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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Juni 1954 1691 36. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. Juni 1954. Geschäftliche Mitteilungen 1693 A Autounfall des Abg. Dr. Leverkuehn und Wünsche für seine Wiederherstellung . . 1693 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Alterspräsidentin Frau Dr. Dr. h. c. Lüders und der Abg. Frau Dr. Brökelschen . . 1693 B Änderungen der Tagesordnung . . 1693 C, 1695 C Fortsetzung der ersten Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Verbesserung der Produktivität in der Landwirtschaft (Drucksache 405) und der ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft (Drucksache 448) 1693 C Müller (Wehdel) (DP) 1693 D Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) (CDU/CSU) 1694 C Überweisung der Gesetzentwürfe an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß, an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Außenhandelsfragen 1694 C Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abg. Bauknecht, Struve, Dannemann, Müller (Wehdel) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 569) 1694 D Bauknecht (CDU/CSU), Antragsteller 1695 A Beschlußfassung 1695 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung steuerlicher Vorschriften zur Förderung des Kapitalmarktes (Drucksache 565) 1695 D Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Ausschuß für Geld und Kredit . . . . 1695 D Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ermächtigung der Landesregierungen zur Verlängerung der Wahlperiode der ehrenamtlichen Mitglieder der Finanzgerichte (Drucksache 404); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 541) 1696 A Frau Lockmann (SPD), Bericht- erstatterin 1696 A Beschlußfassung 1696 B Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die steuerliche Behandlung von Leistungen im Rahmen des Familienausgleichs (Drucksache 189); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 566, Umdruck 134) 1696 C, 1708 B Dr. Lindrath (CDU/CSU), Berichterstatter 1696 C Frau Döhring (SPD) 1697 C Dr. Hammer (FDP) 1698 A, 1699 C Horn (CDU/CSU) 1698 C Dr. Schellenberg (SPD) 1699 A Abstimmungen 1698 B, D, 1699 C Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrechnungshofs betr. Rechnung des Bundesrechnungshofs für das Rechnungsjahr 1949, Einzelplan XX (Drucksache 547) 1699 B Überweisung an den Haushaltsausschuß 1699 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die patentamtlichen Gebühren (Drucksache 546) 1699 B Überweisung an den Ausschuß für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 1699 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung von Gesetzen auf dem Gebiet der Fischerei in der Ostsee (Drucksache 548) 1699 D Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . 1699 D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. das Übereinkommen Nr. 101 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 26. Juni 1952 über den bezahlten Urlaub in der Landwirtschaft (Drucksache 564) 1700 A Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1700 A Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken (Drucksache 545) . . . 1700 A Überweisung an den Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens und an den Rechtsausschuß 1700 A Beratung der Größen Anfrage der Abgeordneten Kahn, Dr. Dehler, Dr. Strosche u. Gen. betr. Finanzielle Hilfsmaßnahmen für Gewerbebetriebe in den Randgebieten des Truppenübungsplatzes Hohenfels (Oberpfalz) (Drucksache 292, Umdrucke 136, 137) 1700 B Kahn (CDU/CSU), Anfragender . 1700 B, 1704 D, 1705 A, 1707 A, D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1701 C Höhne (SPD) 1703 C, 1707 B Dr. Strosche (GB/BHE) 1705 B Bausch (CDU/CSU) 1706 B Präsident D. Dr. Ehlers 1707 A Überweisung an den Ausschuß für Besatzungsfolgen und an den Ausschuß für Mittelstandsfragen 1707 C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über Sozialversicherung (Drucksache 594) 1708 A Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 1708 A Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) (Drucksache 601) 1708 A Dr. Preusker, Bundesminister für Wohnungsbau (Schriftliche Begründung) 1709 Lücke (CDU/CSU) 1708 B Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen . . . 1708 C Erste Beratung des von den Abg. Ehren, Pohle (Eckernförde), Becker (Hamburg) u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) (Drucksache 560) 1708 C Überweisung an den Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens und an den Rechtsausschuß 1708 C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 130) 1708 C, D Beschlußfassung 1708 D Nächste Sitzung 1708 D Anlage 1: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die steuerliche Behandlung von Leistungen im Rahmen des Familienausgleichs (Umdruck 134) 1708 B Anlage 2: Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck 130) 1708 D Anlage 3: Schriftliche Begründung des Bundesministers für Wohnungsbau Dr. Preusker zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes (Drucksache 601) . 1709 Die Sitzung wird um 10 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    1 Siehe Anlage 2. Anlage 1 Umdruck 134 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die steuerliche Behandlung von Leistungen im Rahmen des Familienausgleichs (Drucksachen 566, 189). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 1 Nr. 1 werden die Worte „für das dritte und jedes weitere Kind" ersetzt durch die Worte „für das zweite und jedes weitere Kind". 2. In § 1 Nr. 1 werden die Worte „20 Deutsche Mark monatlich" ersetzt durch die Worte „25 Deutsche Mark monatlich". Bonn, den 22. Juni 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 130 Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse Der Bundestag wolle beschließen. Die folgenden Anträge werden ohne Beratung gemäß § 99 Abs. 1 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen: 1. Antrag der Fraktion der DP betreffend Ausbau der Bundesstraße 6 zwischen Bremen und Cuxhaven (Drucksache 535) an den Haushaltsausschuß (federführend), an den Ausschuß für Verkehrswesen; 2. Antrag der Abgeordneten Gibbert, Maier (Freiburg), Stahl, Samwer, Dr. Brühler und Genossen betreffend Änderung der Verordnung über Wermutwein und Kräuterwein (Drucksache 536) an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; 3. Antrag der Fraktion des GB/BHE betreffend Förderungsmaßnahmen für Kreise im SpessartGebiet (Drucksache 572) an den Ausschuß für Grenzlandfragen; 4. Antrag der Abgeordneten Dr. Mommer, Dr. Dr. h. c. Pünder und Genossen betreffend Vereinfachung der Grenzformalitäten für private Kraftfahrzeuge (Drucksache 576) an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten (federführend), an den Ausschuß für Verkehrswesen. Bonn, den 16. Juni 1954 Dr. von Brentano und Fraktion 011enhauer und Fraktion Dr. Dehler und Fraktion Haasler und Fraktion Dr. von Merkatz und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Begründung des Bundesministers für Wohnungsbau Dr. Preusker zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) Die Bundesregierung hat sich in ihrer Erklärung vom 20. Oktober 1953 für den Wohnungsbau und die Wohnungswirtschaft in der 2. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages folgende Ziele gesetzt: 1. Die Förderung des Wohnungsbaues wird, wie schon bisher, als eine Aufgabe von ganz besonderer Dringlichkeit angesehen. 2. Die Qualität der Wohnungen muß gehoben und der Bau von familiengerechten Wohnungen stärker gefördert werden. 3. In den nächsten Jahren wird in erster Linie der Bau von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen gefördert. 4. Das Privatkapital muß zur weiteren Steigerung der Wohnungsbautätigkeit stärker für den Wohnungsbau interessiert werden. 5. Zur Erhaltung des durch den Krieg verschonten Wohnungsbestandes müssen auch im Wohnungsbau die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft Schritt für Schritt immer mehr zur Geltung kommen. In Ergänzung dieser Grundsatzerklärung der Bundesregierung vom 20. Oktober 1953 hat die Bundesregierung sodann am 1. Dezember 1953 ein umfassendes Programm gebilligt, das in den vier Jahren der 2. Legislaturperiode den Bau von nicht weniger als 2,2 Millionen Wohnungen — das sind 0,5 Millionen Wohnungen mehr als in der 1. Legislaturperiode — ermöglichen soll. Die Erreichung dieser in politischer, sozialer und volkswirtschaftlicher Hinsicht wichtigen Ziele bedingt eine umfassende Neuordnung und Neuausrichtung der gesamten deutschen Wohnungswirtschaft. Diese Reform muß sich einmal auf den Wohnungsbau und seine Finanzierung, seine Verzahnung mit der übrigen Wirtschaft und insbesondere mit dem Kapitalmarkt sowie den sozialen Zielsetzungen, zum zweiten auf die Mietenbildung unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung und Wiederherstellung der Eigenwirtschaftlichkeit des Wohnungsbaues wie auch die Schaffung der Voraussetzungen für die Tragbarkeit der Wohnungslasten für die sozial schwachen Schichten der Be- völkerung, zum dritten auf die Gewährleistung der besonders aktiven Förderung dieser Ziele durch die Organe der staatlichen Wohnungspolitik — wohlgemerkt „Wohnungspolitik", nicht staatlichen „Wohnungswirtschaft" —, d. h. durch die Heimstätten und gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, und schließlich zum vierten auf die längst überfällige, aber bisher durch verfassungsrechtliche Unklarheiten beeinträchtigte Lösung der Grundsatzprobleme des Baurechts, insbesondere der Bauplanung und Bodenbewertung erstrecken. Die Bundesregierung hat die erforderlichen gesetzgeberischen und finanzpolitischen Vorarbeiten auf allen vorgenannten sowie einigen weiteren damit im Zusammenhang stehenden Gebieten — wie z. B. Wohnraumbewirtschaftung, Mieterschutz usw. — unverzüglich in Angriff genommen und auf den wichtigsten Sektoren zum Abschluß gebracht. Sie vermag daher heute dem Deutschen Bundestag als ersten Teil ihrer Reformmaßnahmen den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ersten Wohnungsbaugesetzes — Wohnungsbau- und Familienheimgesetz — zur 1. Lesung vorzulegen. Nachdem erst unmittelbar vor Abschluß der Legislaturperiode des 1. Bundestages am 25. August 1953 die erste Novelle zum Wohnungsbaugesetz vom 24. April 1950 Gesetzeskraft erlangte, hatte die Bundesregierung zunächst eingehend zu prüfen, ob eine umfassende Reform der bisherigen Gesetzgebung auf dem Gebiete des Wohnungsbaues zwingend geboten sei. Dabei ist einmal von Bedeutung, daß schon dem 1. Deutschen Bundestag ein von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachter Gesetzentwurf über die Schaffung von Familienheimen vorgelegen hatte, der im zweiten Bundestag als Drucksache 5 unverändert wieder eingebracht worden ist. Die auch die Bundesregierung besonders bewegenden Probleme der möglichst breiten Förderung des Eigentums- und Familienheimgedankens, die dieser Gesetzentwurf ansprach, konnten wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung in der vom 1. Bundestag verabschiedeten Novelle nur zum geringeren Teil ihren gesetzgeberisch aus- (Bundesminister Dr. Preusker) gereiften Niederschlag finden, weil sie andernfalls unter allen Umständen eine grundlegende Umgestaltung des gesamten Wohnungsbaugesetzes vom 24. April 1950 erfordert hätten. Dazu stand dem 1. Bundestag insbesondere keine ausreichende Zeit mehr zur Verfügung. Zum zweiten muß die Bundesregierung Mittel und Wege finden, wie das Ziel einer nochmaligen kräftigen Steigerung des Wohnungsbaues trotz der unerläßlich gewordenen weiteren spürbaren steuerlichen Entlastung — Sicherung von Millionen von Arbeitsplätzen, die sich auf einen erfolgreichen deutschen Wettbewerb im schwieriger gewordenen Außenhandel gründen — erreicht werden kann. Im Jahre 1950 sind aus öffentlichen Mitteln 1,7 Milliarden DM, im Jahre 1951 2,2 Milliarden DM, im Jahre 1952 2,4 Milliarden DM und schließlich im Jahre 1953 nicht weniger als 2,7 Milliarden DM, also rund 1 Milliarde DM mehr als 1950 für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt worden. Die notwendigen Steuersenkungen in Milliardenhöhe schließen nun einmal die Bereitstellung von noch höheren öffentlichen Mitteln für den sozialen Wohnungsbau aus. Zusätzliche Finanzierungsquellen für die weitere Steigerung der Wohnbauleistung können also nur dadurch erschlossen werden, daß die gesamte Gesetzgebung einschließlich des Gemeinnützigkeitsrechtes darauf abgestellt wird, daß Privatinitiative, Kapitalmarkt und Privateigentum große Chancen und wirksame Anreize zugunsten einer Betätigung im Wohnungsbau erhalten. Dabei muß es aber zum dritten auch darum gehen, die bei der Verabschiedung des 1. Wohnungsbaugesetzes vom 24. April 1950 vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte partielle Fehlentwicklung des Wohnungsbaues für die sozial schwachen Schichten der Bevölkerung — gleichgültig ob es sich um Miet-, Eigentumswohnungen oder Eigenheime handelt — zu beenden, nach der in weitgehendem Maße der wirtschaftlich relativ Stärkere, d. h. der zur Leistung von Baukostenzuschüssen, Mieterdarlehen oder Mietvorauszahlungen Befähigte, den Schwächeren zurückzudrängen vermochte. Schon kurz nach meiner Amtsübernahme wurden die Länder aufgefordert, sich dazu zu äußern, ob sie glaubten, von sich aus in der Lage zu sein, diese weniger günstige Entwicklung entscheidend zu korrigieren. Dabei ergab sich, daß Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen den Anteil der sozialen Wohnungen, die ohne Finanzierungsbeiträge zu vergeben sind, nur auf 10%, Bayern auf 20 %, Hessen und Schleswig-Holstein auf 25%, Hamburg auf 30%, Baden-Württemberg und Bremen auf mindestens 33% und Berlin auf 50 % festgesetzt haben. Angesichts dieses sehr differierenden, im ganzen nicht befriedigenden Ergebnisses mußte es für die Bundesregierung ein fast selbstverständliches Gebot der sozialen Verantwortung sein, durch zwingende gesetzliche Vorschriften den notwendigen Vorrang der sozial schwachen Schichten in einer Weise sicherzustellen, daß der eigentliche Sinn des sozialen Wohnungsbaues nicht verfälscht werden kann. Schließlich kann es zum vierten der Bundesregierung nicht gleichgültig sein, daß trotz der unbestreitbaren, über alle Hoffnungen, Forderungen und Voraussagen hinausgehenden Leistungen des Wohnungsbaues in den vergangenen vier Jahren der Wiederaufbau in den zerstörten Städten und hier wiederum insbesondere auch die Wiederherstellung eines breit gestreuten Einzeleigentums in einem allmählich besorgniserregenden Maße hinterherzuhinken beginnt. Wenn nunmehr der Vorkriegsbestand von rund 10 1/2 Millionen Wohnungen wieder annähernd erreicht wurde, trotzdem aber noch über 1,2 Millionen total zerstörter Wohnungen noch nicht wieder aufgebaut worden sind, wenn unter knapp 2 Millionen neu gebauter Wohnungen sich nur höchstens 600 000 Ersatzwohnungen für den zerstörten Wohnraum befinden, so müssen diese Zahlen angesichts einer Jahresleistung von allein 515 000 Wohnungen im Jahre 1953 und der Zielsetzung von insgesamt 2,2 Millionen Wohnungen in der zweiten Legislaturperiode eine ernste Mahnung sein. Es darf nicht dahin kommen, daß in einer viel kürzeren Zeit, als sie der 1. Bundestag noch für unbedingt notwendig hielt — nämlich damals noch rund 20 Jahre —, die Wohnungsnot überwunden ist, dann aber in unseren vom Krieg hart getroffenen Städten die Stadtkerne wie häßliche Glatzen als Trümmerflächen liegen bleiben und in ihnen Milliardenwerte an Straßen, Elektrizitäts-, Wasser-, Gasversorgungsanlagen, Telefonkabeln usw. nutzlos verkommen. Diese vier besonders hervorgehobenen Problemkreise — Eigentums- und Familienförderung, verstärkte Privatinitiative im Wohnungsbau, wirksamer Vorrang für die sozial schwachen Schichten und Wiederaufbau — können ebenso wie einige weitere Probleme von ausschlaggebender Bedeutung — wie z. B. die Frage, wie der Bau familiengerechter Wohnungen oder eine notwendige längerfristige Sicherung der Wohnbauplanung und -finanzierung gewährleistet werden kann — nur dazu führen, auf Grund der Erfahrungen der ersten vier Jahre den Mut zu einer die erkannten Schwächen des Ersten Wohnungsbaugesetzes wirklich überwindenden neuen gesetzgeberischen Gesamtlösung zu finden. Diese Gesamtlösung soll von nun an bis zum beschleunigten Ende der deutschen Wohnungsnot Bestand haben, neue kräftige und dauerhafte Impulse für den Wohnungsbau schaffen und dabei doch trotz aller Entschiedenheit der Zielsetzung und Methoden alle Fragen mit der Elastizität und Behutsamkeit beantworten, die aus der Rücksichtnahme auf die noch immer schwierigen sozialen Verhältnisse und Nöte von Millionen unserer Menschen geboten ist. Der mit diesen Zielsetzungen dem 2. Deutschen Bundestag am heutigen Tage vorgelegte Entwurf des Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes hat in seiner besonderen Absicht, die Privatinitiative, den Erwerb von Eigentum an Wohnungen in breitester Streuung in jeder nur möglichen Weise zu fördern und dabei den Notwendigkeiten einer gegesunden Familienentwicklung den größtmöglichen Raum zu geben, alle wertvollen Gedanken aus dem Entwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Schaffung von Familienheimen übernommen. So ist insbesondere in den §§ 1, 13, 25 a Abs. 2 des Entwurfs der absolute Vorrang von Eigentumsmaßnahmen im Wohnungsbau vor dem Bau von Mietwohnungen festgelegt worden. Ebenso wird in dem § 28b des Entwurfs gefordert, daß die Höchstsätze der öffentlichen Darlehen für Familienheime höher bemessen werden sollen als die Höchstsätze für Mietwohnungen, und im § 27 des Entwurfs, daß diese Höchstsätze je nach der Wohnungsgröße gestaffelt sein sollen. Schließlich ist der besonders dankens- (Bundesminister Dr. Preusker) werte Beitrag der Schaffung von Tilgungsprämien durch Verminderung der Kapitalschuld um je 125 DM bei vorzeitiger Rückzahlung von je 100 DM im § 30e der Novelle aufgenommen worden. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Entwurf darüber hinaus bemüht, noch weitere zusätzliche Anreize und Förderungsmaßnahmen zugunsten des Eigentums- und Familienheimerwerbs im sozialen Wohnungsbau zu schaffen. So sind insbesondere im § 30 d des Entwurfs Familienzusatzdarlehen in Höhe von je 750 DM ab dem dritten Kind vorgesehen, die als Ersatz der Eigenleistung zinslos gewährt werden und auf diese Weise die Parität der Sparfähigkeit gegenüber dem kinderlosen Ehepaar oder der Familie mit einem oder zwei Kindern wiederherstellen sollen. Dazu kommt die besondere Förderung des Wohnbauprämiensparens zugunsten des Eigentums- und Familienheimerwerbs im sozialen Wohnungsbau, die vor allem durch die neu vorgesehene Bereitstellung von 50 % der Wohnbauprämien bis zu einem Gesamtbetrag von jährlich 60 Millionen DM außerhalb der 500 Millionen DM durch den Bund im § 11 b des Entwurfes erfolgen soll. Für alle diejenigen, die nicht selbst die Lasten eines Baues von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen auf sich nehmen wollen, hat sich der Entwurf der Bundesregierung bemüht, die Entwicklung des Baues von Kauf- oder Vorratseigenheimen bzw. Kauf- oder Vorratseigentumswohnungen stärker als bisher zu fördern. So stellt der Bund im § 30b des Entwurfs jährlich bis zu 50 Millionen DM zusätzlich unter der Bedingung zur Verfügung, daß diese Darlehensmittel zur Vor- und Zwischenfinanzierung der Eigenleistung für den Bau von Familienheimen verwendet werden. In einem allerdings sehr entscheidenden Punkt hat die Bundesregierung dagegen den Vorschlägen des Entwurfs über die Schaffung von Familienheimen nicht zu folgen vermocht. Im § 1 des Entwurfs zur Schaffung von Familienheimen wird eine überwiegende Verwendung der öffentlichen Mittel im Sinne des Ersten Wohnungsbaugesetzes und des Lastenausgleichsgesetzes zur Schaffung von Familienheimen, sogar noch ohne Einrechnung der Mittel für eine Einliegerwohnung oder zweite Wohnung gefordert. Ebenso wird von den Sozialversicherungsträgern und den Kapitalsammelstellen die überwiegende Anlage ihrer zur Förderung des Wohnungsbaues bestimmten Mittel in Familienheimen verlangt. Die Bundesregierung hat statt dessen einen anderen Weg zur Erreichung des angestrebten Zieles vorgeschlagen, der nach ihrer Überzeugung einmal die offensichtliche Gefahr eines neu erstehenden quotalen Dirigismus vermeidet, zum zweiten aber statt an bestimmte Prozentsätze öffentlicher und privater Wohnungsbaufinanzierungsmittel an die M e n s c h e n und ihre tatsächlichen Wünsche und Bedarfsrichtungen in dem effektiv gegebenen örtlichen und zeitlichen Umfange anknüpft. Da der absolute Vorrang der Eigentumsmaßnahmen und damit auch die Bevorzugung der Eigentumswilligen, wie bereits betont, in dem Entwurf der Bundesregierung gesichert worden ist, müssen sie also überall dort bevorzugt mit ihren Bauvorhaben zum Zuge kommen, wo sie unter gleichen Bedingungen wie Bauherren von Mietwohnungen ihre Anträge stellen. Der Entwurf der Bundesregierung geht aber noch einen entscheidenden Schritt weiter. Im § 30 c der Novelle wird allen denjenigen Wohnbauprämiensparern ein Rechtsanspruch auf die Zuteilung öffentlicher Mittel im Rahmen der jeweils vorhandenen Möglichkeiten zuerkannt, die einschließlich der Prämien von zwischen 25 und 35 % der gesamten Sparleistung, einschließlich einer sichergestellten Selbsthilfeleistung, einschließlich der Familienzusatzdarlehen sowie einschließlich sonstiger als Ersatz der Eigenleistung geltender Beträge, wie z. B. Aufbaudarlehen oder kapitalisierte Renten, 30 % der Gesamtbaukosten — unter denen die eigentlichen Grundstückskosten etwa die Hälfte ausmachen — nachweisen können. Gerade diese Förderungsbestimmung zugunsten der im Rahmen der Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaues Eigentumswilligen, die bereit sind, eigene erhebliche Opfer zugunsten des Erwerbs von Familienheimen zu erbringen, ist bedauerlicherweise im ersten Durchgang vom Bundesrat abgelehnt worden. Sie stellt jedoch einen solchen Kernpunkt des Gesetzentwurfes der Bundesregierung dar, daß die Bundesregierung auch vom Bundestag hofft, daß er diese Förderungsbestimmung aufrechterhält. Die Bundesregierung hat sich den vom Bundesrat vorgetragenen Bedenken um so weniger anschließen können, als mit der Bestimmung des § 36 des Entwurfs, auf den noch in anderem Zusammenhang einzugehen sein wird, festgelegt ist, daß zunächst einmal für die Bevölkerungsschichten mit geringerem Einkommen ein ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprechender Teil der öffentlichen Förderungsmittel vorbehalten werden muß. Darüber hinaus bleibt festzustellen, daß auch sonst durch die Zuerkennung des Rechtsanspruches bei einer so erheblichen Eigenleistung der unter den Kreis der Berechtigten im sozialen Wohnungsbau fallenden Personen nicht etwa eine Minderung der gesamten Wohnbauleistung befürchtet, sondern im Gegenteil eine zusätzliche Steigerung der sozialen Wohnbauleistung erwartet werden muß. Im Bundesdurchschnitt erreicht im sozialen Wohnungsbau die echte Eigenleistung gegenwärtig etwa 10 % der gesamten Baukosten. Werden nun in den Fällen ides § 30 c des Entwurfs für die Zuerkennung des Rechtsanspruches auf öffentliche Förderungsmittel 30 % der Gesamtbaukosten zur Voraussetzung gemacht, so werden auf diese Weise beim Bau von je drei Familienheimen öffentliche Förderungsmittel für die Errichtung einer zusätzlichen vierten Wohnung des sozialen Wohnungsbaues zugunsten der sozial besonders schwachen Schichten der Bevölkerung eingespart, die im andern Falle nicht gebaut werden könnte. Es geht der Bundesregierung schließlich darum, denienigen, die aus eigener Verantwortung bereit sind, für ein Eigenheim zu sparen, auch die Gewißheit zu geben, daß diese sich insbesondere bei jüngeren Menschen über mehrere Jahre erstrekkende Spartätigkeit schließlich auch zum Erfolg führen wird. Wäre diese Gewißheit nicht gegeben, so würde zweifellos ein erheblicher Teil dieser Mittel nicht für den Wohnungsbau zu gewinnen sein. Schon die Ankündigung dieser besonderen Förderungsabsichten der Bundesregierung hat zu einer außerordentlich bemerkenswerten Steigerung des Abschlusses von Wohnbausparprämienverträgen geführt. So erwartet die Bundesregierung, daß die an sie gerichteten Anforderungen auf Auszahlung von Wohnbausparprämien, die im letzten Jahr zwischen 27 und 28 Millionen DM gleich einem Sparbetrag von 100 Millionen DM betrugen, für dieses Jahr bereits auf etwa 80 Millionen DM (Bundesminister Dr. Preusker) gleich annähernd einem Sparbetrag von 400 Millionen DM, also das Drei- bis Vierfache anwachsen werden. lionen DM, als das Drei- bis Vierfache anwachsen desregierung neben der besonderen Förderung der Familienheime, Eigentumswohnungen, Vorratseigenheime und Vorratseigentumswohnungen sowie Kleinsiedlungen auch von dem Vorrang für den Wiederaufbau in Gemeinden mit Kriegszerstörungen, insbesondere der Bevorzugung solcher privater Bauherren, die im Zeitpunkt der Zerstörung Eigentümer der Grundstücke waren oder Erben derartiger Eigentümer sind. Diese Bestimmungen sind im § 25 a des Entwurfs niedergelegt. Schon zu Beginn meiner Ausführungen habe ich auf die Gefahren einer weiteren Zurücksetzung des Wiederaufbaues in den zerstörten Städten hingewiesen. Hier möchte ich nur noch einmal betonen, welche zusätzlichen Finanzierungsmittel für den sozialen Wohnungsbau zugunsten der einkommensschwachen Schichten unserer Bevölkerung frei gemacht werden können, wenn durch die Wiedererweckung des Aufbauwillens der Trümmergrundstücksbesitzer oder ihrer Erben die zusätzliche öffentliche Finanzierung der Grundstückskosten entfällt. Hierzu nur ein kleines Zahlenbeispiel: In Mannheim werden in diesem Jahr mit zusätzlicher Unterstützung des Bundes aus ,dem Sonderprogramm zur Förderung von Wiederaufbaugemeinschaften private Wiederaufbauvorhaben im Betrage von 4,2 Millionen DM zusätzlich gefördert. Dabei wird die Finanzierung von Grundstückskäufen im Betrage von 450 000 DM oder über 10 % der reinen Baukosten eingespart und für andere soziale Wohnbauzwecke frei. Wenn man diese Relationen auf den noch überfälligen Wiederaufbau von 1,2 Millionen Wohnungen in unseren zerstörten Städten überträgt, bedeutet das, daß mindestens ein Volumen von über 1 1/2 Milliarden DM an öffentlichen Förderungsmitteln für eine Aufstokkung des sozialen Wohnungsbaues verfügbar gemacht werden kann. Schon in anderem Zusammenhang ist auf den § 36 des Regierungsentwurfs verwiesen worden, nach dem für die Wohnungsversorgung der Bevölkerungsschichten mit geringerem Einkommen Wohnungen mit verbilligter Miete in einem ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprechenden Ausmaß geschaffen und die dafür notwendigen öffentlichen Förderungsmittel mit Vorrang gesichert werden sollen. Auch dies ist einer der Kernpunkte des Regierungsentwurfs. Nach der bisherigen Entwicklung der Wohnungsbaugesetzgebung wurden Sonderquoten für den sogenannten gehobenen sozialen Wohnungbau vorbehalten. Die Bundesregierung hat diese Entwicklung ganz bewußt verlassen. Ihr kommt es weniger auf eine besondere öffentliche Förderung des Wohnungsbaues zugunsten derjenigen Schichten unseres Volkes an, von denen nach ihren Einkommensverhältnissen ein eigenverantwortlicher Beitrag für die Wohnung erwartet werden kann. Sie will vielmehr umgekehrt sicherstellen, daß alle diejenigen, die wirklich die sozial schwächsten Schichten repräsentieren und nicht mit eigenen Sparleistungen, Baukostenzuschüssen und dergleichen ihre Wettbewerbsposition um das Gut Wohnung verbessern können, mit bevorzugter Förderung des Staates endlich auch zur Deckung ihres Wohnungsbedarfes gelangen. Dabei gilt selbstverständlich auch hier, wenn eine solche Absicht bekundet wird, der Vorrang des Eigentumserwerbs mit allen seinen besonderen Vergünstigungen. Da in den vergangenen vier Jahren im Schnitt mehr als 70 % der neu errichteten Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues an solche Wohnungsbewerber zugeteilt worden sind, die mit eigenen Finanzierungsbeiträgen aufwarten konnten, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß nunmehr für die 2. Legislaturperiode eine Sicherung des Wohnungsbedarfs der sozial schwächsten Schichten im Vordergrund stehen muß. Die Bundesregierung hat deshalb auch die Forderung von verlorenen Baukostenzuschüssen von Angehörigen der Bevölkerungsschichten mit niedrigerem Einkommen im § 28 Abs. 2 des Entwurfes verboten und im § 36 a der Novelle bestimmt, daß im Rahmen dieses durch den Anteil dieser Bevölkerungsgruppen an der Gesamtbevölkerung bestimmten Teiles des sozialen Wohnungsbaues die sonst vorgesehenen Fest- bzw. Höchstdarlehen so weit überschritten werden sollen, daß sich eine Kostenmiete ergibt, die nicht nur allgemein für Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen tragbar ist, sondern auch für die Wohnungsuchenden, für welche die Wohnungen im Einzelfall bestimmt sind. Damit kommen wir 'zu einem weiteren Kernstück des Regierungsentwurfs, zu dem der Bundesrat im ersten Durchgang beschlossen hat, auf eine endgültige Stellungnahme wegen der besonderen Bedeutung dieser Probleme zu verzichten. Die Bundesregierung schlägt in ihrem Entwurf vor, das bisherige System der Bindung an starre Richtsatzmieten zu verlassen und statt dessen zur Bindung an die individuelle Kostenmiete eines jeden Bauvorhabens überzugehen. Dabei bleiben selbstverständlich die bisherigen Mieten der seit 1949 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes errichteten sozialen Neubauwohnungen unberührt, weil ja auch diese Mieten im Prinzip als Kostenmieten errechnet worden sind. Die Bundesregierung hat die sichere Überzeugung gewonnen, daß die starre Richtsatzmietenbindung an Stelle der individuellen Kostenmietenbindung in sozialer und volkswirtschaftlicher Hinsicht bedenklich ist und im ganzen sozial schädliche Folgen hervorgerufen hat, auch wenn dies selbstverständlich nicht in der Absicht dieser Vorschriften des Ersten Wohnungsbaugesetzes lag. So hat sich in der Vergangenheit die starre Richtsatzmiete, wie sich dies auch auf anderen Wirtschaftsgebieten gezeigt hat, auf denen man ähnliche Preisbindungen vornahm, immer stärker gleichzeitig nach unten als Mindestmiete entwikkelt. Gerade hiergegen will der eben schon zitierte § 36 a des Entwurfs, der eine solche Finanzierung der Wohnungen für die sozial schwachen Schichten vorschreibt, daß sich Kostenmieten ergeben, die nicht nur allgemein für Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen tragbar sind, sondern auch im individuellen Falle getragen werden können, mit aller Entschiedenheit ebenso wie mit dem Verbot von verlorenen Baukostenzuschüssen vorgehen. Nach oben haben die Richtsatzmieten in den vergangenen Jahren immer weniger ein Hemmnis dargestellt. Sie wurden einfach durch die schließlich für fast 70 % des sozialen Wohnungsbaues geltenden Forderungen von erheblichen verlorenen Baukostenzuschüssen, Mieterdarlehen oder Mietvorauszahlungen umgangen. Mit dieser Heuchelei, die sich doch nur gegen die sozial schwachen Schichten der Bevölkerung auswirken kann, muß endlich einmal Schluß gemacht werden. Denn was bedeuten verlorene Baukostenzuschüsse von 2000 bis 3000 (Bundesminister Dr. Preusker) DM denn anderes als eine verkappte Mieterhöhung in einem Umfange, wie sie bei einer echten Kostenmietenbindung in der Regel bei weitem nicht erreicht werden würde. Es kommt hinzu, daß zum zweiten das Volumen des sozialen Wohnungsbaus durch das bisherige System der starren Richtsatzmieten in wachsendem Maße beeinträchtigt worden ist und damit nicht d i e Verringerung des Wohnungsmangels eintreten konnte, die von sich aus den Druck auf das Mietenniveau hätte verstärken können. Es muß doch zu denken geben, wenn der Durchschnitt der öffentlichen Baudarlehen von 4 500 DM im Jahre 1951 auf 6 400 DM im Jahre 1953 und auf einen noch höheren Betrag zu Beginn des Jahres 1954 angestiegen ist, d. h. um über 50 % pro Wohnung, obwohl der Index der Baukosten in der gleichen Zeit um keine 10 % gestiegen, ja im letzten Jahr sogar wieder stark gesunken ist und auch die qualitative Verbesserung des sozialen Wohnungsbaus durchaus nicht eine solche Zunahme der öffentlichen Darlehen pro Wohnungseinheit gerechtfertigt hat. Diese recht eigenartige Entwicklung wird noch dadurch unterstrichen, daß im gleichen Zeitraum der Durchschnittsbetrag der erststelligen Hypotheken noch nicht einmal um 30 % zunehmen konnte, obwohl dank der gesteigerten Spartätigkeit im Bundesgebiet der Zustand des Jahres 1951, daß erste Hypotheken ein Schwarzmarktartikel ersten Ranges waren, erfreulicherweise längst überwunden werden konnte. Wieviel Wohnungen hätten wohl mehr gebaut werden können, wenn die öffentliche Hand nach dem bisherigen System nicht verpflichtet gewesen wäre, die öffentlichen Darlehen pro Wohnung jeweils so auszuweiten, daß die gesamte Richtsatzmietenberechnung formal aufging? Hierauf mag ein interessantes Schlaglicht ein Schreiben des niedersächsischen Innenministers vom 23. März 1954 werfen, in dem festgestellt wird, daß bei Stichproben — wohlgemerkt Stichproben — im Jahre 1953 allein in Niedersachsen 975 638,38 DM weniger an öffentlichen Darlehen und weitere 439 098,56 DM an Baukosten, zusammen also rund 1 1/2 Millionen DM hätten eingespart werden können, wenn es einen wirksamen Druck auf Baukosten und Höhe der öffentlichen Darlehen gegeben hätte. Der niedersächsische Innenminister, der sicher nicht im Sinne der Bundesregierung verdächtig ist, schreibt dazu: So zeigen sie — die preisrechtlichen Prüfungen — zum Beispiel, daß bei den Anträgen auf Gewährung staatlicher Zuschüsse die Gesamtkosten zum Teil von vornherein zu hoch angegeben werden, um die in den Finanzierungsplänen aufgeführten Eigenleistungen (Kapital und Arbeit) bei der Schlußabrechnung zu einem erheblichen Teil einzusparen. Das geschieht in nicht geringem Umfange auch bei den Bauten gemeinnütziger Wohnungsunternehmungen, die sich auf diese Weise für andere Zwecke verfügbare Mittel zu schaffen suchen. Eine der häufigsten Beobachtungen bei den preisrechtlichen Prüfungen im sozialen Wohnungsbau ist auch die, daß die Gewährung der staatlichen Beihilfen dazu benutzt wird, die Wohnungen über den Rahmen des sozialen Wohnungsbaues hinaus auszustatten. Hier kommen die öffentlichen Mittel zum Teil Bauherren zugute, die in der Lage wären, mit eigenem Kapital und regulären hypothekarischen Darlehen ohne verbilligte Landesmittel ihre Bauten durchzuführen. Es ist ein offenes Geheimnis, daß nur das bisherige System der starren Richtsatzmieten mit den variablen öffentlichen Baudarlehen nach dem Motto „Der Staat zahlt alles" die Herausbildung der sogenannten Koppelgeschäfte, der erheblichen Disagien bei der Bewilligung erststelliger Hypotheken, kurzum der Zementierung der Kapitalzinssätze für erste Hypotheken auf einem nach der Kapitalmarktlage nicht mehr gerechtfertigten Niveau in besonderem Maße Vorschub geleistet hat. Alle Vertreter der Kapitalsammelstellen, die Leitung der Bank deutscher Länder und nicht zuletzt die Bundesminister für Wirtschaft, Finanzen und für Wohnungsbau stimmen darin überein, daß die Aufgabe des bisherigen schädlichen Systems der starren Richtsatzmieten und der Übergang zur Bindung an die individuellen Kostenmieten innerhalb eines Jahres eine Senkung der effektiven Zinsbelastung um etwa 1 % zur Folge haben wird. Daß dies nicht eine vage Vermutung ist, beweist bereits die lediglich auf Grund der Sparentwicklung zustande gekommene Entwicklung der letzten Monate, in denen die Emissionskurse für soziale Pfandbriefe laufend, zuletzt auf 95 %, heraufgesetzt werden konnten, womit gleichzeitig beispielsweise der Typ des neben dem 5%igen Sozialpfandbrief emittierten 5 1/2 %igen Sozialpfandbriefes uninteressant geworden ist. Was aber eine Zinssenkung um 1 % für die Entwicklung der Kostenmieten des sozialen Wohnungsbaus bedeutet, mag ein weiteres Zahlenbeispiel dartun. Wenn eine Wohnung mit einer erststelligen Hypothek von 5000 DM zu effektiv 7,5 % finanziert werden muß, so bedeutet das eine jährliche Zinsbelastung von 375 DM. Wenn die gleiche Hypothek von 5000 DM zu 6,5 % effektiver Zinsbelastung zu erhalten ist, so sinkt die Zinsbelastung auf 325 DM oder die Miete um 4,17 DM pro Monat; das bedeutet im Schnitt des sozialen Wohnungsbaus die Möglichkeit zu einer Ermäßigung der Mieten um 10 %. Da die öffentlichen Darlehen, wenn auch zukünftig als Festdarlehen, etwa im bisherigen Ausmaß weiter gewährt werden und die übrigen Bewirtschaftungs- und Instandsetzungskosten der sozialen Neubauwohnungen über die Kosten und Berechnungsverordnung preisgebunden bleiben, wird sich also der Übergang von der starren Richtsatzmiete zur Kostenmiete in dem Sinne einer Verbilligung und nicht etwa einer Verteuerung der gesamten Mieten — hervorgerufen durch die sicher zu erwartende Zinsverbilligung der zinsempfindlich gewordenen ersten Hypotheken und der nicht mehr auf die öffentliche Hand abzuwälzenden unterlassenen Rationalisierung des gesamten Baugeschehens — auswirken. Selbstverständlich kann dann an die Stelle der Verbilligung ebenso auch die qualitative Verbesserung der Wohnungen auf Grund einer erhöhten Ausschöpfung der Möglichkeiten des Kapitalmarktes treten; hierbei soll insbesondere das Instrument der bund- und länderverbürgten I-b-Hypothek, die dann wohl in weitgehendem Maße zu günstigen Bedingungen von den Sozialversicherungsträgern zu gewähren sein wird, mitwirken. Dies soll vor allem durch die Schaffung eines Bürgschaftsplafonds von 500 Millionen DM für den Bund und von bis zu 500 Millionen DM für die Länder, zusammen also bis zu 1 Milliarde DM in dem Regierungsentwurf ermöglicht werden. Auch (Bundesminister Dr. Preusker) die qualitative Verbesserung des Wohnungsbaus zu gleichen Mietbedingungen wie die erhöhte Ausschöpfung der verstärkten Spartätigkeit ist eine Entwicklung, die im Sinne der Politik der Bundesregierung liegt. Zu gleichen Mietbedingungen sind dann wesentlich bessere, familiengerechtere Wohnungen zu erhalten. Die bisherige Prämiierung der Zwergwohnung wird dann endlich wirksam unterbunden. Es darf nicht zuletzt noch darauf hingewiesen werden, daß eine wirksame Eigentumsförderung, insbesondere eine echte Konkurrenz um die beste Wohnform und die bessere Qualität der Wohnung ohne diesen Übergang zur individuellen Kostenmietenbindung gar nicht denkbar ist, daß ohne diesen Schritt ebensowenig die echte Verbilligung der Wohnungen für die sozial schwächeren Schichten unserer Bevölkerung erhofft werden kann. Es soll auch nicht außer acht gelassen werden, daß endlich durch diese nur im sozialen Interesse liegende prinzipielle Umstellung eine weitgehende Vereinfachung des gesamten Bewilligungs- und Formularwesens herbeigeführt wird. Schließlich soll von den wesentlichen Neuregelungen des Regierungsentwurfs noch die langfristige Sicherung der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus mit öffentlichen Förderungsmitteln über den bisher vorgesehenen Endtermin des Jahres 1956 hinaus, wie sie die Änderung des § 14 des Ersten Wohnungsbaugesetzes vorsieht, hervorgehoben werden. Danach wird auch noch für das Jahr 1957 der gleiche Betrag von 500 Millionen DM an Wohnbauförderungsmitteln des Bundes für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag soll sich sodann in den darauf folgenden Jahren um je 50 Millionen DM unter Einrechnung der Rückflüsse vermindern, wobei davon ausgegangen werden darf, daß diese allmähliche, bis etwa zum Jahre 1963/64 laufende Reduzierung nicht nur im Gleichtakt mit der Überwindung der letzten Reste des Wohnungsdefizits bleibt, sondern darüber hinaus infolge der zu erwartenden Zinssenkung am freien Kapitalmarkt und der Entwicklung der bund- und länderverbürgten I-b-Hypotheken trotzdem zu gleichen Mietbedingungen das Volumen des sozialen Wohnungsbaus auf der gegenwärtigen Rekordhöhe gehalten werden kann. Die Bundesregierung möchte überdies mit dieser langfristigen Verpflichtung des Bundes zugunsten des sozialen Wohnungsbaues den einzelnen Bauherren und Bauwilligen eine Sicherung für ihre eigenen Anstrengungen geben, Gemeinden und Ländern die notwendige Rückendeckung für den Entschluß zur Vorfinanzierung zusätzlicher Wohnbauprojekte im Interesse der schnelleren Überwindung der Wohnungsnot verschaffen und obendrein noch die Wirkung auslösen, daß sich jeder einzelne auszurechnen vermag, daß er um so eher und sicherer mit höheren zinslosen oder zinsverbilligten Baudarlehen zum Zuge kommt, je schneller er sich zum Bauen entschließt. Es würde in diesem Zusammenhang zu weit führen, wenn auch noch auf die zahlreichen weiteren Neuerungen oder Verbesserungen des Regierungsentwurfs eingegangen würde. Ich darf die Damen und Herren bitten, sich deswegen vielleicht einmal mit der Lektüre der Begründung des Regierungsentwurfs zu beschäftigen, aus der Sie die weiteren Änderungen zugunsten der Beschaffung von Bauland, der Vergünstigungen für das Freibauen oder für die Freistellung des Wohnungstauschs wie ferner die Verstärkung der Verfügbarkeit über Einliegerwohnungen für wachsende Familien usw. entnehmen können. Ich darf nur noch abschließend zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates Stellung nehmen, soweit sie bisher noch nicht berührt wurden. Sie betreffen im wesentlichen redaktionelle Verbesserungen, denen sich die Bundesregierung im Prinzip angeschlossen hat. Einige Änderungen wollen die neuen finanziellen Leistungen und Anreize, die der Bund in seinem Regierungsentwurf zugunsten der allgemeinen oder der Eigentumsförderung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues gewährt, noch weiter ausdehnen. Die Bundesregierung hat diesen Änderungsanträgen zu ihrem Bedauern widersprechen müssen, da sie nach nochmaliger Überprüfung dieser Vorschläge feststellen muß, daß sie tatsächlich bis an die äußerste Grenze des Möglichen gegangen ist. Soweit der Bundesrat Bedenken gegen die besondere Förderung der Eigentumsmaßnahmen im sozialen Wohnungsbau über die Ablehnung des § 30 c hinaus vorgetragen hat, hat die Bundesregierung ebenfalls aus grundsätzlichen wohnungspolitischen und allgemein politischen Erwägungen sich nicht in der Lage gesehen, diesen Bedenken Rechnung zu tragen. Sie begrüßt aber die Bereitschaft des Bundesrates, in den Beratungen des zuständigen Bundestagsausschusses aktiv an der Neugestaltung der Wohnungsbaupolitik und Wohnungsbaugesetzgebung des Bundes mitzuwirken, und hofft, daß sich hier doch noch im Sinne der Konzeption der Bundesregierung bis zum Abschluß der Beratungen eine Übereinstimmung erzielen läßt. Die Bundesregierung wird auch die weiteren gesetzgeberischen Teile der von ihr für notwendig erachteten wohnungswirtschaftlichen Gesamtreform so bald wie möglich dem Bundestag zuleiten. Als nächstes wird der Entwurf eines Ersten Bundesmieten- und Mietbeihilfengesetzes eingebracht werden. Auch dieser Entwurf wird ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der möglichst schnellen Überwindung der Wohnungsnot stehen. Er strebt die Selbsterhaltungsfähigkeit des Wohnungsaltbestandes an, der über die Kriegszerstörungen gerettet werden konnte, damit die mit solchen Milliardenopferen an Steuermitteln hervorgebrachte Neubauleistung an sozialen Wohnungen tatsächlich in möglichst vollem Umfange der Minderung des Wohnungsfehlbestandes und nicht zu einem von Jahr zu Jahr wachsenden Teil lediglich dem Ersatz von wegen Unwirtschaftlichkeit verfallenden Altwohnungen zu dienen vermag. Die Bundesregierung wird dabei durch das Vorsehen von Mietbeihilfen dafür sorgen, daß sich diese im sozialen Gesamtinteresse notwendigen Maßnahmen nicht zu Lasten der sozial schwachen Schichten der Bevölkerung auswirken können, daß sie vielmehr dazu beitragen, den Zeitpunkt der Beendigung der öffentlichen Subventionierung des Wohnungsbaus und damit der Möglichkeit zu einer weiteren steuerlichen Entlastung oder weiteren Verbesserung der sozialen Leistungen noch eher zu erreichen, als dies im Augenblick möglich erscheint. Die Bestimmungen dieses Ersten Bundesmietengesetzes werden im übrigen eine Spekulation mit dem Gut Wohnung ebensowenig zulassen, wie die Bundesregierung dies bisher etwa mit dem täglichen Brot hat geschehen lassen. Sie werden lediglich dafür sorgen, daß im Interesse der Allgemeinheit das geschieht, was notwendig ist, um den weiteren Verfall und damit eine Minderung des (Bundesminister Dr. Preusker) Wohnungsbestandes und der Chancen beispielsweise für Bewohner von Bunkern, Baracken und sonstigen Notunterkünften, endlich auch zu einer gesunden Wohnung zu gelangen, zu verhindern. Die Bundesregierung wird ferner einen Entwurf zur Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes vorlegen, in dessen Mittelpunkt bei der Errichtung von Wohnungen mit öffentlichen Förderungsmitteln auf Verlangen der Mieter die Übertragungsverpflichtung zu Eigentum stehen wird. Sie wird schließlich noch in diesem Jahr dem Bundestag den Entwurf eines Bundesbaugesetzes und insbesondere einer Neuregelung des Bodenbewertungsrechtes zur Ablösung des Baulandbeschaffungsgesetzes zuleiten, nachdem nunmehr endlich mit Datum vom 16. Juni 1954 der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes der Bundesregierung ein positives Gutachten über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Bundesbaugesetzes übersandt hat. Mit der Gesamtheit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden gesetzgeberischen Maßnahmen werden noch in diesem Jahr die wesentlichsten Teile des Reformwerks der Bundesregierung zur Gesundung der deutschen Wohnungswirtschaft und der schnelleren Überwindung der Wohnungsnot den Damen und Herren des Hohen Hauses und der deutschen Öffentlichkeit vorliegen. Nach den bisher in der Richtung dieser Reformmaßnahmen eingeleiteten Schritten, wie sie insbesondere in der Änderung der Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau vom 28. 1. 1954 zum Ausdruck gekommen sind, darf die Bundesregierung darauf hinweisen, daß ihre Hoffnungen auf eine weitere Steigerung der Rekordbauleistung des Jahres 1953 in Höhe von 515 000 Wohnungen durchaus berechtigt sind. Wenn die Witterungsverhältnisse gegen Ende dieses Jahres annähernd so günstig sein werden, wie dies im vergangenen Jahr der Fall war, darf sogar mit einer nochmaligen Überschreitung des vorjährigen Rekordergebnisses gerechnet werden. Damit sich für die Beseitigung des sozialen und des politischen Problems Nr. 1 in Deutschland diese Entwicklung fortsetzen möge, richtet die Bundesregierung an den Bundestag nunmehr die Bitte, diesen Entwurf des Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes noch so rechtzeitig zu verabschieden, daß er das Baugeschehen des Jahres 1955 zu gestalten vermag.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Johannes-Helmut Strosche


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (GB/BHE)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An den Beratungen und Verhandlungen in diesem Hohen Hause in den Jahren 1951 und 1952 über die Frage der Entschädigung derjenigen Personen, die infolge des Ausbaues des Hohenfelser Truppenübungsplatzes geschädigt worden sind, habe ich zwar nicht teilgenommen, habe jedoch die Probleme dieses Notstandsgebietes als Landtagsabgeordneter der nördlichen Oberpfalz auf Landesebene sehr genau kennengelernt. Ich weiß aus eigener Anschauung, daß es tatsächlich ein Notstandsgebiet ganz besonderen Charakters ist, das, wie ich meinen möchte, auch einer besonderen Fürsorge bedarf. Dabei müssen vielleicht auch spezielle Maßnahmen ergriffen werden. Die vielen Anfragen, die vielen Besprechungen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Hans Ehard, die vielen Eingaben und Petitionen, die beim Petitionsausschuß des bayerischen Landtags eingegangen sind, haben deutlich gezeigt, daß in der strukturell und sozial an und für sich schon schlecht gestellten Oberpfalz große Notstände bestehen. Das Gebiet bedarf deshalb, wie ich schon gesagt habe, der besonderen staatlichen Fürsorge.
    Eine Seite der Sache — ich betone, nur eine — ist heute angesprochen worden; aber es ist eine, wie ich glaube, nicht unwichtige. Sie ist auch nicht ganz ohne psychologische Bedeutung bezüglich unserer Außenpolitik und unseres Verhältnisses zur Besatzungsmacht. Das sollten wir nicht vergessen! Wenn Sie nämlich mit den Menschen, die die in diesem Notstand am Rande des Truppenübungsplatzes leben, sprechen, werden Sie sehen, daß dort nicht eine solche Stimmung vorhanden ist, wie wir sie in unserem Verhältnis zu den Amerikanern und nach den Intentionen unserer Außenpolitik wünschten.
    Es handelt sich hier also um mittelbare Schäden. Der Herr Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, daß eine Entschädigung im Falle mittelbarer Schäden den ersten Schritt in ein Neuland bedeutete. Das ist zweifellos richtig. Aber ich glaube, daß man über alle formaljuristischen und fiskalischen Hemmungen hinweg einen solchen Schritt wagen sollte. Das haben meine sehr geschätzten Herren Vorredner bereits unterstrichen.
    Von dem sehr verehrten Herrn Kollegen Höhne ist zutreffend dargelegt worden, daß sich die amerikanische Beschlagnahme ganz anders ausgewirkt hat als die seinerzeitige deutsche. Das haben die Folgeerscheinungen gezeigt. Damals sind die wirtschaftlichen Schädigungen geringfügig gewesen, ja, es ist sogar mancher wirtschaftliche Nutzen daraus erwachsen. Dagegen ist durch statistische Erhebungen der Regensburger Handelskammer festgestellt, daß jetzt der Umsatz um ungefähr 50 bis 70%, zum Teil bis 80% gefallen ist. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die in diesem Gebiet schon immer vorhanden gewesen sind, sind infolge der Nähe der Grenze, infolge des Zustroms von Heimatvertriebenen, mit einem Wort, infolge des Verlustes des wirtschaftlichen Hinterlands gesteigert worden. Auch die allgemeine Struktur der Bevölkerung ist infolge der Grundstücksverluste der Landwirte weiter negativ verändert worden. Es ist dort tatsächlich so schlimm bestellt, und ich möchte die Bitte unterstützen, daß man dieses Gebiet einmal daraufhin besichtigt, und zwar mit offenen Augen. Als ich das erste Mal hinkam — ich sage Ihnen das ehrlich —, da habe ich das Gefühl gehabt, ich bin irgendwo hinter BrestLitowsk. Geradezu armselig das ganze Gebiet und so ärmlich die Menschen! Diese Menschen sind noch zusätzlich von den Folgeerscheinungen, die der Truppenübungsplatz mit sich gebracht hat, betroffen, so daß man wirklich sagen kann: es ist ein Notstandsgebiet. Um so trauriger ist es, daß dieses Gebiet zum Teil nicht unter die Klassifikation des Notstandsgebietes fällt, ein Beweis dafür, daß die Maßstäbe und Klassifizierungsmethoden, die wir anwenden, etwas stur und nicht wirklichkeitsnah sind. Auch anläßlich der Debatte über die Notstandsgebiete haben wir die Forderung erhoben, daß wir endlich einmal einen Schlüssel er-entscheidenden Notstandsmerkmalen gerecht wird. mitteln, der beweglich ist und der tatsächlich den
    Ländersache — Bundesangelegenheit? Der Herr Bundesfinanzminister hat dieses so übliche, leidige Schwarze-Peter-Spiel natürlich auch hier anführen müssen. Zweifellos hat Bayern manches unternommen und auch manches zusätzlich getan. Es wäre aber doch notwendig, daß der Bund hier mit beispringt, zumal es sich um Kriegsfolgelasten handelt, vor allem aber um Menschen, was wir nicht vergessen sollten, kleine Handwerker und Gewerbebetriebe, insbesondere auch um Heimatverjagte, die mit staatlicher Hilfe wieder eine kleine selbständige Existenz gefunden haben. Wir haben also in der einen Richtung Geld, Steuergeld, und staatliche Hilfe eingesetzt, auf der anderen Seite droht das Gewagte und Begonnene wiederum zusammenzubrechen. Dabei muß es uns doch allen


    (Dr. Strosche)

    am Herzen liegen, gerade die Eigentumsbildung
    und -erhaltung des Mittelstandes zu gewährleisten.
    Der Weg zur Hilfe — der Herr Bundesfinanzminister hat uns leider enttäuscht und uns mancher Hoffnungen beraubt - ist im Augenblick nicht abzusehen. Aber ich möchte eines sagen, verehrter Herr Bundesfinanzminister: ich glaube, man kann nicht sagen, und zwar etwas formell sagen, daß es sich hier einfach um Umsiedlung von Kunden handelt und daß die Wirtschaft daher dieses allgemeine wirtschaftliche Risiko verkraften muß. Denn hier handelt es sich ja nicht um ein normales Abwandern von Kunden, sondern um einen gewaltsamen Eingriff in die wirtschaftliche Struktur dieses Gebietes, und solche gewaltsame, ich möchte sagen, operative Eingriffe bedürfen auch besonderer Heilungsmethoden, damit diese Wunde geschlossen wird. Herr Kollege Höhne hat richtig gesagt: der Gesamtnotstand dieser Gegend ist auch im Verhältnis zu anderen Notstandsgebieten so groß, daß auch die kleinste weitere Einzelverschlechterung nicht mehr erträglich ist. Es handelt sich um einen außerordentlichen Notstand, der mit dem auf anderen Truppenübungsplätzen nicht verglichen werden kann, und — ich glaube, darin sind wir alle, die wir diese Anfrage unterzeichnet haben, uns einig — er erfordert außerordentliche Maßnahmen. Ich bitte mit den beiden Vorrednern, insbesondere mit Herrn Kollegen Höhne, den Herrn Finanzminister, entweder auf Grund einer eigenen Besichtigung oder auf Grund einer Besichtigung durch den zuständigen Herrn seines Ministeriums doch noch nach Mitteln und Wesen Ausschau zu halten, die diesem besonders in Not geratenen Gebiet eine gewisse Hilfe zu gewähren vermögen.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Bausch.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Paul Bausch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage, die heute hier zur Debatte steht, bezieht sich in erster Linie auf den Truppenübungsplatz Hohenfels. Aber schon in der Aussprache ist mehrfach darauf hingewiesen worden, daß es abgesehen von den besonderen Verhältnissen auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels in der Bundesrepublik noch eine Zahl von Gemeinden und Städten gibt, die in ungewöhnlichem Ausmaß durch die Besatzung geschädigt sind, ohne bisher dafür einen angemessenen Ausgleich bekommen zu haben.
    Ich möchte mir erlauben, darauf hinzuweisen, daß — man kann diese Dinge immer am besten an der Hand eines Beispiels klarmachen — die bekannte württembergische Stadt Böblingen, eine Stadt mit etwa 15 000 Einwohnern, eine Besatzung in Höhe von 7000 Köpfen hat. Wenn Sie Klarheit darüber gewinnen wollen, was das bedeutet, so stellen Sie sich vor, eine große Stadt mit 300 000 Einwohnern hätte eine Besatzung von 150 000 Köpfen! Überlegen Sie dann weiter, welch enorme und unerträgliche Belastung es für diese Stadt bedeuten würde, wenn zu einer Zivilbevölkerung von 300 000 Köpfen noch eine Besatzung von 150 000 Köpfen hinzukäme! Genau so aber ist die Lage in der Stadt Böblingen, von der ich eben gesprochen habe. Diese Stadt ist außerordentlich belastet durch die Notwendigkeit, im Interesse der Besatzungsmacht ständig die Straßen zu erneuern,
    durch die Notwendigkeit, völlig neue Wasserleitungen einzurichten, zusätzliche teuere Kanalanlagen zu schaffen oder andere Maßnahmen durchzuführen.
    Ganz abgesehen davon und von dem Umstand, daß der Stadt dadurch zusätzlich Millionensummen an Lasten auferlegt worden sind, ergeben sich Schwierigkeiten daraus, daß die laufenden Finanzzuweisungen, die die Stadt zur Deckung ihrer Verwaltungskosten erhält, jeweils nach dem Kopfstand der Z i v il bevölkerung berechnet werden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Der durch den Zuwachs der Besatzungsangehörigen vergrößerte Kopfstand der Gesamtbevölkerung wird dabei überhaupt nicht berücksichtigt. Dabei wird die Verwaltung der Stadt in ganz außerordentlichem Maße durch die Anwesenheit der Besatzungstruppen belastet. Es wird das Standesamt belastet, es werden die Polizei oder das Stadtbauamt belastet, es werden sämtliche Verwaltungseinrichtungen der Stadt fortgesetzt zusätzlich belastet. Rund ein Drittel der Verwaltungskosten der Stadt gehen auf Konto der Besatzungstruppen. Die Stadt bekommt aber für diese außerordentlichen zusätzlichen Lasten keinen Pfennig.
    Zum Ausgleich der übrigen Lasten, die durch die Schaffung derjenigen Einrichtungen, von denen ich vorher gesprochen habe, entstanden sind, also Straßen-, Wasser- oder Kanalbauten, hat die Stadt dankenswerterweise — Herr Finanzminister, ich betone: dankenswerterweise — ein Darlehn des Bundes bekommen. Es hat jedoch nicht ausgereicht, alle Aufwendungen zu decken. Dieses Darlehn des Bundes aber muß innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Frist voll zurückgezahlt werden. Die Frist für die Rückzahlung beläuft sich auf zehn Jahre. In zehn Jahren muß diese Stadt das Darlehn voll zurückerstattet haben. Inzwischen muß sie den Zins dafür bezahlen. Per Saldo wird also der Stadt zugemutet, daß sie den gesamten zusätzlichen Aufwand für Besatzungskosten trägt und auf ihre Steuerzahler ablädt.
    Das ist ein Zustand, der einfach unmöglich ist und dessen Abstellung dringend notwendig ist. Ich möchte die Gelegenheit benützen, den anwesenden Herrn Finanzminister sehr dringlich — sehr dringlich — darum zu bitten, diesen Zustand doch einer erneuten sorgfältigen Prüfung zu unterziehen und zu überlegen, ob nicht Maßnahmen grundsätzlicher Art auch für andere Städte, die in ähnlicher Lage sind — es werden nicht allzu viele sein; man wird sie an den Fingern einer Hand abzählen können —, ergriffen werden können, um die Dinge so zu bereinigen, daß die Bewohner dieser Städte nicht in ungerechter und keineswegs vertretbarer Weise durch die Besatzungsmacht überbelastet werden.
    Ich habe mir erlaubt, den Antrag des Herrn Kollegen Kahn entsprechend zu formulieren, zu ergänzen und mit zu unterzeichnen.
    Für diesen Teil des Antrags schlage ich folgende Fassung vor:
    Der Bundestag wolle beschließen,
    die Bundesregierung zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß die durch Maßnahmen der Besatzungsmacht in ganz ungewöhnlichem Umfange geschädigten Städte und Gemeinden in angemessener Weise entschädigt werden.


    (Bausch)

    Das ist der Teil des Gesamtantrags — der Kollege Kahn wird ihn gleich begründen —, der sich auf die Fälle bezieht, die ich jetzt angesprochen habe.