Rede von
Adolf Franz
Samwer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der Remontage hat nicht nur eine wirtschafts-, sondern auch eine sozialpolitische Bedeutung. Gerade deshalb halten wir es für dringend notwendig, daß dieses Problem
nicht nur vom Bundeswirtschaftsministerium, sondern auch von seiten des Bundesfinanzministeriums sehr ernst behandelt wird. Ich habe, woran ich erinnern darf, gelegentlich der Beratung des Wirtschaftshaushalts dieses Jahres nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die im außerordentlichen Etat 1953 eingesetzten 100 Millionen nicht mit einem Pfennig bedient worden sind. Das ist sehr bedauerlich. Wenn wir uns die Darstellung des Bundesministers der Finanzen Drucksache 567 — Ausgaben aus Anleihemitteln im außerordentlichen Haushalt 1953 — ansehen, dann haben wir doch den Eindruck, daß hier Posten aufgeführt worden sind, die zweifellos nicht so wichtig waren wie die Beschaffung von .Remontagekrediten. Ich habe schon damals die Notwendigkeit betont, die Frage zu überprüfen, wie der Bundestag grundsätzlich stärkeren Einfluß auf die Bedienung des außerordentlichen Etats erhalten kann. Wenn das Hohe Haus es für notwendig hält, 100 Millionen in einem Jahr für eine ganz bestimmte wichtige Sache auszugeben, dann sollte es nach meiner Ansicht ausgeschlossen sein, daß dieser Etatposten nicht mit einem einzigen Pfennig bedacht wird. Hier gilt es zu klären, wieweit sich das Hohe Haus gegenüber dem Herrn Bundesfinanzminister durchsetzen kann.
Der Herr Staatssekretär Dr. Westrick hat nachdrücklich betont, daß es ein ernstes Anliegen der Bundesregierung sei, die Remontagefrage zu lösen. Damit ist der Punkt 2 der Anfrage der Freien Demokraten beantwortet. Auf die Beantwortung des Punktes 1 warte ich allerdings noch. Ich habe bedauert, daß bisher kein Vertreter des Bundesfinanzministeriums da ist, denn hier ist der Bundeswirtschaftsminister wahrscheinlich überfragt.
Wenn ich Herrn Staatssekretär Dr. Westrick recht verstanden habe, so sehen die verschiedenen Maßnahmen, die sich das Bundeswirtschaftsministerium für 1954 für die Remontage erdacht hat, wohl einen Betrag von 160 bis 200 Millionen vor. Daneben soll ja auch noch die sonstige förderungswürdige Wirtschaft bedacht werden. Außerdem kommt noch die globale Bürgschaftsaufstockung mit etwa 300 Millionen in Betracht. Das letztere ist recht illusorisch; denn die demontagegeschädigte Industrie muß ja erst wieder eine Grundlage in ihrem Aufbau hinter sich gebracht haben, ehe sie überhaupt bankkreditwürdig im normalen Sinne wird. Hier läßt sich nur etwas erreichen, wenn bereits Erweiterungskredite notwendig sind. Heute befinden sich leider noch etwas mehr als 50 % der demontagegeschädigten Industrie in einem so schlechten Zustand, daß wir erst einmal die Grundlage neu schaffen müssen. Ich bitte deshalb den Herrn Bundeswirtschaftsminister und seinen Staatssekretär, die das Problem richtig sehen, im Jahre 1954 alles zu tun, um den Aufbau der demontagegeschädigten Industrie so stark wie möglich zu fördern; denn hinter dieser Industrie stehen viele Tausende von Familien, die wieder in sichere Arbeit kommen und damit ihr Brot verdienen können, wenn wir unsere nationale Pflicht tun.