Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes . Dieser Regierungsentwurf sah folgende Lösung vor. Zunächst sollte der § 8 Abs. 4 des Genossenschaftsgesetzes beseitigt werden, d. h. es sollte von nun an den Konsumvereinen die Belieferung von Nichtmitgliedern offenstehen. Der § 2 dieses Gesetzentwurfs bestimmte die Aufhebung des § 5 des Rabattgesetzes. Nach § 5 des Rabattgesetzes durf-
ten Genossenschaften und Konsumvereine nicht mehr als 3 % Rückvergütungen auszahlen. Mit dem Regierungsentwurf sollte also der frühere Rechtszustand wiederhergestellt werden, wonach den Konsumvereinen die Höhe der Rückvergütung freigestellt wurde. Zum Ausgleich dafür sollte aber laut § 3 des Regierungsentwurfs der 3 % übersteigende Gewinn, der etwa in Form von Rückvergütungen ausgezahlt werden würde, als steuerpflichtiger Gewinn angesehen werden.
Demgegenüber haben nun die beiden hauptbeteiligten Ausschüsse, der 21. Ausschuß für Wirtschaftspolitik und der 24. Ausschuß für Sonderfragen des Mittelstandes, in einer gemeinsamen Sitzung eine andere Lösung vorgeschlagen. Ich will sie vorwegnehmen. Übereinstimmung mit dem Regierungsentwurf besteht in der Aufhebung des § 8 Abs. 4 des Genossenschaftsgesetzes, wonach den Konsumvereinen künftighin die Belieferung von Nichtmitgliedern gestattet werden soll.
Dagegen sollte in Abweichung von dem Regierungentwurf die Vorschrift beibehalten werden, daß es den Konsumvereinen nicht gestattet ist, Rückvergütungen an Mitglieder über 3 % ihres Umsatzes mit Mitgliedern auszuschütten. Dafür sollte der § 3 des Regierungsentwurfs, betreffend die Behandlung eines über die 3 % hinausgehenden Betrages an Rückvergütungen als steuerpflichtigen Gewinn, gestrichen werden.
Im einzelnen darf ich zu den Vorschlägen der beiden genannten Ausschüsse und des Rechtsausschusses folgendes vortragen. Art. I, Änderung des Genossenschaftsgesetzes, § 1 soll nach der Beschlußfassung der beiden Ausschüsse in der Form der Regierungsvorlage beibehalten werden. Dieser Paragraph bestimmt die Aufhebung des § 8 Abs. 4 des Genossenschaftsgesetzes und der Bestimmungen, die die Durchführung des Verbots des Nichtmitgliedergeschäfts sichern sollten; es sind die §§ 31, 152 und 153 des Genossenschaftsgesetzes.
Art. II, Änderung des Rabattgesetzes, soll nach den Empfehlungen der beiden Ausschüsse eine durch redaktionelle Änderungsvorschläge etwas modifizierte Fassung erhalten. § 2 soll — im Gegensatz zu der Zusammenstellung und dem Mündlichen Bericht, die Ihnen vorliegen — folgenden Wortlaut bekommen:
Soweit § 5 des Rabattgesetzes vom 25. November 1933 in einzelnen Ländern bereits außer Kraft getreten ist, wird in das Rabattgesetz folgender § 5 eingefügt:
§ 5
Warenrückvergütungen, die Genossenschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Genossenschaftsgesetzes (Konsumvereine) ihren Mitgliedern gewähren, dürfen zusammen mit Barzahlungsnachlässen im Geschäftsjahr 3 vom Hundert der mit den Mitgliedern erzielten Umsätze nicht übersteigen; Nichtmitgliedern dürfen Warenrückvergütungen nicht gewährt werden.
Es kommt nun ein zweiter Absatz hinzu:
Der Anspruch auf die Warenrückvergütung ist mit der Beschlußfassung über den Jahresabschluß fällig. Die Fälligkeit kann durch das Statut oder einen Beschluß der Generalversammlung nicht über sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres hinausgeschoben werden.
Es handelt sich hier im Vergleich zu der Ihnen vorliegenden Fassung nur um redaktionelle Verbesserungen, wenigstens ist das die Auffassung der beiden Ausschüsse gewesen. Infolgedessen empfehlen die beiden Ausschüsse die Fassung des § 2 Abs. 1 in diesen beiden Sätzen nach dem Vorschlage des Rechtsausschusses.
Abs. 2 des § 2 wird unverändert, wie er Ihnen vorliegt, vorgeschlagen, ebenso Abs. 3.
Nun hat aber der Rechtsausschuß auch noch einen vierten Absatz zu § 2 vorgeschlagen. Dieser vierte Absatz sieht vor, daß § 11 der Verordnung zur Durchführung des Rabattgesetzes vom 21. Februar 1934, Reichsgesetzblatt I Seite 120, soweit er in einzelnen Ländern noch gilt, aufgehoben wird. Diese Empfehlung des Rechtsausschusses ging nach Ansicht des Wirtschaftspolitischen Ausschusses und wohl auch des Ausschusses für Mittelstandsfragen über eine rein redaktionelle Änderung hinaus. Es handelt sich hier um eine Durchführungsverordnung, die heute nur noch in der britischen Zone und in Berlin gilt. Sie schreibt vor, daß Konsumvereine einen etwaigen die 3 %-Grenze der Rückvergütung übersteigenden Gewinn nur nach Maßgabe der Geschäftsanteile ausschütten dürfen, daß ferner der über die Rückvergütung hinaus errechnete Geschäftsanteil erst ausgezahlt werden darf, wenn das Mitglied seinen Geschäftsanteil voll eingezahlt hat, und daß entgegenstehende Satzungsbestimmungen unwirksam sind. Diese Bestimmung gilt, wie gesagt, heute nur noch in der britischen Zone und in Berlin. In allen übrigen Teilen der Bundesrepublik gilt dagegen wieder das bisherige Genossenschaftsgesetz, das es den Genossenschaften selbst überläßt, nach welchem Schlüssel sie ihre Gewinne an ihre Mitglieder verteilen wollen. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß schlägt nicht vor, diesen vom Rechtsausschuß empfohlenen Abs. 4 in den § 2 aufzunehmen. Das hat die Wirkung, daß dann, wenn der Gesetzesvorschlag so angenommen werden sollte, wie es die beiden Ausschüsse empfehlen, in einer Frage noch eine Rechtsungleichheit im Bundesgebiet übrigbleibt. Diese Rechtsungleichheit würde in dem Ihnen von den beiden Ausschüssen jetzt vorgeschlagenen Gesetze nicht beseitigt werden, sie würde noch weiterhin bestehen. Aber der Wirtschaftspolitische Ausschuß hat sich, wie gesagt, diesen Vorschlag, die Rechtsangleichung jetzt schon vorzunehmen, nicht zu eigen gemacht.
Wie ich schon erwähnte, empfehlen die beiden Ausschüsse nicht, den § 3 der Regierungsvorlage anzunehmen. Sie empfehlen vielmehr den Wegfall dieser Vorschrift. Sie besagt, daß die Konsumvereine in Zukunft beliebig hohe Rückvergütungen sollten ausschütten dürfen. Die beiden Ausschüsse dagegen empfehlen, die Rückvergütung, die ausgeschüttet werden darf, zu beschränken. Es handelt sich hier um den § 3 der Regierungsvorlage, der vorsieht, daß Rückvergütungen über 3 %, die die Genossenschaften an Mitglieder geben, insoweit nicht abgezogen werden dürfen bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz. Dieser § 3 wird überflüssig, wenn sich das Plenum dem Votum der beiden Ausschüsse anschließt, nämlich die Rückvergütung auf 3 % zu limitieren. Damit wird eine Bestimmung über die Behandlung etwa darüber hinausgehenden Gewinns ebenfalls überflüssig.
§ 4 betrifft die Geltung des Gesetzes auch in Berlin; er soll so bleiben, wie vorgesehen.
Zu § 5 empfehlen die beiden Ausschüsse eine Änderung dahin, daß dieses Gesetz am 1. Juli 1954 in Kraft tritt.
Außerdem liegen noch Entschließungen vor, die Ihnen zugegangen sind. Die erste, interfraktionelle Entschließung zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, die Frage zu prüfen, ob die Besteuerung von Einzelhandelsgeschäften und Konsumgenossenschaften Einseitigkeiten zugunsten der einen oder der anderen Seite aufweist, die mit dem Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit nicht in Einklang stehen. Über das Prüfungsergebnis ist den zuständigen Ausschüssen für Wirtschaftspolitik und für Sonderfragen des Mittelstandes zu berichten.
Eine weitere Entschließung ebenfalls aller Fraktionen dieses Hauses besagt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, das geltende Genossenschaftsrecht zu überprüfen. Die Vorarbeiten der Reform sind unverzüglich in Angriff zu nehmen. Ein Gesetzentwurf ist dem Bundestag bis zum 30. Juni 1956 vorzulegen; ein Zwischenbericht ist dem Bundestag bis zum 30. Juni 1955 zu erstatten.
Als Berichterstatter des Wirtschaftspolitischen Ausschusses empfehle ich im Namen dieses Ausschusses sowie des Ausschusses für Sonderfragen des Mittelstandes, das Gesetz in der Form, in der ich es Ihnen vorgetragen habe, anzunehmen.