Rede von
Dr.
Alfred
Gille
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An der interfraktionellen Besprechung, von der Herr Dr. Arndt sprach, habe ich in dieser Woche — sie fand nämlich erst in der letzten Woche statt — für meine Fraktion teilgenommen. Wir sind an der Bearbeitung und Entscheidung über das Bundesentschädigungsgesetz, wie Sie wissen, nicht beteiligt gewesen. Wir haben aber im Laufe des letzten halben Jahres bei unseren Beobachtungen auch die Erfahrung gemacht, daß dieses Gesetz offenbar derart überstürzt und überhastet herausgekommen ist, daß eine Fülle von Fragen auftauchen, die normalerweise auf dem Wege der Gerichtsbarkeit einfach nicht lösbar sind. Im Hinblick auf die Bedeutung des Komplexes, der hierdurch geregelt werden soll, besteht zweifellos das dringende Bedürfnis, daß diese Arbeit von uns allen gemeinsam noch einmal sehr sorgfältig in Angriff genommen wird. Wir sind bereit, gemeinsam mit den anderen Fraktionen an einer derartigen Überarbeitung und, soweit möglich, Verbesserung dieses Gesetzes mitzuwirken.
Wir haben auch erst in dieser Woche erfahren, welche Gründe dafür vorgeherrscht haben, die seit langem bestehenden Rechts- und Durchführungsverordnungen zurückzuhalten. Ich möchte Herrn Dr. Arndt daran erinnern, daß dies leider nicht der erste Fall ist, bei dem die Öffentlichkeit erfahren muß, daß Gesetze des Bundestages in ihrer Durchführung sehr stark dadurch behindert wer-
den, daß die Rechts- und Durchführungsverordnungen zu lange auf sich warten lassen.
Ich darf beispielsweise daran erinnern, daß wir auf die zur Durchführung des Feststellungsgesetzes zum Lastenausgleichsgesetz notwendigen entscheidenden Verordnungen anderthalb Jahre gewartet haben bzw. heute noch warten.
Wir stimmen Ihnen also durchaus zu, wenn Sie zum Ausdruck bringen, daß die zuständigen Bundesministerien gehalten sein sollten, Gesetze, die hier beschlossen worden sind, auch ohne jede Verzögerung in Kraft zu setzen ohne Rücksicht darauf, was etwa noch an Novellen beabsichtigt ist.
Das kommt auch in unzähligen Briefen zum Ausdruck, die an uns gelangt sind, und soweit ich weiß, haben auch die Verbände der Nazi-Geschädigten dies in Eingaben an alle Fraktionen sehr unmißverständlich ausgesprochen. Ich kann daher nicht annehmen, Herr Bundesfinanzminister, daß die Verbände, wie Sie das eben zum Schluß andeuteten, mit der Bearbeitung, ihrem Tempo und mit dem Ausmaß der Beteiligung der Verbände zufrieden sein sollten. Das, was uns zugegangen ist, spricht jedenfalls dagegen.
Meine Damen und Herren, ich habe im Interesse der Lösung dieser ganzen Frage eine sehr herzliche Bitte. Die Entschädigung der Nazi-Verfolgten ist einer der großen Komplexe, die der Zusammenbruch mit sich gebracht hat und die geregelt werden müssen. Ich glaube aber, wir dienen der Sache schlecht, wenn wir nun, erfüllt von irgendwelchen Ressentiments, immer noch Vergleiche anstellen, die doch weiß Gott nicht zutreffend sind. Herr Dr. Arndt, ich habe es nicht begriffen, daß Sie nun in diesem Zusammenhang glaubten, auf irgendwelche Vergünstigungen oder auf Gleichstellung mit anderen Soldaten, die ihre Pflicht getan haben, nämlich auf die an der Legion Condor Beteiligten, hinweisen zu sollen.
— Verzeihung, Herr Dr. Arndt, nach meiner Auffassung und nach Auffassung meiner politischen Freunde
hat jeder deutsche Soldat, der auf Befehl seiner dafür zuständigen Stelle sein Leben eingesetzt hat, das Recht, als Soldat behandelt zu werden.
Es dient nicht der Lösung des Problems, das wir hier noch vor uns haben, wenn wir mit solchen Ressentiments an die Materie herangehen.
— Das habe ich nicht behauptet. Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren, ich glaube, ich habe völlig unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß ich eine sehr beschleunigte und durchaus befriedigende Regelung des Komplexes der Entschädigung für die Nazi-Verfolgten vertrete und daß wir bereit sind, alles zu tun, was notwendig ist.
Ich wende mich nur im Interesse des Befriedungseffektes, den doch diese ganze Gesetzgebung haben soll, dagegen, daß man Leistungen an deutsche Soldaten nun immer wieder in Vergleich stellt mit noch nicht geleisteten Entschädigungen für Taten, deren Opfer nicht weniger zu achten und zu werten sind — —