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ID0203516500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1954 1631 35. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1633 C, 1648 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg Frau Wolff (Berlin) und Holla 1633 C Fragestunde (Drucksache 599): 1. Frage der Gleichberechtigung vom Malteserorden ausgestellter Ausweispapiere mit staatlichen Pässen: Zurückgestellt 1633 D 2. betr. Nachricht des „Daily Express" über Benutzung einer Denkschrift des Oberregierungsrats Dr. Sonnenhol als Grundlage für eine Diskussion im Außenpolitischen Ausschuß der FDP: Zurückgestellt 1633 D 3. betr. Vorhaltungen der Oberpostdirektion Bremen an einen Beschwerdeführer über Unterrichtung zweier Bundestagsabgeordneter und der Presse vor Abschluß der postalischen Ermittlungen: Hübner (FDP) 1633 D, 1634 B Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . . 1633 D, 1634 B, C 4. betr. Herausgabe örtlicher Fernsprechverzeichnisse: Hübner (FDP) 1634 C, D Dr. Balke, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 1634 C, D 5. betr. Äußerung des Bundesbahnrats Heinrich Schmücker in einer Beamtenversammlung in Alfeld über die Richter des Karlsruher Urteils: Dr. Greve (SPD) 1635 A, B, C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1635 A, C 6. betr. Planung und Bau von Bundesautobahnen: Dr. Leiske (CDU/CSU) 1635 C Dr. Seebohn, Bundesminister für Verkehr 1635 D 7. betr. Antrag der bundeseigenen Kurhessischen Bergbausiedlungsgenossenschaft in Sontra auf rückwirkende Mieterhöhung: Dr. Freidhof (SPD) . . . . 1636 A, 1637 A, B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1637 B 8. betr. Status der Bevölkerung der von schweizerischem Staatsgebiet umschlossenen Gemeinde Büsingen: Maier (Freiburg) (SPD) 1636 A, C Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1636 B, D 9. betr. Auslegung der Erklärung des Bundesministers der Finanzen in der 32. Sitzung über die Beteiligung von Organisationen an der Ausarbeitung der Rechtsverordnungen zum Bundesentschädigungsgesetz: Dr. Greve (SPD) 1636 D, 1637 C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1637 C 10. betr. Zulassung nicht ausgelasteter Besatzungszüge für deutsche Reisende: Kühlthau (CDU/CSU) 1636 D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1637 A 11. betr. Pressemeldungen über Anerkennung madjarischer Emigranten als deutsche Heimatvertriebene, Lastenausgleichsberechtigte bzw. Angehörige des unter Art. 131 fallenden Personenkreises: Dr. Rinke (CDU/CSU) . . . 1638 A, 1639 A Dr. Dr. Oberländer, Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte . . . . 1638 B, 1639 A 12. betr. Verschandelung des deutschen Landschaftsbildes durch Errichtung von Funk- und Fernsehtürmen und -gerüsten: Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . 1639 B, C, D Dr. Schrader, Bundesminister des Innern 1639 B, C, D 13. betr. Wiederaufbau der Hindenburgbrücke zwischen Bingen und Rüdesheim: Josten (CDU/CSU) . . . . 1639 D, 1640 B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1640 A, B 14. betr. Anerkennung des Personalausweises für Mitglieder der Beratenden Versammlung des Europarates als Paß: Dr. Mommer (SPD) 1640 C Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1640 C 15. betr. Verkehrsschwierigkeiten durch Ausfüllung von Zählkarten an Grenzübergangsstellen: Dr. Mommer (SPD) 1640 C Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1640 D 16. betr. Gutachten des Bundesfinanzhofes über die Nichtberechtigung der pharmazeutischen Industrie zum Bezug steuerbegünstigten Alkohols und Frage der Herabsetzung der Steuer auf Weingeist für medizinische Zwecke: Frau Meyer (Dortmund) (SPD) . . 1640 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1641 A 17. betr. Zoll für Rohstoffe zur Herstellung von Rheumamedikamenten: Frau Meyer (Dortmund) (SPD) . . 1641 B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1641 B 18. betr. Wiederzulassung der Gewichtsbezeichnung „Pfund": Griem (CDU/CSU) 1641 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundes- minister für Wirtschaft 1642 A 19. betr. Gliedertriebzug der Deutschen Bundesbahn: Brück (CDU/CSU) 1642 D 20. betr. Ablehnung des Versorgungsantrags eines früher in der russisch besetzten Zone Inhaftierten durch das Versorgungsamt Düsseldorf: Dr. Menzel (SPD). 1643 A Storch, Bundesminister für Arbeit 1643 A 21. betr. Überbringung von Grüßen der Bundesregierung an den Dritten Deutschen Studententag: Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 1643 B, D Strauß, Bundesminister für besondere Aufgaben . 1643 B, 1644 A 22. betr. Überbringung von Grüßen der Bundesregierung in einem überwiegend mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot drapierten Saal: Schmidt (Hamburg) (SPD) 1644 C Strauß, Bundesminister für besondere Aufgaben 1644 C 23. bis 27.: Wegen Fristablaufs der Fragestunde abgesetzt 1644 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Wahl der deutschen Mitglieder der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 634) 1644 C Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. „Vulkan"-Fall (Drucksache 315) 1645 A Dr. Greve (SPD), Anfragender 1645 A, 1653 A Dr. Schröder, Bundesminister des Innern 1648 D, 1656 C, 1663 D, 1666 B Präsident D. Dr. Ehlers 1653 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . . 1657 D Euler (FDP) 1659 B Dr. Mocker (GB/BHE) 1660 A Dr. Arndt (SPD) 1661 A Neumayer, Bundesminister der Justiz 1665 C Dr. Maier (Stuttgart) (FDP) 1665 D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Verbesserung der Produktivität in der Landwirtschaft (Drucksache 405) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft (Drucksache 448) 1666 D Mauk (FDP), Antragsteller 1667 A Lücker (München) (CDU/CSU), Antragsteller 1670 C Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1674 B Kriedemann (SPD) 1676 B Kunz (Schwalbach) (GB/BHE) . . . 1681 B Fassbender (FDP) 1682 D Struve (CDU/CSU) 1684 C Dannemann (FDP) 1686 D Weiterberatung vertagt 1688 D Nächste Sitzung 1689 C Berichtigungen zum Stenographischen Be- richt der 28. Sitzung 1689 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Berichtigungen zum Stenographischen Bericht der 28. Sitzung In der Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen ist zu lesen: Seite 1308 A Zeile 8 von unten: Dr. Leverkuehn Seite 1308 C Zeile 15: Schmidt-Wittmack: Abstimmung 1. I 2. entschuld. entschuld. Nein Nein
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Verdächtigung

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    des Abgeordneten Greve gegriffen hat. Denn damit wird der Sache in keiner Weise gedient. Jedenfalls objektiv ist es unrichtig, was insoweit erklärt worden ist. Wenn einer etwas aus Verfahren gesagt hat, die insoweit geheim sind, dann ist es jedenfalls nicht von seiten meines Parteifreundes Greve geschehen. Aber wir haben ja doch überhaupt schließlich im Bundestage die Öffentlichkeit und müssen uns über solche Dinge, die nun einmal zum Wohl und Wehe eines Rechtsstaats gehören, offen auseinandersetzen können. Dadurch unterscheiden wir uns glücklicherweise und Gott sei Dank von den Staaten und Ländern ohne ein Parlament. Also dieser mehr oder weniger offene oder verdeckte Vorwurf, der hier gegen Dr. Greve erhoben worden ist, entbehrt jeder Grundlage.
    Es hat auch keinen Sinn, Herr Kollege Friedensburg , wenn Sie uns nun die Dinge auf die parteipolitische Ebene bringen und etwas erzählen von Ländern, etwa vom Lande Niedersachsen, und ähnliches mehr. Das ist doch einfach keine Art der Diskussion und der Erörterung!

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    Wenn Sie glauben, in irgendeinem Lande etwas beanstanden zu müssen, dann, bitte, bringen Sie es vor den Landtag, wo es hingehört. Aber tun Sie doch uns das nicht an, daß Sie hier Angelegenheiten, die uns alle angehen und von denen wir glauben, daß Weise auf die parteipolitische Ebene bringen.
    Der Herr Bundesminister des Innern hat welter-hin im Verlaufe seiner Erörterungen Ausführungen gemacht, die doch einen Grund geben, solche Ausführungen hier zurückzuweisen. Herr Bundesminister Schröder, meiner Fraktion und mir ist bekannt, daß Sie für Ihr hohes Amt recht viel guten Willen mitbringen. Wir haben dafür wiederholt Beweise gesehen, und wir freuen uns darüber, daß Sie auch die Absicht haben, mit der Opposition entsprechend umzugehen. Aber um so mehr muß ¡bedauert werden, daß Sie manchmal, wenn Sie hier im Hause sprechen — früher als Abgeordneter und jetzt als Minister —, einen falschen Zungenschlag


    (Dr. Arndt)

    haben und sich zu Äußerungen versteigen, die dann sehr empörend und sehr aufreizend wirken. Ich habe jetzt nicht das Stenogramm des vollen Wortlauts Ihrer Ausführungen da; aber so viel ist sicher, daß Sie erklärt haben, die Ausführungen, die Herr Dr. Greve in seiner Eigenschaft als Mitglied des Bundestages hier im Bundestag gemacht hat, würden der Bundesregierung Veranlassung geben zu Maßnahmen, und zwar auch zu der Prüfung, wie und auf welche Weise Herr Dr. Greve in den Besitz dieses oder jenes Schriftstückes gekommen ist, z. B. eines Haftbefehls,

    (Zuruf von der SPD: Er ist der Verfassungsminister!)

    der in einem dieser Verfahren ergangen ist. Herr Bundesminister, das Wort „Maßnahmen" hätte in diesem Zusammenhang nicht fallen dürfen. Wenn es fiel und wenn Sie die berechtigte Empörung darüber sahen, so hätte Ihnen das alsbald Veranlassung geben sollen, klarzustellen, daß nicht etwa irgendwie an Maßnahmen auch nur im entferntesten gedacht sein konnte, die sich gegen den Abgeordneten richten würden, der hier in diesem Hause Ausführungen gemacht hat. Ich darf erwarten, daß Sie noch in dieser Debatte Gelegenheit nehmen werden, das mit aller Klarheit dem Hause zu sagen. Denn Maßnahmen gegen einen Abgeordneten gibt es nicht,

    (lebhafter Beifall bei der SPD)

    am allerwenigsten von der Regierung aus.
    Im übrigen muß ich noch darauf hinweisen, was das Grundgesetz über die Stellung eines Bundestagsabgeordneten sagt.

    (Zurufe in der Mitte und rechts.)

    — Ich fürchte, daß nicht alle Mitglieder des Hohen Hauses es gelesen haben, so daß es doch ganz gut ist, daran zu erinnern. In Art. 46 wird erklärt, daß gegen einen Abgeordneten zu keiner Zeit wegen einer Äußerung gerichtlich oder dienstlich vorgegangen werden darf oder er sonst zur Verantwortung gezogen werden soll. Art. 47 ist noch sehr viel wesentlicher. Da ist das Geheimnis des Abgeordneten geschützt, und zwar auch das Geheimnis, woher er unterrichtet wird oder etwas an Schriftstücken bekommt. Das sollte man nie antasten, und man sollte vor allen Dingen in keiner Weise hier auch nur eine Verdächtigung aussprechen, als ob das, was ein Abgeordneter in der Hand hat und worüber er spricht, schon deshalb irgendwie nicht einwandfrei sei. Herr Bundesminister des Innern, ich hoffe, daß Sie meine Ausführungen zum Anlaß nehmen werden, alsbald von dieser Stelle aus zu sagen, daß auch nach Ihrer Auffassung mit Mitgliedern dieses Hauses und mit Interpellanten so nicht gesprochen werden kann, wie es leider von Ihnen geschehen ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun noch ein letztes Wort dazu. Sie haben von der hohen Meinung gesprochen, die Sie von der richterlichen Unabhängigkeit hegen. Da werden Sie unsern vollen Beifall haben. Es ist bestimmt eine heikle Angelegenheit, Fragen eines gerichtlichen Verfahrens zum Gegenstand einer Aussprache im Bundestag zu machen. Wir haben im ersten Bundestag damit schon gewisse Schwierigkeiten gehabt. Aber auch die Achtung und die notwendige Rücksicht auf dieses Palladium der Rechtspflege, ihre Unabhängigkeit, kann nicht ausschließen, daß insbesondere nach dem rechtskräftigen Abschluß eines Verfahrens Fragen zur Sprache gebracht werden, die sich aus einem solchen Verfahren ergeben haben und die Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit dieses Verfahrens erwecken müssen. Dabei ist hier kein Richter namentlich oder auch kein Gericht als solches angegriffen worden, sondern es ist versucht worden, die Aufmerksamkeit des für die Rechtspflege zuständigen Herrn Bundesministers der Justiz auf Vorgänge zu lenken, die sich in einem bestimmten Verfahren dieser Art abgespielt haben. Ich glaube, daß man das bei aller Achtung vor der richterlichen Unabhängigkeit nicht nur tun kann, sondern auch tun muß.

    (Beifall bei der SPD.)

    Denn es gibt in unserer Verfassung sowohl die richterliche Unabhängigkeit als auch das Wächteramt des Abgeordneten,

    (lebhafter Beifall bei der SPD)

    der darüber zu wachen hat, daß nicht auf dem Wege, den das Gesetz geordnet hat, um Unrecht zu sühnen, neues und andersartiges Unrecht geschieht.
    Dies allein ist in dem ganzen Fall „Vulkan" unser Anliegen. Man will nicht irgendwie daran herummäkeln, daß selbstverständlich alles getan wird, um Menschen vor Gericht zu bringen, die unseren demokratischen Staat zu unterwühlen versucht haben. Das stand nicht zur Debatte. Zur Debatte stand aber, daß in einem Fall, wo es darum ging, daß Recht geschehen mußte und geschehen sollte, nach unserer Überzeugung von Instanzen der Verwaltung, der Exekutive ein Unrecht hinzu- gefügt worden ist, das nicht bestehenbleiben darf.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

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    Rede von Dr. Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Bedeutung der Sache rechtfertigt es, daß ich noch einmal das Wort nehme. Herr Kollege Dr. Arndt hat darauf verwiesen, daß seine Fraktion vier Fragen gestellt habe und wir hier eigentlich nur über die vier Fragen sprechen sollten. Eine Debatte wie diese — Herrn Dr. Greves Ausführungen belegen es ja — läßt sich nicht immer nur im Rahmen der strikt formellen Beantwortung halten.

    (Abg. Dr. Friedensburg: Sehr richtig!)

    Ich hatte eingangs meiner Ausführungen gesagt, daß diese ganze Angelegenheit, die nun den Namen „Vulkan" trägt, doch so wichtig ist, daß die ganze deutsche Öffentlichkeit und in erster Linie das Hohe Haus einen Anspruch darauf haben, darüber so umfassend wie möglich aufgeklärt zu werden. Niemand wird das, glaube ich, zum Anlaß eines Vorwurfs nehmen. Soviel zu Punkt 1.
    Zum Punkt 2 darf ich folgendes feststellen. Es ist gesagt worden, die Namensverwechslung hätte nicht dazu führen dürfen, den Betreffenden etwa 14 Tage in Haft zu halten. Dies ist keineswegs der Fall gewesen.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    — Nein, Sie irren sich! Herr Becker ist nicht 14 Tage in Haft gewesen, sondern er ist nur von der Polizei mit diesem Haftbefehl besucht worden. Nach seiner Erklärung: „Ich bin das überhaupt nicht" wurde ihm gesagt: „Halten Sie sich bitte


    (Bundesminister Dr. Schröder)

    zur Verfügung". Dann ist schließlich der richtige Becker verhaftet worden.
    Was die Ehrenerklärung angeht, haben Sie, Herr Kollege Dr. Arndt, bedauert, daß die Bundesregierung ihre Absicht erst heute, wie das unter Ziffer 3 erörtert worden ist, dargelegt habe. Ich darf Ihnen sagen, daß wir intern den Beteiligten gegenüber längst ähnliche schriftliche Erklärungen abgegeben haben. Warum wir es hier im Hohen Hause nicht eher tun konnten, habe ich schon eingangs an Hand der etwas schwierigen Vorgeschichte der Behandlung dieser Großen Anfrage dargelegt.

    (Vizepräsident Dr. Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Ich darf Sie aber auch an etwas erinnern, was ich ebenfalls eingangs gesagt habe. Ich bin in der Tat der Meinung, daß man bei Vorfällen dieser Art, bei einem solchen Komplex, der nun schon seit eineinviertel Jahren in der Welt ist, früher zu dem Mittel der Regierungserklärung greifen sollte. Was mich angeht, werde ich das ohne Zweifel tun, weil ich es dem Hohen Hause gegenüber eigentlich auch für das praktikablere Verfahren halte, als daß wir uns mühselig an Große Anfragen anhängen, die manchmal in der Tat in ihrer einzelnen Formulierung überholt sind, bis sie hier zur Erörterung kommen. Wir haben das ja in der letzten Zeit häufig gemeinsam erlebt.
    Meine Damen und Herren, was Herr Kollege Dr. Arndt gesagt hat, läuft doch darauf hinaus, daß er etwas zugespitzt formuliert hat, man habe hier aus einem Kriminalfall Politik machen wollen. Ich kann nicht anerkennen, daß das so ist. Ich will nicht noch einmal im einzelnen darlegen, was ich bereits ausgeführt habe. Ich darf Sie aber doch darum bitten, diese Ausführungen und ihre Argumentation im einzelnen noch einmal daraufhin zu prüfen. Es kann Situationen geben — und dabei bleibe ich —, in denen es die staatspolitische Verantwortung — das ist weitgehend eine Frage pflichtgemäßen Ermessens — der Bundesregierung
    — oder es kann sich auch um eine andere Stelle handeln — unbedingt nahelegt, eine umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit vorzunehmen. Daß das mit aller menschenmöglichen Vorsicht und Zurückhaltung geschehen soll, darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig. Das ist ein Prinzip, das wir nicht weiter zu diskutieren brauchen.

    (Abg. Dr. Arndt: Es ist nur leider nicht so geschehen!)

    — Ich sage, ich bin der Meinung, Herr Kollege Arndt — das ergibt sich aus meiner Antwort zu den beiden ersten Ziffern —, daß hier in der Tat ein Fall vorlag, der so behandelt werden mußte. Das habe ich dargelegt.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Unsere Meinungen darüber mögen auseinandergehen. Mir ist es schon sehr viel wert, wenn wir uns bei vier Punkten wenigstens auf zwei definitiv einigen können. Das ist schon eine ganze Menge.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Sie werden im Ernst auch gar nicht abstreiten wollen, daß das doch erfreulich ist. Herr Kollege Arndt hat es doch geradezu herausgestellt, wie erfreulich es ist, wenn es Punkte gibt, über die man sich in einer solchen Sache, die öffentliches Aufsehen erregt hat, verständigen kann. Warum wollen Sie das hinterher wieder verkleinern? Ich bleibe dabei, daß ich das für erfreulich halte, und Herr Dr. Arndt hat es ja auch als erfreulich bezeichnet.
    Die Kontroverse zwischen Dr. Greve und mir haben Sie, Herr Dr. Arndt, nach meiner Meinung wenigstens, nicht richtig aufgefaßt. Ich will mich bemühen, klarzumachen, was ich in dieser Sache meine. Zunächst will ich einmal für das Hohe Haus, das diesen Fall nicht so genau kennt, klarstellen, daß die Sache Weis — das ist der Fall mit Haftbefehl usw., über den Herr Greve gesprochen hat — völlig getrennt von dieser Geschichte „Vulkan" ist. Wenn man sich darüber einig ist, dann wird man das, was ich jetzt sage, sehr viel besser verstehen. Das hat mit dieser Großen Anfrage also gar nichts zu tun, sondern es sind allgemeine kritische Bemerkungen gegenüber dem Oberbundesanwalt, gegenüber dem Bundesgericht usw.
    Dazu sage ich folgendes. Ich will das ganz deutlich machen. Diese Landesverratsverfahren sind Verfahren unter Ausschluß der Öffentlichkeit, und zwar in allen Ländern der Welt. Das ist ja nichts Besonderes, es sei denn da, wo Schauprozesse veranstaltet werden, und damit will ja keiner von uns etwas zu tun haben. An diesen Verfahren sind beteiligt die Anklagebehörde — hier also der Oberbundesanwalt —, ein Senat, bestehend aus mehreren Richtern, der Angeklagte — den ich nicht weiter zu erwähnen brauche — und sein Verteidiger oder seine Verteidiger. Das ist der Kreis von Menschen, auf den sich ein solches Verfahren beschränkt, ein Verfahren, das unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet.

    (Abg. Dr. Greve: Nein, das hat nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattgefunden!)

    — Nun gut, Herr Greve, wenn da noch ein Punkt sein sollte, so können wir uns darüber ja noch einmal außerhalb unterhalten; das ist für das Hohe Haus, für das, was ich prinzipiell meine, jetzt vielleicht nicht wichtig genug. Also ich spreche von einem solchen Verfahren, und Sie haben einen Haftbefehl aus einem solchen Verfahren vorgezeigt. Herr Kollege Arndt sagte, Sie hätten nur von Haftbefehl und Eröffnungsbeschluß gesprochen. Das ist nicht richtig. Sie haben von mehr, von Quittungen und dergleichen gesprochen usw. Sie sind also ohne Zweifel in ein Stück der Beweisaufnahme des Verfahrens hineingegangen. Daß das etwas ist, was der Bundesregierung im einzelnen Anlaß zu einer sehr sorgfältigen Prüfung geben wird, wird niemand bestreiten. Denn ein Verfahren, das an sich als ein unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindendes rechtsstaatlich geordnetes Verfahren in dieser Weise bekannt wird, gibt einem Anlaß, zu prüfen, ob alle Geheimhaltungsvorschriften und dergleichen richtig gewahrt sind.

    (Abg. Dr. Greve: Sehen Sie, das ist es eben!)

    — Nein, nein! Das ist etwas ganz Korrektes! Es handelt sich hierbei nicht um Abgeordnete, sondern es geht um die Anklagebehörde, um die Gerichte.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir sind nun einmal mit Ihnen gemeinsam dafür verantwortlich, daß im Staat auch dort nach Recht und Gesetz gehandelt wird. Wenn ein Verfahren unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet, ist die Öffentlichkeit eben ausgeschlossen.


    (Bundesminister Dr. Schröder)

    Ich sagte auch bereits, die Ausführungen des Herrn Kollegen Greve würden uns möglicherweise Anlaß zu Maßnahmen geben. Herr Kollege Arndt hat — ich weiß nicht, ob Sie, Herr Kollege Greve, es selber auch getan haben — dieses Wort „Maßnahmen", wie aus seinem Vortrag hervorgeht, nicht richtig aufgefaßt. Es hätte keines Hinweises auf Art. 46 des Grundgesetzes, der bei dieser Gelegenheit dem Hohen Hause noch einmal vorgetragen worden ist, bedurft. Es ist völlig selbstverständlich — ich will das noch einmal wiederholen, nicht etwa als meine Meinung, sondern das steht da, das ist Verfassungsrecht —, daß ein Abgeordneter zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden darf. Das ist völlig selbstverständlich.
    Aber was Sie, Herr Kollege Greve, gesagt haben, gibt sicherlich Anlaß zu gewissen Maßnahmen. Ich mache mir z. B. Gedanken darüber, ob der Haftbefehl — ich habe ihn nicht in der Hand gehabt, Sie hatten ja den Vorzug, Sie hatten ihn in der Hand — tatsächlich in jeder Nuance strafprozessual richtig ist. Sollte sich herausstellen, daß er das nicht ist — das mag schon einmal vorkommen —, dann werden wir halt dafür sorgen. Das ist eigentlich nicht meine Sorge, das geht mehr meinen Kollegen der Justiz an.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Aber ich spreche hier etwas aus, was ohne Zweifel die Meinung der ganzen Bundesregierung ist; hängen Sie uns nicht an den Einzelheiten der Ressorts auf und verlangen Sie nicht, daß wir alle zu den Einzelheiten getrennt Stellung nehmen. Sie werden alle mit mir darin übereinstimmen, daß, wenn sich herausstellt, daß ein Haftbefehl nicht richtig oder unvollständig ausgestellt ist und etwas anderes als ein Versehen vorliegt, wie es Ihnen, mir und allen andern unterlaufen kann, eingegriffen werden muß. Im Grunde handelt es sich dabei nach meiner Meinung um Kenntnisse, die man spätestens bis zum Assessor-Examen erworben haben muß. Aber man kann manches vergessen und man kann sich selbst mit erworbenen guten Kenntnissen einmal irren. Daß wir hier unter Umständen Maßnahmen ergreifen könnten und müßten, ist ganz selbstverständlich. Außerdem ist es unseres Amtes, das zu tun, und niemand von Ihnen wird das bestreiten wollen.

    (Abg. Dr. Greve: Das haben Sie gut hingekriegt!)

    — Nun, ich bin dafür da, die Dinge „gut hinzukriegen", Herr Kollege Greve. Dafür trägt die Regierung die Verantwortung in diesen Sachen. Unsere Aufgabe ist es — ich betone es immer wieder, daraus möchte ich Sie auch nicht einen Augenblick entlassen —, die Dinge gemeinsam „gut hinzukriegen"; der Ausdruck stammt von Ihnen, nicht von mir.
    Ich möchte schließen, indem ich folgendes sage. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Fall Vulkan rechtsstaatlich ordnungsgemäß behandelt worden, und er wird mit den Maßnahmen, die ich zu Ziffer 3 und 4 genannt habe, auch rechtsstaatlich abgeschlossen werden. Das ist alles. Den Fall Weis will ich aus der weiteren Behandlung herauslassen. Aber ich glaube, wir sollten doch positiv und als etwas Gemeinsames feststellen, daß die
    Unabhängigkeit der Gerichte, die hier so beiläufig in die Debatte geraten ist, ein Anliegen darstellt, das jeder in diesem Hause gleich hoch hält.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)