Rede von
Horst
Haasler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Vorab eine Klarstellung: ich führe nicht den Doktor-Titel. Ich möchte nicht unter jene gezählt werden, die ihn sich nach 1945 angeeignet haben.
Meine Damen und Herren, in diesem Hohen Hause gibt es sicherlich niemanden, der nicht bereit wäre, jeden mit Berlin und Gesamtdeutschland zusammenhängenden Antrag sehr sorgfältig und wohlmeinend zu prüfen. Wir mußten aber aus der Begründung des Antrages den Eindruck gewinnen, daß es sich hier eigentlich nicht um Berlin handelt, sondern, wie der Herr Kollege von Merkatz sich ausdrückte, um „nationale Anliegen". Wir sind in bezug auf sogenannte nationale Anliegen etwas skeptisch, insbesondere wenn sie uns, wie geschehen, in einer Weise vorgetragen werden, die es vielen — mindestens aber mir — nicht ermöglicht, die volle Bedeutung dessen, was die Antragsteller meinen, zu erfassen.
Es wurde gesagt, es sollten keine wirtschaftlichen Bestrebungen damit verknüpft werden — wirtschaftliche Bestrebungen, die sicherlich in Berlin und in der Zone sehr willkommen wären und die in unserer heutigen Situation ,auch geeignet sind, als fördernde Mittel angesprochen zu werden. Es sollten weiter damit keine außenpolitischen Konzeptionen geschaffen werden. Man hat sich sogar sehr intensiv bemüht, uns klarzumachen, daß die Anträge eigentlich auch keine außenpolitischen Folgen haben 'dürften. Darüber, lieber Herr Kollege von Merkatz, läßt sich sehr streiten, ob es in unserer Hand liegt, festzustellen, daß derartige Anträge zu einem beliebigen oder insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt außenpolitische Folgen nicht haben könnten. Es sollte sich, wie es in der Begründung hieß, um allgemeine staatspolitische Dinge handeln, um die „Dokumentation des Zusammengehörigkeitsgefühls" und anderes mehr. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich nicht auf jedes Ihrer Argumente eingehen kann und vielleicht auch nicht jedes behalten habe. Es war für mich als gebürtigem Ostpreußen, der geistig oft nur „langsam Trab" kann, etwas viel. Aber ich meine, wenn es sich hier um die Dokumentation des Zusammengehörigkeitsgefühls handeln sohlte, hätte man einen besseren, sichtbareren und auch einen würdigeren Weg finden müssen als den eines so speziellen und überdies noch umstrittenen Antrages.
Sie haben sich, lieber Herr Kollege von Merkatz, sehr entschieden gegen die Unterstellung gewandt, daß man mit Ihren Anträgen irgendeine parteipolitische Propaganda machen wollte. Sie haben sich weiter gegen die Unterstellung gewandt, daß es sich nur — und hier haben Sie das Wort Deklarationen in einem etwas anderen Sinne gebraucht — um leere Bekundungen, um leere Deklarationen handle. Wir wissen nun eigentlich nicht mehr recht, worum es sich wirklich handelt.
Wir haben nämlich nach Ihren Ausführungen nicht
den Eindruck, daß Sie überhaupt wollen, daß der
Herr Minister Kaiser und daß der Herr Bundespräsident nach Berlin gehen. Es scheint Ihnen nur
darauf anzukommen, uns eine staatsrechtliche, vielleicht richtige — ich sage: hoffentlich richtige — Theorie hier im Sinne eines Kollegs vorzutragen.
Ich fürchte, lieber Herr Kollege von Merkatz, gerade im Interesse Berlins ist das nicht der richtige Weg.
Wir erzeugen hier langsam so etwas wie eine Berlin-Müdigkeit,
dadurch, daß man dieser so schwer kämpfenden
Stadt nicht ihre praktischen Alltagssorgen abnimmt,
sondern daß man sie mit Deklarationen füttert.
Meine politischen Freunde sind gebrannte Kinder, wir denken nämlich dabei an die Lastenausgleichsmüdigkeit, die im deutschen Volk schon den Eindruck erweckte, als ob die Wirtschaft zusammenbräche, bevor ein einziger Ausgleichsberechtigter einen Pfennig hatte. Dieses Schicksal möchten wir Berlin ersparen.
— Ich weiß, daß Berlin etwas bekommen hat,
aber nach unserer Meinung noch nicht genug.
Wir sind trotzdem bereit, das in diesen Anträgen liegende politische und reale Anliegen in den Ausschüssen zu prüfen, und wir werden die vorliegenden Anträge fördern, wenn sich herausstellt, daß sie unserem ständigen Streben, der gesamtdeutschen Idee zu nützen, entsprechen. Wir werden aber auch nicht anstehen, uns solchen Maßnahmen zu widersetzen, die etwa nur jenen kritischen Behauptungen recht geben könnten, daß Worte billig und im Falle Berlin Sympathieerklärungen keine Mangelware mehr sind.
Vizepräsident Dr. Schneider: Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.