Rede von
August-Martin
Euler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, das ganze Haus hat Anlaß, dem Herrn Bundesinnenminister für die außerordentlich subtile Darlegung des Falles zu danken, der in der Öffentlichkeit auf den Namen „Vulkan" getauft wurde. Diese Ausführungen werden ihren Eindruck gerade auch bei den Damen und Herren der sozialdemokratischen Opposition nicht verfehlt haben. Denn was machen diese Darlegungen allerdings klar? Sie machen doch der ganzen Öffentlichkeit klar, daß bisher in der Beurteilung des Falles „Vulkan" von falschen Grundlagen ausgegangen wurde.
Die öffentliche Beurteilung des Falles „Vulkan" hatte bisher völlig andere Wertakzente, als sie nach den heutigen Darlegungen des Innenministers angebracht sind. Ich möchte sagen, gerade das, was der Herr Innenminister über die Tatbestandsmerkmale bei den verschiedenen Gruppen der Beschuldigten sagte, zeigt, daß wir hier einen Rechtsstaat haben, in dem sich die sorgfältigste Prüfung in Fällen durchsetzt, in denen nach der Beurteilungsweise in der sowjetischen Diktatur, wie wir sie in Mitteldeutschland haben, ohne weiteres Zuchthausstrafen von 15 bis 20 Jahren verhängt würden.
Über diesen Unterschied sollte man die Öffentlichkeit nicht hinwegzutäuschen suchen, sondern gerade an Hand der völlig unterschiedlichen Behandlungsweise der Fälle hier gegenüber der üblichen Behandlung in der Sowjetzone sich bewußt werden, daß wir mit Recht den Anspruch erheben, als Rechtsstaat gewertet zu werden.
Gerade die Kritik des Herrn Kollegen Dr. Greve hat aber auch nicht den mindestens Anlaß gegeben, die Sachlage anders zu beurteilen.
Im Gegenteil, was er an kleinlicher Kritik von Einzelheiten, die hier der Nachprüfung überhaupt nicht zugänglich sind, vorgetragen hat, war doch nicht anders zu werten als ein Rückzug aus Verlegenheit, nachdem er in der Hauptsache anerkennen mußte, daß die Darlegungen des Innenministeriums nicht angreifbar sind.
Was er zuletzt noch glaubte an Kritik gegenüber dem Beschluß der Bundesregierung vorbringen zu können, den der Herr Vizekanzler damals in der Öffentlichkeit nur ausgeführt hat, ist schon deshalb ungerechtfertigt, weil zum ersten nicht bestritten werden kann, daß die Bekanntgabe der Aktion und die Nennung der Namen damals nur aus der Erwägung hervorgegangen sind, ein weiteres Aufsehen und eine größere Personenkreise ergreifende Ungewißheit und Unsicherheit auszuschließen, gerade also um Aufbauschungstendenzen der Öffentlichkeit entgegenzuwirken. Zum zweiten ist die Bekanntgabe der Namen seinerzeit unter dem ausdrücklichen Hinweis erfolgt — der dann allerdings in der Presse vielfach verlorenging —, daß es sich nicht um die Nennung von Schuldigen, sondern lediglich um die Nennung von Beschuldigten handle, die einer Tat verdächtig seien. Daß das Zufassen damals richtig war, daß der Tatverdacht hinreichend konkret war, haben die Darlegungen des Herrn Bundesinnenministers, ich glaube, auf das allerwirksamste ergeben. Und so glaube ich abschließend sagen zu können, daß, wenn Herr Dr. Greve vorhin als das Ende der Aktion „Vulkan" bezeichnete, es sei lediglich ein Haufen Unrat übriggeblieben, wir zu dem Urteil befugt sind: der Haufen Unrat ist nur in dem Gehirn eines Abgeordneten vorhanden, der eine so überspitzte Kritik ausdrückt.