Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon aus den Ausführungen des Herrn Berichterstatters, des Herrn Kollegen Hoogen, gehört, daß die Fortführung des Wirtschaftsstrafgesetzes erforderlich ist, daß also weiterhin ein Wirtschaftsstrafrecht aus einer Reihe von Gründen gebraucht wird. In den Beratungen der Ausschüsse — wenigstens soweit ich das für den Wirtschaftspolitischen Ausschuß sagen kann, und das klang ja auch in den Ausführungen des Herrn Kollegen Hoogen durch —konnte man doch feststellen, daß ein Bedürfnis besteht, hinsichtlich der Vorschriften, die der § 3 enthält, im Zusammenhang mit dem Kartellgesetz oder dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ergänzende Bestimmungen zu treffen. Ich darf in
*) Siehe Anlage 2.
diesem Zusammenhang sagen, daß das Gesetz, das uns hier vorliegt und für das wir die Wiederherstellung des § 3 in geänderter Form vorschlagen, doch ein Ergänzungsstück zu einem irgendwie zu denkenden Gesetz ist, nennen wir das dem Bundestag noch nicht vorliegende, aber vom Bundesrat verabschiedete Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Ich darf mich in diesem Zusammenhang sogar auf die Begründung beziehen, die die Regierung zu § 3 gegeben hat. Herr Hoogen hat außerdem auch gesagt, daß in der sozialen Marktwirtschaft unangemessene Preisforderungen durchaus vorkommen können. Die Regierung hat in ihrer Begründung festgestellt, daß die Prüfung, ob eine solche Vorschrift, wie sie in § 3 enthalten sein sollte, heute notwendig sei, ergeben habe, daß sie erforderlich sei, und zwar einfach deshalb, weil, wenn auf einzelnen Gebieten irgendwelche Engpässe vorübergehender Art auftreten würden, dort von uneinsichtigen Elementen volkswirtschaftlich ungerechtfertigte Preise gefordert werden könnten. So die Begründung der Regierung.
Der § 3 stellt nach Ansicht der Regierung einen ganz bestimmten Schutz zur Reinhaltung des Prinzips der sozialen Marktwirtschaft und der darin vorhandenen Marktform des Wettbewerbs dar. Sie sagt dann selbst weiter:
Ein solches
— eben gekennzeichnetes —
Verhalten widerspricht den Grundsätzen einer freien und sozialen Marktwirtschaft und kann nicht geduldet werden.
Ich glaube, uns allen liegt daran, die Unebenheiten, die möglicherweise auftreten können, zu beseitigen bzw. ihnen zu begegnen.
Nun war man sich im Ausschuß — und das war auch in unserer Fraktion der Fall — darüber klar gewesen, daß der alte § 19, der den Tatbestand der Preistreiberei und das Eingreifen der Behörden enthielt, zu einer Reihe von Unzuträglichkeiten geführt hat. Wir haben auch im Ausschuß unsere Bereitwilligkeit erklärt — und das ist auch unsere uneingeschränkte Auffassung —, diese Unzuträglichkeiten nicht weiter in einem neuen Gesetz zu verankern. Wir haben uns im Ausschuß soweit verständigt, daß ein Eingreifen der Behörden nur dann erfolgen solle, wenn ein öffentliches Interesse ein solches Eingreifen im Falle eines Verstoßes rechtfertigt. Damit wäre der Willkür, die von den Behörden zum Teil an den Tag gelegt und über die immer wieder geklagt worden ist, eine Schranke gesetzt. Man hätte damit die Möglichkeit, diese Unzuträglichkeiten auszuräumen.
Als weiteres Bedenken tauchte immer wieder auf, daß im Falle der Preisprüfung der einzelne, gerade zur Debatte stehende Preis genannt würde. Wir sind der Meinung, daß man getrost auf die gesamte Preisgestaltung des Unternehmens Rücksicht nehmen kann. Das haben wir in unserem Vorschlag auch verankert.
— Das wird ja die Prüfung ergeben können.
Meine Damen und Herren, wir haben darüber hinaus den Versuch gemacht — das ist auch schon im Ausschuß gesagt worden —, das Odium der Kriminalität damit von der Wirtschaft zu nehmen, daß die Verstöße nicht als Straftaten, sondern praktisch nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden sollen.
Es ist vielleicht ganz interessant, zu sehen, inwieweit man in der Vergangenheit zu praktischen Erfolgen gelangt ist. Ich habe vor mir eine Zusammenstellung der Ergebnisse preisrechtlicher Überprüfungen von Lieferungen an die Besatzungsmächte, die sich auf das Land Hessen beschränken. Da werden öffentliche Gelder verbraucht. Deshalb sollte man sich immerhin überlegen, daß man unangemessene Preise nicht dulden kann. Mit dem gegenwärtig geltenden Wucherparagraphen werden diese Dinge nicht erfaßt, denn er bezieht sich auf andere Tatbestände, auf die Tatbestände von weit überhöhten Preisen. Auch mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb kann hier nicht geholfen werden, weil dieses Tatbestände von Preisunterbietungen, also mit der Tendenz nach unten, zu treffen versucht.
Was hier an Preisüberhöhungen möglich ist, ist auch mit dem Schreiben des Wirtschaftsministers des Landes Baden-Württemberg sehr deutlich gemacht worden. Ich will mich aber nicht weiter darauf beziehen, sondern in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen.
Nunmehr komme ich darauf zurück, was mit den Preisüberprüfungen bei Lieferungen auf Grund von Besatzungsaufträgen erreicht worden ist. Ich gehe dabei in den Jahreszahlen rückwärts. Im ersten Quartal 1954 haben die Einsparungen bei Rechnungsbeträgen von rund 97 Millionen DM zirka 314 000 DM, im ganzen Jahre 1953 bei Rechnungsbeträgen von 392 Millionen DM zirka 5 300 000 DM, im zweiten Halbjahr 1952 bei Rechnungsbeträgen von rund 68 2/3 Millionen DM zirka 1 150 000 DM betragen. Nun muß man sich überlegen, daß Hessen nur etwa ein Zehntel der Bundesrepublik ausmacht. Wenn die aufgezeigte Linie eine allgemeine Gültigkeit hätte, käme man zu ganz erklecklichen Beträgen, an deren Einsparung, wie ich meine, uns einiges liegen sollte.
Wir Sozialdemokraten sind aus den genannten Gründen der Auffassung, daß, um dem Prinzip, das hier vertreten werden soll, auch mit diesem Gesetz zu einer weiteren Gültigkeit zu verhelfen, der § 3 in dieser abgewandelten Form sehr wohl Bestandteil des Gesetzes werden soll. Solange nämlich an anderen Orten, wie es Herr Kollege Hogen vorgeschlagen hat, im Kartellgesetz oder im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, solche Bestimmungen nicht enthalten sind — darüber war man sich ja im klaren, daß man dort solche Bestimmungen haben sollte —, müßte man in dem vorliegenden Gesetz diese Bestimmung aufnehmen. Man könnte sie ja, wenn entsprechende Regelungen nicht in den genannten Gesetzen Platz greifen, wieder aufheben.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen. Wenn die sozialdemokratische Fraktion den §§ 1 und 2 zugestimmt hat, dann hat sie — ich gestatte mir diese Bemerkung mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident — in diesem Zusammenhang damit nicht ihre Zustimmung zu allen dort zitierten Gesetzen ausdrücklich festgelegt. Ich muß diese Bemerkung machen, um aus der Zustimmung zu den katalogähnlichen §§ 1 und 2 keine falschen Schlußfolgerungen aufkommen zu lassen.
Ich bitte also, dem im Wirtschaftspolitischen Ausschuß und nach der Berichterstattung des Kollegen Hoogen auch im Rechtsausschuß zum
Ausdruck gekommenen, allseitig anerkannten Bedürfnis für die Zeit, in der das Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen noch nicht vorhanden ist und in der im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb entsprechende Bestimmungen nicht vorhanden sind, Rechnung zu tragen und diesem § 3, so wie wir ihn vorschlagen — mit der Abwandlung, von der wir glauben, daß sie den Einwänden, die auch wir für berechtigt halten, weitgehend Rechnung trägt —, Ihre Zustimmung zu geben.