Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die in der Drucksache 312 an die Bundesregierung gerichtete erste Frage muß ich zu meinem Bedauern antworten, daß der Herr Bundesminister der Finanzen angesichts des Fehlens von Erlösen aus Anleihen und infolge der angespannten Haushaltslage diesen Ansatz im außerordentlichen Haushalt 1953 nicht bedienen konnte. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Kredite, die im außerordentlichen Haushalt vorgesehen sind, und die zur Deckung des außerordentlichen Haushalts erforderlichen Anleiheerlöse mangels Auflegung einer Bundesanleihe, die zur Schonung des Kapitalmarktes unterblieben ist, nicht zur Verfügung standen.
Zu dem Gesamtproblem der Förderung volkswirtschaftlich notwendiger und hilfsbedürftiger demontagegeschädigter Unternehmen und damit auch zur Frage 2 der Drucksache 312 ist im übrigen folgendes zu sagen. Der Investitionsbedarf der demontagegeschädigten Wirtschaft und seine Deckung war und ist auch heute aus allgemeinen investitions-, konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen Erwägungen ein sehr ernstes Anliegen der Bundesregierung. Der Bundesminister für Wirtschaft als der für die Investitionspolitik der Bundesregierung verantwortliche Ressortminister hat im Einvernehmen mit dem Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und dem Bundesminister der Finanzen ein Investitionsprogramm zur Wirtschaftsförderung 1954 entwickelt, an dem die demontagegeschädigte Wirtschaft mit einem erheblichen Prozentsatz beteiligt sein wird; er wird sich auf 20 bis 25 °/o belaufen.
Es handelt sich hierbei um ein Investitionsprogramm in der Größenordnung von 640 Millionen DM, das aus dem Zins- und Tilgungsaufkommen früher gegebener ERP-Kredite des ERP-Sondervermögens finanziert wird und zu dem weitere 20 Millionen DM Eigenmittel, und zwar Anleiheerlöse der Kreditanstalt für Wiederaufbau fließen, so daß das Programm also insgesamt 660 Millionen DM umfaßt. Bei Aufstellung der Projektempfehlungslisten, die im Augenblick in meinem Hause ausgearbeitet werden, gilt selbstverständlich der Grundsatz, daß Investitionsvorhaben der demontagegeschädigten Wirtschaft bei sonst gleichen Voraussetzungen bevorzugt zu berücksichtigen sind.
Ich darf das Hohe Haus ferner darauf hinweisen, daß das Bundesministerium für Wirtschaft mit der deutschen Versicherungswirtschaft die Durchführung von sogenannten Versicherungsinvestitions-
Sonderprogrammen vereinbart hat. Danach werden etwa 20 % des anlagesuchenden Kapitals der deutschen Lebensversicherungsunternehmen zur Finanzierung von Investitionen in der gewerblichen Wirtschaft verfügbar. Am 5. Juni dieses Jahres hat das Bundeswirtschaftsministerium der deutschen Versicherungswirtschaft auf Grund dieser freiwilligen Vereinbarung die zweite Halbjahresprojektempfehlungsliste mit zahlreichen Kreditvorschlägen überreicht. Auf Grund der zur Finanzierung vorgeschlagenen Investitionsvorhaben wird die demontagegeschädigte Wirtschaft im Laufe dieses Jahres aus diesem gesamten Investitionsprogramm mit einem Kreditbetrag von etwa 30 Millionen DM rechnen können.
Schließlich steht das Bundesministerium für Wirtschaft mit einer Gruppe von Finanzierungsinstituten in aussichtsreichen Verhandlungen über den Abschluß eines Kreditabkommens über 100 bis 125 Millionen DM, die ausschließlich den volkswirtschaftlich förderungswürdigen und hilfsbedürftigen Unternehmen aus den Kreisen der demontagegeschädigten Wirtschaft noch in diesem Jahre zur Verfügung gestellt werden sollen.
Da die Kreditgeber ihre langfristigen Mittel mündelsicher anlegen müssen, ist allerdings in Aussicht genommen, eine globale 50%ige Bundesbürgschaft für den gesamten Kreditbetrag zu erteilen. Die Bundesregierung hält es für erforderlich, daß dieser Plan verwirklicht wird.
Auf Grund der Empfehlungen des Hohen Hauses und des Bundesrats, die demontagegeschädigte Industrie durch Bereitstellung von Bürgschaften bei der Finanzierung ihrer Investitionsvorhaben zu unterstützen, bereitet die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Aufstockung des Bürgschaftsrahmens vor, der in dem Gesetz über die
Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft vom 27. Januar 1951 enthalten ist. Hierbei soll der bisherige Bürgschaftsrahmen von 800 Millionen DM um etwa 600 bis 700 Millionen DM aufgestockt werden, wobei für die demontagegeschädigte Wirtschaft einschließlich der eisenschaffenden Industrie ein Bürgschaftsvolumen von 300 Millionen DM von dem Aufstockungsbetrag vorgesehen ist.
Ich darf dem Hohen Hause abschließend noch in Erinnerung bringen, daß vom Bundeswirtschaftsministerium bereits im Jahre 1953 der demontagegeschädigten Wirtschaft rund 100 Millionen DM in Form von terminierten Kreditzusagen zur Verfügung gestellt worden sind. Es handelte sich hierbei um investitionspolitische Maßnahmen im Rahmen des Investitionsprogramms zur Förderung der Wirtschaft aus dem Aufkommen des ERP-Sondervermögens im Haushaltsjahr 1954 — die sogenannte Vorziehungsaktion des Zins- und Tilgungsaufkommens des ERP-Sondervermögens des Jahres 1953 —, das in den vom Kabinett und vom Bundesrat gebilligten Wirtschaftsplan 1954 des ERP-Sondervermögens Eingang gefunden hat. Sie werden sich in diesem Hohen Hause mit diesem Wirtschaftsplan in Kürze beschäftigen.
Ich hoffe, Sie ersehen aus dieser Übersicht, daß die Bundesregierung sich ernstlich bemüht hat, in Ansehung der Unmöglichkeit der Bedienung des eingangs erwähnten Postens aus dem außerordentlichen Haushalt andere Wege ausfindig zu machen, um in den Fällen echter Förderungswürdigkeit eine im Interesse der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung liegende und von Ihnen sicher gebilligte Hilfe zu gewähren.