringerung erfolgen. Ich sage das mit aller Deutlichkeit. Ich habe vor kurzem mit Herren der Schweizer Bundesbahn gesprochen, und zwar anläßlich der internationalen Tagung in Hamburg, der UIC. Da hat man mir gesagt: 1939 hatte die Schweizer Bundesbahn 110 000 Menschen, heute hat sie diesen Bestand durch einen vernünftigen Übergang auf 70 000 Menschen heruntergesetzt, und es besteht die Absicht — sie sagten, sie können es betriebsmäßig —, auf 65- oder 60 000 Menschen herunterzugehen. Voraussetzung dafür ist aber, daß diese Menschen ohne soziale Schäden, ohne Schäden überhaupt von anderen Erwerbszweigen aufgenommen werden, deren es im Zuge der ganzen Entwicklung sicherlich noch eine ganze Reihe mehr geben wird.
    Dann ein klares Wort über die Zustände auf der Straße und die Zukunft des Straßenverkehrs. Wir wollen uns hier nicht auf 18 m oder auf 32 t festlegen. Aber wir sind mit Ihnen und mit den bisherigen Rednern absolut der Meinung, daß das wildschäumende Bett des sich seit 1948 entwickelnden Straßenverkehrs in ruhige Bahnen übergeführt werden muß, vor allen Dingen im Interesse der Erhaltung und der Sicherheit unserer Straßen. Ich bin auch überzeugt, daß das, wenn man an die Dinge vernünftig herangeht, möglich ist, ohne Schaden für die Besitzer dieser Transportmittel — die sind ja nicht verantwortlich für diese bisherige Politik -- und ohne Schaden für die Umstellung in den
    Produktionsstätten. Dann kommen wir hin, dann gelingt es uns, diese Dinge ins richtige Fahrwasser zu bringen.
    Vor allem aber — damit möchte ich allmählich zum Schluß kommen — kommt es auf eine Zusammenarbeit an. Herr Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm hat uns heute gesagt: So, ich werde jetzt dafür sorgen, daß die beiden Verkehrsträger sich zusammensetzen! Ja, meine Damen und Herren, ist das denn nicht das Petitum einer Reihe von Männern des Verkehrs schon seit drei oder vier Jahren, die Verkehrsträger an einen Tisch zu bringen? Es gibt eine natürliche Verkehrsteilung, die meines Erachtens schon vor Jahren möglich gewesen wäre. Wenn Sie, Herr Bundesminister, den Werkverkehr einengen wollen, dann machen Sie das nicht mit den 5 Pfennig primär, sondern dann machen Sie das auf eine andere Weise! Nebenbei, weil ich gerade auf die 5 Pfennig komme: ich weiß eigentlich nicht, wieso Sie überhaupt auf den Gedanken einer Verbotsgesetzgebung gekommen sind. Wenn Sie nämlich die 5 Pfennig für Massengüter bei 20 t mit 400 km multiplizieren, dann kommen Sie auf eine Beförderungsteuer von 400 DM. Das kann keine Kohle, das kann kein Schrott, das kann keine Erde, das kann kein Bims und das kann mancher andere Artikel überhaupt nicht ertragen. Dieser Teil des Werkverkehrs ist dann sowieso mausetot, und ich verstehe nicht, daß man das nicht auch in Ihrem Hause ohne Bleistift und ohne Papier ausrechnen kann. Aber den Werkverkehr als solchen kann man auch trotz der bisherigen Entwicklung zurückdrängen, indem nämlich Schiene und Straße durch eine sinnvolle Zusammenarbeit der verladenden Wirtschaft dem Handel und der . Produktion eine Leistung anbieten, so daß sich die verantwortlichen Männer in den Fabriken und den Handelskontoren hinsetzen, Errechnungen machen und sagen: Das hat alles gar keinen Sinn mehr, mit eigenen Fahrzeugen, mit einer aufgetakelten Abteilung meines Betriebes hier herumzuwirtschaften; ich gehe zu den bestehenden Verkehrsträgern; dort fahre ich am besten.
    Aber die Voraussetzung ist ein Leistungswettbewerb. Herr Schmidt, ich will hier Röpke nicht definieren. Mit diesen volkswirtschaftlichen Dingen haben Sie sich in der Vergangenheit mehr befaßt. Aber das ist es ja — und das scheint mir von Ihnen übersehen zu werden und auch von Herrn Dr. Leiske —, das will er nämlich. Er anerkennt durchaus eine bestimmte Ordnung im Rahmen des Verkehrs. Aber er sagt, wenn der Leistungswettbewerb dabei zum Teufel geht, dann hat allerdings die Volkswirtschaft für den nationalen und internationalen Verkehr nicht mehr den leistungsfähigen Apparat, den sie für ihre komplizierten Bedürfnisse braucht. Das ist jedenfalls das, was ich bei Röpke herausgelesen habe.

    (Abg. Schmidt [Hamburg]: Das kann man aber doch der Bundesbahn nicht absprechen, Herr Rademacher!)

    Mir scheint in der Tat auch auf allen Gebieten des Verkehrs — das gilt für die Straße wie für die Schiene gleichermaßen — ein neuer Geist der Zusammenarbeit erforderlich zu sein. Es war in der Tat erschütternd, diese gegenseitigen Auseinandersetzungen der vorigen Monate zu beobachten. Letzten Endes haben doch nur zwei Gruppen davon profitiert: die Zeitungen und die Drucker. So scheint es mir jedenfalls.

    (Zuruf von der Mitte: Auch die Post!)



    (Rademacher)

    Wer sich mit diesen Dingen ernstlich befaßt, dem kann man sicherlich gewisse Unterlagen geben. Aber dieser Umfang und diese Flut von Papier, die vermag ja überhaupt kein Mensch mehr zu bewältigen, geschweige denn zu verdauen. Schluß mit dieser Polemik! Ich bin allerdings der Meinung, daß selbstverständlich neben dem neuen Geist, der bei den Verkehrsträgern einzuziehen hat, auch ein neuer befruchtender Geist im Bundesverkehrsministerium erforderlich ist, damit dieses große Ziel einer sinnvollen Zusammenarbeit erreicht werden kann. Herr Dr. Seebohm, ich kann mir vorstellen — vielleicht ist es etwas überheblich von mir —: Sie haben die Absicht, als der Ordner des Verkehrs nach dem großen Chaos nach 1945 in die Geschichte einzugehen. Aber Sie müssen sich überlegen: Wollen Sie eine Geschichte des Rückschritts, oder wollen Sie eine Geschichte des Fortschritts machen? Das ist die große Entscheidung, die Sie selbst zu treffen haben. Es gibt eine Reihe von ausgezeichneten Verkehrswissenschaftlern in Deutschland, die uns auf verschiedenen Gebieten Richtlinien geben. So sagt z. B. Alfons Schmidt — ich glaube, er ist es gewesen —: Eine komplizierte Volkswirtschaft ruht auf zwei Pfeilern, auf einem funktionsfähigen Geldwesen und auch auf einem funktionsfähigen Verkehrswesen. — Das sind seine beiden Voraussetzungen. Hüten wir uns davor, Herr Minister, durch unbedachte Maßnahmen dieses funktionsfähige Verkehrswesen zu zerstören! Denn welche Aufgaben hat es außer der Bedienung der Wirtschaft ganz allgemein noch? Ich könnte hier lange Ausführungen machen über den Wohnungsbau. Ich wollte es meinem Freunde Wirths überlassen, der aber leider schon fortmußte, der Ihnen als Sachverständiger viel mehr über die praktische Auswirkung dieser beiden Gesetze auf den Wohnungsbau, auf den sozialen Wohnungsbau hätte sagen können. Herr Minister, Sie haben im „Rheinischen Merkur" über Verkehrsfragen geschrieben — ich hatte die Ehre, auch dabei zu sein —, aber vielleicht sind Sie einmal so freundlich und lesen sich in dem Artikel von General Heusinger das durch, was er über die Bedeutung eines intakten Verkehrsapparats gesagt hat.
    Schließlich, meine Damen und Herren, die Frage der Wiedervereinigung. Ich will Ihnen einmal einen Satz vorlesen, den ich nur sinngemäß zitieren kann, weil es schon einige Zeit her ist, daß ich ihn in einer ganz alten Schwarte gelesen habe. Da stand drin: „Gute Chausseen, intakte Wasserstraßen und kommende Eisenbahnen werden die Einigung der deutschen Nation fördern." Ja, wer hat das wohl gesagt?

    (Abg. Bock: Goethe!)

    1823 Goethe zu Eckermann. — Ich glaube, wir sollten uns in der letzten Entscheidung über die Fragen, die wir diskutieren, auch überlegen: Tun wir um Gottes willen nichts, was die Wiedervereinigung mit einem intakten Verkehrsapparat schädigen könnte?
    Herr Dr. Seebohm hat u. a. in seinen Ausführungen gesagt: Stets ist das Anliegen der Bundesregierung gewesen, Bundesbahn, Straßenverkehr, Binnenschiffahrt als gleichermaßen unentbehrlich für unser Volk und unsere Wirtschaft anzusehen. Darin stimmen meine Freunde mit Ihnen, Herr Minister, vollkommen überein. Es soll unser Leitfaden sein, daß sich diese Grundsätze verwirklichen bei der endgültigen Verabschiedung der Gesetze oder, so möchte ich lieber sagen, des Gesetzes, um damit eine neue Verkehrsordnung als leistungsfähigen Pfeiler für unsere gesamte. komplizierte Wirtschaft zu schaffen.

    (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)